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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 21. Juli 2022

GREYHOUND – SCHLACHT IM ATLANTIK (2020)

Regie: Aaron Schneider, Drehbuch: Tom Hanks, Musik: Blake Neely
Darsteller: Tom Hanks, Stephen Graham, Rob Morgan, Matt Helm, Manuel Garcia-Rulfo, Karl Glusman, Craig Tate, Travis Quentin, Matthew Zuk, Jeff Burkes, Jake Ventimiglia, Chet Hanks, Elisabeth Shue, Dominic Keating (Stimme), Maximilian Osinski (Stimme), Ian James Corlett (Stimme), Thomas Kretschmann (Stimme)
Greyhound: Schlacht im Atlantik (2020) on IMDb Rotten Tomatoes: 78% (6,5); Altersempfehlung: 12, Dauer: 91 Minuten.
Februar 1942: Nach dem Kriegseintritt der USA hängt der Erfolg der Alliierten maßgeblich von den amerikanischen Nachschublieferungen für das in Bedrängnis befindliche Großbritannien ab. Zu diesem Zweck werden Schiffs-Konvois über den Atlantik geschickt, wobei die Frachter und Tanker von einigen Kriegsschiffen sowie Bombern eskortiert und beschützt werden. Jedoch gibt es eine kritische Wegstrecke, gennant "Black Pit" ("Schwarzes Loch"), während der für wenige Tage die Luftunterstützung wegfällt, weil der Konvoi sowohl für die in Amerika startenden als auch die in Großbritannien stationierten Flugzeuge zu weit vom Festland entfernt ist. Genau diese kritische Phase nutzen logischerweise gerne die gefürchteten deutschen U-Boote, um die Konvois zu dezimieren. Commander Ernest "Ernie" Krause (Tom Hanks, "Captain Phillips") kommandiert als Kapitän der "Greyhound" erstmals einen solchen Konvoi und sieht sich im "Schwarzen Loch" einer besonderen Herausforderung gegenüber. Denn hier warten nicht nur ein oder zwei deutsche U-Boote darauf, zuzuschlagen, sondern gleich ein ganzes "Wolfsrudel". Da die Nazis ohne die alliierte Luftunterstützung taktisch klar im Vorteil sind, muß Krause sein ganzes Können und sein strategisches Geschick aufbieten, um im Verbund mit drei weiteren Kriegsschiffen so viele der 37 Schiffe des Konvois wie möglich einigermaßen unbeschadet auf die andere Seite des "Schwarzen Lochs" zu bringen ...

Kritik:
Beim Aufbau seines eigenen Streamingdienstes setzte Apple zu Beginn primär auf hochwertige und stargespickte Serien, um der bereits etablierten Konkurrenz von Netflix oder Amazon das Publikum abspenstig zu machen. Das funktionierte mit Serien wie "The Morning Show", "See", "Dickinson" oder "For All Mankind" auch ziemlich gut, wenngleich ein absoluter Über-Hit á la "Game of Thrones" oder "Stranger Things" auf sich warten ließ (das wurde dann wohl "Ted Lasso"). Den Filmbereich sparte Apple derweil nicht völlig aus, er wurde aber doch ziemlich vernachlässigt. Und die Filme, die produziert wurden, galten zwar zumeist als aussichtsreiche OSCAR-Kandidaten, sorgten am Ende aber doch nur selten für Aufsehen (z.B. "The Banker", "On the Rocks", "Cherry") – bis im Jahr 2022 die Gehörlosen-Tragikomödie "CODA" Apple einen überraschenden OSCAR-Triumph einbrachte. "Greyhound – Schlacht um Atlantik" war einer der ersten exklusiv für Apple TV+ produzierten Filme und setzt ganz auf die treibende Kraft hinter der Geschichte: Tom Hanks. Der allseits beliebte Superstar spielt nicht allein die Hauptrolle des Kriegsfilms, sondern schrieb auch das Drehbuch, basierend auf einem Roman von "Narnia"-Autor C.S. Forester. Das Resultat weiß in seiner gewollten Reduziertheit durchaus zu überzeugen, hat aber gleichzeitig so seine Probleme, weshalb "Greyhound" trotz Kritikerlob letztlich keine große Rolle in der Awards Season beschieden war und es nur zu einer OSCAR-Nominierung (für den besten Ton) reichte.

Der britische Schriftsteller C.S. Forester ist neben seiner populären, mehrfach für Kino und TV adaptierten Jugend-Fantasy-Reihe "Narnia" besonders dafür bekannt (und berüchtigt), seine Werke konsequent und oft wenig subtil mit christlicher Symbolik aufzuladen. Vermutlich trifft das auch auf die "Greyhound"-Vorlage "Konvoi" zu (die ich aber im Gegensatz zu "Narnia" nicht gelesen habe), bei seiner Drehbuch-Adaption war Hanks aber klug genug, es damit nicht zu übertreiben. Letztlich bleibt nur hängen, daß Commander Krause ein ungemein gottesfürchtiger Mensch ist, der häufig betet. Das hat in diesem Kontext sogar den Vorteil, daß "Greyhound" einen recht ausgewogenen Blick auf das Geschehen wirft – da für Krause, anders als für seine Untergebenen, die Besatzung eines versenkten Nazi-U-Boots eben nicht (nur) aus "50 Krauts" besteht, sondern aus 50 Seelen. Generell meidet "Greyhound" geschickt jegliche Propaganda (abgesehen vielleicht von einem implizierten generellen Loblied auf den Heroismus der auffällig jungen Crew), indem sich der Film des recht unbekannten (aber 2004 für seinen Kurzfilm "Two Soldiers" bereits OSCAR-gekrönten) Regisseurs Aaron Schneider ("Am Ende des Weges") ganz auf das titelgebende Schiff und seine Besatzung konzentriert. In diesem konsequenten Minimalismus erinnert "Greyhound" an Genreklassiker wie Wolfgang Petersens "Das Boot" (1981), Michael Powells und Emeric Pressburgers "Panzerschiff Graf Spee" (1956) oder Dick Powells "Duell im Atlantik" (1957), die sich allesamt ebenfalls auf ein Schiff/U-Boot respektive eine Schlacht konzentrieren. Der Unterschied zu den beiden letztgenannten ist, daß die jeweils die deutsche und die alliierte Seite annähernd gleichwertig schilderten, wogegen die Deutschen in "Greyhound" lediglich durch Thomas Kretschmanns ("Jungle") höhnische Funk-Nachrichten an den Konvoi als Anführer des "Wolfsrudels" personalisiert werden.

In dieser Hinsicht ist "Greyhound" also "Das Boot" deutlich näher, allerdings gibt es auch hier einen wichtigen Unterschied: Während in "Das Boot" die Besatzung eine große Rolle spielt, konzentriert sich "Greyhound" fast komplett auf Commander Krause. Und genau das ist der hautpsächliche Grund dafür, daß "Greyhound" zwar gute Kritiken erhielt, aber letzten Endes kaum für Aufsehen sorgte. Zweifellos gibt es kaum einen Schauspieler, der sich so gut dafür eignet, das ganze Gewicht eines Films auf seinen Schultern zu tragen wie den mehrfachen OSCAR-Gewinner Tom Hanks. Und tatsächlich macht er seine Sache ausgesprochen gut; er transportiert die Anspannung des in dieser Situation unerfahrenen Krause ebenso überzeugend wie die ruhige Autorität, die er ausstrahlt, aber auch die leichte Zerstreutheit (Namen sind nicht so sein Ding). Commander Krause hat offensichtlich den Respekt seiner Crew, ohne sich zu sehr mit ihr gemein zu machen. Engeren Kontakt scheint er lediglich zu seinem Lieutenant Commander und Stellvertreter Charlie Cole (Stephen Graham, "The Irishman") und vielleicht noch zum fürsorglichen George Cleveland (Rob Morgan, "Don't Look Up") vom Küchendienst zu haben, zur übrigen Crew verhält er sich eher distanziert. Das führt dazu, daß wir eigentlich nur Krause näher kennenlernen, wobei auch dies größtenteils auf seine Taten beschränkt bleibt (es gibt zwei Mini-Rückblicke, die sind aber vermutlich eher dazu gedacht, wenigstens eine Frau im Film unterzubringen, verkörpert von der einst für "Leaving Las Vegas" OSCAR-nominierten Elisabeth Shue). Eine emotionale Bindung aufzubauen, fällt so naturgemäß schwer und das Mitzittern mit der Crew während der U-Boot-Angriffe hält sich in Grenzen, weil uns diese Crew weitgehend fremd bleibt. Daß "Greyhound", wenn man sich auf diese reduzierte Erzählweise einläßt, trotzdem gut funktioniert, liegt daran, daß die Schlacht handwerklich gut umgesetzt und spannend erzählt ist. Spektakuläre Kampfsequenzen gibt es wenige (was sicherlich auch dem für einen Kriegsfilm überschaubaren Budget von $50 Mio. geschuldet ist), dafür kommen Atmosphäre und Intensität phasenweise durchaus an große Vorbilder wie "Das Boot" heran (die OSCAR-Nominierung für den Ton ist definitiv verdient). Auch die kurze Laufzeit von netto gerade einmal 80 Minuten trägt zum Gelingen bei, denn dadurch wird "Greyhound" niemals langweilig, zumal die deutschen U-Boote ihre Taktik immer wieder ändern und man somit wie in einem guten Thriller gespannt auf die nächste Wendung wartet. Wer also auf eine echte Geschichte und auf (abseits des Protagonisten) interessante Charaktere verzichten kann, der darf sich bei "Greyhound" über einen gut gemachten Kriegsthriller freuen, der eine asymmetrische Schlacht spannend, seriös und ausgewogen schildert.

Fazit: "Greyhound – Schlacht im Atlantik" ist ein auf das Nötigste reduzierter, aber spannender Kriegsthriller mit einem gewohnt souveränen Hauptdarsteller Tom Hanks.

Wertung: 7,5 Punkte.

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