Originaltitel: Criss Cross
Regie: Robert Siodmak, Drehbuch: Daniel Fuchs, Musik: Miklós
Rózsa
Darsteller:
Burt Lancaster, Yvonne De Carlo, Dan Duryea, Stephen McNally, Alan Napier, Tom
Pedi, Percy Helton, Griff Barnett, Edna M. Holland, Meg Randall, Richard Long,
Esy Morales, Tony Curtis, Gene Evans
Steve Thompson (Burt Lancaster)
kehrt nach jahrelanger Abwesenheit in seine Heimatstadt Los Angeles zurück – vorgeblich
der Familie wegen, in Wirklichkeit will er vor allem seine Ex-Frau Anna (Yvonne De Carlo, "Die Piratenbraut") wiedersehen. Ihre stürmische Ehe hielt
zwar nur sieben Monate, doch Steve ist noch immer hoffnungslos in sie
verliebt, auch wenn er das nicht zugeben will. Wie sich herausstellt, scheint Anna seine Gefühle zu erwidern, jedoch ist sie inzwischen mit dem Gangster Slim Dundee (Dan
Duryea, "Gefährliche Begegnung") liiert. Obwohl seine Familie und
sein bester Freund, der Polizist Pete (Stephen McNally, "Winchester '73"), ihm dringend dazu raten,
Anna endlich zu vergessen, ist er einfach nicht in der Lage, loszulassen. Als der
eifersüchtige und gewalttätige Slim dahinterkommt, daß Steve und Anna sich heimlich treffen, will
Steve dem Gangster helfen, jenen Geldtransporter zu überfallen, den er
selbst als Wachmann begleitet, um Slim zu besänftigen …
Kritik:
Obwohl die Hochzeit des Film noir keine zwei Jahrzehnte
andauerte (von Anfang der 1940er bis Ende der 1950er Jahre), ist es eines der bis heute stilprägendsten Genres der
Filmgeschichte. Und dazu eines, bei dem der Anteil der hochklassigen Werke
zumindest gefühlt deutlich höher liegt als bei den meisten anderen Genres.
Natürlich gibt es zahlreiche billig heruntergekurbelte B-Movies und einige schlicht mißglückte Versuche, aber die
Anzahl der richtig guten oder gar meisterhaften Film noirs ist wahrlich
beeindruckend. Offensichtlich zog das von der Hardboiled-Literatur der 1920er und 1930er Jahre mit den wichtigsten Autoren Raymond Chandler und Dashiell Hammett inspirierte Genre (das streng genommen eine Unterart des Kriminalfilms ist) hochtalentierte Regisseure,
Drehbuch-Autoren und Schauspieler besonders an. Orson Welles,
Fritz Lang, Howard Hawks, Stanley Kubrick, Billy Wilder, Alfred Hitchcock, William Wyler, Raoul Walsh,
John Huston, Michael Curtiz, Jules Dassin, Otto Preminger und
Robert Siodmak sind nur einige der brillanten Filmemacher, die ihre großen
Fußspuren im Film noir hinterließen. Von Letzterem stammt auch "Gewagtes
Alibi", der zwar nicht zu den ganz großen Klassikern des Genres zählt,
aber eigentlich alles zu bieten hat, wofür der Film noir berühmt wurde: Einen
ambivalenten Protagonisten, eine undurchschaubare Femme
fatale, reichlich Zynismus sowie eine raffiniert verschachtelte Story, die bis zur allerletzten
Einstellung die Spannung hochhält.
Burt Lancaster, einer der größten Hollywood-Schauspieler
aller Zeiten, ist nicht in erster Linie als Film noir-Darsteller bekannt,
sondern eher für Abenteuerfilme wie "Der rote Korsar" oder "Der
Rebell" (für deren akrobatische Einlagen der frühere Zirkusartist wie
geschaffen war) und anspruchsvolle Charakterdramen wie "Verdammt in alle
Ewigkeit", "Dein Schicksal in meiner Hand", "Das Urteil von
Nürnberg", "Der Gefangene von Alcatraz" oder "Der
Leopard". Doch ihren Anfang nahm Lancasters große Karriere mit Film noirs:
Bereits sein (mit 33 Jahren relativ spätes) Debüt in Robert Siodmaks heutigem
Klassiker "Rächer der Unterwelt" bescherte ihm 1946 den Durchbruch,
anschließend drehte er jahrelang kaum etwas anderes. Angesichts des großen
Erfolges von "Rächer der Unterwelt" verwundert es nicht, daß Siodmak und Lancaster drei Jahre später bei "Gewagtes
Alibi" erneut zusammenarbeiteten. Lancaster macht wiederum einen guten Job
als Steve, der nicht nur von seinem Polizisten-Freund Pete als ein guter Kerl
charakterisiert wird, der aber durch seine obsessive Liebe zu Anna auf die
schiefe Bahn gerät. Während der 40-minütigen Fahrt des Geldtransporters zu
seinem Zielort – an dem der Überfall vonstattengehen soll – erfahren wir durch
ausführliche Rückblenden, wie es so weit kommen konnte.
Und weil es sich nicht um irgendeinen Film handelt,
sondern um einen hochklassigen Film noir, ist die Geschichte nicht so einfach,
wie man sich das anhand der Prämisse vorstellen mag. Pete beispielsweise, der
sich so rührend um seinen Freund sorgt, tut etwas Anmaßendes
und eigentlich Unverzeihliches, das bei allem guten Willen Steves drohenden
Untergang letztlich beschleunigt. Anna auf der anderen Seite, mit einer gekonnten
Mischung aus naiver Unschuld und Berechnung verkörpert von der späteren
"Lily Munster" Yvonne De Carlo, scheint Steve tatsächlich zu lieben (die Frage ist nur: ist ihre Liebe groß genug?) und
mit ihm durchbrennen zu wollen – gleichzeitig wirkt Slim für einen brutalen Gangster
eigentlich recht vernünftig. Diese undurchschaubare Figurenkonstellation sorgt
dafür, daß man sich bis zum Schluß im Unklaren darüber bleibt, was geschehen wird: Ist
der Überfall von Steve als Falle eingefädelt, um Slim hinter Gitter zu bringen
und somit freie Bahn bei Anna zu haben? Will Slim wirklich fair mit Steve
teilen oder hintergeht er ihn, um die gesamte Beute zu bekommen? Spielt
eventuell gar Anna die beiden sie begehrenden Männer gegeneinander aus, um am
Ende mit dem ganzen Geld zu verduften? Ist womöglich sogar Polizist
Pete irgendwie in die Sache verwickelt? Fragen über Fragen, die in dem vom deutschen Regisseur Siodmak atemberaubend atmosphärisch in
Szene gesetzten Überfall kulminieren, bei dem die sparsam eingesetzte,
aber umso effektivere, gewohnt wuchtige Musik des dreimaligen OSCAR-Gewinners
Miklós Rózsa ("Ben-Hur", "Frau ohne Gewissen") voll zum
Tragen kommt. Der Überfall bedeutet aber keineswegs das Ende der Story,
vielmehr läutet er das Finale erst ein, dessen ebenso logischer wie
überraschender und deshalb unvergeßlicher Schlußpunkt aus einem guten einen
exzellenten Film noir macht.
Filmhistorische Randnotiz: "Gewagtes Alibi" beinhaltet das Filmdebüt des späteren Weltstars Tony Curtis ("Manche mögen's heiß"), der früh im Film als namenloser Statist einen Rumba mit Anna tanzt. Und es ist, ebenfalls als Statist, der zweite Leinwandauftritt von Gene Evans, der in den 1950er Jahren mit zwei Hauptrollen in Samuel Fullers "Die Hölle von Korea" und "Der letzte Angriff" (mit die ersten amerikanischen Anti-Kriegsfilme nach dem Zweiten Weltkrieg) bekannt wurde und sich dann zu einem verläßlichen Nebendarsteller in Filmen wie "Schock-Korridor" oder "Unternehmen Petticoat" (wiederum an der Seite von Tony Curtis) entwickelte.
Filmhistorische Randnotiz: "Gewagtes Alibi" beinhaltet das Filmdebüt des späteren Weltstars Tony Curtis ("Manche mögen's heiß"), der früh im Film als namenloser Statist einen Rumba mit Anna tanzt. Und es ist, ebenfalls als Statist, der zweite Leinwandauftritt von Gene Evans, der in den 1950er Jahren mit zwei Hauptrollen in Samuel Fullers "Die Hölle von Korea" und "Der letzte Angriff" (mit die ersten amerikanischen Anti-Kriegsfilme nach dem Zweiten Weltkrieg) bekannt wurde und sich dann zu einem verläßlichen Nebendarsteller in Filmen wie "Schock-Korridor" oder "Unternehmen Petticoat" (wiederum an der Seite von Tony Curtis) entwickelte.
Fazit: "Gewagtes Alibi" ist ein sehr guter
Film noir mit einem überzeugenden Hauptdarsteller-Trio, der zwar aus
altbekannten Genreversatzstücken besteht, diese aber hochgradig effektiv neu zusammensetzt.
Wertung: 8,5 Punkte.
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