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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 25. September 2012

NIGHTFALL (2012)

Originaltitel: Daai deoi bou
Regie: Roy Chow Hin Yeung, Drehbuch: Christine To Chi-Long und Roy Chow Hin Yeung, Musik: Shigeru Umebayashi
Darsteller: Simon Yam, Nick Cheung, Kay Tse, Michael Wong, Janice Man, Candice Yu, Gordon Liu, Felix Lok, Ken Hung, Cherry Ngan, Nicholas Atkinson
 Daai deoi bou
(2012) on IMDb Rotten Tomatoes: -; weltweites Einspielergebnis ohne China (1,5 Millionen Zuschauer): $2,4 Mio.; FSK: nicht geprüft, Dauer: 108 Minuten.
Als in Hongkong der Opernstar Han Tsui (Michael Wong, "Die sieben Schwerter") ermordet wird, richten sich die Ermittlungen des seit dem vermeintlichen Selbstmord seiner Frau von der Arbeit besessenen Inspector Lam (Simon Yam, "Ip Man", "Bullet in the Head") schnell auf den erst kürzlich aus der Haft entlassenen Wong (Nick Cheung, "Election"). Dieser wurde vor vielen Jahren wegen Mordes an seiner Freundin, Hans Tochter Eva, verurteilt und scheint es nun erneut auf die leidgeprüfte Familie abgesehen zu haben. Doch die sorgfältigen Ermittlungen von Inspector Lam enthüllen bald, daß der Fall keineswegs so klar ist wie zunächst angenommen: Wongs Verurteilung erscheint im Nachhinein zweifelhaft, außerdem scheint der ermordete Han im stillen Kämmerlein ein ziemlicher Tyrann gewesen zu sein. Dennoch bleibt Wong vorerst der Hauptverdächtige, zumal er Hans jüngere Tochter Zoe (Model Janice Man) regelrecht zu stalken scheint – sich dabei aber immer wieder dem Zugriff der Polizei entziehen kann ...

Kritik:
Eigentlich begeht Roy Chows Film zwei Todsünden für einen Thriller: Erstens erzählt er eine Geschichte, deren grober Verlauf zumindest für Krimifans nach wenigen Minuten vorhersehbar ist. Und zweitens macht er den angesichts dieser Vorhersehbarkeit besonders vermeidbaren Fehler, nach der Auflösung des Falls noch einmal alles haarklein und damit viel zu ausführlich zu erklären. Kurioserweise hat mir "Nightfall" dennoch richtig gut gefallen.

Dafür gibt es vor allem drei Gründe: die Atmosphäre, die Figuren und die Darsteller. "Nightfall" ist ein düsterer, ein ausgesprochen grimmiger Thriller, der bereits mit einem sehr blutigen Prolog im Gefängnis beginnt (die mit Abstand heftigste Szene des ganzen Films, der also gleich mit einem kleinen Schocker eröffnet) und fast ausnahmslos problembeladene Charaktere präsentiert. Deren (auf ganz unterschiedliche Art und Weise) scheinbare Perspektivlosigkeit korrespondiert mit der realen Finsternis der oft des Nachts inmitten der so beeindruckenden wie exotischen Kulisse der neonerleuchteten Metropole Hongkong stattfindenden Handlung ebenso wie mit der Stimmung in der dysfunktionalen Familie Han. Gekonnt unterstrichen wird diese beständige, mehr als nur unterschwellige Melancholie noch durch Shigeru Umebayashis ("House of Flying Daggers", "Hannibal Rising") wunderbare Musik sowie durch die speziell bei den vereinzelten Verfolgungsjagden gelungene Kameraarbeit von Ardy Lam.

Die handelnden Figuren wirken zwar teilweise recht klischeehaft, sind aber gut ausgearbeitet und sehr überzeugend gespielt. Besonders beeindruckend ist die darstellerische Leistung von Nick Cheung, dem es gelingt, einen verurteilten Mörder, der im Gefängnis seine Zunge verloren hat, aggressiv und brutal vorgeht und stets mit finsterer Miene durch die Gegend läuft, doch erstaunlich charismatisch zu verkörpern. Man fiebert nicht gerade mit diesem Anti-Helden mit, aber man verfolgt seine Odyssee mit einer gewissen Empathie und echtem Interesse an seiner wahren Geschichte. Doch auch der von Routinier Simon Yam, einem der größten Stars des Hongkong-Kinos, gewohnt nuanciert dargestellte Inspector Lam, der vom Kummer um seine verstorbene Frau so sehr zerfressen wird, daß er seine Tochter vernachlässigt und auch nicht bemerkt, daß seine jüngere und äußerst attraktive Kollegin Ying (höchst liebenswert gespielt von der erfolgreichen Popsängerin Kay Tse) mehr als nur freundschaftliche Gefühle für ihn hegt, ist eine ausgesprochen effektive Hauptfigur, mit der man sich gut identifizeren kann.

Selbst die Nebenrollen überzeugen durch die Bank, allen voran Janice Man als Wongs Objekt der Begierde Zoe Han (sowie in Rückblenden als ermordete Eva Han), Michael Wong als ihr jähzorniger Vater, Candice Yu (Ex-Frau von Chow Yun-Fat) als leidgeplagte Mutter und Gordon Liu ("Kill Bill") als ehemaliger Polizist, der mehr über die Hintergründe von Wongs Verurteilung weiß. Angesichts dieser Stärken verzeiht man "Nightfall" die vorhersehbare Story und die teilweise langatmigen Dialoge gerne.

Fazit: "Nightfall" ist ein düsterer Hongkong-Thriller, dessen bedrückende Handlung zwar viel zu vorhersehbar ist; wer über dieses schwerwiegende Manko jedoch hinwegsehen kann, der wird durch die von starken Schauspielerleistungen getragenen interessanten Figuren und die solide, sehr atmosphärische Inszenierung mehr als entschädigt.

Wertung: 7,5 Punkte.

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