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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 11. Juni 2013

THE TOURIST (2010)

Regie: Florian Henckel von Donnersmarck, Drehbuch: Christopher McQuarrie, Julian Fellowes und Florian Henckel von Donnersmarck, Musik: James Newton Howard
Darsteller: Johnny Depp, Angelina Jolie, Paul Bettany, Timothy Dalton, Rufus Sewell, Steven Berkoff, Raoul Bova, Christian De Sica, Alessio Boni, Igor Jijikine, Ralf Moeller
 The Tourist
(2010) on IMDb Rotten Tomatoes: 20% (4,3); weltweites Einspielergebnis: $278,3 Mio.
FSK: 12, Dauer: 103 Minuten.

Der amerikanische Lehrer Frank Tupelo (Johnny Depp, "Charlie und die Schokoladenfabrik") ist auf dem Weg nach Venedig, wo er seinen Urlaub verbringen will. Da setzt sich im Zug die dunkelhaarige Schönheit Elise (Angelina Jolie, "Wanted") zu Frank und flirtet ungehemmt mit ihm. Frank ist überrascht, aber verständlicherweise keineswegs abgeneigt, und so sagt er auch nicht nein, als die geheimnisvolle Fremde ihn am Ziel ihrer Reise zu sich in ihre luxuriöse Hotel-Suite einlädt. Natürlich hat die Sache einen Haken, wie Frank schon bald herausfinden muß: Elise benutzt ihn, um die Spur mehrerer Häscher (sowohl von Scotland Yard als auch von einem britisch-russischen Gangsterboß) von einem Milliardenbetrüger abzulenken, der zufällig ihr Geliebter ist. Da Elise so vertraulich mit dem armen Frank umgeht, geht ihr Plan auf und der unschuldige Tourist gerät tatsächlich ins Visier von Elises wenig skrupellosen Häschern ...

Kritik:
Nach seinem verdienten Auslands-OSCAR 2007 für das brillante Stasi-Drama "Das Leben der Anderen" stand schnell fest, daß der deutsche Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck den Sprung nach Hollywood wagen würde. Doch nachdem jahrelang ein vielversprechendes Projekt nach dem anderen doch nicht zustandekam, verlor der eigentliche Perfektionist (der für "Das Leben der Anderen" allein vier Jahre mit Recherchen verbrachte) irgendwann die Geduld und nahm schließlich den nächstbesten Regieauftrag an, der ihm angeboten wurde. Einerseits ist das sicherlich verständlich, andererseits war es vielleicht doch keine so grandiose Idee, ausgerechnet bei dem Remake eines mittelmäßigen französischen Thrillers ("Anthony Zimmer" mit Sophie Marceau) zuzusagen. Immerhin bestand noch die Hoffnung, daß die ausgesprochen hochkarätigen Drehbuch-Autoren – neben von Donnersmarck "Downton Abbey"-Schöpfer Julian Fellowes und Christopher McQuarrie ("Die üblichen Verdächtigen") – das Ausgangsmaterial würden veredeln können. Doch das gelang nicht wirklich, "Das Leben der Anderen" ist ein starbesetzter, gefälliger, elegant gefilmter Thriller europäischer Prägung (entsprechend kam der Film bei Kritikern und Publikum außerhalb der USA deutlich besser an), dessen weitgehend vorhersehbare Handlung aber ziemlich vor sich hinplätschert.

Ob man "The Tourist" nun mag oder nicht, dürfte vor allem davon abhängen, ob man ihn als ernstgemeinten Thriller mit heiteren Untertönen betrachtet oder als gezielt leichte Unterhaltung, die ganz bewußt Übertreibungen und Logikfehler in Kauf nimmt und sich selbst eher als satirisch angehauchte Hommage an das europäische Unterhaltungskino der 1950er und 1960er Jahre mit Filmen wie Sir Alfred Hitchcocks "Über den Dächern von Nizza" versteht. Im ersteren Fall drohen auf Dauer Verärgerung und gepflegte Langeweile, doch sieht man "The Tourist" als lockere Hommage, dann entwickelt er durchaus seine Qualitäten.

Die Geschichte über einen mysteriösen Meisterdieb, seine wunderschöne Geliebte und den armen, ahnungslosen Durchschnittsbrüger, der unverschuldet in die Sache hineingezogen wird, erinnert jedenfalls unverkennbar an Hitchcock und scheut dabei nicht vor dem hemmungslosen Einsatz von Klischees zurück. Vor allem Angelina Jolie ist vom Regisseur stets so ikonisch in Szene gesetzt, als würde sie sich selbst spielen und nicht eine gewitzte Betrügerin – umso härter fällt der Gegensatz zu Johnny Depp aus, der seine Rolle so unglamourös wie nur irgend möglich interpretiert. Daher rührt wohl auch der von vielen Kritikern geäußerte Vorwurf einer mangelnden Leinwand-Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern. Doch so schlecht ist die auch wieder nicht und angesichts der radikalen Verschiedenheit ihrer Figuren ist eine größere Harmonie wohl gar nicht gewollt; schließlich wäre das im Rahmen der Story noch deutlich unglaubwürdiger ...

Doch so unrealistisch und klischeehaft die Handlung mit ihren Verfolgungsjagden und den altbekannten Verwechslungsspielchen über weite Strecken wirkt: von Donnersmarck hat sie mit einer verspielten Eleganz inszeniert, die allen Schwächen zum Trotz für einen nicht geringen Unterhaltungswert sorgt. Venedig ist sein dritter Hauptdarsteller und von dem australischen Kameramann John Seale ("Der Club der toten Dichter") ebenso schwelgerisch in Szene gesetzt wie Jolie und Depp, auch die Nebendarsteller wie Paul Bettany ("Wimbledon"), Steven Berkoff ("Verblendung"), Rufus Sewell ("Ritter aus Leidenschaft") oder Ex-Bond Timothy Dalton (in einer leider recht kleinen Rolle) zeigen eine sehr routinierte Leistung. Die Musik von James Newton Howard ("Die Tribute von Panem") ist ebenfalls gelungen und die relativ seltenen Actionsequenzen sind elegant inszeniert. Das Erzähltempo des gut 100-minütigen Films ist insgesamt aber etwas zu gering, um das Interesse das Publikums durchgehend hochhalten zu können.

Fazit: "The Tourist" liefert recht gekonnt leichte, stilsichere Thriller-Unterhaltung ohne jeden Tiefgang und mit einem unnötigen finalen Twist.

Wertung: 6,5 Punkte.


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