Empfohlener Beitrag

In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Freitag, 26. April 2019

AVENGERS: ENDGAME (3D, 2019)

SPOILERWARNUNG: Meine folgende Rezension vermeidet wie üblich größere Spoiler, aber ganz ohne geht es einfach nicht. Wer den Film also noch sehen will und ein Fan der Reihe ist, der sollte lieber nicht weiterlesen (auch nicht die Besetzungsliste)!

Regie: Anthony und Joe Russo, Drehbuch: Christopher Markus und Stephen McFeely, Musik: Alan Silvestri
Darsteller: Robert Downey Jr., Chris Evans, Chris Hemsworth, Scarlett Johansson, Jeremy Renner, Mark Ruffalo, Karen Gillan, Don Cheadle, Bradley Cooper (Stimme), Paul Rudd, Josh Brolin, Brie Larson, Gwyneth Paltrow, Tessa Thompson, Danai Gurira, Zoe Saldana, Chadwick Boseman, Chris Pratt, Benedict Cumberbatch, Tom Holland, Elizabeth Olsen, Sebastian Stan, Anthony Mackie, Evangeline Lilly, Tom Hiddleston, Dave Bautista, Pom Klementieff, Benedict Wong, Letitia Wright, Tilda Swinton, Vin Diesel (Stimme), Hayley Atwell, Michael Douglas, Michelle Pfeiffer, Linda Cardellini, Taika Waititi (Stimme), Marisa Tomei, Samuel L. Jackson, Cobie Smulders, Jon Favreau, Frank Grillo, Maximiliano Hernández, Carrie Coon, Kerry Condon (Stimme), Jacob Batalon, Winston Duke, Angela Bassett, Yvette Nicole Brown, James D'Arcy, Ross Marquand, Emma Fuhrmann, Hiroyuki Sanada, Sean Gunn, William Hurt, Callan Mulvey, Ken Jeong, Katherine Langford, John Slattery, Ty Simpkins, Rene Russo, Natalie Portman, Robert Redford, Stan Lee
Avengers: Endgame (2019) on IMDb Rotten Tomatoes: 94% (8,2); weltweites Einspielergebnis: $2799,4 Mio. 
FSK: 12, Dauer: 182 Minuten.

Nachdem Thanos am Ende von "Avengers: Infinity War" die Existenz der Hälfte der Lebewesen im Universum mit einem Fingerschnippen beendet hat, erhoffen sich die verbliebenen Avengers – Tony "Iron Man" Stark (Robert Downey Jr.), Steve "Captain America" Rogers (Chris Evans), Thor (Chris Hemsworth), Natasha "Black Widow" Romanoff (Scarlett Johansson), Dr. Bruce "Hulk" Banner (Mark Ruffalo), Clint "Hawkeye" Barton (Jeremy Renner), James "War Machine" Rhodes (Don Cheadle), Rocket Raccoon (Bradley Cooper) und Nebula (Karen Gillan) – durch die Ankunft der zur Hilfe geeilten Captain Marvel (Brie Larson) die Chance, alles irgendwie noch rückgängig zu machen. Doch der Gegenschlag verpufft und es läßt sich nicht länger leugnen: Jeder muß sich, so gut es eben geht, mit der neuen Realität arrangieren. Fünf Jahre später ist das manchen (Tony, Hulk) besser gelungen, anderen (Thor, Hawkeye) deutlich schlechter. Doch dann taucht plötzlich Scott "Ant-Man" Lang (Paul Rudd) wieder auf, der die gesamte Zeit über im Quantenraum gefangensaß, da jene, die ihn zurückholen sollten, von Thanos weggeschnipst wurden. Und Scott hat nach seinen halbwegs geglückten Experimenten im Quantenraum eine verrückte Idee: Könnte man nicht vielleicht eine Art Zeitmaschine bauen, auf diese Weise die Infinity-Steine aus der Vergangenheit holen und benutzen, um alles ungeschehen zu machen und Thanos zu besiegen?

Kritik:
Das ist es also: das Ende einer Ära. Der große, stets – zum Teil verheißungsvoll, zum Teil aber aufgrund der drohenden Abschiede auch drohend – im Hintergrund dräuende Höhepunkt, jener große Knall, der die "Infinity-Sage" ein für allemal abschließt und beinahe zwangsläufig alles ändern wird. Keine Chance, daß "Avengers: Endgame" all dem Hype, der sich über diese mehr als zehn Jahre seit "Iron Man" (2008) hinweg konsequent, raffiniert und mustergültig konstruiert aufgebaut hat und in dem grandiosen "Avengers: Infinity War" vorerst gipfelte, gerecht werden kann. Oder? Nunja, meines Erachtens erreicht "Endgame" in der Tat nicht ganz die Klasse von "Infinity War", was verschiedene Gründe hat, auf die ich noch näher eingehen werde. Und doch bietet "Avengers: Endgame" den so treuen wie leidenschaftlichen Fans letzten Endes genau das, was sie sich erhofft haben: Ein (obwohl das Marvel Cinematic Universe selbstverständlich weiterleben wird und die meisten der inzwischen über zwei Dutzend Superhelden zurückkehren dürften) finales, dreistündiges Epos, das alle Register zieht, sich vor der eigenen Vergangenheit (und damit den Fans) liebevoll verbeugt, einige stilistische wie auch inhaltliche Überraschungen zu bieten hat und natürlich famose, krachende Actionsequenzen in sauberem 3D beinhaltet. Vor allem aber gelingt es "Avengers: Endgame", das Publikum emotional so stark abzuholen wie nur weniger Sommer-Blockbuster zuvor – die ganze Mühe, die man sich in den mehr als 20 vorangegangenen Filmen gab, um die Figuren zu etablieren und eine immer engere Verbindung zwischen ihnen und den Zuschauern herzustellen, zahlt sich hier völlig aus. Man lacht (relativ selten) mit den Avengers, man weint mit ihnen (zum Teil auch um sie), man fiebert mit ihnen mit, man freut sich über unerwartete Cameos und man feiert diverse denkwürdige Auftritte der einzelnen Heroen. Kurzum: Es ist, obwohl sich ein paar Schwächen nicht leugnen lassen, eine großartige letzte Party!

Eher beiläufige Marvel-Fans oder schlicht Zuschauer, die einfach mal sehen wollen, worum alle so einen riesigen Wirbel machen, könnte speziell das erste Filmdrittel allerdings irritieren, im schlimmsten Fall sogar langweilen. Denn nach dem Sprüche- und Actiongewitter aus "Infinity War" machen die erneut Regie führenden Brüder Joe und Anthony Russo (die übrigens erneut ihre Vergangenheit mit der kultigen TV-Serie "Community" ehren, indem sie zwei Schauspielern daraus – diesmal Yvette Nicole Brown und Ken Jeong – zu kurzen Auftritten verhelfen) und das ebenfalls zurückkehrende Autoren-Duo Christopher Markus und Stephen McFeely etwas sehr Konsequentes, aber doch Überraschendes: Sie zeigen ganz ausführlich, wie die Überlebenden mit diesem gewaltigen Verlust durch Thanos' Tat umgehen. Eine satte Stunde lang gibt es also so gut wie keine Action und für MCU-Verhältnisse wenig Humor – kein Wunder, zählen doch mit Star-Lord, Drax, Dr. Strange und Loki einige der größten und besten "Sprücheklopfer" zu Thanos' Opfern –, stattdessen dominiert die Trauerarbeit. Jawohl, "Endgame" konzentriert sich zunächst darauf, zu zeigen, wie Tony und Co. das Erlebte bewältigen, mit ihren Schuldgefühlen umgehen (weil sie es nicht verhindern konnten) und im Grunde unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden. Viel Charakterarbeit also mit zahlreichen intimen Szenen, in denen sich die Superhelden öffnen, ihre verletzliche Seite offenbaren und zeigen, daß sie sich so gar nicht super fühlen. Natürlich macht das nicht jeder im gleichen Ausmaß, manche fressen ihre Frustration und Wut auch einfach in sich hinein beziehungsweise lassen sie an ganz irdischen Bösewichten aus, aber klar ist: Das erste Drittel von "Endgame" ist in erster Linie langsames, feinfühliges Charakter- und Trauerdrama. Wie gesagt, damit wird sicher nicht jeder Zuschauer komplett glücklich sein, aber wer das MCU seit 2008 auch nur halbwegs intensiv verfolgt und deshalb eine Verbindung zu den Charakteren aufgebaut hat, dem sollten diese Szenen definitiv nahegehen – um ehrlich zu sein, reichte schon die Szene fast ganz am Anfang, in der Rocket und Nebula, in Trauer vereint, "Händchen halten", um verstohlen die erste Träne verdrücken zu müssen (es sollte nicht die letzte bleiben) … Auch dramaturgisch ergibt diese "Trauer-Stunde" absolut Sinn, denn sie zeigt, wie schwer die Geschehnisse aus "Infinity War" für unsere Helden wie auch für alle anderen Überlebenden wiegen, da sie eben – anders als die weiter halbwegs hoffnungsfrohen Zuschauer – nicht mehr davon ausgehen können, alles oder zumindest vieles ungeschehen zu machen. Und deshalb wirken die anschließenden, so verzweifelten Versuche nach Ant-Mans unerwarteter Wiederkehr umso glaubwürdiger und bedeutsamer … weil jeder genau weiß, worum es geht.

Erfreulicherweise wird die Sache mit den Zeitreisen übrigens nicht so nonchalant behandelt wie in den meisten Zeitreisefilmen – mit denen ich persönlich schon immer ein Problem hatte, weil viele von ihnen wegen des bekannten Zeitreise-Paradoxons (einfach ausgedrückt: Wie kann ich die Vergangenheit durch eine Zeitreise verändern, wenn diese Veränderung dafür sorgt, daß die ursprüngliche Zeitreise nicht mehr stattfindet?) bei näherer Betrachtung einfach unlogisch sind. "Avengers: Endgame" ist sich der Problematik bewußt und läßt sie in Person von Dr. Banner amüsant analysieren. Ich bin zugegebenermaßen kein Experte und deshalb nicht ganz sicher, aber für mich ergibt die Art und Weise, wie "Endgame" die Thematik aufdröselt, zumindest ansatzweise Sinn – und hat damit die Nase vor den meisten Zeitreise-Storys. Dafür gibt es von mir also Pluspunkte. Die Verwendung der "Zeitmaschine" führt in den mittleren und für mich besten Akt des Films über. Das liegt zum einen daran, daß hier phasenweise die spielerische Leichtigkeit früherer MCU-Filme erreicht wird, vor allem aber daran, daß die Zeitreisen auf eine ziemlich geniale Art dazu genutzt werden, das gesamte MCU noch einmal Revue passieren zu lassen und ihm eine liebevoll-gewitzte Hommage zu bereiten – etliche Cameos und jede Menge Fanservice inklusive! Dazu paßt natürlich auch, daß es letztlich vor allem die Original-Avengers – Iron Man, Captain America, Thor, Black Widow, Hulk und Hawkeye – sind, die im Mittelpunkt stehen. Das verstärkt beim Sehen das Gefühl, einem letzten Hurra der liebgewonnenen Helden zuzusehen, ehe sie den Staffelstab an die nächste Generation weiterreichen (nachdem sie die hoffentlich zurückgeholt haben). Natürlich werde ich keine Einzelheiten spoilern, aber es war ja eigentlich von vornherein klar, daß nicht alle Avengers das "Endgame" überleben würden – und so kommt es dann auch. Denjenigen, die es erwischt, wird ein würdiges Heldenende gegönnt und die, die überleben, haben neue Abenteuer vielleicht sogar in anderen, spannenden Figuren-Konstellationen in Aussicht.

So sehr die "alten Helden" (ergänzt um War Machine, Ant-Man, Rocket, Nebula und Captain Marvel) sich diese große Aufmerksamkeit verdient haben, muß ich aber doch einräumen, daß ich einige der Weggeschnipsten sehr vermißt habe – was ein Grund dafür ist, daß mir "Infinity War" insgesamt noch besser gefallen hat. Auf Scarlet Witch (Elizabeth Olsen), Spider-Man (Tom Holland), Dr. Strange (Benedict Cumberbatch), Black Panther (Chadwick Boseman), Loki (Tom Hiddleston) oder die Guardians will ich in einem solchen Ensemble-Film zumindest in der Summe eigentlich nicht mehr verzichten (auch wenn man bei dieser Menge nie allen gerecht werden kann); ihre Stimmen, ihre Fähigkeiten fehlen einfach. Interessant ist auch, daß Captain Marvels Rolle überraschend klein ausfällt, da hatte ich definitiv mehr erwartet – beispielsweise hätte ich es toll gefunden, wenn sie zu der finalen Schlacht mit einer Flotte des Nova Corps (bekannt aus dem ersten "Guardians of the Galaxy"-Film) aufgetaucht wäre; so hätte man die Kämpfe um eine Raumschlacht erweitern können; und diese Tatsache sollte ja bekannt sein: Eine gute Raumschlacht kann man immer brauchen! Die finale Schlacht ist streng genommen natürlich auch ein Spoiler, aber es dürfte wohl niemanden überraschen, daß die "Infinity-Sage" in einen epochalen Showdown mündet, der zwar deutlich weniger lang gerät als vergleichbare Schlachten in "Black Panther" oder "Infinity War", jedoch den Helden und den Schurken locker genügend Raum gibt, um noch einmal ihr ganzes Können zu zeigen und sich zu den bewährten Klängen von Alan Silvestri in heroische Posen zu werfen. Als größte Enttäuschung des Films entpuppt sich jedoch Thanos (Josh Brolin): Nachdem er in "Infinity War" noch ausgesprochen geschickt als mächtiger, aber durchaus ambivalenter Antagonist aufgebaut wurde, spielt er in "Endgame" nur eine Nebenrolle und verliert dadurch auch viel von seiner Bedrohlichkeit. Sehr schade.

Während die Original-Avengers im Showdown und zuvor einmal mehr aufzeigen, warum ihre Mitwirkung so entscheidend dafür war, daß das MCU so gut funktioniert, und warum wir Fans sie alle so lieb gewonnen haben, hat mich Ex-Bösewichtin Nebula am Positivsten überrascht. Klar, es hilft, daß das Drehbuch Nebula die mit Abstand besten Sprüche zuschanzt, aber das Comedy-Timing, das Karen Gillan hier (wie schon in "Jumanji 2") an den Tag legt, ist wahrlich eindrucksvoll und läßt hoffen, daß sie immer noch am Anfang einer langen und erfolgreichen Hollywood-Karriere steht. Auch Chris Hemsworth hat als Thor viele witzige Momente, während Mark Ruffalo als ein ganz neuer Hulk, der erstmals wirklich im Reinen mit sich ist, unbekannte Facetten präsentieren darf – das trifft auch auf Jeremy Renners Hawkeye zu, allerdings sind die Facetten bei ihm viel dunkler gefärbt. Iron Man, Captain America und Black Widow bleiben mehr oder weniger sie selbst, nur in nachdenklicher, was aber nichts daran ändert, daß Robert Downey Jr., Chris Evans und Scarlett Johansson wie gewohnt mit Charisma, Esprit und auch feinen schauspielerischen Momenten glänzen. "Avengers: Endgame" ist, wie erwähnt, meines Erachtens nicht so grandios wie sein direkter Vorgänger "Infinity War", doch er besorgt den Fans zweifellos einen ungemein befriedigenden und hochemotionalen (Zwischen-)Schlußpunkt. Wobei "Endgame", wie Marvel Studios-Chef Kevin Feige erst kurz vor dem Kinostart verriet, streng genommen nicht einmal das Finale von Phase 3 des MCU darstellt, denn diese Ehre wird dem bereits zwei Monate später anlaufenden "Spider-Man: Far From Home" zuteil werden – der vermutlich auch schon irgendwie einen neuen Oberbösewicht einführen oder zumindest andeuten wird. Ein paar Andeutungen zu möglichen Entwicklungen der überlebenden Avengers lassen sich in das Finale von "Endgame" derweil ebenfalls hineindeuten, doch in erster Linie konzentriert sich der Film auf die Gegenwart (und die Vergangenheit, versteht sich) und das ist auch gut so. Auf Mid- oder Post-Credits-Szenen muß diesmal übrigens keiner warten, es gibt nämlich keine (nur ein kurzes scheinbares Schmiedegeräusch, aber ich habe keine Ahnung, was das zu bedeuten hat ...). Dafür aber eine wirklich nette Idee: Die ursprünglichen Avengers bekommen ihren eigenen Abschnitt im Abspann, in dem nicht nur ihre Namen eingeblendet werden, sondern sie sich mit ihren Unterschriften verewigen dürfen.

Fazit: "Avengers: Endgame" reicht nicht ganz an die epische Wucht des direkten Vorgängers "Infinity War" heran, bietet Fans aber trotzdem einen wunderbaren, emotionalen Schlußpunkt für die über viele Jahre hinweg detailverliebt entwickelte "Infinity-Sage".

Wertung: Gut 8,5 Punkte.


Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger Bestellungen über einen der amazon.de-Links in den Rezensionen oder über das amazon.de-Suchfeld in der rechten Spalte freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen