Regie: Sir
Ridley Scott, Drehbuch: Dan O'Bannon, Musik: Jerry Goldsmith
Darsteller:
Tom Skerritt, Sigourney Weaver, Sir Ian Holm, John Hurt, Veronica Cartwright,
Harry Dean Stanton, Yaphet Kotto, Bolaji Badejo
Irgendwann in der fernen Zukunft ist das Fracht-Raumschiff
"Nostromo" unterwegs in den Weiten des Alls. Auf dem Rückweg zur Erde
empfängt es ein unbekanntes Funksignal von dem unerforschten Planetoiden LV-426, woraufhin
der Bordcomputer eigenständig den Kurs wechselt und
die siebenköpfige Crew erst kurz vor Erreichen der Quelle des Signals aus dem Hyperschlaf
weckt. Die fünf Männer und zwei Frauen sind alles andere als begeistert, als
sie entdecken, daß sie sich noch weit von der Heimat entfernt befinden, aufgrund
der Vorschriften müssen sie jedoch dem vermeintlichen Notsignal auf den Grund
gehen und landen deshalb auf LV-426. Dort stoßen sie auf das Wrack eines Raumschiffes offensichtlich außerirdischen Ursprungs. Vorsichtig
durchsuchen sie es und stoßen schließlich auf eine Kammer voll von schleimigen, eiförmigen
Objekten. Als der ausführende Offizier Kane (John Hurt) sich einem davon neugierig nähert, öffnet es sich
plötzlich und ein unbekanntes Lebewesen schießt hervor, durchschlägt Kanes
Helm und umschlingt seinen Kopf. Da der Versuch, das Ding zu entfernen,
fehlschlägt, wird Kane zurück zur Nostromo gebracht, wo
der Wissenschaftsoffizier Ash (Sir Ian Holm) Kane und das Lebewesen untersucht ...
Kritik:
Sir Ridley Scotts "Alien" ist heute nicht weniger
als eine Legende, ein Kultfilm. Als er 1979 erstmals in die Kinos kam, war das
kaum zu erwarten, zumal die Kritiken eher mittelmäßig ausfielen. Scott (damals natürlich noch ohne "Sir") hatte
zuvor erst einen Kinofilm gedreht, das historische Charakterdrama "Die
Duellisten", das ihm zwar viel Anerkennung einbrachte, ihn aber noch lange
nicht in die A-Kategorie der Hollywood-Regisseure beförderte. Immerhin reichte es aus, um die Regie bei "Alien" zu ergattern, einem Projekt mit
zunächst überschaubarem Budget und wenig Rückendeckung bei den führenden Studiomanagern.
Doch Scott ging mit viel Enthusiasmus an die Aufgabe heran und schuf Kinogeschichte:
"Alien" war einer der ersten wirklich erwachsenen
Science-Fiction-Filme, der zudem der meist sauber und steril wirkenden
Genrekonkurrenz einen ausgesprochenen "blue collar"-Ansatz
entgegenbrachte und die Crew der Nostromo wie typische Arbeiter mit rauen
Umgangsformen in Szene setzte, die in den Innereien der Nostromo schwere,
schmutzige Arbeit leisten mußten. Nein, wie George Lucas' "Krieg der Sterne" sah
"Alien" ganz bestimmt nicht aus.
Rückblickend die größte Leistung von "Alien" dürfte
jedoch die Etablierung einer Frau als Action-Heldin sein. Obwohl Tom Skerritt ("M.A.S.H.", TV-Serie "Picket Fences") als
erfahrener Captain der Nostromo die eigentliche Hauptfigur des Films ist, entwickelt sich
im Verlauf der Handlung immer stärker die toughe Lieutenant Ellen Ripley zur
zentralen Protagonistin, beeindruckend verkörpert von der
damals 30-jährigen Theaterschauspielerin Sigourney Weaver in ihrer ersten
Film-Hauptrolle. Eine Frau als Action-Heldin war zu dieser Zeit ein
gewagtes Unterfangen, das Ridley Scott nur mit großer Hartnäckigkeit
durchsetzen konnte. Umso größer war natürlich die Wirkung, als
das Wagnis aufging, "Alien" zum Publikumserfolg
wurde und den Weg für weitere weibliche Actionstars wie Linda Hamilton, Jamie Lee Curtis oder Milla Jovovich ebnete. Und Sigourney Weaver war plötzlich ein Weltstar.
Die entscheidenden Szenen von "Alien" haben bis
heute nichts von ihrer Wirkung verloren. Die Erkundung des fremden Raumschiffes,
der Angriff des "Facehuggers", der erste Auftritt des titelgebenden
Aliens, die unerwarteten Storywendungen und Schockmomente – sie sind so großartig
und zeitlos inszeniert, daß man auch mehr als 30 Jahre später davon
beeindruckt sein muß. In seiner Gänze entspricht der Film allerdings nicht mehr ganz
den heutigen Sehgewohnheiten. Vor allem die sehr gemächlich erzählte und
weitgehend actionfreie erste Filmhälfte, in der Scott großes Gewicht auf die
Einführung der sieben unheimlich authentischen Crewmitglieder und auf
die Darstellung ihrer Arbeit an Bord der Nostromo legt, wirkt mitunter
etwas zäh und erfordert ziemlich viel Geduld. Zwar erfüllt diese Vorgehensweise absolut ihren Zweck, die Protagonisten dem Publikum nahezubringen, sodaß es mit ihnen mitzittert und sich um sie sorgt; etwas zügiger hätte die Figurenzeichnung dennoch gestaltet werden können. Entsprechend hat Ridley Scott
genau diese Szenen in seinem für den Kino-Rerelease zum 25-jährigen Jubiläum
verwendeten
Director's Cut ein kleines bißchen gestrafft, weshalb es sich (trotz einiger zusätzlicher
Szenen) um den eher seltenen Fall eines Director's Cuts handelt, der tatsächlich
etwas kürzer als die Originalfassung ist.
Abgesehen von dem langsamen Erzähltempo gab es aber auch kaum Grund für Korrekturen, denn nahezu
alles andere an "Alien" ist perfekt. Der unheimliche, sphärische, mitunter atonale Soundtrack von Jerry
Goldsmith ("Das Omen") unterstreicht die gespenstische Atmosphäre kongenial und schafft es, das Publikum in einen immer beklemmenderen Zustand nervöser Unruhe zu
versetzen. Und das schlicht sensationelle Kreaturen- und Set-Design des Schweizer Künstlers
H.R. Giger ist dermßen düster, unheilvoll und verdreht, daß wohl bis heute keine
treffendere, buchstäblichere Darstellung des Wortes "außer-irdisch"
vorstellbar ist. Es muß wohl kaum extra erwähnt werden: Auf der großen Leinwand wirkt das alles
noch weitaus beeindruckender als vor dem heimischen TV-Gerät.
Auch schauspielerisch gibt es an "Alien" kaum etwas zu bemängeln. Über Sigourney Weavers energetische Verkörperung von Ripley wurde in den vergangenen Jahrzehnten mehr als genug geschrieben, aber auch ihre Kollegen überzeugen ausnahmslos. Tom Skerritt gibt einen guten, fast klassisch zu nennenden Captain, Sir Ian Holm ("Das fünfte Element", "Der Hobbit") begeistert mit seiner facettenreichen Darstellung des ambivalenten Wissenschaftsoffiziers Ash und John Hurt ("Dame, König, As, Spion", "Melancholia") hat sich dank einer legendären Szene bestimmt in zahlreiche Alpträume der Kinogänger eingebrannt. Yaphet Kotto ("Running Man", "Midnight Run") und Harry Dean Stanton ("Paris, Texas", "Der Ketzer") bringen als ständig rummosernde Ingenieure Parker und Brett ein bißchen Humor und Bodenständigkeit in die Handlung ein und die zierliche Veronica Cartwright ("Die Vögel", "Der Stoff, aus dem die Helden sind") überträgt als ängstliche Navigatorin Lambert das Grauen, das über die Crew der Nostromo so unvermittelt hereinbricht, perfekt auf das Publikum. Gäbe es einen OSCAR für das beste Ensemble, "Alien" hätte ihn gewinnen müssen.
Fazit: "Alien" ist ein extrem
atmosphärischer Horror-Science-Fiction-Film, der von
sorgfältigen Figurenzeichnungen, dem ikonischen Kreaturen- und Set-Design von H.R. Giger sowie einigen großartig getimten, unvergeßlichen Schockeffekten zehrt. Wer
allerdings heutige Hollywood-Maßstäbe anlegt, für den kann das
gemächliche Erzähltempo vor allem in der ersten Filmhälfte auch im etwas
schneller geschnittenen Director's Cut zu einer echten Geduldsprobe werden.
Wertung: 9 Punkte (Originalfassung: 8,5 Punkte).
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