Regie: David Fincher, Drehbuch: Aaron Sorkin, Musik: Trent
Reznor und Atticus Ross
Darsteller: Jesse Eisenberg, Andrew Garfield, Justin
Timberlake, Armie Hammer, Rooney Mara, Joseph Mazzello, Max Minghella, Patrick
Mapel, Brenda Song, Wallace Langham, Rashida Jones, Scott Lawrence, Malese Jow
Harvard University, zu Beginn des 21. Jahrhunderts: Der ziemlich arrogante Student
Mark Zuckerberg (Jesse Eisenberg, "Zombieland",
"Adventureland"), ein junges Computergenie, das bereits in der
Highschool mit seinen Programmierkünsten das Interesse von Microsoft und Co.
geweckt hat, ist wütend, weil seine Freundin Erica (Rooney Mara) mit ihm Schluß gemacht hat. In seiner Verbitterung programmiert er
über Nacht (und das in betrunkenem Zustand) eine Internetseite, auf der die
Harvard-Studenten das Aussehen all ihrer Kommilitoninnen bewerten können, deren
Fotos er unerlaubterweise aus den Uni-Verzeichnissen "herausgehackt"
hat. Die Aktion bringt ihm sowohl Ärger als auch Bewunderung ein. Vor allem
bringt sie ihn auf jene Idee, mit der er in den kommenden Jahren zu einem
der reichsten Männer der Welt werden wird: ein soziales Internet-Netzwerk zu schaffen. Zunächst ist dieses auf einige amerikanische Colleges begrenzt, später frei für alle und
kostenlos in der Nutzung – abgesehen von der Privatsphäre, die man freiwillig
mehr oder weniger stark opfert. Die Rede ist natürlich von Facebook,
Schreckgespenst zahlloser deutscher Politiker und Datenschützer, heilige Kuh von
Millionen und Abermillionen vor allem Teenagern und jungen Erwachsenen auf der ganzen Welt. Gemeinsam mit einigen Freunden entwickelt Zuckerberg also Facebook, doch mit
dem wachsenden Erfolg des Projekts gibt es zunehmend Probleme von
juristischen Streitigkeiten bis hin zur ernsthaften Gefährdung einst enger
Freundschaften ...
Kritik:
Ich persönlich finde ja Facebook in etwa so spannend wie das Telefonbuch. Deshalb war meine Reaktion auf die Ankündigung eines Films über Facebook von tiefer Skepsis geprägt. Ich fragte mich: Wer will das sehen? Dann kam David Fincher ("Sieben", "Fight Club", "Zodiac") als Regisseur hinzu, was bei mir bereits erstes Interesse weckte. Aber die Entscheidung, mir "The Social Network" tatsächlich gegen Geld im Kino anzuschauen, fiel erst mit den Lobeshymnen der Kritiker wie auch der normalen Kinozuschauer und mit der Positionierung des Films als einer der größten OSCAR-Favoriten 2011 (am Ende gab es immerhin drei Auszeichnungen, als Bester Film wurde jedoch "The King's Speech" geehrt). Und es sollte sich als eine gute Entscheidung erweisen, denn "The Social Network" ist erstaunlicherweise tatsächlich ein sehr guter Film geworden.
Ich persönlich finde ja Facebook in etwa so spannend wie das Telefonbuch. Deshalb war meine Reaktion auf die Ankündigung eines Films über Facebook von tiefer Skepsis geprägt. Ich fragte mich: Wer will das sehen? Dann kam David Fincher ("Sieben", "Fight Club", "Zodiac") als Regisseur hinzu, was bei mir bereits erstes Interesse weckte. Aber die Entscheidung, mir "The Social Network" tatsächlich gegen Geld im Kino anzuschauen, fiel erst mit den Lobeshymnen der Kritiker wie auch der normalen Kinozuschauer und mit der Positionierung des Films als einer der größten OSCAR-Favoriten 2011 (am Ende gab es immerhin drei Auszeichnungen, als Bester Film wurde jedoch "The King's Speech" geehrt). Und es sollte sich als eine gute Entscheidung erweisen, denn "The Social Network" ist erstaunlicherweise tatsächlich ein sehr guter Film geworden.
Ironischerweise liegt das vor allem daran, daß es darin eben nicht primär um Facebook
geht. Stattdessen hat Fincher mutig einen stark an "Citizen Kane" erinnernden
Ansatz gewählt. Wie in Orson Welles' Meisterwerk aus dem Jahr 1941 stehen im
Zentrum der Geschichte Aufstieg und Fall eines extrem erfolgreichen und
innovativen Unternehmers – auch wenn besagter "Fall" hier (aufgrund
der Bezugnahme auf die Realität, in der Facebook und damit auch Zuckerberg
nunmal immer noch erfolgreich sind und auf nicht absehbare Zeit auch bleiben werden) auf den persönlichen und teilweise auf
den juristischen Bereich beschränkt bleibt. "Citizen Kane" war seinerzeit
vor allem deshalb so revolutionär, weil er seine Geschichte in Form von betont
subjektiven Erinnerungen jener Menschen erzählt, die den verstorbenen
Medienmagnaten Charles Foster Kane persönlich kannten. Aus der Gesamtheit dieser persönlichen
Eindrücke ergibt sich ein Mosaik, das den Menschen und
Unternehmer Kane zeigt – wie zutreffend diese Darstellung ist, das liegt allein in den Augen des
Betrachters. Jeder Zuschauer muß für sich selbst entscheiden, welchen
"Augenzeugenberichten" er Glauben schenkt, welchen nicht und welchen
nur teilweise.
Ähnlich gehen Fincher und Drehbuch-Autor Aaron Sorkin ("Moneyball", Schöpfer der
bereits legendären Polit-TV-Serie "The West Wing") in "The
Social Network" vor. Auch hier wird die Geschichte der Gründung von
Facebook und des beruflichen Aufstieges von Mark Zuckerberg in Form subjektiver
Rückblenden erzählt – anders als in "Citizen Kane" werden diese
jedoch nicht von einem neugierigen Reporter gesammelt, sondern im Rahmen der
außergerichtlichen Verhandlungen bei gleich zwei Prozessen gegen Zuckerberg. Da
die "Augenzeugen" somit eine viel stärkere Motivation zur Unehrlichkeit haben
(sie wollen schließlich Geld von Zuckerberg) als die Befragten in "Citizen
Kane", ist es
logischerweise sehr fragwürdig, wie nahe an der Realität diese Erzählungen sind. Fincher und Sorkin betonen das auch noch einmal
extra kurz vor Ende des Films in Form einer Anwältin (Rashida Jones), die Zuckerberg
erläutert, daß ihrer Erfahrung nach 85% emotionaler Aussagen übertrieben seien und die restlichen
15% glatte Meineide. Auf diese Weise relativieren die beiden Filmschöpfer den
realen Wahrheitsgehalt des von ihnen Präsentierten ausdrücklich, ohne dadurch jedoch
die eigentliche Aussage des Films über den Wert der Freundschaft sowie die Verführbarkeit
durch Macht, Ruhm und Reichtum anzutasten. Fraglos ein geschickter Schachzug (der so ganz nebenbei
auch noch mögliche Klagen der realen Personen verhindert, auf denen der Film
basiert und die teilweise alles andere als positiv dargestellt werden).
Ein Markenzeichen des Regisseurs David Fincher war schon immer sein Augenmerk auf
eine sorgfältige, glaubwürdige Charakterzeichnung. Nachdem er diese in seinem
vorletzten Film "Zodiac" zugunsten einer quasi-dokumentarischen Präsentation des Thrillers über die Suche nach einem Serienmörder leider stark vernachlässigt hatte, gibt er
sich dieses Mal umso mehr Mühe. Und so wirken die Hauptfiguren von "The
Social Network" im Großen und Ganzen sehr schlüssig und authentisch – auch
wenn sie, wie gesagt, nicht allzu viel mit der Realität gemein haben müssen.
Zuckerberg selbst wird von Jesse Eisenberg als hochmütiger, leicht
manischer, eben nicht ganz einfacher Kerl dargestellt, der speziell aufgrund
seiner sehr direkten Art oft Probleme hat, mit anderen Menschen
auszukommen (was übrigens eine weitere Parallele zu Charles Foster Kane ist). Aber da er gleichzeitig ein brillanter Programmierer und innovativer Unternehmer ist, der durch den
geschickten Einsatz seiner Ideen und Fähigkeiten zu einem steinreichen Mann
wird, fungiert er in gewisser Weise sowohl als Vorbild als auch als mahnendes Beispiel für das Publikum.
Trotz seines schwierigen Wesens hat Zuckerberg in Eduardo Saverin (Andrew
Garfield, "The Amazing Spider-Man") einen loyalen Freund, der bei der
Facebook-Gründung das Finanzielle übernimmt und sie somit überhaupt erst
ermöglicht. Daß die Freundschaft der beiden in große Gefahr gerät, liegt
einerseits am rapide zunehmenden Erfolg von Facebook mit all seinen Nebenwirkungen,
andererseits am schillernden, selbstherrlichen Napster-Mitbegründer
Sean Parker (stark gespielt von Justin Timberlake), der sich zwischen die beiden Freunde drängt. Die Inszenierung dieses "Dreiecksverhältnisses" ist Fincher hervorragend gelungen.
Obwohl nur Eduardo wirklich sympathisch rüberkommt (dafür sorgt
Zuckerbergs höchst trockener Humor immerhin für den ein oder anderen Lacher), wird man als
Zuschauer in die eigentlich recht banalen Ereignisse und Entwicklungen
hineingezogen, lauscht fasziniert den intelligenten, schlagfertigen Dialogen und fiebert mit den gut ausgearbeiteten Charakteren mit. Und
schon bald vergißt man vollkommen, daß man hier einen "Facebook-Film"
sieht. Stattdessen verfolgt man die beeindruckend clever konstruierte, bewegende Studie einer jungen, komplexen Unternehmer-Persönlichkeit, die in ihrem raschen
beruflichen Erfolg nicht die Erfüllung findet, die sie in Wirklichkeit sucht.
Und deshalb ist es auch vollkommen egal, ob sich Fincher und Sorkin an die
realen Fakten halten oder nicht. Sie nutzen die Realität nur als Basis für eine
einfache, universelle und zutiefst menschliche Geschichte.
Die darstellerischen Leistungen des großen Ensemble-Casts aus überwiegend (noch) relativ unbekannten Jungdarstellern überzeugen auf der ganzen Linie. Jesse Eisenberg empfiehlt sich nachdrücklich als ein zukünftiger "Leading Man" in Hollywood, Andrew Garfield erdet den Film als Sympathieträger der Geschichte, Armie Hammer ("Spieglein Spieglein") hinterläßt in einer Doppelrolle als die Zuckerberg verklagenden Zwillingsbrüder Tyler und Cameron Winklevoss nachhaltigen Eindruck und Newcomerin Rooney Mara konnte sich in ihrer kleinen Nebenrolle Regisseur Fincher für die Hauptrolle in seinem nächsten Film "Verblendung" empfehlen. Gelobt werden muß auch der unkonventionelle, aber zurecht OSCAR-gekrönte Soundtrack von Nine Inch Nails-Mastermind Trent Reznor und Atticus Ross, der das Gezeigte vortrefflich untermalt.
Fazit: Nachdem er zuletzt mit "Zodiac" und "Der seltsame Fall des Benjamin
Button" zwei Filme in die Kinos brachte, die nicht frei von Schwächen waren, gelingt David Fincher mit "The Social Network" endlich wieder ein ganz großer Wurf. Die ebenso intelligente wie einfühlsame Charakterstudie eines getriebenen Genies begeistert mit starken darstellerischen Leistungen, gewitzten Dialogen und einer komplexen Erzählstruktur auf der ganzen Linie.
Wertung: 9 Punkte.
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