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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 8. Januar 2013

DER FLUCH DER GOLDENEN BLUME (2006)

Originaltitel: Man cheng jin dai huang jin jia
Regie und Drehbuch: Zhang Yimou, Musik: Shigeru Umebayashi
Darsteller: Gong Li, Chow Yun-Fat, Jay Chou, Liu Ye, Qin Junjie, Ni Dahong, Li Man, Chen Jin, Aaron Shang
Man cheng jin dai huang jin jia
(2006) on IMDb Rotten Tomatoes: 66% (6,4); weltweites Einspielergebnis: $78,6 Mio.
FSK: 12, Dauer: 114 Minuten.

China zur Zeit der Tang-Dynastie im 10. Jahrhundert nach Christus: Der frühere Offizier Ping (Chow Yun-Fat, "Fluch der Karibik 3") ist durch die Hochzeit mit der kaiserlichen Prinzessin (Gong Li, "Hannibal Rising") schließlich zum Kaiser geworden. Seine Herrschaft ist weitgehend unangefochten, doch innerhalb des kaiserlichen Palastes brodelt es. Denn ehe er die jetzige Kaiserin ehelichte, war der sehr machtbewußte Ping bereits einmal verheiratet und brachte einen Sohn namens Wan (Liu Ye, "Balzac und die kleine chinesische Schneiderin") in die Ehe ein, der nun der Kronprinz ist. Obwohl er mit der Kaiserin zwei weitere Söhne bekam, gibt es keine Liebe zwischen den beiden. Stattdessen werden von nahezu allen Beteiligten geduldig raffinierte Intrigen gesponnen, deren Ziel vor allem Machterhaltung oder -erlangung ist, aber auch die Befriedigung persönlicher Leidenschaften und Rachegelüste ...

Kritik:
Daß asiatische Filmemacher (und nicht nur die, wie bereits die Existenz der Peking-Oper beweist) ein Faible für dramatische Stoffe shakespear'scher Ausmaße haben, ist nicht erst seit Akira Kurosawas epischer "König Lear"-Adaption "Ran" bekannt. "Der Fluch der goldenen Blume" des vielfach ausgezeichneten chinesischen Regisseurs Zhang Yimou ("Hero", "House of Flying Daggers", "Rote Laterne") ist geradezu ein Paradebeispiel dafür. Die in ihrer unglücklichen Ehe gefangene Kaiserin hatte einst eine Affäre mit ihrem jungen Stiefsohn, der nun jedoch unstandesgemäß in die Tochter des Hof-Apothekers verliebt ist. Deren Mutter wiederum hegt einen alten, intensiven Groll gegen den Kaiser, der aber vor allem damit beschäftigt ist, seine Ehefrau einem quälend langsamen Gifttod auszusetzen – außerdem überlegt er fieberhaft, welcher seiner drei Söhne wohl am geeignetsten als sein künftiger Nachfolger ist. Ja, im alten China ging es offenbar schlimmer zu als in einer typischen Vorabend-Seifenoper. Nur, daß die Intrigen und Liebesdramen (auch Männern) ein Vielfaches mehr Spaß machen, wenn sie von einem Meister seines Fachs wie Zhang Yimou (basierend auf einem chinesischen Theaterstück von Cao Yu aus dem Jahr 1934) geschrieben und in Szene gesetzt wurden.

Zugegebenermaßen ist es schon aufgrund der für chinesische Kostümfilme so typischen großen Anzahl an handelnden Personen sowie der komplexen Figurenkonstellation nicht immer ganz einfach, der wendungsreichen Handlung rund um den korrumpierten Kaiserpalast zu folgen. Auch macht es Zhang seinem Publikum keineswegs so einfach, es mit ausführlichen Hintergrundinformationen über die Vorgeschehnisse zu versorgen. Nein, als Zuschauer muß man schon genau aufpassen und auf jeden beiläufig klingenden Halbsatz, ja sogar auf jede kleine Geste oder jedes verdächtige Zucken im Gesicht eines Protagonisten achten, um möglichst viele Facetten des im Kern eigentlich simplen, aber in der Ausführung komplizierten Intrigenstadls mitzubekommen. Und selbst wenn einem dieses Kunststück gelingt, bleibt vieles Interpretationssache, angefangen bei der tatsächlichen Motivation des Kaisers für seinen geplanten Giftmord: Ein perfides taktisches Machtspielchen (schließlich fließt das kaiserliche Blut nur in ihren Adern, nicht in seinen)? Eifersucht? Gekränkter Stolz? Sadismus? Für alle diese möglichen Gründe (und noch einige weitere) gibt es gute Argumente, doch mehr als Andeutungen gönnt Zhang seinem Publikum nicht. Wer also auf geradlinige Geschichten mit klarem Ausgang steht, der sei hiermit in aller Deutlichkeit gewarnt ...

Damit eine solch subtile Vorgehensweise funktioniert, benötigt man ausgezeichnete Darsteller, die mit nuancenreichem Schauspiel die Intention des Regisseurs verlustfrei auf die Leinwand transportieren können. Zhang hat sich in dieser Hinsicht nicht lumpen lassen und zwei der größten Stars des chinesischen Kinos für die Hauptrollen des kaiserlichen Paars engagiert. Daß Gong Li ("Rotes Kornfeld", "Der Kaiser und sein Attentäter", "2046", "Die Geisha") ihre Rolle problemlos meistert, ist natürlich keine Überraschung. Ihre gewollt melodramatische Interpretation der Kaiserin atmet aus jeder Pore Leidenschaft, sie läßt (außerhalb der offiziellen Anlässe) ihren Gefühlen – ob Mutterliebe, sexuelles Verlangen oder abgrundtiefer Haß – freien Lauf und ist somit das emotionale Zentrum von "Der Fluch der goldenen Blume". Ganz anders ihr Ehemann, der Kaiser, mit dessen hervorragender Verkörperung Chow Yun-Fat wieder einmal beweist, daß er weit mehr spielen kann als nur den coolen Actionhelden, als den ihn vor allem das westliche Publikum aus Hongkong-Klassikern wie "The Killer", "Hard Boiled" oder "A Better Tomorrow" kennt. Als Kaiser scheint er auf den ersten Blick beinahe das Gegenteil seiner leidenschaftlichen Ehefrau zu sein, seine prächtige, goldene kaiserliche Rüstung – in der die meisten Menschen sicher albern aussähen – füllt er mit stoischer Würde aus. Nur manchmal, in wenigen Momenten, läßt er seine Maske fallen und man erkennt, daß es auch in ihm brodelt und daß er und seine Gattin sich so unähnlich gar nicht sind, wie sie es vermutlich selbst glauben. Chow Yun-Fat und Gong Li dominieren diesen Film also eindeutig, die übrigen Darsteller, darunter Jay Chou (Kato in der Hollywood-Comicverfilmung "The Green Hornet") als ihr treu ergebener ältester Sohn der Kaiserin, können da nicht ganz mithalten, machen ihre Sache aber trotzdem gut.

Wie man es von chinesischen Historienfilmen nicht anders erwartet, sind die Ausstattung und die (OSCAR-nominierten) Kostüme von einer Opulenz geprägt, die ihresgleichen sucht. Dabei setzt Regisseur Zhang wie bereits bei früheren Filmen (vor allem "Hero") Farben offensiv ein. Alles wird vom Gold der titelgebenden Chrysantheme beherrscht, das für die kaiserliche Familie steht. Zwar ist die Rüstung des Kaisers gleichfalls golden, aber der ist eben "nur" eingeheiratet, seine eigentliche Farbe und die seiner Elitesoldaten ist schwarz. Natürlich gibt es auch (teilweise computergenerierte) Massenszenen, spektakuläre und hemmungslos übertriebene Kampfsequenzen sucht man ebenfalls nicht umsonst. Und auch die erhabenen, gegen Ende mitreißenden Melodien des japanischen Komponisten Shigeru Umebayashi ("In the Mood for Love", "A Single Man") tragen ihren Teil zu dem Gesamtkunstwerk namens "Der Fluch der goldenen Blume" bei. Schlicht und ergreifend alles an diesem Film ist opulent bis hin zur Überladenheit, inhaltlich wie auch formal. Das ist gerade für westliche Zuschauer ohne große Erfahrung mit asiatischen Dramen nicht ganz einfach zu schlucken, aber wenn man sich darauf einläßt, wird man reich belohnt – auf jeden Fall optisch und akustisch, selbst wenn man mit der gehobenen Seifenopern-Handlung nicht warm wird.

Fazit: "Der Fluch der goldenen Blume" ist ein prächtiger chinesischer Kostümfilm, der Liebeswirren, Machtkämpfe und Intrigen im kaiserlichen Palast ohne Scheu vor Melodramatik inszeniert, dabei aber auf Erklärungen weitgehend verzichtet. Das ergibt einen durchaus anstrengenden Filmgenuß, der bei Freunden des Genres aber auf viel Gegenliebe stoßen wird.

Wertung: 8 Punkte.


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