Originaltitel: A Beautiful Day in the Neighborhood
Regie: Marielle
Heller, Drehbuch: Micah Fitzerman-Blue und Noah Harpster, Musik: Nate
Heller
Darsteller: Tom
Hanks, Matthew Rhys, Chris Cooper, Susan Kelechi Watson, Enrico
Colantoni, Wendy Makkena, Maryann Plunkett, Christine Lahti, Tammy
Blanchard, Noah Harpster, Nate Heller, Carmen Cusack, Joanne Rogers
FSK: 0, Dauer: 109
Minuten.
Als der
preisgekrönte Investigativ-Journalist Lloyd Vogel (Matthew Rhys aus der
TV-Serie "The Americans") im Jahr 1998 den Auftrag erhält,
für eine Artikel-Reihe zum Thema "Helden" im Magazin
"Esquire" ein kurzes Portrait des Kinderfernsehmoderators
Fred Rogers (Tom Hanks, "Finch") zu schreiben, ist er davon
alles andere als begeistert und empfindet es als unter seiner Würde.
Allerdings hat Lloyd mit seinen häufig gnadenlosen Interviews
offensichtlich auch viele potentielle Gesprächspartner verprellt,
weshalb seine Redakteurin Ellen (Christina Lahti, TV-Serie "Chicago
Hope") ihn zu diesem Auftrag verdonnert – zumal Rogers sich
als einziger der auserkorenen "Helden" zu einem Treffen mit
Lloyd bereiterklärte. Mißmutig geht der Zyniker Lloyd den Job an
und ist zunächst irritiert, weil sich der vielbeschäftigte Rogers,
der ihn am Set seiner Sendung empfängt, zwar tatsächlich sehr
liebenswürdig und bemerkenswert empathisch verhält, ihm jedoch kaum
genügend Stoff für ein Portrait liefert. Während Lloyd selbst
immer wieder dadurch abgelenkt wird, daß sein seit langem
entfremdeter Vater Jerry (Chris Cooper, "Little Women") –
dem Lloyd nie verziehen hat, daß er einst seine krebskranke Frau
verlassen und damit auch seine beiden Kinder im Stich gelassen hat –
einen Weg zurück in sein Leben sucht, schleicht sich der immer
aufrichtig freundliche und weise Mr. Rogers bei weiteren Treffen
langsam, aber sicher in Lloyds Herz ...
Kritik:
Sechs Jahre, nachdem
er in "Saving Mr. Banks" Walt Disney spielte, verkörpert
Tom Hanks in "Der wunderbare Mr. Rogers" mit Fred Rogers
erneut einen Mann, der Kindern viele wundervolle Stunden vor dem
Bildschirm bescherte. Der größte Unterschied ist, daß Disney dies
weltweit gelang, während Rogers außerhalb der USA doch weitestgehend
unbekannt sein dürfte. In den Vereinigten Staaten jedoch sind
Generationen von Kindern mit seiner Show "Mister Rogers'
Neighborhood" aufgewachsen, die von 1968 bis 2001 mit sage und
schreibe 895 Episoden lief und in der Rogers seinen jungen Zuschauern
nicht nur viel Wissen vermittelte, sondern auch Freundlichkeit,
Toleranz und Einfindungsvermögen. Dabei behandelte er die Kinder immer auf Augenhöhe und sparte auch vermeintlich erwachsene Themen
wie Tod, Krankheit und Trauer nicht aus. Auf deutsche Verhältnisse
übertragen könnte man Rogers also wohl am ehesten mit Peter
"Löwenzahn" Lustig vergleichen. Ein weiterer Unterschied
zwischen Rogers und Disney ist, daß Disney eine
Persönlichkeit war, die bis heute immer wieder kontrovers
diskutiert wird, während Rogers tatsächlich jener wunderbare Mensch
gewesen zu sein scheint, den alle TV-Zuschauer in ihm sahen.
Dementsprechend mußten die Versuche des Journalisten Tom Junod (auf
dem und seinem Artikel "Can You Say … Hero?" der Film
basiert), Rogers irgendwie zu entlarven, wohl zwangsläufig ins Leere
laufen. Ein Mißerfolg war der Auftrag für Junod bzw. sein
Film-Alter Ego Lloyd Vogel dennoch nicht im Geringsten, kam doch
nicht nur ein gefeierter Artikel dabei heraus, sondern laut
eigener Aussage auch noch eine veränderte Perspektive auf das Leben
an sich. Wie dies geschah, zeigt Marielle Hellers ("Can You Ever
Forgive Me?") warmherzige Tragikomödie so glaubwürdig wie
unterhaltsam, was mit einer verdienten OSCAR-Nominierung für
Hauptdarsteller Tom Hanks belohnt wurde.
Letztlich
geht es in Lloyd Vogels Artikel gar nicht in erster Linie um Fred
Rogers, sondern ihre gemeinsamen Treffen und Gespräche dienen als Rahmen für einen erhellenden Text, in dem Vogel sich selbst,
sein Leben und seine Familie reflektiert. Das spiegelt sich in Hellers Film
dahingehend wider, daß auch hier eher Vogel als Rogers im
Mittelpunkt steht. Ein Nachteil dieser Herangehensweise ist es, daß
wir über Rogers gar nicht so viel erfahren – dieser kleine
Nachteil wird allerdings durch Hanks' charismatische Darstellung des
stets leise und auffällig bedachtsam sprechenden Mr. Rogers
größtenteils wettgemacht. Umso mehr erfahren wir über Vogel
und sein kompliziertes Familienleben mit seiner Frau Andrea (Susan
Kelechi Watson, TV-Serie "This Is Us"), dem neugeborenen
gemeinsamen Sohn, Lloyds Schwester Lorraine (Tammy Blanchard,
"Blue Jasmine") und dem raubeinigen Vater
Jerry. Diese Geschichte ist gut und glaubwürdig
geschrieben und schafft es somit, das Publikum mit auf Lloyds
emotionale Achterbahnfahrt zu nehmen. Daß Lloyd zu Beginn nicht
übermäßig sympathisch rüberkommt, ist nicht wirklich ein Problem
– einerseits kann man ihn absolut verstehen, selbst wenn man vielleicht der Meinung
ist, daß er überreagiert. Andererseits macht es ihn als
Persönlichkeit nur komplexer und authentischer und verdeutlicht
nebenbei umso mehr, welch großen Einfluß Fred Rogers im Verlauf der
Handlung auf ihn nimmt.
Letztlich ist "Der
wunderbare Mr. Rogers" eine klassische Feelgood-Tragikomödie,
die nicht an dramatischen und traurigen Geschehnissen spart,
aber trotzdem jederzeit so viel Gutmütigkeit und Optimismus
versprüht, daß man ihr kaum jemals böse sein kann. Dazu kommt die
gute Besetzung, aus der erwartungsgemäß Tom Hanks herausragt. Matthew Rhys und Chris Cooper erbringen aber ebenfalls verläßlich
überzeugende Leistungen und auch die Nebenfiguren sind paßgenau
besetzt. Man kann vielleicht kritisieren, daß "Der
wunderbare Mr. Rogers" inhaltlich eher
unspektakulär und auch nicht sonderlich originell ausfällt und
Lloyds Familienzwist Mr. Rogers' Präsenz etwas überschattet, doch Marielle Heller erzählt nun einmal eine (weitgehend) wahre
kleine Geschichte und hat daraus passenderweise einen sympathischen
kleinen Film über die durch Mr. Rogers sanft gelenkte Reise zur
Selbsterkenntnis eines ziemlich normalen Mannes gedreht. Das ergibt etwas mehr als 100
Minuten gute, vielleicht sogar inspirierende Unterhaltung, die
garantiert den ein oder anderen Zuschauer zum Nachdenken bringt. Und
das ist sicherlich nicht das Schlechteste, was man einem Film
attestieren kann ...
Fazit:
"Der wunderbare Mr. Rogers" ist eine jederzeit nett
anzuschauende, auf einer wahren Geschichte basierende
Feelgood-Tragikomödie mit guter Besetzung, aus der ein wieder einmal
ungemein sympathischer Hauptdarsteller Tom Hanks noch hervorsticht.
Wertung:
Knapp 8 Punkte.
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