Regie: Marc Forster, Drehbuch: Matthew Michael Carnahan, Drew Goddard, Damon Lindelof, Musik: Marco Beltrami und Muse
Darsteller: Brad Pitt, Mireille Enos, Daniella Kertesz, Fana
Mokoena, James Badge Dale, David Morse, David Andrews, Ludi Boeken, Moritz Bleibtreu, Pierfrancesco Favino, Peter
Capaldi, Ruth Negga, Matthew Fox, Elyes
Gabel, Abigail Hargrove, Sterling Jerins, Fabrizio Zacharee Guidoas, Ernesto
Cantu
FSK: 16, Dauer: 116 Minuten.
Gerry Lane (Brad Pitt, "Moneyball") ist ein früherer UNO-Experte für brisante
Situationen, hat sich inzwischen jedoch zurückgezogen
und ist hauptberuflicher Ehemann und Vater. Zumindest solange, bis sein Wohnort
Philadelphia von Zombies überrannt wird. Thierry (Fana Mokoena, "Hotel
Ruanda"), der mit Gerry befreundete stellvertrende Generalsekretär der UNO,
läßt die Familie Lane am nächsten Morgen in letzter Sekunde mit einem
Helikopter abholen und auf einen Flugzeugträger in Sicherheit bringen, der als
neue Basis der Vereinten Nationen dient. Thierrys Rettungsaktion geschah jedoch
nicht aus reiner Gutherzigkeit, vielmehr benötigt er dringend Gerrys Dienste.
Denn in der Zwischenzeit wurde die halbe Welt von der mysteriösen
Zombie-Epidemie (die anfangs für einen ordinären Tollwut-Ausbruch gehalten wurde)
entvölkert. Gerry soll deshalb nun eine Eingreiftruppe anführen, die dem in Asien
vermuteten Ursprung des Schlamassels auf den Grund gehen soll – in der
verzweifelten Hoffnung, auf diese Weise doch noch ein Heilmittel zu finden ...
Kritik:
"'World War Z' ist ein Desaster." Nein, keine Sorge,
das ist zum Glück nicht meine Beurteilung des neuen Films von Marc Forster.
Aber dieser kurze Satz faßt perfekt die auf den großen Internet-Filmseiten und vor
allem in den dortigen Kommentaren seit vielen Monaten verbreitete
Erwartungshaltung zusammen. In der Tat sprach angesichts seiner ausgesprochen holprigen Produktionsgeschichte sehr wenig dafür, daß "World
War Z" auch nur ein mittelmäßiger Film werden könnte. Angeblich waren
Regisseur Forster und sein Hauptdarsteller und Co-Produzent Brad Pitt
irgendwann so zerstritten, daß sie nicht einmal mehr miteinander redeten. Fans
der Buchvorlage von Max Brooks (eine Mischung aus
Sammlung fiktiver Augenzeugenberichte und Überlebensratgeber, deutscher Titel: "Operation Zombie: Wer länger lebt, ist später tot") protestierten lautstark, da spätestens nach
dem ersten Trailer überdeutlich wurde, daß der Film kaum noch etwas mit dem (sowieso kaum verfilmbar erscheinenden) Ausgangsmaterial zu tun haben würde. Am Set in Budapest wurde ein Lagerhaus der Filmproduktion von einer Antiterror-Einheit gestürmt, weil dorthin (warum auch immer) echte, funktionsfähige Schußwaffen geliefert worden waren. Kurzfristige Drehbuch-Änderungen und in der Folge massive und
entsprechend teure Nachdrehs für den letzten Akt wurden angeordnet (das
ursprünglich veranschlagte Budget von $125 Mio. wuchs letztlich auf fast $200
Mio. an), an denen der angeblich entmachtete Forster gar nicht mehr beteiligt
gewesen sein soll. Und zu guter Letzt wurde der Film auch noch so zurechtgeschnitten,
daß er in den USA die kommerziell lukrative, da familientaugliche
Altersfreigabe PG-13 erhielt. Wie gesagt, es schien eindeutig: "World War
Z" konnte nur noch ein Desaster werden. Wurde er aber nicht. Marc Forsters Film ist
bei weitem kein Meisterwerk des Subgenres der Zombiefilme geworden, aber er liefert
grundsolide Actionunterhaltung mit einem starken Hauptdarsteller ab.
Was genau von den unzähligen Horrormeldungen rund um die
Produktion nun stimmte, wird die Öffentlichkeit wohl nie erfahren. Glaubt man
Forster und Pitt – die zumindest bei öffentlichen Auftritten keine Anzeichen
eines echten Zerwürfnisses erkennen lassen –, dann ist das meiste Humbug. Gut, die
Sache mit der Razzia in Ungarn ist Fakt, hat aber nur sehr wenig mit der Filmproduktion
selbst zu tun. Auch die teuren Nachdrehs lassen sich nicht leugnen, allerdings
spricht viel dafür, daß Marc Forster nicht nur sehr wohl daran beteiligt, sondern
vielmehr sogar eine treibende Kraft war. Denn der fertige Film, laut Forster
sein "Director's Cut", entspricht erkennbar dem Stil des eigentlichen
Arthouse-Regisseurs ("Monster's Ball", "Drachenläufer"),
der in Deutschland geboren wurde und in der Schweiz aufwuchs. Und auch die
Ähnlichkeiten zu Forsters erstem Big Budget-Versuch, dem James Bond-Abenteuer "Ein Quantum Trost", sind unverkennbar. Leider, denn bekanntlich ist "Ein
Quantum Trost" nicht gerade ein Highlight der Bond-Reihe. Das richtige
Gespür für spezialeffektlastige Großproduktionen scheint Forster noch
immer nicht ganz gefunden zu haben, denn wie bereits "Ein Quantum
Trost" leidet auch "World War Z" unter einem unebenen
Erzähltempo und einem nur mittelmäßig ausbalancierten Spannungsbogen.
Aber der Reihe nach: Der Auftakt von "World War
Z" läßt sich getrost als Komplementär zu Danny Boyles
Genreklassiker "28 Days Later" verstehen. Während dessen Protagonist
Jim im Koma liegt, als Großbritannien zugrunde geht, und erst wieder erwacht,
als er beinahe der letzte Überlebende auf einer zerstörten Insel ist, zeigt
Forsters Film, was geschieht, als die Zombieepidemie ausbricht. Nur eben in den
USA statt in England. Und diesen Anfang vom Ende präsentiert "World War
Z" handwerklich wie auch inszenatorisch sehr überzeugend. Denn als die
sich aufgrund der minimalen Inkubationszeit (derentwegen anfangs nicht einmal klar ist, ob die Infizierten tatsächlich untot oder nicht doch einfach "nur" tollwütig sind) rasend schnell ausbreitende Welle
von lebenden Toten über das im morgendlichen Berufsverkehr steckende
Philadelphia hereinbricht, werden die unvermeidliche Panik und das
Chaos sehr glaubwürdig – teilweise auch mithilfe von
Handkamera-Aufnahmen – auf die Leinwand übertragen. Gerry Lane fungiert dabei dank Brad Pitts überzeugender Darstellungskunst von Anfang an als die klare
Identifikationsfigur für das Publikum; er ist kein Actionheld, sondern ein
aufrechter, intelligenter und charismatischer Mann, der mit allen Mitteln um
das Wohl seiner Familie und später sogar der verbliebenen Menschheit kämpft.
An dieser Stelle ein kleiner Einschub: Die Frage "langsamer oder schneller
Zombie?" ist ja ein fortwährendes Streitthema unter Horrorfans, seit
"Man of Steel"-Regisseur Zack Snyder 2004 in seinem "Dawn of the
Dead"-Remake rennende Zombies etablierte. Mir persönlich ist das relativ
egal, da beide Varianten bei einer stimmigen Inszenierung wunderbar
funktionieren können. Die langsamen, schlurfenden Untoten á la George A. Romeros "Die Nacht der lebenden Toten" (1968) stehen generell eher
für eine klassische Gruselstimmung, wohingegen die rennenden Zombies
eine panische Terroratmosphäre kreieren. In "World War Z" gibt es
(übrigens entgegen der Buchvorlage) die schnelle Version. Das dürften Traditionalisten übel
aufstoßen, paßt in dem unzweideutig actionorientierten Kontext dieser Verfilmung
aber gut. Wie ein echter Zombiefilm wirkt "World War Z" sowieso
nur selten, eher wie eine Actionvariante von Steven Soderberghs
"Contagion". Ende des Einschubs.
Nach diesem frühen, beklemmenden Actionhighlight zerfasert die Dramaturgie zusehends. Der Kapitän des Flugzeugträgers
(David Andrews, "Fight Club") schickt Gerry auf der Suche nach einem
Heilmittel gegen den Zombievirus auf eine Schnitzeljagd rund um die Welt, die
zwar stets unterhaltsam ist, aber nicht wie aus einem Guß wirkt. Für sich genommen
kann man alle Einzelteile des Films als sehr gelungen bezeichnen, abgesehen von
manchmal etwas zu offensichtlich computergenerierten Zombiemassen gibt es wenig
Grund zur Klage. Doch im Zusammenspiel funktioniert die Schnitzeljagd nicht
so richtig. Die Zombieattacken wiederholen sich zu oft, die durch die ständigen
Schauplatzwechsel sowieso fast ausnahmslos nur kurz zu sehenden Nebenfiguren
bleiben größtenteils fremd, und bei all den rasanten Actionsequenzen
kommt Gerrys eigentliches Ziel – das Finden eines Heilmittels – zu kurz. Außerdem
verhält sich Gerry für einen in Krisensituationen erklärtermaßen gestählten Mann seines
Formats wiederholt bemerkenswert dämlich. Das zieht mitunter sehr heftige
Konsequenzen für seine Mitstreiter nach sich, die aber nach den entsprechenden
Szenen unrealistischerweise sofort wieder vergessen zu sein scheinen.
Erst im letzten Drittel, das in einer Forschungseinrichtung
der Weltgesundheitsorganisation spielt (einer der Ärzte wird vom deutschen Kinostar Moritz
Bleibtreu verkörpert), variiert Forster das Erzähltempo deutlich und
präsentiert eine ebenso ausgedehnte wie spannende Grusel-einlage. Das ist übrigens den
teuren Nachdrehs zu verdanken, denn ursprünglich sollte "World War Z"
mit noch einer weiteren (bereits abgedrehten) spektakulären, auf dem Roten Platz in Moskau spielenden Actionsequenz enden.
Die stattdessen gewählte Alternative ist eine höchst willkommene Abwechslung,
wenn auch vielleicht nicht ganz glücklich plaziert. Die Anordnung
"Action, Action, Grusel, Action" anstelle von "Action, Action,
Action, Grusel" hätte wohl noch besser funktioniert, denn so endet
"World War Z" ziemlich antiklimaktisch und unerwartet. Aber besser
als die eigentlich geplante "Action, Action, Action, Action"-Variante
ist es allemal.
Schauspielerisch wird "World War Z"
erwartungsgemäß von Brad Pitt dominiert – kein Wunder, er ist ja auch fast der
einzige, der länger als für ein paar Minuten zu sehen ist. Aber er trägt den
gesamten Film problemlos und demonstriert zweifellos einmal mehr, warum er ein
echter Hollywoodstar ist. Unter den Nebendarstellern – darunter in Minirollen David
Morse ("The Green Mile"), James Badge Dale ("The Grey") und
"Lost"-Star Matthew Fox – hinterlassen einzig Mireille Enos (TV-Serie
"The Killing") als Gerrys Ehefrau und Daniella Kertesz als
israelische Soldatin, die Gerry in der zweiten Filmhälfte begleitet, bleibenden
Eindruck.
In technischer Hinsicht liefert "World War Z" eine
sehr solide Leistung ab. Wie erwähnt ist der CGI-Einsatz manchmal gar zu offensichtlich,
zudem hätte der Schnitt etwas weniger hektisch ausfallen dürfen. Wobei
letzteres zumindest teilweise auch den Änderungen für die niedrigere US-Altersfreigabe
geschuldet sein dürfte. Der Actionscore von Marco Beltrami ("Die Frau in Schwarz"), der durch einige Kompositionen der englischen Rockband Muse
ergänzt wird, weiß dafür durchgehend zu gefallen. Die nachträgliche
3D-Konvertierung hingegen ist keine Zierde ihrer Zunft. Im Allgemeinen wirkt
die Dreidimensionalität schlicht überflüssig, bei vielen Szenen bräuchte man
die 3D-Brille nicht einmal (ich habe es überprüft); dazu kommen einige
ärgerliche Unschärfeeffekte, die Kombination aus Wackelkamera und 3D ist für die Übersichtlichkeit auch nicht gerade ideal. Ich empfehle daher die 2D-Variante.
Fazit: "World War Z" ist ein grundsolider Actionfilm mit leichtem Horroreinschlag, der mit einem souverän auftrumpfenden Hauptdarsteller Brad Pitt
ebenso punktet wie mit seinem hohen Erzähltempo, den ständigen
Schauplatzwechseln rund um die Welt sowie zahlreichen rasanten Actionsequenzen;
das geht allerdings zulasten von Handlung und Figurenzeichnung, außerdem ist die
Dramaturgie recht unausgewogen.
Wertung: 7 Punkte.
Wertung: 7 Punkte.
Da ich die Vorlage recht interessant fand, lassen die meisten Kritiken das Schlimmste befürchten. Deine lässt wenigstens noch ein wenig Raum für Hoffnung. Irgendwann schaue ich den dann wohl doch einmal... befürchte ich...
AntwortenLöschenDie professionellen Kritiken sind insgesamt ja eigentlich erstaunlich positiv ausgefallen - aber vermutlich stammen die größtenteils von Rezensenten, die das Buch nicht gelesen haben (genau wie ich, auch wenn ich den Kauf in Erwägung gezogen habe, als es in Deutschland erschien). Für Kenner der Vorlage dürfte das Aufreger-Potential sicherlich deutlich größer sein ...
AntwortenLöschenAlso im Bereich Mainstreamkino mit dieser Thematik gibt es schlechtere, viel schlechtere Filme.
AntwortenLöschenIch fand den Film gut und auch interessant. Er unterhält und ist sein Eintrittsgeld wert. Er hat genügende spannende Momente und Brad Pitt ist nicht" der Superheld" der plötzlich die Welt rettet.
Ist denn das heutige Kinopuplikum so satt, das man gute Sachen( dieser Film) nicht einfach als das betrachten kann, was er ist: ein unterhaltsamer Film über Pademie-Zustände im Actiongewand.
Tut es doch (zumindest ein Großteil) - sowohl in den USA als auch in Deutschland und den meisten anderen Ländern läuft "World War Z" viel erfolgreicher als das noch vor wenigen Monaten erwartet worden war, die Zufriedenheitswerte der Zuschauer sind im Durchschnitt auch sehr ordentlich ...
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