Empfohlener Beitrag

In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 3. Oktober 2024

THE MINISTRY OF UNGENTLEMANLY WARFARE (2024)

Regie: Guy Ritchie, Drehbuch: Paul Tamasy, Eric Johnson, Arash Amel, Guy Ritchie, Musik: Christopher Benstead
Darsteller: Henry Cavill, Eiza González, Alan Ritchson, Henry Golding, Alex Pettyfer, Hero Fiennes Tiffin, Babs Olusanmokun, Til Schweiger, Danny Sapani, Rory Kinnear, Cary Elwes, Freddie Fox, Henrique Zaga, Tim Seyfi, Simon Paisley Day, Victor Oshin
The Ministry of Ungentlemanly Warfare (2024) on IMDb Rotten Tomatoes: 69% (6,1); weltweites Einspielergebnis: $27,1 Mio.
Altersempfehlung: 16, Dauer: 122 Minuten.
Europa, 1941: Die Nazis haben bereits Polen, Belgien und Frankreich erobert und haben es als nächstes auf Großbritannien abgesehen. Trotz Drucks von weiten Teilen des Militärs und der Politik, mit großen Zugeständnissen einen Waffenstillstand mit den Nazis zu schließen, setzt Premierminister Winston Churchill (Rory Kinnear, "Skyfall") weiterhin auf Sieg. Dafür benötigt er aber dringend die Unterstützung der US-Amerikaner und die wird er auf keinen Fall bekommen, solange die unbesiegbar erscheinende deutsche U-Boot-Flotte den Atlantik beherrscht. In einer Art Verzweiflungsakt organisieren Churchill und die Militärgeheimdienstler Brigadier Gubbins (Cary Elwes, "Die Braut des Prinzen") und Ian Fleming (Freddie Fox, TV-Serie "Slow Horses") eine inoffizielle Mission, um ein in neutralem Gebiet im Hafen der spanisch kontrollierten Insel Fernando Po vor der afrikanischen Westküste liegendes wichtiges Versorgungsschiff der Nazis zu zerstören und so den Nachschub für die deutschen U-Boote zu sabotieren. Beauftragt wird der eigenwillige Major Gus March-Phillips (Henry Cavill, "Man of Steel"), der sich ein kleines Team mit dem hünenhaften dänischen Waffenexperten Anders Lassen (Alan Ritchson, TV-Serie "Reacher"), dem Sprengstoffspezialisten Freddy Alvarez (Henry Golding, "Crazy Rich"), dem irischen Seemann Henry Hayes (Hero Fiennes Tiffin, "The Woman King") und dem brillanten Planer Geoffrey Appleyard (Alex Pettyfer, "Elvis & Nixon") zusammenstellt. Vor Ort unterstützt werden sie von den beiden Undercover-Agenten Richard Heron (Babs Olusanmokun, "Dune") und Marjorie Stewart (Eiza González, "Baby Driver"), die primär den SS-Komandanten Heinrich Luhr (Til Schweiger, "King Arthur") ablenken sollen ...

Kritik:
Auch wenn es unwahrscheinlich klingt: "The Ministry of Ungentlemanly Warfare" – außerhalb der USA zumeist direkt beim Streamingdienst Amazon Prime Video veröffentlicht, so auch in Deutschland – erzählt in den Grundzügen eine wahre Geschichte! Die "Operation Postmaster" fand 1941/1942 statt, öffentlich bekannt wurde das so richtig aber erst im Jahr 2017, als die Geheimhaltung der amtlichen Dokumente aufgehoben wurde. Bereits 2014 erschien allerdings ein Sachbuch von Damien Lewis, das zehn Jahre später als Vorlage für den Film des Briten Guy Ritchie ("Aladdin") dienen sollte. Fünf der zentralen Protagonisten gab es wirklich (March-Phillips, Lassen, Hayes, Appleyard, Stewart), auch der spätere James Bond-Autor Ian Fleming war involviert und soll durch March-Phillips zu seinem fiktiven Geheimagenten inspiriert worden sein. Bei der Ausführung der Mission nehmen sich die vier Drehbuch-Autoren (darunter Ritchie) jedoch einige Freiheiten und sorgen vor allem dafür, daß alles spektakulärer und actionreicher ausfällt als es in der Realität vonstattenging – und mit Heinrich Luhr gibt es auch noch einen von Til Schweiger schön hassenswert verkörperten Bösewicht. "The Ministry of Ungentlemanly Warfare" nimmt sich wie Abenteuerfilme inszenierte Hollywood-Kriegsfilme der 1960er Jahre wie "Die Kanonen von Navarone", "Stoßtrupp Gold" oder "Das dreckige Dutzend" zum Vorbild, zudem ist Tarantinos "Inglourious Basterds" eine sehr offensichtliche Inspirationsquelle – deren Qualität hier allerdings nur selten erreicht wird. Denn Guy Ritchie ist zwar ein unterhaltsames zweistündiges Action-Abenteuer gelungen, dem aber jeglicher Tiefgang ebenso wie jedweder Funke Originalität abgeht. Angesichts der historischen Vorlage wäre da sicher mehr möglich gewesen, solides Entertainment ist aber ja auch nicht schlecht.

Eine der vielen Abweichungen von der Realität ist, daß March-Phillips und seine Jungs Geoffrey Appleyard erst einmal befreien müssen – der ist nämlich bei der Vorbereitung der Mission in Kriegsgefangenschaft geraten und steckt daher in einem Nazi-Lager auf La Palma fest. Die Befreiungsaktion steht stellvertretend für den gesamten Film: Zu viert schalten unsere Helden ohne größere Probleme Dutzende von Nazis aus – teilweise sehr brutal, jedoch immer mit einem gewissen Augenzwinkern. Das kann man selbstredend (wie bei den Vorbildern aus den 1960er Jahren) moralisch etwas fragwürdig finden, es gehört zu diesem Genre aber einfach dazu. Problematischer ist, daß es Guy Ritchie so gut wie nie wirklich gelingt, in "The Ministry of Ungentlemanly Warfare" ein Gefühl der Bedrohung für die Protagonisten zu etablieren. Die Nazis sind wie die imperialen Sturmtruppler speziell in der originalen "Star Wars"-Trilogie: nur inkompetentes Kanonenfutter. Wie soll man da ernsthaft um das Leben von March-Phillips und Konsorten bangen? Einzige Ausnahme ist erwartungsgemäß Heinrich Luhr, denn der SS-Mann ist nicht nur chronisch schlecht gelaunt, sondern bösartig und auch nicht unintelligent, wodurch zumindest Marjorie Stewart in die eine oder andere bedrohliche Situation kommt – letztlich ist jedoch selbstredend auch Luhr kein echter Prüfstein für unsere wackeren Heroen.

Immerhin: Die Kämpfe und sonstigen Actionsequenzen zur schmissigen, an Ennio Morricone erinnernden Musik von Christopher Benstead ("The Gentlemen") sind kompetent und teilweise sogar recht ideenreich umgesetzt; da macht es noch mehr Spaß, dem Nazi-Scheibenschießen zuzuschauen als es sowieso schon der Fall wäre. Das tröstet außerdem ansatzweise darüber hinweg, daß die Charaktere fast ausnahmslos holzschnittartig gezeichnet sind. March-Phillips und seine Männer haben zwar immer einen lockeren Spruch auf den Lippen und sehen beim Nazi-Killen cool aus, Persönlichkeit dürfen sie jedoch keine entwickeln. Im Grunde genommen wären sie fast komplett austauschbar, würden sie nicht von so markanten und charismatischen Schauspielern wie Henry Cavill, Henry Golding oder Alan Ritchson verkörpert. Und wenigstens etwas spannender ist der Handlungsstrang rund um die beiden Undercover-Agenten Stewart und Heron gestaltet. Schließlich können diese beiden nicht einfach nur auf ihre Kampfkraft zählen, sondern brauchen immer wieder Köpfchen, um Luhr und Schergen auszutricksen. Und da sie nur zu zweit sind, aber wahrscheinlich sogar mehr Dialoge haben als der von Kämpfen dominierte March-Phillips-Strang, entwickeln sie sogar so etwas wie Profil (speziell Stewart). Das reicht nicht aus, um "The Ministry of Ungentlemanly Warfare" zu einem richtig guten Film zu machen, aber es steigert den Unterhaltsamkeitsgrad nicht unerheblich.

Fazit: "The Ministry of Ungentlemanly Warfare" ist ein actionreiches Kriegsabenteuer mit guter Besetzung, das gar kein Interesse daran hat, mehr als einfach "nur" unterhaltsam zu sein.

Wertung: 7 Punkte.


Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger Bestellungen über einen der amazon.de-Links in den Rezensionen freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.

The Ministry of Ungentlemanly Warfare (Original Soundtrack, MP3)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen