Empfohlener Beitrag

In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 3. Dezember 2020

NOELLE (2019)

Regie und Drehbuch: Marc Lawrence, Musik: Cody Fitzgerald und Clyde Lawrence
Darsteller: Anna Kendrick, Bill Hader, Kingsley Ben-Adir, Shirley MacLaine, Billy Eichner, Julie Hagerty, Maceo Smedley, Diana Maria Riva, Michael Gross, Chelah Horsdal, Jay Brazeau
Noelle (2019) on IMDb Rotten Tomatoes: 55% (5,3); FSK: 0, Dauer: 100 Minuten.

Seit rund 2000 Jahren stellt die Familie Kringle den Weihnachtsmann (23 bisher) und sorgt am Nordpol gemeinsam mit den hart arbeitenden Elfen dafür, daß die Kinder überall auf der Welt rechtzeitig ihre Geschenke erhalten – sofern sie brav waren. Doch als nach dem Tod seines Vaters der tolpatschige Nick (Bill Hader, "Es – Kapitel 2") die ehrenvolle Aufgabe übernehmen soll, fühlt er sich schon bei der Vorbereitung vollkommen überfordert. Seine Schwester Noelle (Anna Kendrick, "Nur ein kleiner Gefallen") überredet ihn daher, sich einfach ein Wochenende freizunehmen, um Kraft zu schöpfen für die bevorstehenden Feiertage. Dummerweise kommt Nick nach dem Wochenende nicht zurück und bleibt verschollen, weshalb am Nordpol Panik ausbricht und kurzerhand Cousin Nick (Billy Eichner, "Der König der Löwen") zum neuen Santa bestimmt wird. Der Technik-Nerd verschlimmert die Lage allerdings, weil der von ihm erstellte Logarithmus nur noch etwas weniger als 3000 Kinder weltweit als "brav" einstuft und er alle Geschenke per Amazon Prime versenden will! Also wird Noelle von ihrer Mutter (Julie Hagerty, "Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug") gemeinsam mit der resoluten Elfe Polly (Shirley MacLaine, "Das Mädchen Irma la Douce") auf die Suche nach Nick geschickt und in Phoenix, Arizona finden sie widerwillige Unterstützung beim Privatdetektiv Jake (Kingsley Ben-Adir, "King Arthur: Legend of the Sword") und seinem Sohn Alex …

 
Kritik:
Der Weihnachtsfilm ist schon lange ein eigenes Genre, wobei die Ausprägungen von der am häufigsten verwendeten Komödie (z.B. die "Santa Clause"-Reihe oder "Wir sind keine Engel") über Tragikomödien ("Ist das Leben nicht schön?", "Tatsächlich ... Liebe") und inspirierende Dramen (zahllose Versionen von Charles Dickens' "A Christmas Carol") bis hin zu Weihnachts-Horrorfilmen ("Black Christmas", "Rare Exports") reichen. In den USA gibt es zusätzlich eine weitere Variante, nämlich den Hallmark-Weihnachtsfilm – jährlich produziert der Kabelsender zahlreiche Werke mit weihnachtlichem Bezug, bei denen es sich fast immer um romantische Komödien (selten Tragikomödien) handelt, die zumeist inhaltlich oberflächlich und klischeehaft ausfallen, aber doch oft unterhaltsam und sehenswert für Weihnachts-Fans. 2019 wollte auch der junge Streaming-Dienst Disney+ in dieses Geschäft einsteigen, doch die Eigenproduktion "Noelle" erhielt trotz einer starken Besetzung nur mittelmäßige Kritiken und versetzte auch das Publikum nicht unbedingt in Begeisterung. Das ist aber gar nicht unbedingt nötig, denn ähnlich wie die Hallmark-Produktionen (jedoch erfrischenderweise ohne den romantischen Teil) bietet "Noelle" sehr sympathische Unterhaltung für die (vor-)weihnachtliche Zeit, die zwar nur wenige neue Ideen einbringt und die meiste Zeit ein wenig vor sich hinplätschert, aber jederzeit sehr angenehm anzusehen ist und ein paar wirklich nette Gags präsentiert.
 
Regisseur und Drehbuch-Autor Marc Lawrence ist primär für seine mehrfache Zusammenarbeit mit Sandra Bullock ("Miss Undercover 1 + 2", "Auf die stürmische Art" und "Ein Chef zum Verlieben") und Hugh Grant ("Mitten ins Herz", "Haben Sie das von den Morgans gehört?", "Wie schreibt man Liebe?") bekannt und obwohl "Noelle" seine erste Regiearbeit ohne Bullock oder Grant seit 1999 ("Schlaflos in New York") ist, fügt sich der Film problemlos in sein Œuvre ein. Wie die genannten Werke zeichnet sich "Noelle" weniger durch großen Einfallsreichtum oder überraschende Wendungen aus als durch eine gut ausgewählte, ungemein sympathische und gut harmonierende Besetzung sowie spritzige Dialoge – wenngleich "Noelle" davon nicht ganz so viele bieten kann wie Lawrences beste Filme. Anna Kendrick ist dafür ein großer Trumpf, mit dem "Noelle" wuchern kann: Wie eh und je agiert sie so charmant, daß man sie einfach nur knuddeln will, und sie wird unterstützt von einem guten Ensemble. Ob Schauspiel-Legende Shirley MacLaine als etwas miesepetrige, aber gutherzige Polly, die beiden Comedy-Experten Bill Hader und Billy Eichner als Nick und Gabe Kringle oder auch Kingsley Ben-Adir als grummeliger, aber herzensguter Privatdetektiv Jake – sie alle zusammen sorgen dafür, daß man der letztlich allzu vorhersehbaren und mit wenigen Höhepunkten versehenen Story gerne folgt. Einzige echte – durchaus positive – Überraschung des Films ist übrigens die Tatsache, daß sich zwischen Noelle und Jake keine romantischen Gefühle entwickeln.
 
Neben dem Ensemble punktet "Noelle" zudem mit einigen liebevollen und amüsanten Details, deren Humorpotential allerdings zumeist nicht ansatzweise ausgereizt wird. Das gilt vor allem für den sarkastischen Elfen-Chor, der – fast wie ein klassischer griechischer Chor im Theater – die Mißgeschicke von Nick und später von Gabe in herrlich bissigen Versen kommentiert, aber leider ziemlich sparsam eingesetzt wird. Auch die stolzen, resolut auftretenden Rentiere von Santas Schlitten – wenngleich erkennbar computergeneriert – sorgen für einige unterhaltsame Momente, zudem hätte ich persönlich gerne mehr vom Leben der weihnachtlichen Gesellen am Nordpol gesehen. Dieses wird von einem Rat der Elfen-Ältesten geprägt, dessen Vorsitzender (Michael Gross aus der "Tremors"-Filmreihe) sich beispielsweise bei turbulenten Sitzungen wie nach Nicks Verschwinden mit einem Zuckerhammer Verhör verschafft und diesen anschließend genüßlich ableckt … Solche netten, sympathischen Momente trösten insgesamt gut darüber hinweg, daß die Handlung (ähnlich wie der poppige Soundtrack, der großteils auf das Konto der von zwei Kindern des Regisseurs angeführten Band Lawrence geht) reichlich generisch und vorhersehbar daherkommt – die finale Wendung etwa sollte jedem Zuschauer nach wenigen Minuten klar sein, auch wenn im ganzen Film nur eine Figur irgendwann auf diese Idee kommt – und die Schwierigkeiten, die Noelle in der für sie fremden Menschenwelt zu bewältigen hat, eher harmlos sind und sich sowieso schnell in Wohlgefallen auflösen. Echte Konflikte gibt es also nicht, einen Bösewicht schon gar nicht (wobei ich das keinesfalls negativ beurteile!), womit "Noelle" alles in allem ziemlich belanglos ist. Belanglos, aber eben auch unterhaltsam und sehr sympathisch. Damit kann ich gut leben.
 
Fazit: "Noelle" ist eine ziemlich generische, aber trotzdem unterhaltsame Weihnachtskomödie, die vor allem mit ihrer von einer gewohnt zauberhaften Anna Kendrick angeführten stimmigen Besetzung punktet.
 
Wertung: 7 Punkte.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen