Regie und Drehbuch: Garth Jennings, Musik: Joby Talbot
Sprecher der Originalversion: Matthew McConaughey, Reese
Witherspoon, Scarlett Johansson, Seth MacFarlane, Taron Egerton, Tori Kelly,
Nick Kroll, John C. Reilly, Garth Jennings, Jennifer Saunders, Jennifer
Hudson, Peter Serafinowicz, Jay Pharoah, Nick Offerman, Rhea Perlman,
Leslie Jones, Wes Anderson, Edgar Wright
FSK: 0, Dauer: 108 Minuten
Die 25-fache Schweinemutter Rosita (im Original
gesprochen von Reese Witherspoon, "Wasser für die Elefanten"), der junge Gorilla
Johnny (Taron Egerton, "Kingsman: The Secret Service"), die Jazz-liebende Maus Mike (Seth
MacFarlane, "Ted"), die Stachelschwein-Punkerin Ashley (Scarlett
Johansson, "Lucy") und die schüchterne Elefantendame Meena (Sängerin
Tori Kelly) haben zwei Dinge gemeinsam: Sie lieben Musik und sind begnadete,
aber (noch) unentdeckte Sänger. Doch als der unmittelbar vor dem Ruin stehende
Theaterbesitzer und Koalabär Buster Moon (Matthew McConaughey,
"Interstellar") als letzten Rettungsversuch einen für alle offenen
Casting-Wettbewerb ausruft, wittern sie alle die große Chance – zumal als Preisgeld
unfaßbare $100.000 winken. Das war so jedoch nicht geplant, eigentlich konnte
Buster nämlich mit Mühe $1.000 zusammenkratzen, dummerweise vertippte sich
jedoch seine betagte Sekretärin Miss Crawley (gesprochen von Regisseur Garth
Jennings höchstselbst) um zwei Nullen …
Kritik:
Nachdem das Kinojahr 2016 mit "Kubo – Der tapfere Samurai", "Zoomania" und "Vaiana" drei Animationshighlights
zu bieten hatte, setzt das "Minions"-Studio Illumination Entertainment
mit der tierischen Casting-Show "Sing" einen munteren, leider aber
doch ziemlich mittelmäßigen Schlußpunkt. Die von "Per Anhalter durch die
Galaxis"-Regisseur Garth Jennings erdachte und inszenierte 3D-Komödie punktet
zwar (zumindest in der Originalfassung) mit starken Sprecher- und Gesangsleistungen,
hinkt im Humorbereich aber doch deutlich hinter speziell der Disney-Konkurrenz
hinterher und ist auch animationstechnisch eher im oberen Mittelfeld
einzuordnen. Ich sollte allerdings anmerken, daß mich Castingshows
normal nicht die Bohne interessieren und ich deshalb vermutlich nicht jeden Seitenhieb gegen und jede Anspielung oder Parodie auf echte
Castingshows mitbekommen respektive verstanden habe.
Davon unabhängig bedauere ich ironischerweise vor allem
einen Mangel an Musik bei "Sing" – genauer gesagt: einen Mangel
an ausgespielter Musik. Denn vor dem großen Finale werden die meisten Songs nur
kurz angespielt, womit sie und ihre Interpreten natürlich nicht so richtig zur Geltung
kommen können. Dramaturgisch ist das sicher eine valide Herangehensweise, um
den Eindruck der finalen Gesangsdarbietungen zu maximieren, ohne vorher zu viel
vom Können der Protagonisten zu offenbaren – damit das gänzlich funktioniert,
müßte man zuvor allerdings dem Publikum andere überzeugende Dinge bieten, um es bei der Stange zu halten. Dabei versagt "Sing" unglücklicherweise. Ein
bißchen bezeichnend ist schon die relativ lieblose, jedenfalls betont
uninspirierte Art und Weise, wie die einzelnen Hauptcharaktere vorgestellt
werden. Ohne jegliche Überleitung oder Erklärung (etwa durch einen Erzähler) wird
einer der hoffnungsvollen Sänger nach dem anderen mit einer kurzen, immerhin
recht effektiv charakterisierenden Szene abgehakt. Klar, das kann man so machen
(selbst der DC-Blockbuster "Suicide Squad" ist sehr ähnlich
vorgegangen), originell ist aber definitiv anders.
Deutlich unterhaltsamer sind wenig später dafür die
Auditions in Szene gesetzt – weshalb es umso bedauerlicher ist, daß sie in
kaum mehr als fünf Minuten abgetan werden. Diese fünf Minuten sind jedoch
ausgesprochen amüsant, wenn etwa eine Schnecke voller Inbrunst den Christopher
Cross-Klassiker "Ride Like the Wind" vorträgt, ein Frosch-Trio eine
Performance zu "Jump" abliefert oder das mit deutschem Akzent gesprochene
Glamour-Schwein Gunter (Nick Kroll, "Loving") im gewagten Outfit zu Lady Gagas "Bad Romance"
tanzt. Schön auch, daß so ziemlich jeder Musikfreund etwas finden wird, was ihn
anspricht (selbst ein paar klassische Stücke werden kurz angespielt) –
andererseits wird es vermutlich aber auch für jeden etwas geben, das er nicht
mag. Trotzdem handelt es sich über weite Strecken um eine gelungene Song-Zusammenstellung,
deren Bandbreite von Rockabilly über Swing, Blues, New Wave und Alternative
Rock bis hin zu radiotauglichem Pop á la Katy Perry und Taylor Swift reicht.
Leider rutscht "Sing" nach dem frühen Höhepunkt bei den Auditions
klar in die Mittelmäßigkeit ab; der Mittelteil beschert jeder einzelnen Figur
absolut vorsehbare, oft auch noch sehr klischeehafte Schwierigkeiten, die es zu
überwinden gilt, ehe man endlich den erhofften Erfolg feiern kann. Zwar gibt es
durchaus ein paar nette Einfälle (Busters Tätigkeit als Autowäscher, Rositas
von "Wallace & Gromit" inspirierte Erfindungen, um ihre
Großfamilie im Zaum zu halten, neonfarben leuchtende Tintenfische als Meister
der Lightshow, alles mit Gunter), im Großen und Ganzen plätschert die von dem für Animationsfilme so typischen "Du kannst es schaffen, wenn du dich nur richtig anstrengst!"-Topos getragene Handlung jedoch sehr
erwartbar vor sich hin. Auch das Training der Kandidaten für ihren großen
Auftritt wird arg knapp abgehandelt. Im Vergleich zu einem
Hochkaräter wie "Zoomania", der fast pausenlos mit Witz, Esprit und
Unvorhersehbarkeit glänzt, oder auch zum themenverwandten "Die Muppets" ist das einfach zu wenig.
Nicht einmal die exzellent ausgesuchten Sprecher können das vollends wettmachen, dennoch zählen sie zu den großen Pluspunkten von
"Sing" – wobei ich mich aber ausschließlich auf die
Originalversion beziehe. Zwar fährt die deutsche Synchronfassung mit einigen hochkarätigen Sprecherinnen wie Katharina Thalbach, Alexandra Maria Lara oder Iris
Berben auf, daneben wurden aber diverse in meinen Augen eher
zweifelhafte Besetzungsentscheidungen getroffen, allen voran die TV-Moderatoren
Daniel Hartwich als Buster und Klaas Heufer-Umlauf als Mike. Mag sein, daß sie
und einige andere Nicht-Sprechprofis ihre Sache gut machen, ihre Pendants Matthew McConaughey und Seth MacFarlane sind aber doch ganz andere
Kaliber. Tatsächlich hat mich vor allem MacFarlane überrascht (vor allem, weil
ich nicht wußte, daß er sogar schon einen Grammy gewonnen hat), der die
überhebliche, eher unfreundliche Maus Mike glänzend spricht und mit
erstaunlicher Leichtigkeit und Lässigkeit den Sinatra-Klassiker "My
Way" zum Besten gibt. Musikalisch hat es Mike meiner Meinung nach sowieso
am besten getroffen mit weiteren unvergeßlichen Swing- und Jazz-Evergreens wie
Irving Berlins "Let's Face the Music and Dance". Sangestechnisch wird
er allerdings von der ehemaligen Castingshow-Teilnehmerin Tori Kelly
getoppt, die als Elefantendame Meena mit einer intimen, jedoch
leidenschaftlichen Interpretation von Leonard Cohens "Hallelujah"
beeindruckt, die gar ihren großen Schluß-Auftritt mit dem eher generischen
Stevie Wonder-Song "Don't You Worry 'Bout a Thing" übertrifft. Auch
der bislang nicht wirklich musikalisch aufgefallene Taron Egerton liefert
speziell mit Elton Johns "I'm Still Standing" eine sehr überzeugende
Vorstellung ab, wohingegen Reese Witherspoon und Scarlett Johansson (die
bereits zwei Alben veröffentlicht hat, hier aber leider relativ kurz kommt)
zwar ebenfalls gute Arbeit leisten, aber bei aller hörbaren Leidenschaft im
Vortrag sich doch mit relativ gewöhnlichen Songs begnügen müssen – wobei
Johansson mit dem rockigen "Set It All Free" immerhin eine von zwei
Neukompositionen für "Sing" abbekommen hat. In den reinen
Sprechpassagen reicht Witherspoon mit ihrer facettenreichen, emotionalen
Leistung als Rosita hingegen keiner das Wasser, nicht einmal McConaugheys fraglos
starke Interpretation des leidenschaftlichen, hartnäckigen Theater-Koalas Buster kann da ganz
mithalten. Letztlich sorgen die Sprecher/Sänger jedenfalls dafür, daß "Sing"
trotz seiner inhaltlichen Beliebigkeit zumindest knapp über Mittelmaß bleibt
und als ordentliche Familienunterhaltung für musikaffine Zuschauer durchgeht.
Fazit: Garth Jennings' "Sing" ist eine unspektakuläre Animationskomödie über eine tierische Musik-Castingshow, deren (in der
englischsprachigen Originalversion) exzellent gewählte und engagiert agierende
Sprecher-/Sängerriege die zu vorhersehbare Story und die
innovationsarme Inszenierung einigermaßen kompensiert.
Wertung: Knapp 6,5 Punkte.
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger amazon.de-Bestellungen über einen der Links in den Rezensionen oder das amazon.de-Suchfeld in der rechten Spalte freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.
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