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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 23. März 2023

ELVIS (2022)

Regie: Baz Luhrmann, Drehbuch: Baz Luhrmann, Sam Bromell, Craig Pearce, Jeremy Doner, Musik: Elliott Wheeler
Darsteller: Austin Butler, Tom Hanks, Olivia DeJonge, Richard Roxburgh, Kelvin Harrison Jr., Helen Thomson, David Wenham, Kodi Smit-McPhee, Luke Bracey, Dacre Montgomery, Leon Ford, Yola, Gary Clark Jr., Alton Mason, Xavier Samuel
Elvis (2022) on IMDb Rotten Tomatoes: 77% (6,8); weltweites Einspielergebnis: $288,3 Mio.
FSK: 6, Dauer: 160 Minuten.
Als der Musikmanager Colonel Tom Parker (Tom Hanks, "Der wunderbare Mr. Rogers") in den 1960er Jahren mit dem bekannten Country-Sänger Hank Snow (David Wenham, "300") durch die USA tourt, stößt er durch Zufall in Memphis auf einen unbekannten lokalen Sänger namens Elvis Presley (Austin Butler, "The Dead Don't Die"), nach dessen Musik die jungen Leute in der Stadt ganz wild sind. Presley, der mit seiner finanzschwachen Familie in einem Schwarzen-Viertel aufgewachsen ist, mischt die bei den meisten (speziell älteren) Weißen verpönte Rock- und Bluesmusik von afroamerikanischen Künstlern wie B.B. King (Kelvin Harrison Jr., "The Trial of the Chicago 7") mit Countryklängen und hat zudem bei seinen Auftritten einen ganz eigenen Stil – sein gewagter Hüftschwung treibt das weibliche Publikum fast in den Wahnsinn! Parker erkennt die Möglichkeiten dieses jungen Rebellen und nimmt sich seiner an. Schon bald wird Elvis zum Star, allerdings vom konservativen weißen Establishment auch als Gefahr begriffen, die bekämpft werden muß. Es tun sich fortan immer größere Konflikte auf zwischen dem aus Profitgründen um Kompromisse ringenden Parker und seinem Schützling, der integer bleiben und sich nicht verstellen will ...

Kritik:
Für den australischen Filmemacher Baz Luhrmann ist Musik ganz offensichtlich ein großer Teil seines Lebens, der auch seine Karriere stark prägt. So debütierte Luhrmann im Jahr 1992 mit dem gefeierten Tanzfilm "Strictly Ballroom", erreichte 2001 mit dem OSCAR-gekrönten Musical "Moulin Rouge!" (einem meiner Lieblingsfilme) einen phantastischen künstlerischen Höhepunkt und ließ sich 2016 vom Streamingdienst Netflix fürstlich für seine (dann aber nach zwei Staffeln abgesetzte) Musical-Drama-Serie "The Get Down" bezahlen. "William Shakespeares Romeo + Julia" (1996) und die Fitzgerald-Adaption "Der große Gatsby" (2013) haben zwar nicht in erster Linie mit Musik zu tun, werden aber (speziell "Der große Gatsby") deutlich von ihr geprägt. So bleibt im Grunde genommen allein das Abenteuer-Epos "Australia" übrig als Film, in dem die Musik lediglich eine Nebenrolle spielt. Damit paßt es also hervorragend, daß Luhrmanns neuer Film "Elvis" sich dem "King of Rock 'n' Roll" höchstpersönlich widmet, Elvis Presley. Wie die meisten Luhrmann-Filme ist auch "Elvis" trotz acht OSCAR-Nominierungen kein ganz großer Kritikerliebling geworden, kommt beim Publikum dafür aber umso besser an. Kein Wunder, denn Baz Luhrmann bleibt seinem bewährten Stil treu: Die Story und die Charaktere sind zwar keineswegs unwichtig, müssen sich aber den aufwendig, voller Energie und gerne ein wenig überkandidelt in Szene gesetzten Musiknummern unterordnen. Das funktioniert, weil Luhrmann ein glänzendes Händchen für die Besetzung der Rollen hat und die Musikszenen so schmissig sind, daß man sie einer tiefgreifenden Handlung sowieso vorzieht …

Der Großteil der Kritik, die an "Elvis" geübt wird, bezieht sich ungewöhnlicherweise auf Tom Hanks – und ich kann das nicht wirklich nachvollziehen. Ja, seine überspitzte Darstellung von Elvis' – auch in der Realität als überlebensgroße Persönlichkeit aufgetretenem – schillernden Manager Colonel Tom Parker (der im übrigen kein echter Offizier war; "Colonel" war ein vom Gouverneur von Louisiana als Dank für Parkers Hilfe im Wahlkampf verliehener Ehrentitel) ist etwas gewöhnungsbedürftig, zumal man zunächst von der zwar gut gemachten, aber dennoch auffälligen Latex-Maske abgelenkt wird. Der von Luhrmann als Erzähler verwendete Colonel verkommt dank Hanks' Schauspielkunst trotzdem nicht zur reinen Karikatur, sondern wird als eine zutiefst ambivalente Persönlichkeit gezeigt, der es mit großem Redetalent und Charisma gelang, Elvis beinahe abhängig von sich zu machen. Zudem paßt das Zusammenspiel mit dem jungen Elvis-Darsteller Austin Butler, der seinerseits voll in der Rolle aufgeht und dafür verdient u.a. den Golden Globe gewann – durchaus erstaunlich bei einem Schauspieler, der bis dahin primär aus wenig anspruchsvollen TV-Serien wie "Shannara" oder "The Carrie Diaries" bekannt war (aber auch schon für Quentin Tarantino und Jim Jarmusch in Nebenrollen vor der Kamera stand). Doch es scheint beinahe, als wäre Butler für die Rolle des Elvis Presley geboren, was vor allem bei den vielen Konzertauftritten zu sehen ist, in denen Butler in der Tat wie ein echter Rockstar wirkt und stimmlich nahe an das Original herankommt. Aber auch in den ruhigeren Momenten überzeugt er, wenn er Elvis' Verletztlichkeit und Unsicherheit (die die Abhängigkeit vom Colonel noch verstärkt, umgekehrt aber auch durch diese gespeist wird) durchscheinen läßt, jedoch ebenso seine Entschlossenheit und seinen Gerechtigkeitssinn.

Dieser kommt vor allem bezüglich der Behandlung der schwarzen Bevölkerung zum Tragen, denn "Elvis" betont den Einfluß, den afroamerikanische Künstler wie sein Freund B.B. King, Mahalia Jackson (Cle Morgan) oder Big Mama Thornton (Shonka Dukureh) auf Elvis' Musik hatten. Und genau deshalb und wegen seines selbstverständlichen Umgangs mit Schwarzen war Elvis auch so vielen konservativen Politikern und Unternehmern gerade in den Südstaaten ein Dorn im Auge (wobei natürlich auch sein Sex-Appeal und sein legendärer Hüftschwung eine Rolle spielten). All das thematisiert "Elvis", ohne jedoch seinen Protagonisten zum unfehlbaren Helden zu überzeichnen. Austin Butlers Elvis ist ein aufrechter junger Mann mit einem starken Gerechtigkeitssinn, der aber sehr wohl seine Schwächen und Fehler hat – die von Colonel Tom Parker konsequent ausgenutzt werden. Während das zwar ein wichtiger Aspekt von "Elvis" ist, ist aber auch klar, daß am Ende immer die Musik im Vordergrund steht. Und genau die ist neben der Besetzung der Grund dafür, daß "Elvis" so glänzend funktioniert. Elvis' Songs sind unsterbliche Klassiker, die auch heute noch mitreißen – zumal wenn sie so energetisch und leidenschaftlich vorgetragen werden wie von Austin Butler und den ihn begleitenden Musikern. Letztlich ist "Elvis" daher trotz aller Grautöne und einiger typischer Biopic-Klischees ein Gute-Laune-Film, der sein Publikum mit toller Musik und starken Schauspieler-Leistungen mitreißt und gerade jungen Zuschauern in Erinnerung ruft, wie ein echter Rockstar des 20. Jahrhunderts aussah und klang ...

Fazit: "Elvis" ist ein mitreißendes Musiker-Biopic, das inhaltlich recht gewöhnlich daherkommt, aber mit starken Musik-Sequenzen und einem überzeugenden Hauptdarsteller für Begeisterung sorgt.

Wertung: 8 Punkte.


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