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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 9. August 2012

Klassiker-Rezension: ALIEN – DIRECTOR'S CUT (1979/2003)

Regie: Sir Ridley Scott, Drehbuch: Dan O'Bannon, Musik: Jerry Goldsmith
Darsteller: Tom Skerritt, Sigourney Weaver, Sir Ian Holm, John Hurt, Veronica Cartwright, Harry Dean Stanton, Yaphet Kotto, Bolaji Badejo
Alien
(1979) on IMDb Rotten Tomatoes: 93% (9,1); weltweites Einspielergebnis: $108,6 Mio.
FSK: 16, Dauer: 116 Minuten.

Irgendwann in der fernen Zukunft ist das Fracht-Raumschiff "Nostromo" unterwegs in den Weiten des Alls. Auf dem Rückweg zur Erde empfängt es ein unbekanntes Funksignal von dem unerforschten Planetoiden LV-426, woraufhin der Bordcomputer eigenständig den Kurs wechselt und die siebenköpfige Crew erst kurz vor Erreichen der Quelle des Signals aus dem Hyperschlaf weckt. Die fünf Männer und zwei Frauen sind alles andere als begeistert, als sie entdecken, daß sie sich noch weit von der Heimat entfernt befinden, aufgrund der Vorschriften müssen sie jedoch dem vermeintlichen Notsignal auf den Grund gehen und landen deshalb auf LV-426. Dort stoßen sie auf das Wrack eines Raumschiffes offensichtlich außerirdischen Ursprungs. Vorsichtig durchsuchen sie es und stoßen schließlich auf eine Kammer voll von schleimigen, eiförmigen Objekten. Als der ausführende Offizier Kane (John Hurt) sich einem davon neugierig nähert, öffnet es sich plötzlich und ein unbekanntes Lebewesen schießt hervor, durchschlägt Kanes Helm und umschlingt seinen Kopf. Da der Versuch, das Ding zu entfernen, fehlschlägt, wird Kane zurück zur Nostromo gebracht, wo der Wissenschaftsoffizier Ash (Sir Ian Holm) Kane und das Lebewesen untersucht ...

Kritik:
Sir Ridley Scotts "Alien" ist heute nicht weniger als eine Legende, ein Kultfilm. Als er 1979 erstmals in die Kinos kam, war das kaum zu erwarten, zumal die Kritiken eher mittelmäßig ausfielen. Scott (damals natürlich noch ohne "Sir") hatte zuvor erst einen Kinofilm gedreht, das historische Charakterdrama "Die Duellisten", das ihm zwar viel Anerkennung einbrachte, ihn aber noch lange nicht in die A-Kategorie der Hollywood-Regisseure beförderte. Immerhin reichte es aus, um die Regie bei "Alien" zu ergattern, einem Projekt mit zunächst überschaubarem Budget und wenig Rückendeckung bei den führenden Studiomanagern. Doch Scott ging mit viel Enthusiasmus an die Aufgabe heran und schuf Kinogeschichte: "Alien" war einer der ersten wirklich erwachsenen Science-Fiction-Filme, der zudem der meist sauber und steril wirkenden Genrekonkurrenz einen ausgesprochenen "blue collar"-Ansatz entgegenbrachte und die Crew der Nostromo wie typische Arbeiter mit rauen Umgangsformen in Szene setzte, die in den Innereien der Nostromo schwere, schmutzige Arbeit leisten mußten. Nein, wie George Lucas' "Krieg der Sterne" sah "Alien" ganz bestimmt nicht aus.

Rückblickend die größte Leistung von "Alien" dürfte jedoch die Etablierung einer Frau als Action-Heldin sein. Obwohl Tom Skerritt ("M.A.S.H.", TV-Serie "Picket Fences") als erfahrener Captain der Nostromo die eigentliche Hauptfigur des Films ist, entwickelt sich im Verlauf der Handlung immer stärker die toughe Lieutenant Ellen Ripley zur zentralen Protagonistin, beeindruckend verkörpert von der damals 30-jährigen Theaterschauspielerin Sigourney Weaver in ihrer ersten Film-Hauptrolle. Eine Frau als Action-Heldin war zu dieser Zeit ein gewagtes Unterfangen, das Ridley Scott nur mit großer Hartnäckigkeit durchsetzen konnte. Umso größer war natürlich die Wirkung, als das Wagnis aufging, "Alien" zum Publikumserfolg wurde und den Weg für weitere weibliche Actionstars wie Linda Hamilton, Jamie Lee Curtis oder Milla Jovovich ebnete. Und Sigourney Weaver war plötzlich ein Weltstar.

Die entscheidenden Szenen von "Alien" haben bis heute nichts von ihrer Wirkung verloren. Die Erkundung des fremden Raumschiffes, der Angriff des "Facehuggers", der erste Auftritt des titelgebenden Aliens, die unerwarteten Storywendungen und Schockmomente – sie sind so großartig und zeitlos inszeniert, daß man auch mehr als 30 Jahre später davon beeindruckt sein muß. In seiner Gänze entspricht der Film allerdings nicht mehr ganz den heutigen Sehgewohnheiten. Vor allem die sehr gemächlich erzählte und weitgehend actionfreie erste Filmhälfte, in der Scott großes Gewicht auf die Einführung der sieben unheimlich authentischen Crewmitglieder und auf die Darstellung ihrer Arbeit an Bord der Nostromo legt, wirkt mitunter etwas zäh und erfordert ziemlich viel Geduld. Zwar erfüllt diese Vorgehensweise absolut ihren Zweck, die Protagonisten dem Publikum nahezubringen, sodaß es mit ihnen mitzittert und sich um sie sorgt; etwas zügiger hätte die Figurenzeichnung dennoch gestaltet werden können. Entsprechend hat Ridley Scott genau diese Szenen in seinem für den Kino-Rerelease zum 25-jährigen Jubiläum verwendeten Director's Cut ein kleines bißchen gestrafft, weshalb es sich (trotz einiger zusätzlicher Szenen) um den eher seltenen Fall eines Director's Cuts handelt, der tatsächlich etwas kürzer als die Originalfassung ist.

Abgesehen von dem langsamen Erzähltempo gab es aber auch kaum Grund für Korrekturen, denn nahezu alles andere an "Alien" ist perfekt. Der unheimliche, sphärische, mitunter atonale Soundtrack von Jerry Goldsmith ("Das Omen") unterstreicht die gespenstische Atmosphäre kongenial und schafft es, das Publikum in einen immer beklemmenderen Zustand nervöser Unruhe zu versetzen. Und das schlicht sensationelle Kreaturen- und Set-Design des Schweizer Künstlers H.R. Giger ist dermßen düster, unheilvoll und verdreht, daß wohl bis heute keine treffendere, buchstäblichere Darstellung des Wortes "außer-irdisch" vorstellbar ist. Es muß wohl kaum extra erwähnt werden: Auf der großen Leinwand wirkt das alles noch weitaus beeindruckender als vor dem heimischen TV-Gerät.

Auch schauspielerisch gibt es an "Alien" kaum etwas zu bemängeln. Über Sigourney Weavers energetische Verkörperung von Ripley wurde in den vergangenen Jahrzehnten mehr als genug geschrieben, aber auch ihre Kollegen überzeugen ausnahmslos. Tom Skerritt gibt einen guten, fast klassisch zu nennenden Captain, Sir Ian Holm ("Das fünfte Element", "Der Hobbit") begeistert mit seiner facettenreichen Darstellung des ambivalenten Wissenschaftsoffiziers Ash und John Hurt ("Dame, König, As, Spion""Melancholia") hat sich dank einer legendären Szene bestimmt in zahlreiche Alpträume der Kinogänger eingebrannt. Yaphet Kotto ("Running Man", "Midnight Run") und Harry Dean Stanton ("Paris, Texas", "Der Ketzer") bringen als ständig rummosernde Ingenieure Parker und Brett ein bißchen Humor und Bodenständigkeit in die Handlung ein und die zierliche Veronica Cartwright ("Die Vögel", "Der Stoff, aus dem die Helden sind") überträgt als ängstliche Navigatorin Lambert das Grauen, das über die Crew der Nostromo so unvermittelt hereinbricht, perfekt auf das Publikum. Gäbe es einen OSCAR für das beste Ensemble, "Alien" hätte ihn gewinnen müssen.

Fazit: "Alien" ist ein extrem atmosphärischer Horror-Science-Fiction-Film, der von sorgfältigen Figurenzeichnungen, dem ikonischen Kreaturen- und Set-Design von H.R. Giger sowie einigen großartig getimten, unvergeßlichen Schockeffekten zehrt. Wer allerdings heutige Hollywood-Maßstäbe anlegt, für den kann das gemächliche Erzähltempo vor allem in der ersten Filmhälfte auch im etwas schneller geschnittenen Director's Cut zu einer echten Geduldsprobe werden.

Wertung: 9 Punkte (Originalfassung: 8,5 Punkte).


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