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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Mittwoch, 3. Mai 2023

THE BLACK PHONE (2021)

Regie: Scott Derrickson, Drehbuch: Scott Derrickson, C. Robert Cargill, Musik: Mark Korven
Darsteller: Mason Thames, Madeleine McGraw, Ethan Hawke, Jeremy Davies, Troy Rudeseal, E. Roger Mitchell, Miguel Cazarez Mora, James Ransone, Rebecca Clarke, Tristan Pravong, Brady Hepner
The Black Phone (2021) on IMDb Rotten Tomatoes: 82% (7,0); weltweites Einspielergebnis: $161,4 Mio.
FSK: 16, Dauer: 104 Minuten.
Denver, 1978: Ein Serien-Kindesentführer geht um in einem Vorort von Denver. Immer wieder verschwinden Jugendliche spurlos und tauchen nie wieder auf, die ermittelnden Polizisten Det. Wright (E. Roger Mitchell, "Barry Seal") und Det. Miller (Troy Rudeseal, "Halloween Kills") sind so ratlos, daß sie sogar bei der kleinen Gwen Blake (Madeleine McGraw, TV-Serie "Outcast") auftauchen, als sich herumspricht, daß sie von einem der Opfer geträumt und danach ein Detail erwähnt hat, das nie an die Öffentlichkeit gegeben wurde. Gwen lebt mit ihrem älteren Bruder Finn (Mason Thames, TV-Serie "For All Mankind") bei ihrem mental instabilen Vater Terrence (Jeremy Davies, "Ravenous") und hat von ihrer verstorbenen Mutter scheinbar die Gabe des Wahrträumens geerbt. Das könnte sich als nützlich erweisen, denn schließlich wird auch ihr Bruder Finn vom Greifer (Ethan Hawke, "Die glorreichen Sieben") entführt und in einem kargen Kellerraum eingeschlossen. Dort befindet sich neben einer Toilette und einer Matratze nur noch ein altes schwarzes Telefon mit durchtrenntem Kabel – das aber trotzdem plötzlich läutet! Der ungläubige Finn stellt fest, daß er von den vorherigen Opfern des stets mit einer makabren Gesichtsmaske auftretenden Greifers angerufen wird, die ihm aus dem Jenseits heraus dabei helfen wollen, zu entkommen und sich an ihrem Kidnapper und Mörder zu rächen ...

Kritik:
Joe Hill (eigentlich: Joseph Hillström King) ist der Sohn von Horror-Schriftsteller-Ikone Stephen King und eifert seinem berühmten Vater bereits seit einigen Dekaden nach. Von den unzähligen Erfolgen seines Vaters ist Hill zwar weit entfernt, aber immerhin wurden zwei seiner Romane als Film respektive TV-Serie adaptiert ("Horns", "NOS4A2") und mit seiner Comic-Reihe "Locke & Key" (als Serie mit drei Staffeln umgesetzt von Netflix) ist ihm sogar ein echtes Meisterwerk gelungen. Auch Kurzgeschichten schreibt Hill und eine davon ist die Vorlage für den äußerst atmosphärischen Mysterythriller "The Black Phone" von Scott Derrickson ("Doctor Strange"). Gewisse stilistische Parallelen zu den Arbeiten von Stephen King sind nicht von der Hand zu weisen (allen voran zu "Es"), aber zum Glück entwickelt sich "The Black Phone" eigenständig und schafft es, mit vergleichsweise geringen Mitteln und beinahe ohne (körperliche) Gewalt das Publikum in seinen Bann zu ziehen und es mit Finney mitfiebern zu lassen. Erfreulicherweise erhielt "The Black Phone" nicht nur richtig gute Kritiken, sondern entwickelte sich auch an den Kinokassen zu einem veritablen Hit, der rund das Zehnfache seines Budgets von weniger als $20 Millionen einspielte.

"The Black Phone" lebt trotz einer gelungen eingefangenen 1970er Jahre-Atmosphäre in erster Linie von seinem Personal - vor allem dem Protagonisten Finney und dem bösartigen "Greifer". Mason Thames verkörpert Finney als relativ durchschnittlichen Teenager, der zwar selbst ein Mobbing-Opfer ist, sich aber davon niemals unterkriegen läßt und sich gleichzeitig liebevoll um seine kleine Schwester kümmert – was auch nötig ist angesichts eines meist betrunkenen und gelegentlich gewalttätigen Vaters. Das geschwisterliche Band ist in beide Richtungen stark ausgeprägt, denn auch die vorwitzige und schlagfertige Gwen stellt sich immer schützend vor ihren Bruder, ohne dabei auf ihr eigenes Wohl Rücksicht zu nehmen – eigentlich ein perfektes Geschwister-Verhältnis, wenn auch unglücklicherweise auf familiärer Tragik (mit toter Mutter und abweisendem Vater) aufgebaut. Auf der anderen Seite haben wir den Greifer. Über ihn als Person erfahren wir nicht wirklich viel, weshalb es (zumal er fast nur mit Maske zu sehen ist) umso wichtiger ist, daß er von einem echten Schauspiel-Könner zum Leben erweckt wird – und das ist Ethan Hawke natürlich. Als Greifer umgibt ihn stets eine unheimliche, bedrohliche Aura, auch wenn er (zunächst) kaum zu körperlicher Gewalt greift. Seine Motivation ist zumindest interessant und relativ originell, letztlich aber doch nur Mittel zum Zweck. Das macht ihn aber nicht weniger gefährlich …

Das Psychoduell zwischen Finney und dem Greifer steht naturgemäß im Mittelpunkt des rund 100-minütigen Films. Aber daß "The Black Phone" so gut funktioniert, hängt mit dem restlichen Ensemble zusammen. Regisseur Derrickson gelingt es, auch Nebenfiguren mit eigenen kleinen Geschichten und Entwicklungen zu versehen (bestes Beispiel dafür ist Finn und Gwens Vater Terrence). Das fällt nicht übermäßig komplex aus, rundet das Gesamtbild aber hervorragend ab und verleiht der Geschichte und ihrem Personal mehr emotionale Tiefe. Für Spannung sorgen natürlich auch Finneys übernatürliche Telefonate in seinem Keller-Gefängnis mit den früheren Opfern des Greifers (die Finney teilweise persönlich kannte). Wie und warum das funktioniert, wird nicht näher erläutert, ist aber eigentlich auch egal – es ist ein übernatürliches Element, das gut in die Story intregriert ist und ihr zusätzlich eine gewisse Melancholie verleiht. Wie die einzelnen, sich charakterlich teils stark voneinander unterscheidenden Anrufer Finney jeder mit einem weiteren kleinen Puzzlestück auf dem Weg zur Freiheit versorgt, mag ein klein wenig konstruiert wirken, es ist aber sehr spannend und unterhaltsam in Szene gesetzt. Das tröstet auch über ein paar eher unglaubwürdige Elemente des Films hinweg; so wirkt es etwa wenig glaubwürdig, daß in einem Vorort, in dem zahlreiche Kinder offensichtlich entführt wurden, nicht mehr Aufregung herrscht (z.B. eine patrouillierende Bürgerwehr oder etwas in der Art) und die verbleibenden Kinder immer noch alleine auf den Straßen unterwegs sein dürfen. Aber das sind lediglich kleine Kritikpunkte, die wenig daran ändern, daß "The Black Phone" ein richtig guter Genrebeitrag ist. Mal sehen, wann die nächste Joe Hill-Adaption in die Kinos kommt ...

Fazit: "The Black Phone" ist ein stimmungsvoller, gut gespielter Mystery-Gruselthriller, der aus seiner simplen Prämisse dank eines spannenden übernatürlichen Elements viel herausholt.

Wertung: Knapp 8 Punkte.


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