Originaltitel:
Neighbors 2: Sorority Rising
Regie: Nicholas Stoller, Drehbuch: Andrew J. Cohen, Brendan
O'Brien, Nicholas Stoller, Seth Roger und Evan Goldberg, Musik: Michael Andrews
Darsteller: Seth Rogen, Rose Byrne, Zac Efron, Chloë Grace
Moretz, Kiersey Clemons, Beanie Feldstein, Ike Barinholtz, Carla Gallo, Dave
Franco, Spencer Boldman, Jerrod Carmichael, Christopher Mintz-Plasse, Selena
Gomez, Lisa Kudrow, Spencer Grammer, Hannibal Buress, Liz Cackowski, Billy Eichner
Es läuft richtig rund für Mac (Seth Rogen, "Das ist das Ende") und Kelly Radner (Rose Byrne, "Insidious"): Kelly ist
wieder schwanger, weshalb sich das Ehepaar ein hübsches Häuschen in der
Vorstadt für die wachsende Familie gekauft hat. Und auch für ihr bisheriges
Haus haben sich endlich Käufer gefunden. Einziger Haken: Die haben nach ihrer
Unterschrift (und vor ihrem Einzug) eine 30 Tage-Frist, während der sie
vom Kauf zurücktreten können. Ungünstigerweise zieht genau zu Beginn ebenjener
Frist eine College-Schwesternschaft um Shelby (Chloë Grace Moretz,
"Kick-Ass"), Beth (Kiersey Clemons, TV-Serie "Extant") und Nora (Beanie Feldstein) im
Haus nebenan ein, ermuntert von Teddy Sanders (Zac Efron, "Hairspray"), der
den Radners immer noch nicht ganz die Konsequenzen des vorübergehend erbitterten
Kleinkriegs mit seiner Bruderschaft verziehen hat und sich so
rächen will. Also müssen Mac und Kelly wieder zu allen nur erdenklichen Mitteln
greifen, um den Hausverkauf noch irgendwie zu retten …
Kritik:
Fortsetzungen sind allgegenwärtig, im Kino der Gegenwart mehr denn je. Für den Aufbau von Sequels gibt es grob eingeteilt
drei primäre Richtungen. Die "das Gleiche in grün"-Methode wird vor
allem bei Filmen angewandt, die gar nicht von vornherein auf Reihen-Tauglichkeit ausgelegt
waren, sondern erst aufgrund überraschend großen Erfolges einen zweiten Teil nachreichen
– häufig sind das Komödien wie "Hangover", die dann einfach auf Nummer
Sicher gehen und das Erfolgsrezept nur leicht variieren. Dann gibt es natürlich
die großen Franchises á la Marvel Cinematic Universe ("The Avengers" und Konsorten), die bereits im ersten Film storytechnisch die Fortsetzungen
vorbereiten und damit größere Stiländerungen wagen können (wenngleich sie
es natürlich nicht immer tun). Und schließlich gibt es jene
Sequels, die eine 180°-Wendung wagen und etwas ganz Neues ausprobieren – die
mit Abstand riskanteste und folgerichtig am seltensten angewandte Strategie, deren
prominentester Vertreter die "Alien"-Reihe sein dürfte (vor allem im
Wechsel vom klaustrophobischen Raumschiff-Grusler "Alien" zum Actionkracher "Aliens – Die
Rückkehr" sowie dann von "Aliens – Die Rückkehr" zum
Gefängnis-Kammerspiel "Alien 3"). Nicholas Stollers "Bad Neighbors" war eine
Komödie, die überraschend erfolgreich lief und nur deshalb eine Fortsetzung
erhielt; angesichts dessen und unter Berücksichtigung der oben
geschilderten Prämisse schien die Schlußfolgerung allzu offensichtlich, daß sich
"Bad Neighbors 2", wieder unter Stollers Regie, in die lange Reihe der risikoaversen Sequels einsortieren
würde. Eine Schlußfolgerung, die vollkommen richtig ist – aber auch wieder
nicht! Auf den ersten Blick – und ehrlich gesagt auch auf den zweiten und den
dritten – handelt es sich von der Story her tatsächlich um eine bloße Kopie,
nur eben mit Mädels statt Jungs. Den entscheidenden Unterschied macht "Bad
Neighbors 2" damit, daß er sehr früh klarmacht, daß es hier nicht
ausschließlich um Klamauk geht (wenngleich der natürlich weiter im Vordergrund
steht), sondern alles einem übergeordneten Leitmotiv folgt: dem Thema der Diskriminierung im
Alltag. Und diese clevere Vorgehensweise funktioniert ziemlich
gut, denn so werden trotz der fast identischen Handlungsstruktur jene, die
einfach nur mehr Spaß in der Art des Humors des ersten Teils sehen wollen,
ebenso bedient wie die, die eine gewisse Entwicklung erwarten.
Das Diskriminierungsmotiv bezieht sich übrigens keineswegs
nur auf Frauen, wenngleich die natürlich im Vordergrund stehen, ja sogar
als Auslöser dienen. Denn unglaublicherweise ist es in den USA tatsächlich so,
daß männliche Studentenverbindungen mehr oder weniger machen dürfen, was sie
wollen, während Schwesternschaften keine eigenen Partys mit alkoholischen Getränken
schmeißen, sondern nur bei den oft hochgradig sexistischen Ausschweifungen der Jungs "mitfeiern" dürfen! Wie
Selena Gomez in ihrer Gastrolle als Leiterin einer eingesessenen
Schwesternschaft zu Beginn des Films so schön empfiehlt: "Googlet
es!" Die Anwesenden in der entsprechenden Szene haben das
natürlich sofort per Smartphone getan, ich habe bis nach dem Kinobesuch gewartet. Und
wirklich: Es stimmt (weitgehend, denn es handelt sich nicht um ein Gesetz,
sondern um eine Art traditionelle Regel, die aber bis heute strikt
durchgesetzt wird und letztlich offenbar primär mit Versicherungskosten
zusammenhängt …). Da ist es kein Wunder, daß die Studienanfängerin Shelby mit
einigen ihrer Kommilitoninnen kurzerhand eine unabhängige Schwesternschaft außerhalb des Campus
gründet, in der sie wie ihre männlichen Mitstudenten machen können, was sie
wollen. Doch wie gesagt: "Bad Neighbors 2" beschränkt sich nicht auf
diesen Aspekt, ebenso kommen Diskriminierung aufgrund von Alter, Rasse und
Religion zur Sprache – wobei "zur Sprache" meistens bedeutet: Sie dienen
als Aufhänger für weißgott nicht immer geschmackvolle, aber oft sehr witzige
Gags, womit die ernste Thematik geschickt ohne gehobenen Zeigefinger angebracht wird. Und das auch nicht immer so, wie man es erwartet, wie das
Beispiel von Teddys früherem Verbindungsbruder Garf (Jerrod Carmichael, TV-Serie "The Carmichael Show") zeigt, der inzwischen Polizist ist und bei einer Razzia gegen Marihuanadealer erleben muß, wie
sein (wie er) afroamerikanischer Partner mit übertriebener Härte gegen weiße
Jungs vorgeht, während er sich gegenüber den afroamerikanischen Dealern geradezu
unterwürfig und entschuldigend verhält. Um die Erwartungshaltung des Publikums
zu konterkarieren, wird zudem ausgerechnet die Homo-Ehe von Teddys bestem Freund Pete
(Dave Franco, "21 Jump Street") und Derek (Spencer Boldman) überhaupt nicht in diesen Kontext
eingebettet, sondern vielmehr so behandelt, wie es in einer aufgeklärten
Gesellschaft immer der Fall sein sollte: als wäre sie das Normalste der
Welt.
Mit dieser Gratwanderung zwischen dem Ausloten der Grenzen
des guten Geschmacks (wenn etwa Macs von Ike Barinholtz verkörperter Kumpel
Jimmy nach dem Genuß eines offensichtlich mit K.O.-Tropfen versetzten Getränks
entsetzt ausruft: "Wir wurden ge-Cosby-ed!") und dem Verkünden der im
Kern hochmoralischen – wenn auch erwartungsgemäß nicht allzu tiefgründig
vorgebrachten – Gleichberechtigungsbotschaft gelingt "Bad Neighbors
2" das bemerkenswerte Kunststück, gleichzeitig selbstbewußt politisch
korrekt und höchst politisch unkorrekt zu sein. Selbstverständlich funktioniert bei dieser Gratwanderung nicht jeder Gag und ich persönlich hätte – wie im
Vorgänger – vor allem auf die gelegentlichen Ekelszenen gut verzichten können
(die schlimmste gibt es gleich zum Auftakt, also: Durchhalten, es wird
deutlich besser!), aber es gibt genügend Lacher wie die "Minions" der
Schwesternschaft oder Zac Efrons zahllose und von allen bewunderte Oben ohne-Auftritte,
daß man niemals wirklich in die Verlegenheit kommt, sich zu langweilen. Dazu
kommt das Ehepaar Radner in seiner offen zur Schau gestellten
Hilflosigkeit in Sachen Erwachsen- und Elternsein auch dank der erneut phänomenalen
Chemie zwischen Seth Rogen und Rose Byrne (die sich hier wirklich für keinen Unfug zu schade zu sein scheinen) dermaßen sympathisch
rüber, daß man den beiden eigentlich nicht mal für die
geschmacklosesten, übertriebensten oder vorhersehbarsten Gags und Kalauer ernsthaft
böse sein kann …
Fazit: "Bad Neighbors 2" ist eine sehr
ordentliche Fortsetzung der Hitkomödie für gegenüber Geschmacklosigkeiten nicht
zu zimperliche Zuschauer, die zwar die Handlung des Vorgängers schamlos recyclet,
dabei aber mit unerwartet gesellschaftskritischen Elementen sowie einem
wiederum sehr spielfreudigen Cast punktet.
Wertung: 7 Punkte.
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