Regie: Gina Prince-Bythewood, Drehbuch: Greg Rucka, Musik:
Volker Bertelmann und Dustin O'Halloran
Darsteller:
Charlize Theron, KiKi Layne, Matthias Schoenarts, Marwan Kenzari, Luca
Marinelli, Chiwetel Ejiofor, Harry Melling, Joey Ansah, Veronica Ngo, Anamaria
Marinca, Micheal Ward
Andy (Charlize Theron, "Long Shot"), Nicky (Luca Marinelli, "Martin Eden"), Booker
(Matthias Schoenarts, "Red Sparrow") und Joe (Marwan Kenzari,
"Aladdin") sind
nahezu unsterblich. Seit Jahrhunderten oder sogar Jahrtausenden
wandeln sie über die Erde und schlagen Schlachten für das, was sie für richtig
halten, wobei sie nicht (dauerhaft) getötet werden können und selbst schwerste Wunden schnell
wieder verheilen – zumindest so lange, bis irgendwann doch ihre Zeit gekommen
ist und sie nach einem Tod nicht mehr erwachen. Doch im 21. Jahrhundert ist es nicht mehr so einfach für das Quartett, unentdeckt zu
bleiben. Und so tappen sie in eine Falle, die der junge Pharma-Unternehmenschef
Merrick (Harry Melling, "The Ballad of Buster Scruggs") ihnen
gestellt hat, können jedoch vorerst entkommen. Der skrupellose Merrick hat sich
fest vorgenommen, die Unsterblichen für immer wegzusperren und zu untersuchen,
um auf diese Weise Krankheiten und Alterung besiegen zu können – allerdings nicht
aus Altruismus, sondern aus reiner Geldgier. Andy und ihre Gefährten halten
davon natürlich wenig und wollen ihrerseits Merrick,
ehe er ihr Geheimnis ausplaudern kann. Erschwerend zu diesem
Katz-und-Maus-Spiel kommt hinzu, daß sich mit der noch jungen US-Soldatin Nile (KiKi
Layne, "Beale Street") erstmals seit über 200 Jahren eine neue
Unsterbliche offenbart – was das bisherige Quartett in seinen Träumen sieht –,
nachdem sie in Afghanistan getötet worden war. Nile muß schnell an ihr neues Schattendasein
gewöhnt werden, ehe sie es mit Merrick aufnehmen …
Kritik:
Als ich anläßlich dieser Rezension darüber nachgedacht habe,
was es eigentlich für Filme über Unsterbliche gibt, fiel mir zunächst außer der
altehrwürdigen "Highlander"-Reihe gar nicht viel ein. Dabei gibt es
tatsächlich sehr viele Filme, in denen theoretisch unsterbliche Figuren eine
wichtige Rolle spielen – nur denkt man bei Vampiren ("Dracula
Untold"), Engeln ("Der Himmel über Berlin") oder leibhaftigen
Göttern ("Krieg der Götter"), bei "Die Mumie" oder dem Mutant
Wolverine aus dem X-Men-Universum nicht unbedingt zuerst an ihre
Unsterblichkeit, weil sie bei diesen Kreaturen nicht die hervorstechende
Eigenschaft ist, sondern – so merkwürdig es angesichts der Bedeutung von Unsterblichkeit
klingen mag – nur die sekundäre oder tertiäre. Filme, in denen Unsterbliche
ohne außergewöhnliche weitere Merkmale im Fokus stehen, sind aber in der Tat
ziemlich rar gesät. Neben den aktuell fünf "Highlander"-Filmen (von
denen nur der erste wirklich gut ist) fällt die Edelromanze "Für immer
Adaline" (2015) in diese Kategorie, ebenso die spektakuläre japanische
Manga-Adaption "Blade of the Immortal" – und nun die
Netflix-Produktion "The Old Guard" von Gina Prince-Bythewood ("Wenn
du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie"). Die
Verfilmung einer Comicreihe von Greg Rucka (die dieser selbst als Drehbuch
adaptierte) erinnert stark an "Highlander", rückt jedoch
zumindest in diesem ersten Abenteuer die Gegenwartshandlung
stark in den Vordergrund – was nicht die allerbeste Idee ist, denn die Story
erweist sich als wenig einfallsreich und mir erschließt sich nicht wirklich der
Sinn dahinter, einen Film über teilweise uralte Unsterbliche zu drehen, wenn
deren Vergangenheit dann nur ganz am Rande und vorrangig für die Psyche der Protagonisten eine Rolle spielt.
Wie gesagt, es kann gut sein, daß sich das in den weiteren
Filmen der vorgesehenen Reihe ändert – der Cliffhanger am Ende deutet stark darauf hin – und
möglicherweise wollte man auch vermeiden, "Highlander" zu ähnlich zu
sein. Doch deshalb ausgerechnet auf die spannendste Facette der
Unsterblichkeits-Prämisse weitgehend zu verzichten, ist für mich nur ansatzweise
nachvollziehbar. Eine ganz ausgezeichnete Entscheidung war es hingegen, die
Hauptrolle an Charlize Theron zu vergeben, die so überzeugt vom Projekt war,
daß sie zusätzlich auch als Produzentin einstieg. Die südafrikanische Charakterdarstellerin hat sich ja in
den letzten Jahren vor allem mit "Mad Max: Fury Road" und
"Atomic Blonde" einen Namen gemacht als eine exzellente Actionheldin und scheinbar
hat sie an dem körperlich herausfordernden Rollentypus Gefallen gefunden.
Auch als unsterbliche Andy – eigentlich Andromache von Scythia aus dem antiken
Griechenland – zeigt sie eine starke Leistung sowohl in den Kämpfen als auch in
der glaubwürdigen Darstellung einer Person, die in Jahrtausenden viel zu viel
gesehen und gelitten und verloren hat und demzufolge von einer steten Wolke der
Melancholie umschwebt wird. Die Unsterblichkeit hat sie nicht gewählt, doch sie
kann ihr nicht entkommen – wobei sie ja genau genommen gar nicht definitiv ist,
denn irgendwann wird jeder vermeintliche Unsterbliche nach einem Tod nicht zurückkehren, weshalb Andy und die anderen mit diesem ständigen
latenten Unsicherheitsfaktor leben müssen. Ob dieser Ausgangslage versucht Andy
notgedrungen, das Beste daraus zu machen – wofür den Gefährten an ihrer Seite
ein entscheidender Part zufällt.
Auch wenn sie nicht permanent zusammen sind, verstehen sich
Andy, Booker, Joe und Nicky blind, vor allem im Kampf sind sie dermaßen sensationell
eingespielt, daß sie es problemlos selbst mit einer großen Überzahl aufnehmen
können. Die Kämpfe sind spannend, temporeich und unterhaltsam inszeniert und
profitieren davon, daß die Unsterblichen mit einer Kombination aus den
klassischen Nahkampfwaffen ihrer Geburtsära und modernen Schußwaffen agieren.
Dummerweise hat Andy zunehmend das Gefühl, daß ihr Kampf gegen das Böse ein
niemals endender ist und daß sie nicht wirklich etwas erreichen – für sie ist
es eine echte Sisyphos-Arbeit, die sie verrichten, und das ist auf Dauer
logischerweise hochgradig geistig ermüdend und desillusionierend. Während Joe
und Nicky das dadurch kompensieren, daß sie ein Paar sind und einander haben,
ist es für die älteren Andy und Booker erheblich schwieriger, sich damit zu
arrangieren. Wobei Neuling Nile sich da durchaus als hilfreich erweist, denn
die Rolle als Mentorin der unerfahrenen Soldatin bietet zumindest etwas
Abwechslung. Und dann ist da ja noch Bösewicht Merrick – wobei der
zwar innerhalb der Geschichte eine echte Gefahr für die Unsterblichen darstellen mag,
doch für das Publikum wirkt er nicht sonderlich ernstzunehmen, eher wie eine
cartoonhafte Karikatur (was in gewisser Weise zum Comic-Hintergrund von "The Old
Guard" paßt, dramaturgisch aber kontraproduktiv ist). Generell bleibt die
Figurenzeichnung ebenso wie die klischeehafte Story leider relativ flach; in
Andy, Nile – die als Neuling in Sachen Unsterblichkeit die Verbindungsfigur zu
uns Zuschauern darstellt – und ein wenig in Booker kann man sich gut
einfühlen, wobei die erstklassigen Schauspieler Charlize Theron, KiKi Layne und Matthias
Schoenarts das auch leicht machen. Joe und Nicky dagegen kommen zwar sehr
sympathisch rüber, bleiben aber doch relativ blaß. Interessant ist die Figur
des Ex-CIA-Agenten Copley, den Chiwetel Ejiofor ("12 Years a Slave") als eine ambivalente Person
verkörpert, die immerhin die stärkste Entwicklung innerhalb der Handlung durchläuft
– allerdings fällt diese so stark aus, daß sie nur bedingt glaubwürdig erscheint. Insgesamt bietet "The Old Guard" zwei Stunden lang schön
anzusehende Action mit guten bis sehr guten Schauspielern, läßt das gewaltige Potential
der Unsterblichkeits-Prämisse jedoch trotz interessanter philosophischer Ansätze
sträflich ungenutzt. Daran sollte für die fest eingeplante Fortsetzung definitiv
gearbeitet werden!
Fazit: "The Old Guard" ist ein grundsolider
Actionfilm mit starker Besetzung, der allerdings die faszinierendsten Aspekte seiner
Prämisse und der unsterblichen Protagonisten stiefmütterlich behandelt und sich
zu sehr auf seine generische Kernstory konzentriert.
Wertung: 6,5 Punkte.
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