Regie: Wes Anderson, Drehbuch: Owen Wilson u. Wes Anderson,
Musik: Mark Mothersbaugh
Darsteller: Jason Schwartzman, Bill Murray, Olivia Williams,
Brian Cox, Luke Wilson, Mason Gamble, Seymour Cassel, Connie Nielsen, Sara
Tanaka, Stephen McCole, Alexis Bledel
Rotten Tomatoes: 90% (8,1); weltweites Einspielergebnis:
$17,2 Mio.
FSK: 6, Dauer: 93 Minuten.
Der 15-jährige Max Fischer (Jason Schwartzman,
"Darjeeling Limited") ist der Sohn eines zwar liebevollen, aber nicht
gerade wohlhabenden Friseurs. Durch ein Theaterstück, das Max bereits als Kind
schrieb, erhielt er von dessen Leiter Dr. Guggenheim (Brian Cox, "Match Point") ein Stipendium für die exklusive Privatschule
Rushmore. Dort gefällt es dem Hochbegabten so gut, daß er am liebsten für
immer dort bleiben würde; seinen Förderer Dr. Guggenheim und die Dozenten
treibt er durch die Wahl seiner Präferenzen jedoch schier in den Wahnsinn. Max
ist nämlich Gründer und/oder Kapitän so ziemlich jeder außerschulischen Gruppierung
von der Fechtmannschaft bis hin zur Theatergruppe, doch vor lauter Engagement
vernachlässigt er den Unterricht und droht deshalb durchzufallen. Max
verspricht, sich mehr zu bemühen, als er sich jedoch in die neue Lehrerin Ms.
Cross (Olivia Williams, "Hyde Park am Hudson") verliebt und damit ausgerechnet in
Konkurrenz zu seinem Idol, dem Millionär Herman Blume (Bill Murray, "Moonrise Kingdom"), tritt, kommt es zu einer ganzen Reihe von Turbulenzen
und unerwarteten Wendungen ...
Kritik:
"Rushmore" war zwar nicht das Spielfilmdebüt von
Wes Anderson (das war der mittelmäßige "Bottle Rocket –
Durchgeknallt" mit Luke und Owen Wilson), aber die schräge Komödie ebnete
ganz entscheidend seinen Karriereweg hin zum von einer eingeschworenen, stetig wachsenden
Fangemeinde verehrten Independent-Regisseur mit einem ganz speziellen Sinn für
Humor. Als ich im April 2001 (und damit genau zweieinhalb Jahre nach der
US-Premiere) als einziger Zuschauer in einer Nachmittagsvorstellung von
"Rushmore" saß, war noch nicht abzusehen, daß ich schon bald ein
bekennender Teil dieser Fangemeinde sein würde. Zwar erkannte ich in der
einfallsreich erzählten Coming of Age-Story immer wieder Momente wahrer
Kinomagie, aber zugleich sorgten der Mangel an Identifikationsfiguren und
einige Fremdschämmomente dafür, daß ich den Film zwar mit großem Wohlwollen,
aber ohne echte Begeisterung zur Kenntnis nahm. Teilweise ist das mit
Sicherheit einigen kleineren Schwächen des damals noch recht unerfahrenen
Regisseurs zuzuschreiben, grundsätzlich dürfte es aber den meisten Zuschauern
ähnlich ergehen, wenn sie zum ersten Mal einen Film von Wes Anderson sehen.
Denn sein Stil – sowohl was die Art der Inszenierung betrifft als auch die
Handlungsentwicklung – und sein Humor sind definitiv ein wenig gewöhnungsbedürftig
und absolut nicht jedermanns Sache.
Die Handlung, die wie ein typischer Jugendfilm beginnt,
nimmt in den rund 90 Minuten einen stets erfreulich unvorsehbaren Verlauf mit
zahlreichen herrlich absurden Momentaufnahmen, viel feinsinnigem Humor,
schrägen, aber letztlich immer liebenswerten Figuren und sogar einer gewissen Nachdenklichkeit. Im Zentrum
stehen der aufgrund seiner Herkunft komplexbeladene Max und der vom Leben gezeichnete, desillusionierte Vietnam-Veteran Mr. Blume, in dem der Schüler eine verwandte
Seele erkennt. Nach ihrer ersten Begegnung in der Schule entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft
zwischen den beiden, da auch Mr. Blume – dessen eigene Söhne ziemliche
Hohlköpfe sind, mit denen er im Grunde genommen wenig anfangen kann – von Max'
meist ungewöhnlich erwachsen erscheinendem Verhalten und seinen klugen
Beobachtungen fasziniert ist. Umso tragischer ist es, daß alsbald die hübsche Ms.
Cross, die selbst mit einem traumatischen Erlebnis aus ihrer Vergangenheit zu
kämpfen hat, vollkommen ungewollt einen Keil zwischen die beiden treibt und
damit einen gefährlich ausartenden – und von Wes Anderson extrem schwarzhumorig
präsentierten – Kleinkrieg auslöst.
Jason Schwartzman, Neffe des Star-Regisseurs Francis
Ford Coppola ("Apocalypse Now", "Der Pate"), gibt in
"Rushmore" als 18-jähriger sein Schauspieldebüt und überzeugt dabei
auf der ganzen Linie. Dabei ist seine Aufgabe gar nicht so einfach, denn dieser
Max Fischer ist schon eine sehr seltsame und nicht einmal übermäßig
sympathische Persönlichkeit. Doch vor allem im Zusammenspiel mit Bill Murray
zeigt Schwartzman eine echte Glanzleistung und sorgt dafür, daß man diesen so
beharrlich mit sich selbst und mit seiner Umwelt hadernden und ringenden
Teenager wenn schon nicht lieben, dann doch zumindest auf schräge Art und Weise mögen und respektieren kann. Für Bill Murray wiederum ebnete "Rushmore" den
Weg zu einer vielbeachteten Karriere jenseits der reinen Comedy-Rollen, mit denen er vor allem
in den 1980er Jahren populär geworden war. Nach seiner lakonischen
Darstellung des Herman Blume – für die er sogar eine Golden Globe-Nominierung
erhielt – wurde Murray endgültig auch als ernsthafter Schauspieler wahrgenommen,
was unter anderem in eine OSCAR-Nominierung für seine grandiose Leistung in Sofia Coppolas
Meisterwerk "Lost in Translation" mündete.
Auch ansonsten ist "Rushmore" bis in kleinste
Nebenrollen hinein paßgenau besetzt, was die Detailverliebtheit des Regisseurs
noch untermauert, die dafür sorgt, daß man bei allen Wes Anderson-Filmen sehr
konzentriert zusehen sollte. Denn ansonsten läuft man stets Gefahr, kleine,
aber oft brüllkomische Hintergrundgags zu verpassen (Paradebeispiel dafür ist
und bleibt die "Orca-Szene" in "Die Tiefseetaucher"). Hier
trifft das – neben einigen für Anderson ebenfalls sehr typischen, wie der
gesamte Film von britischer Popmusik der 1960er und 1970er Jahre untermalten
Collagen, die Max' Tätigkeiten illustrieren – auf die Theaterstücke zu, die Max
immer wieder schreibt und aufführt. Deren Themen sind deutlich von der Filmwelt
inspiriert und innerhalb der "Rushmore"-Handlung durchaus symbolisch zu verstehen. So gibt es etwa ein
Stück über den von Al Pacino in Sidney Lumets "Serpico" verkörperten
Polizisten Frank Serpico, der gegen ein korruptes System kämpfte (so ähnlich empfindet er die großteils von qua Geburt privilegierten Sprößlingen bevölkerte Privatschule) zu sehen, im gelungenen Finale folgt gar eine blutige
Vietnamkriegs-Story. Diese Theaterstücke sind von Max und seinem Team
erstaunlich professionell umgesetzt und liefern Regisseur und (gemeinsam mit Owen Wilson) Drehbuch-Autor Anderson
reichlich Gelegenheit, seiner inszenatorischen Phantasie freien Lauf zu lassen.
Fazit: "Rushmore" ist eine ideenreiche und
in ihrer erfrischenden Unkonventionalität doch etwas gewöhnungsbedürftige
Coming of Age-Story, die zwar phasenweise etwas unrund läuft, aber mit genau beobachteten und gezeichneten und dabei wunderbar
schrägen Figuren, einer ebenso phantasie- wie gefühlvollen Inszenierung und
zwei hervorragenden Hauptdarstellern viel Freude bereitet.
Wertung: 8 Punkte.
Wertung: 8 Punkte.
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