Regie: Simon Kinberg, Drehbuch: Theresa Rebeck und Simon Kinberg,
Musik: Tom Holkenborg
Darsteller: Jessica
Chastain, Diane Kruger, Lupita Nyong'o, Penélope Cruz, Sebastian
Stan, Fan Bingbing, Jason Flemyng, Édgar Ramírez, Sylvester Groth,
John Douglas Thompson
FSK: 16, Dauer: 124
Minuten.
Als der Gangsterboß
Elijah Clarke (Jason Flemyng, "Solomon Kane") in den Besitz
eines hochmodernen Programms gelangt, mit dem man quasi alles hacken
kann, bietet er es auf dem Schwarzmarkt zum Kauf an – nachdem er
mit einigen herbeigeführten Flugzeugabstürzen die Wirksamkeit des
Programms unter Beweis gestellt hat. Die CIA-Agenten Mace (Jessica
Chastain, "Molly's Game") und Nick (Sebastian Stan, "I,
Tonya") sollen das Programm vorher stehlen, jedoch geht die
Operation komplett in die Hose, als ihnen die deutsche BND-Agentin
Marie (Diane Kruger, "Inglourious Basterds") in die Quere
kommt. Um die Auktion irgendwie zu verhindern, müssen sich Mace und Marie
widerwillig zusammenraufen, zudem bekommen sie Unterstützung durch die
mit Mace befreundete frühere MI6-Agentin Khadijah (Lupita Nyong'o,
"Black Panther") und die für den kolumbianischen
Geheimdienst tätige Psychologin Graciela (Penélope Cruz, "Leid
und Herrlichkeit"), die eher zufällig in die Sache hineingerät.
Während das Quartett die in Schanghai stattfindende
Schwarzmarkt-Auktion zu verhindern sucht, stellt sich allerdings
heraus, daß einige böse Überraschungen auf sie warten ...
Kritik:
Und
sie geht weiter, die Suche nach dem großen, erfolgreichen Actionhit
á la "John Wick", nur mit weiblichen Hauptrollen. Nachdem
das bislang nur bei "Lucy" (der aber im gleichen Jahr wie
der erste "John Wick" erschien, also keine gezielte Antwort
darauf war) und "Atomic Blonde" halbwegs funktionierte,
wogegen Werke wie "Peppermint", "Anna", "Jolt",
"Everly" oder "Kate" schnell wieder in
Vergessenheit gerieten, versucht es "The 355" von Simon
Kinberg ("X-Men: Dark Phoenix") gleich mit einem ganzen
weiblichen Ensemble – und das nach einer Idee von Jessica Chastain,
die sich selbst bereits (mit sehr überschaubarem Erfolg) in "Code
Ava" als Actionheldin versucht hatte. Tatsächlich gelang es
Chastain, eine vielversprechende Besetzung zusammenzutrommeln,
allerdings scheitert "The 355" letztlich am gleichen
Element wie all die zuvor genannten Genrebeiträge: einem
generischen, weitgehend einfallslosen Drehbuch. Wobei "scheitern"
etwas übertrieben ist, denn "The 355" ist gar kein schlechter
Film, aber eben ein denkbar mediokrer, der handwerklich solide
gemacht ist und vom Charisma seiner weiblichen Stars lebt, aber
ansonsten in keiner Weise aus dem Genre-Mittelmaß hervorsticht. Und
das ist gerade angesichts dieser hochkarätigen Besetzung wirklich
eine Schande.
Die größte
Stärke von "The 355" ist demnach wenig überraschend das
Zusammenspiel seiner Hauptdarstellerinnen. Daß die sich teilweise erst
einmal zusammenraufen müssen, entspricht den gängigen
Genre-Klischees, ist aber durchaus unterhaltsam inszeniert.
Jessica Chastain, Lupita Nyong'o, Diane Kruger und die später
dazustoßende Fan Bingbing ("X-Men: Zukunft ist Vergangenheit") harmonieren gut miteinander und Penélope
Cruz bingt als die einzige Nicht-Agentin in der Gruppe etwas zusätzliche
Würze hinein. Erfreulich ist dabei, daß das Drehbuch allen fünf
Heldinnen genügend zu tun und diskutieren gibt, um zumindest ein wenig eigenes
Profil zu entwickeln – wenngleich das hin und wieder etwas zu
Lasten des Erzähltempos des mit zwei Stunden sowieso recht langen
Films geht. Auch in den professionell und hochwertig gestalteten
Actionsequenzen machen die Damen (und ihre Stuntleute) einen guten
Job, wobei es nicht die eine herausragende Kampfsequenz gibt wie bei
den "John Wick"- oder auch den "Taylor Rake"-Filmen.
Weniger
gut als das weibliche Ensemble funktioniert hingegen die Handlung.
Bei der handelt es sich um eine ziemlich einfallslose
Action-Spionage-Story von der Stange, die leider noch nicht einmal
mit einem richtig guten Bösewicht punkten kann. Von denen gibt es
zwei, jedoch will ich einen davon nicht spoilern (auch wenn diese
Überraschung für Genrekenner vorhersehbar ist). Der andere
ist der skrupellose Gangsterboß Clarke, den der britische Routinier
Jason Flemyng schön fies interpretiert, ohne allerdings wie ein
James Bond-Bösewicht glänzen zu können. Das gelingt auch dem
später entlarvten zweiten Antagonisten nicht, dennoch kann man
beiden schauspielerisch nicht viel vorwerfen: Sie machen, was das
Drehbuch von ihnen verlangt – und das machen sie sehr solide. Das gilt eigentlich für den gesamten Film inklusive der Musik von
Tom Holkenborg aka Junkie XL, die das Geschehen angemessen untermalt,
aber nicht ansatzweise an seine musikalischen Großtaten bei
"Mad Max: Fury Road" oder "300 – Rise of an Empire"
heranreicht. Unter dem Strich ist "The 355" also ein wenig
bemerkenswerter Actionfilm mit Spionage-Elementen, dem man ob der
starken Besetzung mehr Einfallsreichtum und Mut gewünscht hätte.
Dann wäre vielleicht auch eine Fortsetzung drin gewesen, zu der es
angesichts eines (noch von den Nachwehen der Corona-Pandemie
beeinträchtigten) weltweiten Einspielergebnisses von gerade einmal
knapp $28 Mio. bei einem Budget, das je nach Quelle zwischen 40 und
75 Millionen US-Dollar lag, garantiert nicht kommen wird.
Fazit:
"The 355" ist ein solide gemachter, jedoch inhaltlich
ziemlich vergessenswerter Action-Spionagefilm, der ganz von seiner
guten weiblichen Besetzung lebt.
Wertung:
6 Punkte.
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