Regie und Drehbuch: Woody Allen
Darsteller: Colin Firth, Emma Stone, Eileen Atkins, Simon
McBurney, Jacki Weaver, Hamish Linklater, Marcia Gay Harden, Catherine
McCormack, Erica Leerhsen, Jeremy Shamos, Lionel Abelanski, Ute Lemper,
Wolfgang Pissors
FSK: 0, Dauer: 98 Minuten.
Wir schreiben das Jahr 1928: Der Brite Stanley Crawford
(Colin Firth, "A Single Man") ist ein sehr populärer Showmagier,
der als chinesischer Illusionist Wei Ling Soo auftritt und soeben in Berlin
eine erfolgreiche Tour abgeschlossen hat. Eigentlich will er nun mit seiner Verlobten
Olivia (Catherine McCormack, "Braveheart") in Urlaub auf die
Galapagos-Inseln fahren, jedoch fängt ihn nach seiner letzten Show sein alter
Schulfreund Howard Burkan (Simon McBurney, "Dame, König, As, Spion")
ab, der ebenfalls ein Showmagier ist, wenn auch nicht so berühmt wie Stanley.
Freunde in Frankreich haben Howard gebeten, das vorgebliche Medium Sophie Baker (Emma
Stone, "Einfach zu haben") zu entlarven, das in deren Anwesen an der
Côte d'Azur die reiche Witwe Grace (Jacki Weaver, "Silver Linings")
und ihren Sohn Brice (Hamish Linklater, TV-Serie "The Crazy Ones") in
ihren Bann gezogen hat. Da es Howard partout nicht gelingt, Sophie und ihre Manager-Mutter (Marcia Gay
Harden, "Mystic River") des Betruges zu überführen, bittet
er seinen alten Freund Stanley um Hilfe – denn der überzeugte Snob hat es
sich zur Lebensaufgabe gemacht, magische Künste und sonstiges Übernatürliches mit
Fakten und wissenschaftlichen Methoden als Nonsens zu enthüllen. An Sophie scheint sich
Stanley allerdings die Zähne auszubeißen; schlimmer noch: Er droht sich in die
hübsche junge Frau zu verlieben …
Kritik:
Obwohl selbst ein großer Skeptiker, was alles (vermeintlich
oder tatsächlich) Übernatürliche oder Religiöse betrifft, scheint die
Thematik Woody Allen doch sehr zu interessieren – oder ihm zumindest geeignet
als Grundstoff für seine Komödien zu sein. Der Tod beispielsweise hatte schon
in mehreren seiner Filme einen Auftritt ("Die letzte Nacht des Boris
Gruschenko"), auch Geister kamen schon vor ("Scoop"), Zeitreisen
("Midnight in Paris"), ein fieser Hypnotiseur ("Im Bann des Jade
Skorpions"), eine Wahrsagerin ("Ich sehe den Mann Deiner Träume") – und
nun ist ein angebliches Medium an der Reihe. Es läßt sich kaum ein Urteil fällen, ob
Allen das Übernatürliche besonders gut oder schlecht liegt, denn die Qualität
der sich damit befassenden Werke variiert stark: "Die letzte Nacht des
Boris Gruschenko" (eine zum Brüllen komische Parodie auf "Krieg und Frieden" und ähnliche russische Literaturklassiker) ist mein persönlicher Lieblingsfilm des Meisters,
"Midnight in Paris" ist ebenfalls hervorragend, "Im Bann des
Jade Skorpions" ist einer der lustigsten Filme des "späten"
Woody Allen – dagegen ist "Scoop" eher mittelmäßig geraten und "Ich sehe
den Mann deiner Träume" sogar verhältnismäßig schwach.
"Magic in the Moonlight" reiht sich irgendwo in der Mitte ein: Es ist
eine leise, unspektakuläre romantische Komödie, die nur wenige echte Lacher
hervorbringt (Stanleys Reaktion auf seinen mißglückten Versuch, einen defekten
Automotor zu reparieren, ist einfach herrlich), aber immer wieder zum
Schmunzeln einlädt. Die Massen (oder die OSCAR-Juroren) begeistert man damit
nicht, die meisten Fans des Filmemachers sollten sich aber ordentlich
unterhalten fühlen.
Eröffnet wird "Magic in the Moonlight" mit einem
Prolog in Berlin, womit – sofern mich mein Gedächtnis nicht trügt – erstmals
ein Woody Allen-Film in Deutschland spielt; allerdings mit der Einschränkung,
daß die entsprechenden Szenen nicht in Deutschland, sondern in einem
französischen Hotel gedreht wurden. Immerhin darf Musical-Weltstar Ute
Lemper ein deutsches Lied vortragen ("Alles Schwindel", das eigentlich erst 1931 veröffentlicht wurde). Nach einem kurzen Zwischenstop in
London, der mich mit einem – leider auf nur eine Szene beschränkten –
willkommenen Wiedersehen mit der einstigen tragischen "Braveheart"-Schönheit
Catherine McCormack (die sich in den letzten Jahren sehr rar gemacht hat) erfreut
hat, geht es auch schon weiter zum Haupt-Schauplatz von "Magic in the
Moonlight": der idyllischen Côte d'Azur im Süden Frankreichs, die Kameramann Darius Khondji ("To Rome with Love") ausreichend
Gelegenheit für einige schöne Panoramaaufnahmen gibt.
Während wir bis dahin den brillanten, aber sehr
überheblichen Stanley näher kennenlernen durften, kommt nun nun das schöne
Medium Sophie Baker ins Spiel – und wie erhofft führt der Zusammenprall der vermeintlich
übernatürlich Begabten mit dem überzeugten Skeptiker und Wissenschafts-Anhänger
zu einigen schlagfertigen Dialogen. Aber alles in allem geht das Kennenlernen erstaunlich harmonisch über die Bühne, da Sophie sich sehr verständnisvoll gibt
und auch die übrigen Anwesenden sich nicht wirklich brüskiert fühlen durch
Stanleys wenig einfühlsames Verhalten. Da wird sicher einiges an humoristischem
Potential liegengelassen – es wird aber auch schnell offenbar, daß für Woody
Allen bei diesem Film gar nicht die Komik im Vordergrund steht, sondern eher
das Gefühl. Nun mag man die sich anbahnende Romanze angesichts des Altersunterschieds von fast 30
Jahren zwischen den Schauspielern Firth und Stone unrealistisch finden oder
auch nicht, aber man nimmt den beiden die sich entwickelnden Gefühle
füreinander durchaus ab. Es ist ja auch nicht so, als ob es solche Beziehungen
in der Realität nicht gäbe; und daß Sophie sich durch den gebildeten,
hochintelligenten, berühmten, recht wohlhabenden und nicht zuletzt gutaussehenden Stanley angezogen fühlt, kann man psychologisch schon nachvollziehen. Daß
umgekehrt die bloße Tatsache, daß Sophie ein ausgesprochen hübsches junges Ding ist, schon ausreicht, um Stanley zu betören,
dürfte erst recht glaubwürdig sein. Ja, wir Männer sind nunmal (manchmal? oft?) so einfach gestrickt …
Filme über die Liebe sind bekanntlich nichts Neues für Woody
Allen, dennoch ist "Magic in the Moonlight" ein wenig anders als das,
was man von ihm gewohnt ist. Überraschend harmonisch und vergleichsweise arm an
Zynismus präsentiert Allen diese zarte Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen,
die kaum unterschiedlicher sein könnten, was Herkunft, Weltsicht und Bildung
betrifft. Man könnte fast meinen, der Meister wäre altersmilde geworden. Ob das
Publikum von dieser Altersmilde profitiert, darüber läßt sich vortrefflich
streiten. Im Vergleich zu den großen Klassikern der romantischen Komödie kommt
"Magic in the Moonlight" doch arg bieder daher, wirklich magische
Momente gelingen kaum einmal. Das kann Allen deutlich besser, wenn er in den
Dialogen seine bissigere Seite auslebt, wie er es von "Der
Stadtneurotiker" über "Vicky Cristina Barcelona" oder "Whatever Works" bis hin zu
"Midnight in Paris" wieder und wieder bewiesen hat. Zumal die Auflösung
der Medium-Geschichte zumindest für all jene extrem offensichtlich sein dürfte, die
sich mit den Werken Woody Allens auskennen. Dennoch kann man diesem Film kaum
böse sein; ja, er könnte temporeicher sein, witziger, bissiger, auch
romantischer – aber auch so, wie er ist, bietet er angenehm leichten Sehgenuß.
Für Colin Firth ist der überhebliche Stanley Crawford eine
Paraderolle, für die er sich vermutlich nicht mal sonderlich anstrengen mußte.
Schließlich hat er ähnliche Figuren in Filmen, die in der Vergangenheit spielen,
schon oft gespielt – vor allem sein Mr. Darcy in der BBC-Mini-Serie "Stolz
und Vorurteil" kommt einem da in
den Sinn, aber auch Jack Worthing in der vortrefflichen Oscar Wilde-Adaption
"Ernst sein ist alles". Schauspielerisch wird Firth hier ebenso wie
seine Leinwandpartnerin Emma Stone nur begrenzt gefordert, aber das ist auch gar
nicht nötig. Die beiden harmonieren ganz gut miteinander, und damit
funktioniert diese romantische Komödie. Schade ist dagegen, daß die
Nebendarsteller – die sowohl bei Woody Allen als auch generell in romantischen
Komödien oft einen sehr wichtigen humoristischen Part einnehmen – kaum
erinnerungswürdig gestaltet sind. Am ehesten kann noch Simon McBurney als
Stanleys alter Freund Howard punkten, Hamish Linklater hat als verliebter
Ukulele-spielender Brice zumindest ein paar ganz nette Szenen als Witzfigur;
speziell OSCAR-Gewinnerin Marcia Gay Harden ist als Sophies Mutter hingegen
komplett verschenkt, was bei einer Schauspielerin ihren Formats eine echte
Schande ist.
Fazit: "Magic in the Moonlight" ist für
Woody Allens Verhältnisse ein durchschnittlicher und recht gemächlicher Film,
der aber als charmante romantische Komödie allemal gut eineinhalb Stunden
kurzweilige Unterhaltung bietet.
Wertung: 6 Punkte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen