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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Montag, 28. März 2022

OSCAR-Gewinner 2022

Die Gewinner der 94. Academy Awards:
 
Bester Film: CODA
Regie: Jane Campion, "The Power of the Dog"
Darsteller: Will Smith, "King Richard"
Darstellerin: Jessica Chastain, "The Eyes of Tammy Faye"
Nebendarsteller: Troy Kotsur, "CODA"
Nebendarstellerin: Ariana DeBose, "West Side Story"
Originaldrehbuch: Kenneth Branagh, "Belfast"
Adaptiertes Drehbuch: Siân Heder, "CODA"
Animationsfilm: Encanto
Internationaler Film: "Drive My Car", Japan
Kamera: Greig Fraser, "Dune"
Schnitt: Joe Walker, "Dune"
Ausstattung: Patrice Vermette und Szuszanna Sipos, "Dune"
Kostüme: Jenny Beavan, "Cruella"
Makeup und Hairstyling: Stephanie Ingram, Linda Dowds und Justin Raleigh, "The Eyes of Tammy Faye"
Musik: Hans Zimmer, "Dune"
Filmsong: "No Time to Die" von Billie Eilish und Finneas O'Connell, "Keine Zeit zu sterben"
Ton: Mac Ruth, Marc A. Mangini, Theo Green, Doug Hemphill und Ron Bartlett, "Dune"
Visuelle Effekte: Paul Lambert, Tristan Myles, Brian Connor und Gerd Nefzer, "Dune"
Dokumentarfilm: Summer of Soul (... Or, When the Revolution Could Not Be Televised)
Kurz-Dokumentarfilm: The Queen of Basketball
Animations-Kurzfilm: The Windshield Wiper
Kurzfilm: The Long Goodbye

Die OSCARs verteilen sich damit in diesem Jahr wie folgt:
Dune: 6
CODA: 3
The Eyes of Tammy Faye: 2
West Side Story: 1
Belfast: 1
Drive My Car: 1
King Richard: 1
Keine Zeit zu sterben: 1
Encanto: 1

Kommentar und Fazit:
Die 94. Verleihung der Academy Awards war ziemlich denkwürdig. Nicht nur fand sie während einer immer noch andauernden Pandemie und eines Krieges in Europa statt, es gab auch während der Veranstaltung Momente, die noch in vielen Rückblicken zu sehen sein werden - und obwohl bei den Gewinnern echte Überraschungen ausblieben, gibt es auch hier einiges Bemerkenswertes zu berichten. Dazu gehört beispielsweise, daß gleich zwei Filme das Kunststück geschafft haben, alle Kategorien, in denen sie nominiert waren, zu gewinnen: Für das Gehörlosen-Drama "CODA" bedeutet das Platz 2 in der Rangfolge der meisten Goldjungen des Jahres, für das Biopic "The Eyes of Tammy Faye" Rang 3. Als Triumphatoren dürfen sich aber sowohl "CODA" als auch Denis Villeneuves SciFi-Epos "Dune" fühlen, welches zwar nicht das Kunststück von Filmen wie "Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs" schaffte, als Genrefilm einen Sweep durch alle Kategorien zu schaffen, aber mit sechs OSCARs in vorwiegend technischen Kategorien trotzdem mit Abstand die meisten Academy Awards mitnehmen darf. Dafür ging die Königskategorie "Bester Film" an "CODA", aber auch die anderen Mitfavoriten gingen größtenteils nicht leer aus: "The Power of the Dog" darf sich mit dem wichtigen Regiepreis für Jane Campion trösten (die damit als erste Frau zwei Regie-OSCARs gewinnt), Spielbergs "West Side Story"-Remake mit dem Nebendarstellerinnen-OSCAR und Kenneth Branaghs "Belfast" mit dem Goldjungen für das Originaldrehbuch. Natürlich gingen auch ein paar mehrfach nominierte Filme leer aus, aber darauf konnten sich "Don't Look Up", "Licorice Pizza" oder "Frau im Dunkeln" nach dem Verlauf der Awards Season schon vorher einstellen. Persönlich kann ich mit den meisten Gewinnern leben, wobei ich einige davon leider noch nicht gesehen habe.
Mit "CODA" als "Bester Film"-Gewinner bin ich aus dem Grund nicht ganz so glücklich, daß ich es grundsätzlich problematisch finde, wenn ein Remake die Königskategorie gewinnt, nachdem das Original weitestgehend ignoriert worden war. Das hat mich schon bei Scorseses "Departed - Unter Feinden" enorm gestört, zumal dessen Hongkong-Vorlage "Infernal Affairs" auch noch der eindeutig bessere Film ist. Bei "CODA" kann ich das nicht beurteilen, weil ich weder ihn noch das französische Original "Verstehen Sie die Béliers?" gesehen habe, trotzdem hätte ich mich über "The Power of the Dog" oder "Dune" als Gewinner der wichtigsten Kategorie mehr gefreut. Und Jessica Chastain war natürlich überfällig für ihren ersten OSCAR, aber mir hätte es besser gefallen, hätte sie ihn für einen Film gewonnen (z.B. "Molly's Game"), in dem nicht die Arbeit der Makeup-Abteilung einen so großen Anteil an ihrer Performance gehabt hätte. Dennoch werde ich über sie als Gewinnerin nicht meckern.
 
"Inhaltlich" lief also alles ziemlich genau so ab, wie es von den Experten und den Wettbüros vorher erwartet worden war, dafür gab es bei der Show selbst viel Diskussionsstoff. Als positiv würde ich die Moderatoren-Rückkehr nach (ich glaube) drei Jahren Pause betrachten. Das comedyerfahrene Damen-Trio Regina Hall, Amy Schumer und Wanda Sykes machte seine Sache insgesamt gut und schwungvoll, auch wenn naturgemäß nicht jeder geskriptete Gag funktionierte und das Trio in der zweiten Hälfte kaum noch zum Einsatz kam. Trotzdem: Besser als ganz ohne Moderator war es in meinen Augen ganz eindeutig. Wenig überraschend erwies sich die Veranstaltung als ziemlich politisch, wobei interessanterweise der Ukraine-Krieg weniger im Vordergrund stand als der in der Tat äußerst besorgniserregende Abbau von Bürgerrechten vor allem von Minderheiten in republikanisch regierten US-Bundesstaaten wie Florida oder Texas. Hollywood hat sich da sehr eindeutig positioniert und dürfte damit gleich zu Beginn ein paar Zuschauer verschreckt haben - aber das sollte zu verschmerzen sein, wenn man sich für das Richtige einsetzt ... Auch bei einigen Dankesreden der Gewinner spielte das eine Rolle, am prominentesten bei der von Jessica Chastain, von der ich sowieso ein Riesenfan bin; nach dieser Rede - der meiner Meinung nach besten des Abends - liebe ich sie sogar noch ein bißchen mehr! Apropos: Das gilt auch für Lady Gaga, die sich bei der Präsentation der Königskategorie rührend um ihre Co-Presenterin kümmerte, die im Rollstuhl sitzende und erschreckend gebrechlich wirkende Musical-Legende Liza Minnelli.
 
Für die Aufreger des Abends sorgte derweil Will Smith, der zunächst nach einem auf den ersten Blick harmlos erscheinenden Scherz von Presenter Chris Rock über seine Frau Jada Pinkett Smith - vermutlich wußte Rock ebenso wenig wie die meisten Zuschauer, daß Pinkett Smith unter Haarausfall als Folge einer Erkrankung leidet - einen handgreiflichen Wutausbruch hatte (den die meisten zunächst für einen Gag hielten, aber spätestens nach der Verwendung des im US-Network-Fernsehen streng verbotenen Wortes "fucking" war klar, daß es ihm sehr ernst ist) und später nach seinem Sieg als Hauptdarsteller eine lange und tränenreiche Rede hielt. Das dürfte noch für viele Diskussionen sorgen. Bereits im Vorfeld als weiterer Aufreger hatte sich die höchst umstrittene Entscheidung der OSCAR-Produzenten erwiesen, die Gewinner einiger Kategorien bereits vor der Live-Ausstrahlung zu prämieren und das in der TV-Sendung nur kurz einzuspielen. Wie das umgesetzt wurde, war zwar nicht katastrophal, es wirkte aber doch sehr gehetzt und ein Stück weit respektlos den Betroffenen gegenüber. Ich hoffe, das bleibt eine einmalige Sache - zumal die so gesparte Zeit u.a. mit zum Fremdschämen peinlichen, da sehr offensichtlich von Fanboy-Kampagnen dominierten Zuschauer-Internet-Votes gefüllt wurde, die u.a. Zack Snyders Rohrkrepierer "Army of the Dead" zum populärsten Film des Jahres und eine eher beliebig erscheinende Szene aus "Zack Snyder's Justice League" zum größten "Cheer Moment" der gesamten Filmgeschichte (!) kürten. In der langen Geschichte fragwürdiger Entscheidungen zum Verlauf der OSCAR-Verleihung dürfte diese locker zu den Flop 3 gehören ... Theoretisch besser war die Idee, einige Film-Jubiläen zu feiern ("Der Pate, Teil I", "Pulp Fiction"), allerdings wirkte die Umsetzung ziemlich halbherzig. Sowas kann man gerne öfter machen, dann aber bitteschön richtig!

Aus deutscher Sicht lief es übrigens sehr gut, denn mit Hans Zimmer - der für "Dune" endlich seinen zweiten OSCAR gewann, diesen aber nicht persönlich entgegennehmen konnte, weil er derzeit in Europa auf Konzerttournee ist - und seinem "Dune"-Kollegen, dem Spezialeffekt-Experten Gerd Nefzer (auch für ihn ist es der zweite Goldjunge), gab es gleich zwei deutsche Gewinner. Leer gingen somit lediglich zwei deutsche Koproduktionen in den Kurzfilm-Kategorien aus.
Mit meinen Siegertips aus meiner großen OSCAR-Vorschau bin ich nicht übermäßig zufrieden: 14 richtige Tips bei 23 Kategorien entsprechen meinem Vorjahresergebnis - das ist okay, aber auch nicht mehr (für mehr hatte ich einfach auf zu viele Überraschungen getippt - aber es wäre ja auch langweilig, immer nur auf die Favoriten zu setzen). Auf ein Neues in einem Jahr bei den 95. Academy Awards ...

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