Originaltitel: The Conjuring
Regie: James Wan, Drehbuch: Chad und Carey Hayes, Musik:
Joseph Bishara
Darsteller: Vera Farmiga, Patrick Wilson, Lili Taylor, Ron
Livingston, John Brotherton, Shannon Kook, Shanley Caswell, Hayley McFarland,
Joey King, Mackenzie Foy, Sterling Jerins, Kyla Deaver, Marion Guyot, Steve
Coulter
Rotten Tomatoes: 86% (7,2); weltweites Einspielergebnis:
$320,4 Mio.
FSK: 16, Dauer: 112 Minuten.
Bereits seit den 1960er Jahren ist das Ehepaar Ed (Patrick Wilson,
"Little Children") und Lorraine Warren (Vera Farmiga,
"Departed") als eine Art Geisterjäger aktiv und hat sich mit dieser
umstrittenen Tätigkeit einen gewissen Ruf erarbeitet. Lorraine ist
hellseherisch begabt, Ed geht als Dämonologe eher wissenschaftlich vor und
untersucht die angeblich übersinnlichen Phänomene, von denen es für die meisten
eine ganz profane Erklärung gibt. Das gilt jedoch nicht für die
Arbeiter-Familie Perron, die im Jahr 1971 ein günstig erstandenes Haus in der Prozinz
bezieht. Ab dem ersten Tag gehen merkwürdige Dinge vor sich, die immer
bedrohlicher für Roger (Ron Livingston, "Adaption"), Carolyn (Lili
Taylor, "Das Geisterschloß") und ihre fünf Töchter werden.
Schließlich rufen sie die Warrens zu Hilfe, die recht schnell zu dem Schluß kommen, daß
das Haus von etlichen übernatürlichen Kreaturen heimgesucht wird, von denen eine besonders gefährlich ist ...
Kritik:
Wenn ein Horrorfilm behauptet, eine wahre Geschichte zu
erzählen, dann ist Skepsis mit Sicherheit immer angebracht – vor allem dann,
wenn es eine Geschichte mit übernatürlichen Elementen ist. Auf
"Conjuring – Die Heimsuchung" vom "Saw"- und
"Insidious"-Regisseur James Wan trifft das zu, dennoch ist die Behauptung
zumindest insofern unbestreitbar richtig, als Ed und Lorraine Warren realen Personen
sind beziehungsweise waren (Ed verstarb 2006). Auf deren angeblichen
Ereignissen, die sie unter anderem in einem halben Dutzend Büchern und sogar
zahlreichen gutbesuchten Universitätsvorlesungen festhielten, basierten bereits
die "The Amityville Horror"-Reihe, "Das Haus der Dämonen"
(2009) mit Virginia Madsen und der hierzulande kaum bekannte TV-Film "Haus
der lebenden Toten" (1991). Wie diese erzählt auch
"Conjuring" eine eigentlich altbekannte und klischeehafte Spukhaus-Geschichte,
die allerdings weit raffinierter umgesetzt ist und deshalb
keinesfalls zu Unrecht zu einem Überraschungshit an den Kinokassen avancierte.
Ob James Wan nun unbedingt ein solches "wahres" Ereignis
als Grundlage für einen schön altmodischen Gruselfilm benötigte, darf
bezweifelt werden. Er holt allerdings das Beste aus der Gelegenheit heraus,
indem er den realen Hintergrund der Warrens zu einer für das Genre ungewöhnlich
sorgfältigen Figurenzeichnung nutzt. Natürlich hat er sich mit Vera Farmiga und
Patrick Wilson auch zwei geeignete Schauspieler besorgt, die ihre
Fähigkeit für vielschichtige Charakterporträts bereits hinlänglich nachgewiesen haben. Diese
Erfahrung bringen sie gekonnt in ihre Rollen ein, die somit weit mehr als die
typischen nerdigen Geisterjäger sind, die man aus vergleichbaren Werken kennt.
Auch wenn einige Aspekte nur angeschnitten werden – etwa ihre Tätigkeit als Autoren und
Gastdozenten oder Lorraines schlechte
Erfahrungen bei einem früheren Exorzismus –, sie sind vorhanden, machen die Warrens als Personen glaubwürdig
und nachvollziehbar und verwurzeln die phantastische Geschichte ein Stück weit
in der Realität, was dem Gänsehautfaktor für das Publikum fraglos zugute kommt.
Auch Eds gewissenhafter, (pseudo-)wissenschaftliche Ansatz und die Unterstützung
durch einen anfänglich skeptischen Polizisten (John Brotherton) trägt mit dazu bei,
daß man sich bereitwilliger auf diese Welt des Paranormalen einläßt.
Die Perron-Familie wird nicht ganz so sorgfältig zum Leben
erweckt wie die Warrens, obwohl sich das erste Drittel größtenteils auf ihre
Vorstellung konzentriert. Lili Taylor liefert als Mutter Carolyn zwar vor allem
später im Film eine echte Glanzleistung ab, aber Ron Livingston bleibt als ihr Ehemann relativ blaß und die fünf Töchter können in der Kürze der Zeit fast
zwangsläufig keine unverwechselbare Identität entwickeln. Sympathisch kommen
sie aber allemal rüber, und das reicht auch schon aus, um das für Horrorfilme so
essentielle Mitgefühl mit den potentiellen Opfern des Übernatürlichen zu
entwickeln. Dennoch ist dieser erste Akt von "Conjuring" ohne Frage der
schwächste. Regisseur Wan läßt sich viel Zeit, um den Schauplatz und die
Figuren zu etablieren, was einerseits sehr löblich ist, andererseits mangels jeglicher storytechnischer Innovationen aber zugleich recht ermüdend. Den
unverwechselbaren Look der 1970er Jahre lassen Wan und sein Team zwar sehr liebevoll
wiederauferstehen (samt der aus heutiger Sicht grenzwertigen Frisuren der
Protagonisten), aber die ersten, noch meist harmlos erscheinenden
paranormalen Vorkommnisse – sich wie von Geisterhand öffnende oder zuschlagende
Türen, im Augenwinkel vorbeihuschende Schemen etc. – hat man selbst
als nicht intimer Kenner des Horror- respektive Gruselgenres schon viel
zu oft gesehen. Generell muß ganz klar festgehalten werden, daß es kaum ein
Horrorklischee gibt, das in "Conjuring" nicht seine Anwendung findet.
Ob "Poltergeist", "Der Exorzist", "Die Vögel",
"Tanz der Teufel" oder "Amityville Horror", auch zu Wans
eigenem "Insidious" (in dem Wilson noch einen
Spukhaus-Bewohner verkörperte) gibt es zahlreiche inhaltliche und/oder
stilistische Parallelen. Normalerweise ein klarer Minuspunkt, aber wie ich
bereits angedeutet habe: Irgendwie bekommen es James Wan und die als Autoren
fungierenden Zwillingsbrüder Chad und Carey Hayes tatsächlich so hin, daß die
Ansammlung von Klischees als Gesamtwerk wunderbar funktioniert. Dennoch dürfte das Gruselvergnügen, das man mit "Conjuring"
empfindet, umso größer sein, je weniger Genreerfahrung man besitzt.
Die Atmosphäre rund um das abgelegene Spukhaus wirkt nicht zuletzt
dank der detailreichen Bildkompositionen von Kameramann John R. Leonetti ("Dead Silence") höchst stimmig. Der typische, oft dissonante Horror-Score von Joseph Bishara
("Insidious") ist gelegentlich etwas zu dominant, erfüllt ansonsten
aber seinen gänsehauterzeugenden Zweck, der wohlüberlegte Einsatz
der Soundeffekte ist sogar noch effektiver. Zudem erweist sich
"Conjuring" in Sachen Gruselfaktor und Tempo als ein echter
Steigerungslauf, der ausgehend von dem gemächlichen ersten Drittel beständig
rasanter, gruseliger und abgedrehter wird und die Spannungsschraube anzieht.
Ganz ähnlich übrigens wie Sam Raimis "Drag Me to Hell", allerdings
erfreulicherweise von einem höheren Grundniveau aus. Wan hat es auch
nicht nötig, ständig auf abgedroschene rein akustische Schockeffekte zu
setzen; nein, seine weitgehend blutfreien Gruselmomente mögen klischeehaft
sein, doch ist ihre Inszenierung die eines echten Könners, der tatsächlich
auf dieses Können und das Material, mit dem der arbeitet (wozu ich auch die
handgemachten Spezialeffekte und die Schauspieler zähle), vertraut. Hoffentlich ebenfalls wieder in der bereits angekündigten Fortsetzung.
Fazit: "Conjuring – Die Heimsuchung" ist
ein betont altmodischer, aber inspiriert inszenierter Spukhaus-Grusler, der
zwar eine altbekannte Geschichte ohne jeden Funken von Originalität erzählt,
das aber mit solch großer Expertise und Leidenschaft, daß es eine wahre Freude
ist. Eine gewisse Grundbereitschaft, sich auf die Existenz übernatürlicher
Phänomene innerhalb dieser Filmwelt einzulassen, ist dafür jedoch naturgemäß
unabdingbar.
Wertung: 8 Punkte (7 für das erste Drittel, 8 für das zweite und 9 für das dritte).
Wertung: 8 Punkte (7 für das erste Drittel, 8 für das zweite und 9 für das dritte).
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