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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 11. Mai 2023

MORBIUS (2022)

Regie: Daniel Espinosa, Drehbuch: Matt Sazama und Burk Sharpless, Musik: Jon Ekstrand
Darsteller: Jared Leto, Matt Smith, Adria Arjona, Jared Harris, Tyrese Gibson, Charlie Shotwell, Al Madrigal, Joseph Esson, Michael Keaton
Morbius (2022) on IMDb Rotten Tomatoes: 16% (3,8); weltweites Einspielergebnis: $167,5 Mio.
FSK: 12, Dauer: 105 Minuten.
Obwohl Dr. Michael Morbius (Jared Leto, "Suicide Squad") angesichts einer seltenen, bislang unheilbaren Blutkrankheit ein kurzes Leben prophezeit wurde, gelang es ihm, als Hämatologe zu einem der besten Ärzte und Wissenschaftler der Welt zu werden – inklusive Nobelpreis! Den lehnt er jedoch ab, weil er aus seiner Perspektive für zufällige Nebeneffekte seines Scheiterns prämiert werden soll, während er noch immer mit seiner Kollegin Dr. Martine Bancroft (Adria Arjona, TV-Serie "Good Omens") erfolglos an einer Heilung für sich selbst und seinen besten Freund Milo (Matt Smith, "Official Secrets") forscht. Schließlich scheint ihm ein Durchbruch zu gelingen, indem Michael menschliches Blut mit dem von Vampirfledermäusen kombiniert. Nach gelungenen Tierversuchen injiziert sich Michael das Serum (illegalerweise) selbst – doch die Wirkung fällt anders aus als erhofft. Zwar fühlt sich Michael so gesund und stark wie noch nie in seinem Leben, entwickelt gar übermenschliche Fähigkeiten; allerdings wird er auch extrem aggressiv, hat einen unstillbaren Durst nach Blut und kann nur schwer die Kontrolle über sein Tun behalten. Dummerweise stillt künstliches Blut seinen Durst nur für ein paar Stunden und die Zeitspanne wird von Mal zu Mal kürzer. Trotz dieser erheblichen Probleme nimmt heimlich auch Milo das Serum zu sich – und er hat keinerlei Skrupel, sich am Blut echter Menschen zu bedienen ...

Kritik:
Seit Sony eine Vereinbarung mit Marvel geschlossen hat, um Spider-Man in der Verkörperung durch Tom Holland auch im Marvel Cinematic Universe auftreten zu lassen (Spidey ist zwar eine Marvel-Figur, die Kinorechte hält aber seit langem Sony), will das amerikanisch-japanische Studio aus der anhaltenden Beliebtheit der Figur und des MCU Kapital schlagen – mit seinem eigenen "Spider-Man Universe". Das bestand bislang allein aus den beiden "Venom"-Filmen, die immerhin trotz nur mediokrer Kritiken große kommerzielle Hits waren. Erweitert wird das Spidey-Universum nun durch einen weiteren Antihelden, den mit Vampirkräften ausgestatteten Morbius. An dieser Stelle gerät das Spider-Man Universe erstmals ins Stocken, denn der von Daniel Espinosa ("Safe House") inszenierte Actionfilm mit Horrorelementen fiel bei der Kritik durch und floppte auch an den Kinokassen. Das ist einerseits nachvollziehbar, denn "Morbius" ist einfach zu generisch und ideenlos geraten, um wirklich zu überzeugen. Andererseits ist die erzählerische Qualität im Vergleich zu den "Venom"-Filmen jedoch nicht wesentlich niedriger. Was macht also den Unterschied? Höchstwahrscheinlich die Tatsache, daß die "Venom"-Filme bei aller inhaltlichen Mittelmäßigkeit durch die amüsanten Interaktionen zwischen Protagonist Eddie Brock und seinem außerirdischen Symbionten Venom immer irgendwie Spaß machen. Sowas hat "Morbius" nicht zu bieten und obgleich Jared Leto seine Sache als Hauptdarsteller solide macht, fehlt ihm die Präsenz und das Charisma eines Tom "Venom" Hardy (wobei es die Drehbuch-Autoren Morbius auch nicht so leicht machen, Profil zu entwickeln). Trotzdem halte ich "Morbius" für etwas besser als seinen Ruf, was mit einer ziemlich coolen Visualisierung von Michaels Vampirfähigkeiten und dem als Antagonist überzeugend aufspielenden ehemaligen "Doctor Who" Matt Smith zusammenhängt.

Übermäßig hilfreich ist es dagegen vermutlich nicht, daß einem als Marvel-Kenner schon die Prämisse sehr bekannt vorkommt. Dabei meine ich gar nicht mal so sehr die offensichtlichen Parallelen zu "Venom", sondern die noch viel größere Ähnlichkeit zu "Doctor Strange" – dort geht es um einen genialen Arzt, der beim Versuch, eine eigentlich unheilbare Verletzung zu überwinden, übermenschliche Fähigkeiten erwirbt; hier ist es ein genialer Wissenschaftler, der beim Versuch, eine unheilbare Krankheit zu überwinden, übermenschliche Fähigkeiten erwirbt. Gut, bei "Doctor Strange" geschieht dies bewußt, während es sich bei "Morbius" eigentlich um einen Fehlschlag mit unangenehmen Nebenwirkungen handelt, doch letztlich unterscheiden sich beide Storys nicht allzu sehr voneinander. Und damit wären wir wieder beim Thema "Charisma", denn während "Doctor Strange" wegen Benedict Cumberbatchs Darstellungskunst und einer vergleichsweise originellen Handlung mit unkonventionellem Finale gut funktioniert, scheitert "Morbius" daran, daß man der Titelfigur nie so richtig nahekommt und die Geschichte sich bis hin zum klassisch actiongeladenen Showdown in sehr vorhersehbaren Bahnen bewegt. Immerhin die Horrorelemente sorgen für etwas Abwechslung die gab es zwar auch in "Doctor Strange" und den "Venom"-Filmen, sie sind hier aber noch stärker ausgeprägt. Allerdings hält sich auch das in Grenzen, weil wie bei "Venom" allzu offensichtlich auf eine familienfreundliche Altersfreigabe hingearbeitet wurde und deshalb mehr als Andeutungen brutaler Kampfaktionen nicht möglich ist.

Dafür ist die Besetzung recht gut ausgewählt: Mit der Puerto-Ricanerin Adria Arjona gibt es zur Abwechslung mal eine recht unbekannte Hauptdarstellerin, die aber ordentlich mit Jared Leto harmoniert – wenn ihre Rolle auch recht klischeehaft ausfällt. Mit Jared Harris ("Allied") als Morbius' Mentor Dr. Nicholas sowie Tyrese Gibson ("Fast & Furious"-Reihe) und dem Komiker Al Madrigal ("Night School") als Cops zählen zudem drei zuverlässige Nebendarsteller zum Ensemble, die auch aus wenig Screentime noch einiges herausholen. Highlight bleibt für mich aber Matt Smith, der seine ambivalente Rolle als Morbius' der Versuchung erliegender bester Freund Milo mit genau der richtigen Mischung aus Charme und Skrupellosigkeit interpretiert und damit in der Theorie einen guten Antagonisten abgibt. Nur leider ist Milos Entwicklung von den Drehbuch-Autoren nur bedingt nachvollziehbar gestaltet worden. Zwar gibt es bereits vorher ein paar dezente Andeutungen, daß Milo rücksichtsloser ist als sein Kumpel, dennoch wirkt es nur bedingt glaubwürdig, wie schnell und scheinbar ohne jeden Zweifel er gewissermaßen zur dunklen Seite der Macht wechselt (in der Tat sogar ein wenig mit Anakin Skywalkers Wandlung in "Star Wars Episode III" vergleichbar, die mich ebenfalls nie überzeugt hat). In technischer Hinsicht ist "Morbius" derweil ähnlich uneben wie inhaltlich: Die Umsetzung von Michaels Vampirfähigkeit ist visuell ansprechend und ziemlich einfallsreich gestaltet, gleichzeitig wirken einige Effekte (allen voran die "Vampirfratzen") aber auch ungewohnt billig für einen Film dieser Budgetklasse. Auch der unübersichtliche Showdown ist nicht übermäßig fesselnd ausgefallen. Insgesamt ist "Morbius" somit etwas besser als sein Ruf – gelangweilt habe ich mich in den etwa 100 Minuten nie –, aber doch weit davon entfernt, ein guter Film zu sein. Ob es zu einer direkten Fortsetzung kommt, ist angesichts der Einspielergebnisse und der sehr verhaltenen Rezension beim Publikum sehr fraglich, aber wiedersehen werden wir Morbius wohl schon – darauf deutet auch eine zusätzliche Szene während des Abspanns hin, die an eine ähnliche aus "Venom 2" anschließt und ein baldiges Aufeinandertreffen mit Spider-Man andeutet ...

Fazit: "Morbius" ist ein mittelmäßiger Anti-Superheldenfilm mit guter Besetzung und einigen starken Momenten, der aber wegen eines ärgerlich generischen Drehbuchs mit oberflächlicher Figurenzeichnung bei weitem nicht an die durchschnittliche Qualität der meisten MCU- oder Spider-Man Universe-Vertreter heranreicht.

Wertung: 5,5 Punkte.


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