Nachdem der September erst ganz zum Schluß einen echten Hit hervorbrachte ("Die Schule der magischen Tiere 2"), dürfen die deutschen Kinos im klassischen Horrormonat Oktober auf mehr Zuschauer hoffen - vor allem dank einer prestigeträchtigen Fortsetzung ("Halloween Ends") und eines DC-Superhelden-Films ("Black Adam"). Aber auch unter der "Mittelware" befinden sich viele interessante Projekte:
6. Oktober:
"The Woman
King":
Einer der größten
Hits des Spätsommers in den USA war dieser hochgelobte Historienfilm
von Gina Prince-Bythewood ("The Old Guard"), der von einer Rezensentin als "Braveheart" mit schwarzen Frauen umschrieben wurde. Erzählt wird die im Kern wahre Geschichte der
Agojie, einer gefürchteten Einheit von Kriegerinnen im frühen 19.
Jahrhundert, die das afrikanische Königreich Dahomey – im heutigen
Benin – beschützte (und die Dora Milaje aus Marvels "Black
Panther" inspirierte). OSCAR-Gewinnerin Viola Davis ("Fences") spielt eine Generalin der
Agojie namens Nanisca, die Dahomey gegen das rivalisierende
Oyo-Imperium sowie portugiesische Sklavenhändler verteidigen muß.
Weitere Hauptrollen spielen "Star Wars"-Star John Boyega
und Lashana Lynch ("Captain Marvel").
"In einem
Land, das es nicht mehr gibt":
Die in Ost-Berlin
geborene "Tatort"-Regisseurin Aelrun Goette widmet sich in
ihrem 1989 spielenden und autobiographisch geprägten historischen
Coming of Age-Film der Schülerin Suzie (Marlene Burow, "Wunderschön"), die kurz vor
dem Abitur der Schule verwiesen wird und statt des geplanten Studiums
in einem Kabelwerk arbeiten soll. Allerdings wird sie auf dem Weg zur
Arbeit photographiert, landet unverhofft auf dem Titelbild der
beliebten ostdeutschen Frauenzeitschrift "Sibylle" und
sattelt darauf hin zum Model um. Sie lernt den exzentrischen
Underground-Modedesigner Rudi (Sabin Tambrea, "Narziss und Goldmund") kennen und verliebt
sich in den Photographen Coyote (David Schütter, Netflix-Serie "Barbaren") ...
"Mona Lisa
and the Blood Moon":
Die iranischstämmige
US-Regisseur Ana Lily Amirpoor wurde 2014 bekannt mit ihrem von der
Kritik gefeierten, im Iran spielenden Neo-Noir-Vampirfilm "A
Girl Walks Home Alone at Night". Als ihr zweiter Langfilm "The
Bad Batch" zwei Jahre später enttäuschte, geriet Amirpoors
Karriere jedoch etwas ins Stocken, weshalb erst jetzt ihr dritter
Film in die Kinos kommt. In dem wilden Genremix (Amirpoor selbst
spricht von einem "Abenteuer-Märchen") "Mona Lisa and
the Blood Moon" geht es um die titelgebende Jugendliche (Jeon
Jong-seo, "Burning"), die jahrelang in einer Psychiatrie in
Louisiana vor sich hindämmert, bis ihr die Flucht aus der Anstalt
gelingt. In New Orleans freundet sie sich mit der Stripperin Bonnie
(Kate Hudson, "Almost Famous") an und entdeckt, daß sie mit ihrer Willenskraft andere
Menschen kontrollieren kann! Bonnie nutzt diese Fähigkeit, um ihnen
Geld zu verschaffen, wodurch sie jedoch bald ins Visier der Polizei
geraten … Der Film wurde bereits vor einem Jahr in Venedig
uraufgeführt und erhielt überwiegend positive Kritiken.
"Rimini":
Der vielfach
ausgezeichnete österreichische Filmemacher Ulrich Seidl
("Paradies"-Trilogie) geriet zuletzt ungewollt in die
Schlagzeilen, als Vorwürfe laut wurden, er haben bei den
Dreharbeiten zu seinem Film "Sparta" in Rumänien
minderjährige Laiendarsteller schlecht behandelt und ausgenutzt.
Seidl widerspricht vehement, doch die Uraufführung von "Sparta"
in Toronto wurde als Folge der Anschuldigungen abgesagt. Vor "Sparta"
drehte Seidl das positiv rezensierte Drama "Rimini" über
den einstigen Schlagerstar Richie Bravo (Michael Thomas, "Import Export"), der im
titelgebenden italienischen Urlaubsort verzweifelt versucht, an seinen alten Ruhm
anzuknüpfen. Doch dann taucht seine erwachsene Tochter (Tessa
Göttlicher) bei ihm auf und fordert Geld, das ihr zustehe ...
13. Oktober:
"Halloween
Ends" (3D):
Nachdem David Gordon
Greens neue "Halloween"-Trilogie, die inhaltlich alle
zwischenzeitlichen Fortsetzungen und Reboots ignoriert und an das
Original von 1978 anknüpft, 2018 mit "Halloween"
vielversprechend und enorm erfolgreich begann, sorgte der
Trilogie-Mittelteil "Halloween Kills" letztes Jahr für
etwas Ernüchterung. Zwar erfreuten einige weitere Rückkehrer aus dem
Originalfilm die Fans der Reihe und der deutlich
gesteigerte Gewaltanteil entzückte die Gorehounds im Publikum; der
Film selbst schnitt bei den Kritikern wegen einer enttäuschenden, zu
ziellosen Story aber erheblich schlechter ab und auch die
Zuschauerreaktionen fielen verhalten aus – zudem halbierte
sich das Kino-Einspielergebnis beinahe. Für das große
Trilogie-Finale hoffen nun natürlich alle Beteiligten und Fans auf
eine Rückkehr zur alten Stärke. Über den Inhalt ist nicht viel
bekannt, aber die Handlung spielt vier Jahre nach dem Ende von
"Halloween Kills" und während Laurie Strode (Jamie Lee
Curtis, "Knives Out") zunächst noch einigermaßen friedlich an ihren Memoiren
schreibt, läuft schon bald alles auf eine finale (?) Konfrontation
mit ihrer Nemesis Michael Myers hinaus ...
"Triangle of
Sadness":
Der schwedische
Filmemacher Ruben Östlund heimste für seine beiden letzten Filme
"Höhere Gewalt" und "The Square" viele
internationale Preise ein – und das setzt sich mit seiner
satirischen Tragikomödie "Triangle of Sadness" fort, die
in Cannes mit dem prestigeträchtigen Hauptpreis ausgezeichnet wurde,
der Goldenen Palme. Dabei fallen die Kritiken allerdings doch etwas
verhaltener aus als bei den beiden vorherigen Werken, da einigen
Rezensenten ein wenig deren beißende Schärfe fehlt. Es geht um eine
Kreuzfahrt für Superreiche auf einer Luxusyacht, an der auch das
Model Carl (Harris Dickinson, "The King's Man: The Beginning") und die Influencerin Yaya (die Ende August mit nur 32 Jahren verstorbene Südafrikanerin Charlbi Dean aus der TV-Serie "Black Lightning") teilnehmen, deren Beziehung in einer Krise steckt. Die gerät
jedoch schnell in den Hintergrund, als die vom alkoholsüchtigen und
marxistischen Kapitän Smith (Woody Harrelson, "Solo") geführte Yacht in
einen Sturm gerät und zunehmend alles aus dem Ruder läuft … Eine
Nebenrolle spielt Iris Berben.
"Delia's
Gone":
Das mittelmäßig
rezensierte Drama des kanadischen Filmemachers Robert Budreau
("Stockholm") dreht sich um den geistig behinderten Louis
(Stephan James, "Beale Street"), der für den Mord an
seiner Schwester (zu Unrecht) zu fünf Jahren Haft verurteilt wird.
Nach seiner Entlassung erhält er Besuch von Stacker (Travis Fimmel,
TV-Serie "Vikings"), der Louis' Schwester kurz vor ihrem
Tod sah und überzeugt ist, daß mehr hinter der Sache steckt, als
auf den ersten Blick sichtbar ist. Daraufhin macht sich Louis selbst
auf die Suche nach dem wahren Mörder. Laut den Kritikern kann die
wenig aufregende Story leider nicht halten, was die interessante
Prämisse verspricht. Weitere Hauptrollen spielen Marisa Tomei ("The
Wrestler") und Paul Walter Hauser ("I, Tonya").
20. Oktober:
"Black Adam"
(3D):
Lange hat es
gedauert, bis der seit Jahren kommerziell erfolgreichste Schauspieler
der Welt erstmals einen waschechten Superhelden spielt – respektive
einen Super-Antihelden. Bereits seit 2007 war Dwayne Johnson
("Jumanji: Willkommen im Dschungel") im Gespräch für die Rolle des Black Adam und
bekundete auch selbst sein großes Interesse. Jetzt ist es endlich so
weit: In Jaume Collet-Serras ("Jungle Cruise")
DC-Actionabenteuer verkörpert Johnson den etwa 5000 Jahre alten
Teth-Adam alias Black Adam, der nach jahrtausendelanger
Gefangenschaft freikommt und mit unsererer Gegenwart konfrontiert
wird. Dabei weckt er mit seinem wenig rücksichtsvollen Vorgehen
schnell das Interesse der Superhelden der Justice Society of America,
die herausfinden wollen, ob Black Adam gut oder böse ist (oder irgendwas dazwischen) … In
weiteren Rollen agieren Pierce Brosnan (als Doctor Fate), Aldis Hodge
(als Hawkman) und Noah Centineo (als Atom Smasher).
"Der Nachname":
Mit "Der
Vorname" – dem Remake eines gleichnamigen französischen Hits
aus dem Jahr 2012 über ein Paar, das seinen Sohn "Adolf"
nennen will – gelang Sönke Wortmann vor vier Jahren ein schöner
Erfolg, den fast 1,2 Millionen Menschen in den deutschen Kinos sehen
wollten. Während das Original wie auch ein italienisches Remake bis
heute für sich steht, bekommt die deutsche Version mit "Der
Nachname" eine Fortsetzung. Die spielt zwei Jahre nach "Der
Vorname" und erzählt von einem Familientreffen, das ziemlich
schnell ziemlich kräftig aus dem Ruder läuft … Die namhaften
Hauptdarsteller rund um Christoph Maria Herbst, Caroline Peters,
Florian David Fitz und Iris Berben sind allesamt wieder mit dabei.
"Die Mucklas
… und wie sie zu Pettersson und Findus kamen":
Nach vier
überwiegend erfolgreichen "Pettersson und
Findus"-Zeichentrickfilmen nach den Kinderbüchern von Sven
Nordqvist zwischen 2001 und 2009 gab es 2014 ein
Zeichentrick-Realfilm-Mix-Reboot, das ebenfalls gut bei der jungen
Zielgruppe ankam und dementsprechend bereits zwei Fortsetzungen nach
sich zog. Mit "Die Mucklas …" folgt nun ein Prequel, das
wie die drei Vorgänger von Ali Samadi Ahadi inszeniert wird (diesmal
allerdings gemeinsam mit "Willi und die Wunderkröte"-Regisseur
Markus Dietrich) und zeigt, wie die titelgebenden wuseligen Kobolde
(von denen einer von Regisseur Ahadi gesprochen wird) nach dem Tod
ihres "Vorbesitzers" Unterschlupf bei
Erfinder Pettersson (Stefan Kurt) und seinem sprechenden Kater Findus
finden. In weiteren Rollen agieren Marianne Sägebrecht und Uwe
Ochsenknecht.
"Ach du
Scheiße!":
Die Prämisse dieser
durchgeknallten deutschen Indie-Thriller-Komödie ist bestechend:
Architekt Frank (Thomas Niehaus) wacht eines Tages in einem
umgekippten Dixi-Klo auf, sein Arm von einer Metallstange durchbohrt
und das Handy wohl außer Reichweite. Und dann muß Frank auch noch
über einen Lautsprecher vom fiesen Bürgermeister (Gedeon Burkhard)
hören, daß die Baustelle, auf der sich das Klo befindet, in Kürze
gesprengt werden wird! Ja, "Ach du Scheiße!" spielt fast
komplett in einem Dixi-Klo, macht aber laut Kritikern einiges aus
dieser Ausgangslage und entwickelt in eineinhalb Stunden eine
wendungsreiche Story, die Regisseur und Drehbuch-Autor Lukas Rinker
in seinem Langfilm-Debüt trotz der komödiantischen Elemente sehr
ernst nimmt.
"Lyle –
Mein Freund, das Krokodil":
Die Adaption des
gleichnamigen Kinderbuchs über ein freundliches, singendes und
Klavier spielendes Krokodil in New York wurde vom Regieduo Will Speck
und Josh Gordon ("Die Eisprinzen") als Hybrid aus Realfilm
und computergeneriertem Krokodil inszeniert und erzählt von der
Familie Primm, die Lyle in ihrem neuen Haus entdeckt. Dummerweise
wird auch der Nachbar irgendwann auf das Krokodil aufmerksam und will
es in den Zoo stecken … In den menschlichen Hauptrollen sind Javier
Bardem und Constance Wu ("Crazy Rich") zu sehen, das
Krokodil wird in der Originalfassung von Sänger Shawn Mendes
vertont.
"Anima –
Die Kleider meines Vaters":
In ihrem mehrfach
ausgezeichneten Dokumentarfilm schildert Regisseurin Uli Decker, wie
sie nach dem frühen Tod ihres konservativen Vaters eine Kiste erbt,
in der die Tagebücher ihres Vaters sind – und Frauenkleider. Sie
forscht nach und entdeckt, daß sie ein ganz falsches Bild ihres
Vaters hatte.
27. Oktober:
"Bodies
Bodies Bodies":
Passend
zu Halloween startet dieser hochgelobte komödiantische
Horrorthriller der niederländischen Schauspielerin und Regisseurin
Halina Reijn ("Instinct") in den deutschen Kinos. Es geht
um eine Party von sieben Freunden in einem Luxusanwesen, während
draußen ein Hurrikan aufzieht. Das Septett vertreibt sich die Zeit
mit dem titelgebenden Spiel, bei dem einer zum Mörder wird und,
sobald das Licht aus ist, einen Mitspieler durch Antippen "töten"
soll – nach jeder Runde müssen die "Überlebenden"
beraten, wer von ihnen der Killer ist. Ein harmloses Partyvergnügen
also – wäre nicht plötzlich einer von ihnen sehr real
tot … Die Besetzung des recht günstig
produzierten Films vom derzeit erfolgsverwöhnten Indie-Studio A24
("The Green Knight", "Everything Everywhere All at
Once") verzichtet auf große Stars, hat aber einige sehr
interessante und talentierte Schauspieler wie Maria Bakalova ("Borat
2"), Lee Pace ("Der Hobbit 2"), Amandla Stenberg ("The
Hate U Give") und Pete Davidson ("The King of Staten
Island") zu bieten.
"Rheingold":
In
seinem neuen Film versucht sich der deutsche Starregisseur Fatih Akin
("Aus dem Nichts") an einem Biopic über den
iranischstämmigen deutschen Rapper und Musikproduzenten Xatar alias
Giwar Hajabi. Der Film basiert auf einem autobiographischen Roman
Xatars und schildert dessen Aufstieg aus einer Bonner Sozialbausiedlung
über eine kriminelle Karriere bis hin zum Rapstar. Als Xatar agiert
Emilio Sakraya ("Lieber Kurt").
"Bros":
In
gewissen Kreisen hat Hollywood ja den Ruf, ausgesprochen "woke"
zu sein und die armen Konservativen durch die bloße Inklusion von
Minderheiten erziehen und manipulieren zu wollen. Die Realität sieht
freilich anders und ironischerweise erheblich konservativer aus, wie
man am Beispiel "Bros" erkennen kann – dabei handelt es
sich nämlich tatsächlich um die erste Mainstream-RomCom über eine
homosexuelle Liebe. Und vermutlich wird es auch auf längere Zeit die
letzte bleiben, denn trotz richtig guter Kritiken, dem comedyerproben
Regisseur Nicholas Stoller ("Die Muppets", "Bad
Neighbors") und dem in den USA beliebten Komiker Billy Eichner
als Hauptdarsteller und Koautor floppte "Bros" in den
Vereinigten Staaten am Eröffnungswochenende ziemlich kolossal.
Eichner spielt in der selbstreferentiellen Story den offen schwulen,
aber bindungsscheuen Podcaster Bobby, der mit dem dummerweise
ebenfalls bindungsscheuen Aaron (Luke Macfarlane, TV-Serie
"Killjoys") endlich eine richtige Beziehung eingehen will.
Parallel dazu erhält Bobby den lukrativen Auftrag, für ein
Hollywood-Studio eine schwule romantische Komödie zu schreiben, die das heterosexuelle Publikum anspricht ...
"See How
They Run":
Die
positiv rezensierte britische Krimikomödie ist das Kinodebüt des
TV-Serien-Regisseurs Tom George ("Defending the Guilty")
und spielt in der Londoner Theaterszene der 1950er Jahre. Der
schmierige Hollywood-Regisseur Leo (Adrien Brody) will das
erfolgreiche Agatha Christie-Stück "Die Mausefalle" fürs
Kino adaptieren, endet aber wenig später als Leiche. Der routinierte
Inspector Stoppard (Sam Rockwell) und die unerfahrene und übereifrige
Constable Stalker (Saoirse Ronan) versuchen, dem Mordfall auf den
Grund zu gehen ...
"Die
Nacht der lebenden Toten" (31.10.):
55
Jahre nach der Erstaufführung kehrt George A. Romeros legendärer
Horrorfilm – neben John Carpenters "The Fog" immer noch
mein persönlicher Lieblings-Horrorfilm – zu Halloween für einen
Tag in einer 4K-restaurierten Fassung auf die große Leinwand zurück
(und wird Ende November von Studiocanal/Arthaus fürs Heimkino
veröffentlicht). Wer sträflicherweise nicht wissen sollte, worum es
geht: In dem ungemein atmosphärischen und betont
gesellschaftskritischen Schwarzweiß-Low Budget-Film werden Barbra
(Judith O'Dea) und ihr Bruder Johnny (Russell Streiner) bei einem
Friedhofsbesuch vom Angriff eines lebenden Toten mit Appetit auf
Menschenfleisch überrascht. Nur Barbra gelingt die Flucht in ein
nahes verlassenes Farmhaus, wo auch einige andere Flüchtige wie der
Afroamerikaner Ben (Duane Jones) Schutz suchen. Denn es bleibt bei
weitem nicht bei nur einem wandelnden Toten in dieser grauenvollen Nacht ...
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