Originaltitel: Se, jie
Regie: Ang Lee, Drehbuch: James Schamus und Wang Hui-Ling,
Musik: Alexandre Desplat
Darsteller: Tony Leung Chiu Wai, Tang Wei, Joan Chen, Wang
Leehom, Chin Kar-lok, Johnson Yuen, Tou Chung-Hua, Fan Kuang-Yao, Ko Yu-Luen,
Kao Ying-hsuan, Chu Chih-Ying
Rotten Tomatoes: 73% (6,7); weltweites Einspielergebnis:
$67,1 Mio.
FSK: 16, Dauer: 159 Minuten.
Hongkong im Jahr 1938: Eine sechsköpfige Gruppe junger,
idealistischer Studenten engagiert sich gegen die japanische Besetzung Chinas.
Zunächst tun sie dies nur mittels patriotischer Theateraufführungen und
Spendensammlungen zugunsten der Rebellen, doch dann ergibt sich die Chance, mit einem ausgeklügelten, langfristigen Plan den
hochrangigen Kollaborateur Mr. Yee (Tony Leung Chiu Wai, "The Grandmaster", "Infernal Affairs") zu eliminieren. Doch die
Erfolgsaussichten sind ziemlich gering, denn Mr. Yee ist ausgesprochen
vorsichtig. So dauert es deutlich länger als von den naiven Studenten
beabsichtigt, bis sich für die schöne Wong Chia Chi (Tang Wei) die Gelegenheit
ergibt, über die geschickt eingefädelte Bekanntschaft mit dessen Gattin (Joan
Chen, "Der letzte Kaiser", TV-Serie "Twin Peaks") eine
Affäre mit Mr. Yee einzugehen und so dessen Vertrauen zu erlangen. Doch das ist
nur der erste Schritt auf dem langen, steinigen Weg zur erfolgreichen
Beendigung ihrer gefährlichen Mission, die erst drei Jahre später in Schanghai
ihren Höhepunkt findet ...
Kritik:
Nachdem er im Jahr 2005 mit dem Regie-OSCAR für "Brokeback Mountain" zum weltweiten Star-Regisseur aufstieg, hat sich Ang Lee ("Hulk", "Life of Pi") vorübergehend wieder seiner asiatischen Heimat zugewandt und in China eine Kurzgeschichte von Eileen Chang verfilmt. Doch obwohl die Geschichte auf den ersten Blick ganz anders zu sein scheint, gibt es doch deutliche Parallelen, denn wo bei "Brokeback Mountain" der Spätwestern-Hintergrund eigentlich nur als Fassade für die ausführliche Betrachtung der Hauptcharaktere dient, gilt in "Gefahr und Begierde" Ähnliches für die Spionagestory. Seine Figuren und die sorgfältige Rekonstruktion einer schwülen 1940er Jahre-Atmosphäre sind für Ang Lee eindeutig am wichtigsten, darunter muß die Ausgestaltung der Story etwas leiden. Die Spionagegeschichte wird eigentlich nur rudimentär skizziert und vorangetrieben, entsprechend ist es nicht immer ganz einfach, ihr zu folgen. Doch die pure Schönheit und Eleganz der so sorgfältig konstruierten und genüßlich ausgespielten Sequenzen sorgt dafür, daß "Gefahr und Begierde" ein weiterer Gewinner in der Filmographie des Ang Lee ist.
Nachdem er im Jahr 2005 mit dem Regie-OSCAR für "Brokeback Mountain" zum weltweiten Star-Regisseur aufstieg, hat sich Ang Lee ("Hulk", "Life of Pi") vorübergehend wieder seiner asiatischen Heimat zugewandt und in China eine Kurzgeschichte von Eileen Chang verfilmt. Doch obwohl die Geschichte auf den ersten Blick ganz anders zu sein scheint, gibt es doch deutliche Parallelen, denn wo bei "Brokeback Mountain" der Spätwestern-Hintergrund eigentlich nur als Fassade für die ausführliche Betrachtung der Hauptcharaktere dient, gilt in "Gefahr und Begierde" Ähnliches für die Spionagestory. Seine Figuren und die sorgfältige Rekonstruktion einer schwülen 1940er Jahre-Atmosphäre sind für Ang Lee eindeutig am wichtigsten, darunter muß die Ausgestaltung der Story etwas leiden. Die Spionagegeschichte wird eigentlich nur rudimentär skizziert und vorangetrieben, entsprechend ist es nicht immer ganz einfach, ihr zu folgen. Doch die pure Schönheit und Eleganz der so sorgfältig konstruierten und genüßlich ausgespielten Sequenzen sorgt dafür, daß "Gefahr und Begierde" ein weiterer Gewinner in der Filmographie des Ang Lee ist.
Wer angesichts der Spionage-Thematik einen Film wie "Casablanca" oder gar aus der James Bond-Reihe erwartet, dem steht jedoch mit Sicherheit eine herbe Enttäuschung ins Haus. Zwar spielen der geschichtliche Hintergrund und Chia Chis brisanter Auftrag eine wichtige Rolle, im Zentrum stehen jedoch die beiden Protagonisten Wong Chia Chi und Mr. Yee. Obwohl die beiden nur sehr wenig gemein haben, eint sie vor allem eines: ihre Einsamkeit. Mr. Yee ist sich als Kollaborateur der ständigen Gefährdung seines Lebens nur zu bewußt, er hat auch schon zwei Versuche, über eine Frau an ihn heranzukommen und ihn dann zu töten, überlebt. Das hat ihn verständlicherweise geprägt. Er traut absolut niemandem mehr, selbst die Beziehung zu seiner Frau wirkt ziemlich distanziert. Chia Chi andererseits ist quasi eine Waise, verhält sich selbst in ihrem Mitverschwörer-Freundeskreis eher ruhig und beobachtend und scheint nicht einmal hundertprozentig vom Sinn ihres Auftrages überzeugt zu sein. Reichlich schlechte Voraussetzungen also für eine (vorgetäuschte) Liebesbeziehung – doch irgendwie finden die beiden doch zueinander und entwickeln trotz der widrigen Umstände im Lauf ihrer Affäre sogar echte, tiefgehende Gefühle füreinander.
Wie einfühlsam und schmerzhaft authentisch Ang Lee dieses Verhältnis zwischen zwei von ihrer Umwelt entfremdeten, beinahe zerbrochen wirkenden Menschen in getragenen, elegischen Einstellungen (die mitunter stark an den Stil seines "In the Mood for Love"-Regiekollegen Wong Kar-Wai erinnern) regelrecht zelebriert, ist einfach beeindruckend. Und wenn es doch einmal zu seltenen Gefühlsausbrüchen kommt, geraten diese umso heftiger und schockierender. Das trifft wohlgemerkt sowohl auf die Gewalt- als auch auf die Sexszenen zu, wobei gerade letztere "Gefahr und Begierde" einige Probleme einbrockten. In den USA führten sie beispielsweise zur höchstmöglichen Altersfreigabe NC-17, die dort gleichbedeutend ist mit dem kommerziellen Todesstoß, da viele Kinoketten Filme mit diesem Rating grundsätzlich nicht zeigen. In China und anderen eher prüden Ländern wurden die Sexszenen einfach komplett zensiert und die in ihrem Leinwanddebüt stark aufspielende Tang Wei wurde in ihrer chinesischen Heimat mal eben mit einem mehrjährigen Quasi-Berufsverbot belegt. Man kann einfach nicht müde werden, solch kulturfeindliche Bevormundungen zu geißeln, zumal mal bei einem anspruchsvollen Film wie diesem. Denn der Kontrast zwischen den meist träge handelnden und sprechenden Figuren und diesen abrupten Gefühls- und Gewalteruptionen zwischendurch funktioniert wieder einmal einwandfrei und ist sogar essentiell für die Nachvollziehbarkeit und Glaubwürdigkeit der beiden Protagonisten, die dem Publikum auf diese Weise sehr subtil nahegebracht werden. Bei Ang Lee sind es eben keine normalen Dialoge oder Handlungen, die der Zeichnung und Entwicklung der Charaktere dienen, sondern es müssen kleine, unauffällige, oft kaum merkbare Gesten und Blicke der beiden Hauptdarsteller Tony Leung Chiu Wai und Tang Wei genügen, die übrigens nicht nur sehr überzeugend agieren, sondern auch wunderbar miteinander harmonieren.
Wie immer bei Filmen von Ang Lee sind Ausstattung, Kameraführung, Kostüme und das ganze Drumherum tadellos, auch der eher unauffällige Soundtrack von Alexandre Desplat paßt sich stimmig ins Geschehen ein. Daß "Gefahr und Begierde" von mir dennoch keine Höchstnote bekommt, liegt vor allem an seiner stattlichen Länge von gut zweieinhalb Stunden. Bei aller Kunstfertigkeit und eleganten Schönheit zieht sich der Film doch etwas sehr in die Länge. Die eigentliche, wie erwähnt eher rudimentäre Handlung trägt nicht über solch eine lange Zeit hinweg, und obwohl die Beziehung zwischen Mr. Yee und Wong Chia Chi so beklemmend und eindrucksvoll in Szene gesetzt ist, wäre manchmal doch ein etwas höheres Tempo – so wie in der hochdramatischen und spannenden letzten halben Stunde – wünschenswert gewesen.
Fazit: "Gefahr und Begierde" ist ein erotisches Spionage-Drama, das geduldige Arthouse-Fans trotz gewisser Längen mit zwei überzeugend ausgearbeiteten und toll gespielten Hauptfiguren, einer hocheleganten Inszenierung und einem bemerkenswerten Finale beeindruckt.
Wertung: 8 Punkte.
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