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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Freitag, 21. Juni 2013

MAN OF STEEL (3D, 2013)

Regie: Zack Snyder, Drehbuch: David S. Goyer, Musik: Hans Zimmer
Darsteller: Henry Cavill, Amy Adams, Russell Crowe, Michael Shannon, Kevin Costner, Diane Lane, Christopher Meloni, Antje Traue, Richard Schiff, Laurence Fishburne, Ayelet Zurer, Harry Lennix, Michael Kelly, Rebecca Buller, Julian Richings, Tahmoh Penikett, David Paetkau, Mike Dopud, Alessandro Juliani
Man of Steel
(2013) on IMDb Rotten Tomatoes: 56% (6,2); weltweites Einspielergebnis: $670,1 Mio.
FSK: 12, Dauer: 143 Minuten.

Der bei einer Farmersfamilie in Kansas aufgewachsene Clark Kent (Henry Cavill, "Krieg der Götter") stößt in einem in Kanada im Eis gefundenen Raumschiff auf ein Hologramm seines außerirdischen Vaters Jor-El (Russell Crowe, "Les Misérables"), in dem dessen Bewußtsein gespeichert ist. So erfährt Clark, daß er in Wirklichkeit Kal-El heißt und von dem Planeten Krypton stammt, der komplett zerstört wurde, kurz nachdem seine Eltern Kal-El in einer Rettungskapsel Richtung Erde geschickt hatten. Im Vergleich zu den Menschen hat Clark alias Kal-El Superkräfte und ist scheinbar unverwundbar, was ihn stets zu einem Außenseiter gemacht hat. Sein Ziehvater (Kevin Costner, "Open Range") überzeugte Clark, seine Kräfte zu verheimlichen, da er Angst vor der Reaktion der Menschen hatte. Jor-El dagegen ermutigt seinen Sohn, seine Fähigkeiten für das Gute einzusetzen. Kurzfristig hat Clark auch kaum eine andere Wahl, denn durch sein Betreten des Raumschiffs wurde von diesem ein automatisches Funksignal aktiviert, das den früheren Militärchef von Krypton General Zod (Michael Shannon, "Premium Rush") – der mit einigen Anhängern nach einem mißglückten Putschversuch in die "Phantomzone" verbannt wurde und so die Zerstörung seines Heimatplaneten überleben konnte – zur Erde führt. Zod verlangt die Herausgabe Kal-Els, dem sein Vater wertvolles Wissen mitgegeben hat, mit dem eine neue kryptonische Zivilisation auf der Erde aufgebaut werden könnte. Allerdings nur zum Preis der Vernichtung der gesamten Menschheit ...

Kritik:
Als Bryan Singer 2006 mit "Superman Returns" eine ebenso späte wie traditionsbewußte Fortsetzung der Superman-Filme mit Christopher Reeve vorlegte, war das Ergebnis ziemlich mittelmäßig. Und damit vor allem in kommerzieller Hinsicht zu schwach, um die eigentlich fest eingeplante Fortsetzung zu sichern. Stattdessen entschied sich das Studio Warner Bros. zu einem kompletten Reboot – immerhin hat man mit Christopher Nolan einen Mann im eigenen Haus, der mit seiner grandiosen Batman-Trilogie vorgemacht hatte, wie man ein strauchelndes Franchise mit einer heftigen Kurskorrektur wieder zum Erfolg führt. Zwar sagte Nolan für die Regie von "Man of Steel" ab, ist aber immerhin als Produzent beteiligt und hat gemeinsam mit Drehbuch-Autor David S. Goyer (der bereits "Batman Begins" schrieb) die Story für den Film erarbeitet. Die Regie wurde Zack Snyder angetragen, was eine interessante, aber keineswegs unumstrittene Wahl war – schließlich umfaßt Snyders Karriere große Hits ("300", "Dawn of the Dead") ebenso wie einen kolossalen Flop ("Sucker Punch") und Werke, deren Beurteilung nicht ganz so einfach ist ("Watchmen", "Legend of the Guardians"). Kein Vergleich zum Hitgaranten Nolan, aber angesichts Snyders stilistischer Fähigkeiten durchaus vielversprechend.

Genau so beginnt "Man of Steel" denn auch: vielversprechend. Der Prolog auf Krypton ist spektakulär und visuell beeindruckend, sehr gerne würde man mehr von dieser fremden, aber reizvollen Welt erfahren – ein Verlangen, das die vorherigen Filme kaum wecken konnten, in denen die kurzen Krypton-Sequenzen eher steril wirkten. Doch das Schicksal von Kal-Els Heimat ist bekanntlich besiegelt und so geht es nach einigen Minuten zwangsläufig auf der Erde weiter. Schade ist das trotzdem.

Eine unumgängliche Schwierigkeit bei der Neuerfindung einer populären Figur, speziell eines Superhelden, ist stets die Frage, wie genau man dessen Anfänge schildert – schließlich ist diese den meisten aus der Zielgruppe bereits bekannt, weshalb die latente Gefahr besteht, mit Wiederholungen zu langweilen (was im Jahr zuvor beispielsweise Marc Webbs "The Amazing Spider-Man" erfahren mußte, dessen Story sich zu eng an die von Sam Raimis "Spider-Man" hielt). Um das zu vermeiden, verzichtet Snyder auf eine streng chronologische Erzählweise, stattdessen findet "Man of Steel" grundsätzlich in der Gegenwart statt, schiebt aber primär in der ersten Hälfte immer wieder Rückblicke auf Clarks Kindheit und Jugend ein. Einerseits funktioniert das ganz gut, da durch diese Einschübe keine Monotonie aufkommt und auch kein übergroßes Déjà-vu-Gefühl; andererseits wird dadurch natürlich immer wieder der Erzählfluß unterbrochen. Für Zuschauer, die sich mit der Figur Superman nicht auskennen, funktioniert das vermutlich prima, für den Rest ist es zumindest eine solide Vorgehensweise. Im Vergleich zu Russell Crowe, der mittels des Hologramms von Jor-El eine nicht geringe Rolle spielt, bleiben Kevin Costner und Diane Lane ("Unter der Sonne der Toskana") als Clarks Zieheltern aber eher unterbeschäftigt.

Wesentlich interessanter sieht die Gegenwart aus. Clark Kent, der von Henry Cavill mit großer Ernsthaftigkeit und Edelmut verkörpert wird, ist kein Journalist beim Daily Planet, sondern eine Art Landstreicher, der durch Nordamerika zieht und die unterschiedlichsten Gelegenheitsjobs annimmt, aber nirgends länger als ein paar Monate bleibt. Schließlich will er unerkannt bleiben, und da er seine Superkräfte einsetzt, wann es nötig ist, um Menschen zu retten, geht das nur, indem er ständig unterwegs ist. Somit wird Clark dem Publikum als eine spannende, innerlich zwischen ihrer außerirdischen Herkunft und der menschlichen Erziehung hin- und hergerissene Persönlichkeit vorgestellt, die durchaus an Christian Bales Bruce Wayne aus Nolans Batman-Filmen erinnert. Leider jedoch nur, bis er in dem abgestürzten Raumschiff auf Jor-El trifft. Diese Begegnung hat unmittelbar zur Folge, daß Snyders Probleme offenbar werden, emotionale Szenen überzeugend zu inszenieren – denn Clarks Reaktion auf die ja nicht gerade alltäglichen Enthüllungen seines leiblichen Vaters läßt sich am besten beschreiben als: mildes Erstaunen. Die zweite, mittelbare Konsequenz ist, daß Clark von einer interessanten zu einer ziemlich langweiligen Figur wird, denn seine neue Bestimmung akzeptiert er fraglos und wird fast sofort vom ambivalenten Clark zum makellosen Superman – dessen wahre Identität die Reporterin Lois Lane (Amy Adams, "Die Muppets") übrigens fast von Beginn an kennt. Clarks rasende Entwicklung wirkt alles in allem nicht allzu glaubwürdig und ist dramaturgisch erst recht nicht ideal.

Zum Glück wird man für diese dramaturgische Enttäuschung zügig mit der Ankunft von General Zod und seinen Getreuen entschädigt. Michael Shannon ist ein amerikanischer Schauspieler, der bisher vor allem in Arthouse-Filmen wie "The Woodsman", "Tödliche Entscheidung" oder "Take Shelter" in Erscheinung trat und deshalb dem breiten Publikum eher unbekannt sein dürfte. Das sollte sich nun ändern, denn durch seine Bösewicht-Darstellung in "Man of Steel" wird mit Sicherheit auch dem letzten klar, was die Arthouse-Fans schon lange wissen: Michael Shannon ist ein grandioser Schauspieler, der vor allem in fiesen oder verrückten Rollen (wie in "Zeiten des Aufruhrs", wofür er eine OSCAR-Nominierung erhielt) brilliert. Als Zod ist das nicht anders, entsprechend läßt er seinen Gegenspieler Cavill in den direkten Aufeinandertreffen ziemlich alt aussehen – ganz in der Superman-Tradition, denn im Vergleich zu dem etwas zu makellosen kryptonischen Superhelden sind seine jeweiligen Antagonisten stets wesentlich interessanter ausgestaltet. In der Vergangenheit war das meist Supermans Erzfeind Lex Luthor (Gene Hackman in "Superman", Kevin Spacey in "Superman Returns", Michael Rosenbaum in der TV-Serie "Smallville"), in "Man of Steel" ist es im Sinne der Abwechslung eben General Zod. Das verbissene Duell zwischen Superman und Zod ist von Snyder spannend in Szene gesetzt, wird allerdings von den intensiv gespielten gemeinsamen Szenen von Zod und Jor-El noch übertroffen.

Das große Problem von "Man of Steel" ist, daß der knapp zweieinhalbstündige Film in der zweiten Hälfte – nachdem also sowohl Clarks Vergangenheit als auch Zods eindrucksvolle Ankunft auf der Erde abgehandelt sind – in eine Zerstörungsorgie gewaltigen Ausmaßes mündet, die an Michael Bays "Transformers"-Filme erinnert. Die Handlung, die sowieso nie allzu aufregend war (weder Zods großer Vernichtungsplan noch Supermans Rettungstat sind sonderlich einfallsreich), gerät ebenso wie die Figurenzeichnung komplett in den Hintergrund, stattdessen folgt auf eine spektaluläre Actionsequenz eine noch spektakulärere Actionsequenz und so weiter. Das ist alles nett anzusehen, denn in technischer Hinsicht ist "Man of Steel" kaum ein Vorwurf zu machen, auch Hans Zimmers wuchtige musikalische Untermalung der Destruktionsszenen ist ohne Fehl und Tadel. Doch leider wird man einfach das Gefühl nicht los, das alles so ähnlich schon einmal gesehen zu haben. Die großen Superhelden-Filme der letzten Jahre haben es eigentlich alle geschafft, irgendwo etwas Einzigartiges anzubieten, das sie von der Konkurrenz abhebt und im Gedächtnis des Publikums verankert. "Man of Steel" gelingt das nicht. In manchen Szenen fühlt man sich an "Hulk" erinnert (wenn Superman das "Hüpfen" von Gipfel zu Gipfel übt), in anderen an "Thor" (ein zerstörungsreicher Kampf in den Straßen von Smallville), selbst die Krypton-Sequenz erinnert stilistisch an "John Carter" – und der gigantische "Weltenwandler" wird Computerspielern aus der "Mass Effect"-Trilogie sehr bekannt vorkommen. Was fehlt, ist der entscheidende Funke Inspiration und damit letztlich eine eigene Seele von "Man of Steel". Zack Snyder präsentiert ein Potpourri bekannter und eigentlich auch bewährter Genrezutaten, das aber so wild und hektisch zusammengemixt ist, daß es einen beachtlichen Teil seiner eigentlichen Wirkung verliert.

Unverständlich ist außerdem, wie achtlos Snyder und Autor Goyer mit den meisten der eigentlich prominent besetzten Nebenrollen umgehen. Abgesehen von Superman, Zod und Jor-El werden letztlich nur der aufrechte Colonel Hardy (Christopher Meloni, "Carriers") und Zods Vertraute Faora (die deutsche Schauspielerin Antje Traue aus "Pandorum") sinnvoll in einer Art Stellvertreter-Duell eingesetzt. Der Rest, selbst Lois Lane (deren Bedeutung für die Geschichte nach Zods Ankunft ziemlich gezwungen anmutet), ihr Chef Perry White (Laurence Fishburne, "Predators") oder Clarks Zieheltern, wirkt über weite Strecken ziemlich überflüssig. Ein netter Insidergag ist allerdings, daß der Wissenschaftler Dr. Emil Hamilton hier von Richard Schiff (TV-Serie "The West Wing") gespielt wird, während Alessandro Juliani, der in der Serie "Smallville" eine jüngere Version dieser Figur verkörperte, in einer gemeinsamen Szene eine kleine Rolle als Soldat innehat ...

Bekanntlich kommt Dreidimensionalität in Flugszenen besonders gut zur Geltung ("Avatar", die Smaug-Passage in "Der Hobbit"), insofern ist es eine gute Nachricht, daß "Man of Steel" zahlreiche davon enthält. Leider können nicht alle vollständig überzeugen, da einige – speziell in der zweiten Hälfte – zu hektisch geschnitten sind. Ansonsten ist der 3D-Einsatz weitgehend solide, aber keineswegs überragend; in einigen Nahkampfszenen ist er sogar ärgerlich, da diese (wie bereits bei "Thor" beobachtet) unnötig unübersichtlich werden. Dieser ambivalente Eindruck dürfte auch darin begründet liegen, daß der Film in 2D gedreht und erst nachträglich konvertiert wurde. Wer die Wahl zwischen 2D- und 3D-Version hat, dem würde ich daher eher zur günstigeren Variante raten.

Fazit: "Man of Steel" ist ein grimmiger und weitgehend humorfreier, technisch hervorragender Superhelden-Film, der gut beginnt und einen stark gespielten Bösewicht zu bieten hat, in der zweiten Hälfte aber zu einer totalen Zerstörungsorgie verkommt und damit sein erzählerisches Potential vergeudet. Als Basis für eine neue Filmreihe ist "Man of Steel" zwar eine Klasse schlechter als "Batman Begins", bietet aber immer noch ein sehr solides Ausgangsmaterial für eine Steigerung in den (ob des kommerziellen Erfolges unvermeidlichen) Fortsetzungen.

Wertung: 7 Punkte.


2 Kommentare:

  1. Hey Hey! Bin gerade über deinen Blog gestolpert! Wow die Menge deiner Kritiken hat mich fast vom Stuhl gehauen (:

    Ich selbst war von Men of Steel wirklich enttäuscht. Eine Absolute Reiszüberflutung, wackelige Kamera und wie du schon gesagt erwähnt hast, farblose Nebenfiguren.
    Vielleicht waren meine Erwartungen auch einfach zu hoch (:

    Ich folge deinem Blog auf jeden Fall sehr gerne! Liebe Grüße

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    1. Freut mich zu hören. :)

      Tja, ich bin wohl *etwas* zwanghaft veranlagt, da kommt schon einiges zusammen, wenn ich mich einer bestimmten Sache widme - was man wohl auch anhand der Länge vieler meiner Kritiken merkt ... ;)

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