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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 13. April 2021

ELVIS & NIXON (2016)

Regie: Liza Johnson, Drehbuch: Cary Elwes, Joey & Hanala Sagal, Musik: Ed Shearmur
Darsteller: Michael Shannon, Kevin Spacey, Alex Pettyfer, Colin Hanks, Johnny Knoxville, Evan Peters, Sky Ferreira, Tracy Letts, Tate Donovan, Ashley Benson, Ahna O'Reilly, Hanala Sagal, Poppy Delevingne, Dylan Penn
Elvis & Nixon (2016) on IMDb Rotten Tomatoes: 77% (6,5); weltweites Einspielergebnis: $1,8 Mio.
FSK: 0, Dauer: 87 Minuten.
Im Dezember des Jahres 1970 beschließt der "King of Rock 'n' Roll" Elvis Presley (Michael Shannon, "Shape of Water") spontan, nach Washington zu fliegen, um dort Präsident Richard Nixon (Kevin Spacey, "Baby Driver") zu treffen und mit diesem über die Drogenproblematik der Jugend des Landes zu reden. Dieses Vorhaben scheitert zunächst daran, daß er am Flughafen seine Waffe mitnehmen will, doch sein per Telefon herbeigerufener Jugendfreund Jerry Schilling (Alex Pettyfer, "Magic Mike") klärt die Situation und begleitet Elvis in die Hauptstadt, wo kurze Zeit später dessen Freund und Bodyguard Sonny West (Johnny Knoxville, "The Last Stand") dazustößt. Nur für ihn überraschend erhält Elvis bei seinem unangekündigten Auftauchen am Hinterausgang des Weißen Hauses keinen Einlaß, allerdings bekommen Nixons enge Berater Egil Krogh (Colin Hanks, "King Kong") und Dwight Chapin (Evan Peters, "X-Men: Zukunft ist Vergangenheit") Wind vom Besuch und wittern die Chance auf einen PR-Coup. Dummerweise hält Nixon davon überhaupt nichts, sodaß Krogh und Chapin zu einigen Tricks greifen müssen, um ihn zum Treffen mit der Musikikone zu überreden – währenddessen erkundet der sonst von seinem Manager und seiner Frau sehr von der Öffentlichkeit abgeschirmte und daher ziemlich weltfremde Elvis zum Erschrecken seiner Freunde die Stadt …
 
Kritik:
Woraus man nicht alles Filme machen kann: Romane, Sachbücher, Kurzgeschichten, Comics, Zeitungsartikel, Graphic Novels, urbane Legenden, Hörspiele, Podcasts und bestimmt noch ein paar Quellen mehr, die mir gerade nicht einfallen. Adaptionen aus all diesen Medien geschehen in Hollywood und im Rest der Welt mehr oder weniger ständig, wobei manches (Romane) natürlich wesentlich gängiger ist als anderes (urbane Legenden). Was fehlt in der Aufzählung? Photographien! Das klingt unwahrscheinlich, ist aber tatsächlich möglich, wie die Independent-Komödie "Elvis & Nixon" zeigt. Die erzählt nämlich von einem realen Treffen zwischen dem Musiker-Superstar Elvis Presley und dem knorrigen US-Präsidenten Richard Nixon, von dem die Öffentlichkeit im Grunde genommen nur deshalb weiß, daß es stattfand, weil an dessen Ende eben ein gemeinsames Photo geschossen wurde. Was genau beim Treffen geschah, ist unbekannt – abgesehen davon, daß Elvis sich exzentrischerweise als Undercover-Agent anbot und am Ende eine Art Ehrenmarke der Drogenbehörde erhielt. Viel Spielraum zum kreativen Erzählen also für die drei Drehbuch-Autoren – darunter Schauspieler Cary Elwes ("Die Braut des Prinzen") mit seinem Skript-Debüt – und Regisseurin Liza Johnson ("Hateship, Loveship"), den sie jedoch nur bedingt nutzen. Denn "Elvis & Nixon" entpuppt sich als sehr sympathische, schrullige kleine Independent-Komödie, die weniger von großartigen Drehbuch-Einfällen lebt als von ihren schrägen Figuren und deren hochkarätigen Darstellern. Aus der reizvollen Prämisse (die übrigens bereits 1997 den wenig beachteten TV-Film "Elvis meets Nixon" inspirierte) hätte man sicherlich mehr herauskitzeln können, aber für knapp eineinhalb Stunden gute, harmlose Unterhaltung reicht es auch so.
 
So wenig man über das Treffen selbst weiß, so viel ist interessanterweise über den direkten Vorlauf bekannt. Insofern kann sich der Film im ersten Akt ziemlich genau an die historische Realität halten und schildert, wie der privat gerade recht frustrierte Elvis sich mit seinem alten Kumpel Jerry und später seinem Bodyguard Sonny auf den Weg nach Washington macht, um mal eben so den Präsidenten zu treffen. Dieser Beginn verläuft mitunter etwas zäh, hat aber immer wieder charmante Szenen zu bieten, die vor allem das Aufeinandertreffen des reichlich weltfremden Elvis mit der realen Welt betreffen – wenn er beispielsweise wie selbstverständlich seine Pistole mit ins Linienflugzeug nehmen will und die Flughaftenpolizei das irgendwie nicht ganz so witzig findet … Mit Michael Shannon hat man eine Idealbesetzung für Elvis gewonnen, denn der Charaktermime verkörpert Elvis' liebenswürdig-naive Exzentrik ebenso glaubwürdig wie sein gewaltiges Charisma, aber auch seine Verlorenheit. Denn Elvis' Wunsch, seinem Land im Kampf gegen die Drogen zu dienen, entspringt erkennbar einer Leere in seinem Inneren, die ihn ebenso nach wahrer Freundschaft und überhaupt einem Sinn im Leben suchen läßt. Der Trip nach Washington mag nicht mehr als eine fixe Idee gewesen sein, die nach dem Treffen mit Nixon letztlich auch wieder schnell im Sand verlief, aber er steht für die Sehnsucht des großen, gefeierten Künstlers nach einem echten Leben abseits der Bühne und seiner Bewunderer. Richard Nixon, von Kevin Spacey routiniert als bärbeißig, pingelig und äußerst selbstbewußt bis hin zur Arroganz interpretiert, sollte genau das Gegenteil von Elvis sein – weshalb es umso überraschender ist, daß sich die beiden Männer letztlich sogar ziemlich sympathisch sind. Zumindest in dieser Geschichte; wie es in der Realität aussah, werden wir wohl nie erfahren.
 
Die Vorbereitung des Treffens durch Nixons Berater Krogh und Chapin, die eine einmalige PR-Gelegenheit für den bei der Jugend eher unbeliebten US-Präsidenten sehen, diesen aber erst einmal dazu überreden müssen, ist ebenso amüsant geschildert wie das Treffen selbst. Allzu einfallsreich oder gar spektakulär wird es zwar nie und große Lacher gibt es kaum, aber wenn etwa der emsige Krogh (unterhaltsam und stets am Rande der Panik gespielt von Colin Hanks) Elvis haarklein erklärt, was er im Oval Office tun soll und was er auf keinen Fall tun darf und Elvis daraufhin brav nickt und zustimmt, nur um dann genau das Gegenteil zu tun, dann macht das schon Spaß, zumal es einfach gut gespielt ist. "Elvis & Nixon" ist somit ein klassischer Wohlfühlfilm, der die Absurdität seiner Prämisse in vielen kleinen Details genüßlich ausreizt, ohne dabei zu stark zu übertrieben oder sich über die handelnden Figuren lustig zu machen. Wobei die Watergate-Anspielung mit einer Hommage an die legendäre Deep Throat-Parkhaus-Szene aus "Die Unbestechlichen" schon ziemlich frech ist (und sehr witzig) … Klar, es ist sehr unwahrscheinlich, daß das Treffen zwischen Musiker und Politiker nur ansatzweise so ablief wie im Film gezeigt – aber es wäre absolut möglich und daher wirkt es auch einigermaßen glaubwürdig. Daß es offenbar nicht gelang, Elvis-Songs für den Soundtrack zu lizenzieren, ist dabei zwar bedauerlich, fällt aber ehrlich gesagt gar nicht sonderlich auf, und das muß man als Lob für den Film interpretieren. Denn er unterhält auf seine unspektakuläre und schrullige Art und Weise auch ohne die dazu passende Musik ziemlich gut.
 
Fazit: "Elvis & Nixon" ist eine schrullige kleine Independent-Komödie mit einer erstklassigen Besetzung, die etwas spinnert, aber jederzeit sympathisch über ein reales Treffen phantasiert, über das fast nichts bekannt ist.
 
Wertung: Knapp 7,5 Punkte.
 
 
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