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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 12. Mai 2016

BAD NEIGHBORS 2 (2016)

Originaltitel: Neighbors 2: Sorority Rising
Regie: Nicholas Stoller, Drehbuch: Andrew J. Cohen, Brendan O'Brien, Nicholas Stoller, Seth Roger und Evan Goldberg, Musik: Michael Andrews
Darsteller: Seth Rogen, Rose Byrne, Zac Efron, Chloë Grace Moretz, Kiersey Clemons, Beanie Feldstein, Ike Barinholtz, Carla Gallo, Dave Franco, Spencer Boldman, Jerrod Carmichael, Christopher Mintz-Plasse, Selena Gomez, Lisa Kudrow, Spencer Grammer, Hannibal Buress, Liz Cackowski, Billy Eichner
Bad Neighbors 2
(2016) on IMDb Rotten Tomatoes: 64% (5,8); weltweites Einspielergebnis: $108,8 Mio.
FSK: 12, Dauer: 92 Minuten.

Es läuft richtig rund für Mac (Seth Rogen, "Das ist das Ende") und Kelly Radner (Rose Byrne, "Insidious"): Kelly ist wieder schwanger, weshalb sich das Ehepaar ein hübsches Häuschen in der Vorstadt für die wachsende Familie gekauft hat. Und auch für ihr bisheriges Haus haben sich endlich Käufer gefunden. Einziger Haken: Die haben nach ihrer Unterschrift (und vor ihrem Einzug) eine 30 Tage-Frist, während der sie vom Kauf zurücktreten können. Ungünstigerweise zieht genau zu Beginn ebenjener Frist eine College-Schwesternschaft um Shelby (Chloë Grace Moretz, "Kick-Ass"), Beth (Kiersey Clemons, TV-Serie "Extant") und Nora (Beanie Feldstein) im Haus nebenan ein, ermuntert von Teddy Sanders (Zac Efron, "Hairspray"), der den Radners immer noch nicht ganz die Konsequenzen des vorübergehend erbitterten Kleinkriegs mit seiner Bruderschaft verziehen hat und sich so rächen will. Also müssen Mac und Kelly wieder zu allen nur erdenklichen Mitteln greifen, um den Hausverkauf noch irgendwie zu retten …

Kritik:
Fortsetzungen sind allgegenwärtig, im Kino der Gegenwart mehr denn je. Für den Aufbau von Sequels gibt es grob eingeteilt drei primäre Richtungen. Die "das Gleiche in grün"-Methode wird vor allem bei Filmen angewandt, die gar nicht von vornherein auf Reihen-Tauglichkeit ausgelegt waren, sondern erst aufgrund überraschend großen Erfolges einen zweiten Teil nachreichen – häufig sind das Komödien wie "Hangover", die dann einfach auf Nummer Sicher gehen und das Erfolgsrezept nur leicht variieren. Dann gibt es natürlich die großen Franchises á la Marvel Cinematic Universe ("The Avengers" und Konsorten), die bereits im ersten Film storytechnisch die Fortsetzungen vorbereiten und damit größere Stiländerungen wagen können (wenngleich sie es natürlich nicht immer tun). Und schließlich gibt es jene Sequels, die eine 180°-Wendung wagen und etwas ganz Neues ausprobieren – die mit Abstand riskanteste und folgerichtig am seltensten angewandte Strategie, deren prominentester Vertreter die "Alien"-Reihe sein dürfte (vor allem im Wechsel vom klaustrophobischen Raumschiff-Grusler "Alien" zum Actionkracher "Aliens – Die Rückkehr" sowie dann von "Aliens – Die Rückkehr" zum Gefängnis-Kammerspiel "Alien 3"). Nicholas Stollers "Bad Neighbors" war eine Komödie, die überraschend erfolgreich lief und nur deshalb eine Fortsetzung erhielt; angesichts dessen und unter Berücksichtigung der oben geschilderten Prämisse schien die Schlußfolgerung allzu offensichtlich, daß sich "Bad Neighbors 2", wieder unter Stollers Regie, in die lange Reihe der risikoaversen Sequels einsortieren würde. Eine Schlußfolgerung, die vollkommen richtig ist – aber auch wieder nicht! Auf den ersten Blick – und ehrlich gesagt auch auf den zweiten und den dritten – handelt es sich von der Story her tatsächlich um eine bloße Kopie, nur eben mit Mädels statt Jungs. Den entscheidenden Unterschied macht "Bad Neighbors 2" damit, daß er sehr früh klarmacht, daß es hier nicht ausschließlich um Klamauk geht (wenngleich der natürlich weiter im Vordergrund steht), sondern alles einem übergeordneten Leitmotiv folgt: dem Thema der Diskriminierung im Alltag. Und diese clevere Vorgehensweise funktioniert ziemlich gut, denn so werden trotz der fast identischen Handlungsstruktur jene, die einfach nur mehr Spaß in der Art des Humors des ersten Teils sehen wollen, ebenso bedient wie die, die eine gewisse Entwicklung erwarten.

Das Diskriminierungsmotiv bezieht sich übrigens keineswegs nur auf Frauen, wenngleich die natürlich im Vordergrund stehen, ja sogar als Auslöser dienen. Denn unglaublicherweise ist es in den USA tatsächlich so, daß männliche Studentenverbindungen mehr oder weniger machen dürfen, was sie wollen, während Schwesternschaften keine eigenen Partys mit alkoholischen Getränken schmeißen, sondern nur bei den oft hochgradig sexistischen Ausschweifungen der Jungs "mitfeiern" dürfen! Wie Selena Gomez in ihrer Gastrolle als Leiterin einer eingesessenen Schwesternschaft zu Beginn des Films so schön empfiehlt: "Googlet es!" Die Anwesenden in der entsprechenden Szene haben das natürlich sofort per Smartphone getan, ich habe bis nach dem Kinobesuch gewartet. Und wirklich: Es stimmt (weitgehend, denn es handelt sich nicht um ein Gesetz, sondern um eine Art traditionelle Regel, die aber bis heute strikt durchgesetzt wird und letztlich offenbar primär mit Versicherungskosten zusammenhängt …). Da ist es kein Wunder, daß die Studienanfängerin Shelby mit einigen ihrer Kommilitoninnen kurzerhand eine unabhängige Schwesternschaft außerhalb des Campus gründet, in der sie wie ihre männlichen Mitstudenten machen können, was sie wollen. Doch wie gesagt: "Bad Neighbors 2" beschränkt sich nicht auf diesen Aspekt, ebenso kommen Diskriminierung aufgrund von Alter, Rasse und Religion zur Sprache – wobei "zur Sprache" meistens bedeutet: Sie dienen als Aufhänger für weißgott nicht immer geschmackvolle, aber oft sehr witzige Gags, womit die ernste Thematik geschickt ohne gehobenen Zeigefinger angebracht wird. Und das auch nicht immer so, wie man es erwartet, wie das Beispiel von Teddys früherem Verbindungsbruder Garf (Jerrod Carmichael, TV-Serie "The Carmichael Show") zeigt, der inzwischen Polizist ist und bei einer Razzia gegen Marihuanadealer erleben muß, wie sein (wie er) afroamerikanischer Partner mit übertriebener Härte gegen weiße Jungs vorgeht, während er sich gegenüber den afroamerikanischen Dealern geradezu unterwürfig und entschuldigend verhält. Um die Erwartungshaltung des Publikums zu konterkarieren, wird zudem ausgerechnet die Homo-Ehe von Teddys bestem Freund Pete (Dave Franco, "21 Jump Street") und Derek (Spencer Boldman) überhaupt nicht in diesen Kontext eingebettet, sondern vielmehr so behandelt, wie es in einer aufgeklärten Gesellschaft immer der Fall sein sollte: als wäre sie das Normalste der Welt.

Mit dieser Gratwanderung zwischen dem Ausloten der Grenzen des guten Geschmacks (wenn etwa Macs von Ike Barinholtz verkörperter Kumpel Jimmy nach dem Genuß eines offensichtlich mit K.O.-Tropfen versetzten Getränks entsetzt ausruft: "Wir wurden ge-Cosby-ed!") und dem Verkünden der im Kern hochmoralischen – wenn auch erwartungsgemäß nicht allzu tiefgründig vorgebrachten – Gleichberechtigungsbotschaft gelingt "Bad Neighbors 2" das bemerkenswerte Kunststück, gleichzeitig selbstbewußt politisch korrekt und höchst politisch unkorrekt zu sein. Selbstverständlich funktioniert bei dieser Gratwanderung nicht jeder Gag und ich persönlich hätte – wie im Vorgänger – vor allem auf die gelegentlichen Ekelszenen gut verzichten können (die schlimmste gibt es gleich zum Auftakt, also: Durchhalten, es wird deutlich besser!), aber es gibt genügend Lacher wie die "Minions" der Schwesternschaft oder Zac Efrons zahllose und von allen bewunderte Oben ohne-Auftritte, daß man niemals wirklich in die Verlegenheit kommt, sich zu langweilen. Dazu kommt das Ehepaar Radner in seiner offen zur Schau gestellten Hilflosigkeit in Sachen Erwachsen- und Elternsein auch dank der erneut phänomenalen Chemie zwischen Seth Rogen und Rose Byrne (die sich hier wirklich für keinen Unfug zu schade zu sein scheinen) dermaßen sympathisch rüber, daß man den beiden eigentlich nicht mal für die geschmacklosesten, übertriebensten oder vorhersehbarsten Gags und Kalauer ernsthaft böse sein kann …

Fazit: "Bad Neighbors 2" ist eine sehr ordentliche Fortsetzung der Hitkomödie für gegenüber Geschmacklosigkeiten nicht zu zimperliche Zuschauer, die zwar die Handlung des Vorgängers schamlos recyclet, dabei aber mit unerwartet gesellschaftskritischen Elementen sowie einem wiederum sehr spielfreudigen Cast punktet.

Wertung: 7 Punkte.


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