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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 20. Juli 2023

TENET (2020)

Regie und Drehbuch: Christopher Nolan, Musik: Ludwig Göransson
Darsteller: John David Washington, Robert Pattinson, Elizabeth Debicki, Sir Kenneth Branagh, Dimple Kapadia, Aaron Taylor-Johnson, Himesh Patel, Yuri Kolokolnikov, Clémence Poésy, Fiona Dourif, Martin Donovan, Wes Chatham, Jack Cutmore-Scott, Matthew Marsden, Jeremy Theobald, Josh Stewart (Stimme), Tom Nolan, Sir Michael Caine
Tenet (2020) on IMDb Rotten Tomatoes: 69% (6,9); weltweites Einspielergebnis: $365,3 Mio.
FSK: 12, Dauer: 150 Minuten.
Als auf die Oper in Kiew während einer Vorstellung ein Terroranschlag verübt wird, greift eine Einsatztruppe der CIA ein. Chaos bricht aus und die Sache endet mit dem vermeintlichen Tod des namenlos bleibenden Anführers (John David Washington, "Ein Gauner & Gentleman") der CIA-Agenten. Jedoch wacht dieser wenig später wieder auf und wird von der mysteriösen Priya (Bollywood-Star Dimple Kapadia) für eine hochgradig brisante Geheimoperation namens "Tenet" rekrutiert, die über nicht weniger als die Zukunft der Menschheit entscheiden soll. Die befindet sich nämlich, unbemerkt von der Öffentlichkeit, unter einer Attacke aus der Zukunft! Dort wird irgendwann eine Technologie entwickelt, die Objekte invertiert – alles bewegt sich rückwärts und somit sind (auf umständliche Art und Weise) Zeitreisen möglich. Als Schlüssel dazu, den Angriff aus der Zukunft abzuwehren, wird der russische Oligarch Andrei Sator (Sir Kenneth Branagh, "Tod auf dem Nil") betrachtet. Also versucht der Protagonist – wie der CIA-Agent nur genannt wird – gemeinsam mit seinem neuen Kollegen Neil (Robert Pattinson, "Die versunkene Stadt Z"), über Sators Gattin Kat (Elizabeth Debicki, "Widows") an ihn heranzukommen. Doch die ganze Angelegenheit entpuppt sich als noch viel komplizierter als gedacht ...

Kritik:
Der britisch-amerikanische Filmemacher Christopher Nolan hat seine Werke seit jeher gerne auf ein bestimmtes, einprägsames Gimmick begründet. Am offensichtlichsten war das beim rückwärts erzählten "Memento", doch auch bei "Insomnia" mit seinem unter Schlaflosigkeit leidenden Protagonisten, den Traumwelten von "Inception" oder dem SciFi-Drama "Interstellar" (dessen Gimmick zu benennen ein Spoiler wäre) war es deutlich zu erkennen. Bei "Tenet" fällt das zentrale Gimmick besonders dominant aus, wobei gerade zu "Inception" einige Parallelen bestehen. Es gibt nur ein nicht unerhebliches Problem: Die Sache mit der Invertierung und den Zeitreisen in "Tenet" ist so kompliziert, daß ich sie bis zum Schluß nicht wirklich verstanden habe. Nun bieten sich dafür primär zwei Erklärungen an: Entweder bin ich zu doof, um Nolans Drehbuch zu verstehen – oder es ergibt einfach tatsächlich keinen Sinn. Naheliegenderweise neige ich zu letzterer These (zumal mich schon "normale" ernstgemeinte Zeitreise-Filme wegen des unauflösbaren Zeitreisen-Paradoxons häufig nerven), aber sollte ich wirklich zu doof sein, um Nolan zu verstehen, dann wäre ich wahrscheinlich auch zu doof, um zu erkennen, daß ich zu doof bin … Die Frage muß für mich also unbeantwortet bleiben, aber ich bin mir sehr sicher, daß dieser Film nicht nur mich ziemlich ratlos zurücklassen wird. Insofern mag "Tenet" ein Fest für Rätselfreunde sein, aber vor allem dürfte Nolans Werk wohl jene Zuschauer erfreuen, die einfach nur einen gut gemachten und mit spektakulären Szenen nicht geizenden Actionfilm mit hochkarätiger Besetzung sehen wollen, ohne großartig über Sinn oder Unsinn der Story nachzudenken. Zu diesen Gruppen gehöre ich jedoch nicht, weshalb "Tenet" für mich die erste echte Enttäuschung aus Nolans Hand und Feder ist.

Bei Filmen von Christopher Nolan gibt es einige Elemente, auf die man sich verlassen kann. Das beginnt mit einer namhaften und passend ausgewählten Besetzung (zu der seit "Batman Begins" stets Sir Michael Caine zählt), setzt sich fort mit originellen, cleveren Story-Einfällen und endet mit aufwendigen, großartig und einfallsreich in Szene gesetzten Actionsequenzen, die auf so wenig Computereffekte setzen wie möglich. All dies ist auch bei "Tenet" vorhanden, wenngleich die Besetzung vielleicht nicht ganz so starlastig ausfällt wie sonst zumeist. Doch Denzel Washingtons Sohn John David Washington macht seine Sache in seiner erst zweiten großen Hollywood-Hauptrolle (nach Spike Lees "BlacKkKlansman") ausgezeichnet und er gibt einen ebenso toughen wie mitfühlenden Actionhelden ab, der zudem gut mit Robert Pattinsons etwas humorvollerem Neil sowie Elizabeth Debickis schöner Kunstexpertin Kat harmoniert. Auf der anderen Seite glänzt Shakespeare-Mime Sir Kenneth Branagh einmal mehr als sinistrer Bösewicht und auch die kleineren Rollen sind passend besetzt. Keine Beschwerden also in dieser Hinsicht – jedoch fällt auf, daß Nolans Drehbuch sich bedauerlicherweise so stark auf das "invertierte Zeitreisen"-Gedöns und die brachialen Actionsequenzen konzentriert, daß die Figurenzeichnung (und in der Folge die emotionale Greifbarkeit für das Publikum) darunter nicht unerheblich leidet. Auch im Vergleich zu früheren Nolan-Werken bleiben die Hauptfiguren einem recht fremd; daß wir nicht einmal den Namen von Washingtons Protagonisten erfahren, ist so gesehen durchaus passend.

Im Zentrum von "Tenet" stehen jedoch ganz eindeutig die Zeitreisen-Spielereien und hier ganz besonders ihr Einfluß auf die zahlreichen Actionsequenzen. Die fallen bei Christopher Nolan ja häufig atemberaubend aus und reizen die Grenzen des technisch Möglichen aus – und das ist bei "Tenet" nicht anders. Bereits der Prolog in der Kiewer Oper beeindruckt, doch anschließend legt Christopher Nolan richtig los. Die Flugzeugcrash-Sequenz und die Hochgeschwindigkeits-Autoverfolgungsjagd sind bis ins letzte Detail durchchoreographiert und lassen das Publikum mit der Fülle an Ereignissen kaum zum Durchatmen kommen, zumal ob der angemessen wuchtigen musikalischen Untermalung durch Ludwig Göransson ("Black Panther"). So sieht handwerkliche Perfektion aus! Das eigentliche Finale fällt dagegen relativ unspektakulär aus, außerdem rücken hier Nolans existentialistisch-philosophische Gedankengänge rund um das Zeitreisen-Gimmick wieder stärker in den Vordergrund, was – jedenfalls für mich – leider auch die in vielerlei Hinsicht fehlende Logik betont. Kann man das ausblenden, ist "Tenet" fraglos ein beeindruckender Hollywood-Blockbuster, den man möglichst auf der großen Leinwand sehen sollte. Kann man es nicht, ist er eine mindestens kleine Enttäuschung.

Fazit: Christopher Nolans "Tenet" beeindruckt mit bombastischen, brillant choreographierten Actionsequenzen und einem starken Ensemble, verwirrt jedoch gleichzeitig mit seinem extrem komplizierten bis nervigen "invertierte Zeitreisen"-Gimmick.

Wertung: 6 Punkte (8, wenn man den Verstand ausschalten kann).


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