Regie: Ron Howard, Drehbuch: Peter Morgan, Musik: Hans
Zimmer
Darsteller: Daniel Brühl, Chris Hemsworth, Alexandra Maria
Lara, Olivia Wilde, Pierfrancesco Favino, Natalie Dormer, Christian McKay,
David Calder, Stephen Mangan, Julian Rhind-Tutt, Tom Wlaschiha, Augusto
Dallara, Alistair Petrie, Ilario Calvo, Jamie Sives, James Norton
Rotten Tomatoes: 89% (7,5); weltweites Einspielergebnis:
$98,2 Mio.
FSK: 12, Dauer: 123 Minuten.
In den 1970er Jahren, als in der Formel 1 noch im
Durchschnitt pro Saison zwei Fahrer bei Rennunfällen sterben, gehen zwei sehr
unterschiedliche Männer mit ähnlichem Hintergrund (beide entstammen der
Oberschicht und werden von ihrer Familie für ihre Berufswahl, vorsichtig formuliert, nicht gerade beglückwünscht) ihren Weg
in Richtung WM-Titel: der schillernde Engländer James Hunt (Chris Hemsworth, "Thor")
und der introvertierte Österreicher Niki Lauda (Daniel Brühl, "Inglourious Basterds"). Hunt ist ein Sonnyboy, der das Leben, die Frauen und das
Rennenfahren liebt – ein Favorit der Zuschauer und Medien. Lauda dagegen
arbeitet wie ein Besessener an seinen fahrerischen Fähigkeiten und zeigt zudem schon
früh ein erstaunliches Verständnis für die Funktionsweise der Rennwägen, die er
aktiv verbessert. Er fährt nach eigener Aussage nur deshalb Rennen, weil das
alles ist, was er kann, nicht aus Leidenschaft für den Sport. Lauda ist hart zu
sich selbst und zu anderen und selbst bei seinen Mechanikern nicht gerade
beliebt – der krasse Gegenentwurf zum Draufgänger Hunt, mit dem er auf und
abseits der Strecke immer wieder aneinandergerät. Ihren dramatischen Höhepunkt
findet die Rivalität der beiden Männer in der Saison 1976, in der sich
Titelverteidiger Lauda im Ferrari des immer stärker aufkommenden Hunts erwehren
muß, der einen Platz bei McLaren ergattern konnte und damit erstmals in einem
wirklich siegfähigen Auto sitzt ...
Kritik:
Im Laufe der Jahrzehnte hat Hollywood einige Autorennfilme
fabriziert, von denen ein paar sogar ziemlich gut sind – allen voran John
Frankenheimers "Grand Prix" (1966) mit James Garner und Lee H.
Katzins "Le Mans" (1971) mit Steve McQueen. Abseits der gelungenen
Rennszenen konnten diese Filme allerdings kaum mit großartigen Geschichten oder
vielschichtigen Figuren begeistern. Der britische Drehbuch-Autor Peter Morgan,
OSCAR-nominiert für "Die Queen" und "Frost/Nixon", wollte
das unbedingt ändern und tüftelte über Jahre hinweg auf eigene Faust an einem
Skript über die legendäre Rennfahrer-Rivalität zwischen James Hunt und Niki
Lauda. Hollywood hatte daran kein Interesse, schließlich ist die Formel 1 in
den USA nicht wirklich populär. Aber Morgan konnte mit seinem Drehbuch zunächst
Paul Greengrass ("Die Bourne Verschwörung") für die Regie gewinnen,
dann, nachdem dieser wegen Terminüberschneidungen absprang, seinen
"Frost/Nixon"-Regisseur Ron Howard ("A Beautiful Mind"),
und schließlich auch genügend unabhängige Geldgeber, um die Produktion
anzugehen. So mußte Howard mit so wenig Geld wie seit den Anfängen seiner
Hollywood-Karriere nicht mehr auskommen ($38 Mio.), was ihn aber
nicht davon abhielt, einen richtig guten, wahrscheinlich sogar den bisher besten Rennfahrerfilm
überhaupt zu drehen.
Allerdings ist "Rennfahrerfilm" keine vollkommen
richtige Kategorisierung, denn wenngleich der Rennsport zwangsläufig eine große
Rolle spielt und Howard mit seinem gleichfalls OSCAR-gekrönten Kameramann
Anthony Dod Mantle ("Slumdog Millionär") viele aufregend inszenierte
Rennszenen schuf – denen man übrigens nicht ansieht, daß einige der Rennautos aufwendige Nachbauten sind und andere computergeneriert –, geht es doch eigentlich um
die Rivalität zweier vollkommen gegensätzlicher Sportler. Hunt und Lauda, ihre
Reibereien, aber auch ihre unterschiedlichen Lebensentwürfe und
Arbeitseinstellungen stehen so eindeutig im Mittelpunkt von "Rush",
daß das Sportelement darob immer wieder in den Hintergrund rückt – manchmal
sogar etwas zu sehr, denn eine stärkere Einordnung der gezeigten Rennen in das
Gesamtbild, auch eine stärkere Einbindung der anderen Rennfahrer (die außer
Laudas Rennstall-Kollege Clay Regazzoni kaum eine Rolle spielen), wäre manchmal
schon nett.
Chris Hemsworth ist übrigens nur nominell der
Hauptdarsteller dieser Produktion, weil er nun einmal ein Hollywood-Star ist,
während der gebürtige Spanier Daniel Brühl außerhalb der deutsch- und spanischsprachigen Regionen nur echten
Filmfreaks ein Begriff ist. In Wirklichkeit ist es jedoch Lauda, dessen
Geschichte den Film trägt. Das ist kein Wunder, schließlich ist Lauda der
interessantere Charakter mit der spannenderen Lebensgeschichte (sein schlimmer Unfall am Nürburgring spielt in "Rush" natürlich auch eine wichtige Rolle). Dennoch hatte
ich vor allem in der ersten Filmhälfte mitunter das ungute Gefühl, daß James
Hunt durch die nicht allzu sympathische Charakterisierung Unrecht getan wird –
schließlich ist Hunt schon 1993 verstorben und kann sich nicht mehr wehren,
wohingegen Lauda dem Filmteam (vor allem Daniel Brühl) beratend zur Seite
stand. Ganz konnte ich diesen Verdacht bis zum Ende zwar nicht abstreifen, aber
in der zweiten Hälfte wird Hunt auf jeden Fall zu einer vielschichtigeren
Figur, die Chris Hemsworth die Gelegenheit gibt, einen gewissen charakterlichen
Wandel vom oberflächlichen Playboy hin zu einem sportlich und menschlich (etwas)
gereiften Rennfahrer darzustellen. Eine Gelegenheit, die der blonde Australier
gekonnt und energetisch nutzt. Lauda dagegen bleibt stets, wer er ist, doch da
dieser unangepaßte, arrogante Getriebene mit dem spröden österreichischen
Charme von Beginn an interessant ist, reicht das vollkommen aus, damit Brühl
sein ganzes Können ausspielen kann. Denn das tut er, und seine Verwandlung in Niki
Lauda – den jeder Rennsportfan in Deutschland und Österreich vor allem durch
seine langjährige Tätigkeit als Formel 1-Experte im Fernsehen in- und auswendig
kennt – ist wahrlich beeindruckend. Zwar ist sein österreichischer Dialekt zu
Beginn etwas gewöhnungsbedürftig (und da ich mich mit Dialekten nicht
sonderlich auskenne, kann ich nicht beurteilen, wie gut er wirklich getroffen
ist), aber in Sachen Mimik und Gestik glaubt man schnell, tatsächlich den
jungen Lauda zu sehen. Kein Wunder, daß Brühl als Mitfavorit für den
Nebenrollen-OSCAR gilt (auch wenn er eigentlich Hauptdarsteller des Films ist).
Es soll aber nicht verschwiegen werden, daß die Zeichnung
Hunts und Laudas nicht frei von Klischees ist. Inwieweit genau die vielleicht
tatsächlich zutreffen mögen, das kann wohl nur beurteilen, wer die beiden Sportler
persönlich kennt oder kannte. Aber die Gegensätzlichkeit der beiden
wirkt mitunter schon ein wenig so, als wäre sie aus dramaturgischen Gründen
konstruiert beziehungsweise überspitzt. Daß genau das der Fall ist, gibt Autor Peter Morgan auch offen zu, und es funktioniert einwandfrei. Das nicht allzu originelle Storygerüst erinnert
dabei phasenweise stark an Sylvester Stallones eher mißglückten Genreversuch
"Driven" aus dem Jahr 2001, doch da "Rush" über einen
besseren Autor verfügt, ist die Ausarbeitung wesentlich feinfühliger und
anspruchsvoller. Die Frauenrollen allerdings – Alexandra Maria Lara ("Der
Untergang") als Laudas Ehefrau und Olivia Wilde ("Tron: Legacy")
als Hunts – bleiben die gesamten zwei Stunden über Randfiguren.
Fazit: "Rush – Alles für den Sieg" ist zu
gleichen Teilen aufregender, spektakulär inszenierter Rennfilm und gelungenes
(wenn auch nicht ganz klischeefreies), leidenschaftlich gespieltes
Charakterportrait zweier ungleicher Rivalen. Keineswegs nur für Motorsportfans
zu empfehlen.
Wertung: 8 Punkte.
Wertung: 8 Punkte.
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