Regie: André Øvredal, Drehbuch: Dan u. Kevin Hageman,
Musik: Marco Beltrami, Anna Drubich
Darsteller: Zoe Colletti, Michael Garza, Gabriel Rush,
Austin Zajur, Natalie Ganzhorn, Austin Abrams, Gil Bellows, Dean Norris,
Lorraine Toussaint, Kathleen Pollard, Javier Botet
FSK: 16, Dauer: 107 Minuten.
Mill Valley, Pennsylvania, Halloween 1968: Die befreundeten
Teenager Stella (Zoe Colletti, TV-Serie "City on a Hill"), Auggie (Gabriel Rush, "Moonrise Kingdom") und Chuck (Austin Zajur) rächen
sich auf harmlos-raffinierte Weise an dem Schultyrann Tommy Milner (Austin Abrams, "Margos Spuren"), der das
allerdings gar nicht witzig findet und die Freunde deshalb mit seinen Kumpels
verfolgt. Gemeinsam mit dem ortsfremden, ungefähr gleichaltrigen Ramón (Michael Garza, "Die Tribute von Panem – Mockingjay, Teil 1"), der dem Trio zwischenzeitlich Zuflucht bietet, flüchten sie in das
örtliche Spukhaus am Rande der Kleinstadt, um das sich gruselige Legenden
ranken und das seit dem Verschwinden mehrerer Kinder komplett abgeriegelt wurde. Dank Ramóns flinker Finger kommen sie trotzdem
hinein und erkunden das Haus neugierig – wobei Stella das Geschichtenbuch von
Sarah Bellows findet, dem Zentrum der Spuk-Legenden. Stella nimmt das
handgeschriebene Buch mit, muß allerdings bald herausfinden, daß Sarahs
schaurige Geschichten keineswegs fiktiv sind, sondern grausige Realität werden.
Und da Stella das Buch genommen hat, scheinen sie und ihre Freunde zu den
nächsten Zielen von Sarahs Gruselstorys zu werden, die ausnahmslos kein Happy
End besitzen …
In den 1980er und 1990er Jahren machte sich der US-Autor Alvin
Schwartz einen Namen mit drei an Jugendliche gerichteten Büchern über
"Scary Stories to Tell in the Dark". Obwohl die präsentierten kurzen
Gruselgeschichten bei vielen Eltern nicht gut ankamen (sie zählen in den USA
offenbar zu den Büchern, über die es die meisten Beschwerden gab), waren und
sind sie in der Zielgruppe beliebt, was auch diverse Neuauflagen zeigen –
eine deutsche Übersetzung gibt es meines Wissens aber nicht. Die
anhaltende Popularität in Verbindung mit der generellen Beliebtheit des Horror-
und Gruselgenres sowohl bei überwiegend jungen Zuschauern als auch bei
Produzenten (da sich die Filme meist mit einem relativ schmalen Budget
realisieren lassen und somit die Gewinnschwelle vergleichsweise niedrig ist)
und dem riesigen Erfolg der Stephen King-Adaption "Es" führte dazu,
daß die "Scary Stories to Tell in the Dark" ebenfalls verfilmt wurden.
Kein Geringerer als der mexikanische OSCAR-Preisträger Guillermo del Toro
("Shape of Water") nahm sich des schon länger geplanten
Projekts als Produzent und Ideengeber für das Drehbuch an, die Regie überließ
er dem norwegischen Genreexperten André Øvredal ("The Autopsy of
Jane Doe"). Das Resultat ist ein solider, atmosphärischer, aber wenig
einfallsreicher Gruselfilm, der sich passend zur Vorlage klar an ein junges,
eher horrorunerfahrenes Publikum richtet und dem Mangel an Innovativität zum
Trotz ein veritabler kommerzieller Erfolg wurde – weshalb eine Fortsetzung fest
eingeplant ist.
Das Problem an "Scary Stories to Tell in the Dark"
ist, daß der leicht episodisch aufgebaute Film – es werden mehrere Geschichten
aus Sarahs Buchs erzählt, die aber bei weitem nicht so alibihaft wie bei
richtigen Anthologie-Filmen von der Rahmenhandlung zusammengehalten werden –
mit seinem kombinierten Fokus auf junge Zuschauer und mehr oder weniger
bekannte urbane Legenden wie die zum Leben erwachende Vogelscheuche
genreerfahrenen Zuschauern nicht allzu viel zu bieten hat. Ja, die Inszenierung
ist atmosphärisch und das Kreaturendesign kann sich sehen lassen, aber richtig
gruselig wird es selten und überraschende Wendungen sind extrem rar gesät.
Dazu kommt, daß die jugendlichen Protagonisten zwar sympathisch
rüberkommen – eine nette Idee ist es dabei, daß hier entgegen gängiger
Stereotypen Stella der klassische Horror-Nerd mit Filmpostern im Zimmer ist und
nicht einer der Jungs –, aber gerade im Vergleich zu "Es" kaum
bleibenden Eindruck hinterlassen. Abgesehen von Stella und mit Abstrichen Ramón
haben die Pubertierenden keine sonderlich bemerkenswerten Eigenschaften oder
Hintergrundgeschichten, die in Erinnerung bleiben oder eine tiefere emotionale
Bindung aufbauen würden. Auf diese Weise fiebert man nur bedingt mit ihnen mit,
wenn sie einer nach dem anderen mit Sarahs Gruselgestalten konfrontiert werden.
Daß die Episoden ziemlich kurz ausfallen, ist auch nicht eben
hilfreich.
Dazu kommt, daß sich das Drehbuch der Brüder Dan und Kevin
Hageman ("Die Croods 2") einige Schlampereien hinsichtlich Logik und
Glaubwürdigkeit leistet. Ohne spoilern zu wollen: Daß die Vorkommnisse in der
Polizeistation offenbar keine Konsequenzen nach sich ziehen, ist
beispielsweise einfach nur lächerlich. Immerhin die Auflösung von Sarahs
Geschichte ist gelungen und sorgt für einen angenehmen Schlußpunkt.
Schauspielerisch machen die jungen Darsteller alle einen guten Job, wobei Zoe
Colletti als Stella die besten Szenen hat. Wie es für das Genre typisch ist, finden sich in den
erwachsenen Nebenrollen einige bekannte Gesichter, wobei Dean Norris
(TV-Serie "Breaking Bad") als Stellas Vater weniger zu tun bekommt als
Gil Bellows (TV-Serie "Ally McBeal"), der als Sheriff immer wieder
mal auftaucht und auch direkt mit einer der mörderischen Kreaturen konfrontiert
wird. Deren teilweise durchaus einfallsreiche Gestaltung ist der größte
Pluspunkt von "Scary Stories to Tell in the Dark" – schade, daß man
daraus nicht mehr gemacht hat und die einzelnen Gruselgestalten aufgrund des
episodischen Charakters auch nicht allzu lange zu sehen sind. Etwas mehr
Mühe bei der Figurenzeichnung und ein paar clevere Kniffe bei den präsentierten
Geschichten, und "Scary Stories to Tell in the Dark" hätte ein
richtig schöner Genrebeitrag werden können – so ist es nur ein mittelprächtiger
bis solider, sofern man bereits etwas Erfahrung mit Horrorfilmen gesammelt hat.
Fazit: "Scary Stories to Tell in the Dark"
ist ein routiniert inszenierter und atmosphärischer, inhaltlich jedoch recht
einfallsloser episodischer Horrorfilm, der sich erkennbar an ein jüngeres,
wenig genreerfahrenes Publikum richtet.
Wertung: Als Horrorfilm-Veteran: 6 Punkte. Ein
Genre-Neuling kann sicher mindestens einen Punkt aufschlagen.
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