Wie in den meisten Jahren machen auch 2022 die ganz großen Hollywood-Franchise-Blockbuster einen weiten Bogen um den September - viele sind bereits im speziell in den USA lukrativen Sommer gelaufen, andere warten (trotz drohender neuer Corona-Welle) auf den Herbst und die Vorweihnachtszeit. Dennoch oder vielleicht sogar gerade deshalb ist das deutsche Kinoprogramm im September interessant und abwechslungsreich mit spannenden Produktionen aus Deutschland, den USA und dem Rest der Welt:
1. September:
"Three
Thousand Years of Longing":
Der australische
Filmemacher George Miller läßt sich auf seine älteren Tage (er ist
inzwischen 77) ziemlich viel Zeit zwischen seinen einzelnen
Projekten. Ganze sieben Jahre nach dem in dieser Form kaum erwarteten
Triumph mit seinem bombastischen Endzeit-Reboot "Mad Max: Fury Road"
kommt nun ein romantischer Fantasyfilm in die Kinos (ehe er sich als
nächstes dem Prequel "Mad Max: Furiosa" widmet). Dieser
hat die Kritiker, von denen einige Vergleiche zu Tarsems "The Fall" (2006) ziehen, ziemlich gespalten: Viele sind begeistert von dem
Einfallsreichtum und der Bildgewalt der Geschichte, andere
kritisieren diese jedoch als zu oberflächlich und unoriginell. Es geht um die
Wissenschaftlerin Althea (Tilda Swinton), die während einer
Konferenz in Istanbul auf dem Markt eine Flasche kauft – und wenig
später feststellt, daß sich darin tatsächlich ein leibhaftiger
Dschinn (Idris Elba) befindet! Ganz klassisch bietet dieser Althea
an, ihr drei Wünsche zu erfüllen, doch zu seiner Überraschung
lehnt sie rundweg ab – sie kenne solche meist ungut endende
Geschichten und sei außerdem wunschlos glücklich. Daraufhin erzählt
ihr der Dschinn seine 3000-jährige Lebensgeschichte, die Althea
zunehmend ins Grübeln bringt ...
"Freibad":
In ihrer neuen
Komödie erzählt Doris Dörrie ("Nackt") von einem
Frauen-Freibad, in dem deutsche, türkische und arabische Kulturen
und Gewohnheiten aufeinanderprallen und für reichlich Zündstoff
sorgen. Als daraufhin die Bademeisterin frustriert kündigt und der
attraktive Nils (Samuel Schneider, "Exit Marrakech") ihre Nachfolge antreten soll,
bleiben zwar die Konflikte, doch ihre Natur ändert sich … Die
weiblichen Hauptrollen spielen Andrea Sawatzki und Nilam Farooq
("Contra").
"Over &
Out":
Die deutsche
Tragikomödie von Julia Becker ("Maybe, Baby!") handelt von
vier befreundeten Enddreißigerinnen, die sich bereits als Teenager
geschworen haben, ihre Hochzeiten nur gemeinsam mit den Freundinnen
zu feiern. Als es nun für Maja (Nora Tschirner) so weit ist, machen
sich Toni (Petra Schmidt-Schaller), Lea (Jessica Schwarz) und Steffi
(Julia Becker) gemeinsam auf den Weg nach Italien, wo die Hochzeit
stattfinden soll. Der Roadtrip in die Vergangenheit verläuft
allerdings anders als geplant ...
"Das
Glücksrad":
Mit seinem Drama
"Drive My Car" feierte der japanische Filmemacher Ryusuke
Hamaguchi dieses Jahr große internationale Erfolge und wurde für
vier OSCARs nominiert. Das ist sicherlich der primäre Grund dafür, daß
nun auch noch sein kurz zuvor fertiggestelltes romantisches Drama
"Das Glücksrad" bei uns in die Kinos kommt – eine aus
drei Episoden bestehende Hommage an die Frauen, die ebenfalls
glänzende Kritiken erhielt und bei der Berlinale 2021 den
Großen Preis der Jury gewann.
"Die Zeit,
die wir teilen":
In Laurent
Lariviéres romantischem Drama sorgt eine zufällige Begegnung in
Paris mit ihrer einstigen großen Liebe dafür, daß die etwa
60-jährige Verlegerin Joan (Isabelle Huppert) sich mit ihrem Sohn
und ihrem aktuellen Lebenspartner, dem jüngeren Autor Tim (Lars
Eidinger), in ein Landhaus zurückzieht. Dort erinnert sie sich an entscheidende
Momente ihres ereignisreichen Lebens zurück (die aber
ausdrücklich subjektiv aus ihrer Perspektive erzählt werden, ergo
mit unklarem Wahrheitsgehalt).
8. September:
"Orphan:
First Kill":
In Hollywood (und
nicht nur dort) sind auch eher schlecht beleumundete Horrorfilme
häufig ertragreich genug, um Fortzsetzungen nach sich zu ziehen.
Daraus resultiert das kleine Kuriosum, daß in diesem Genre bessere
Sequels weniger selten sind als in den meisten anderen – gute
Beispiele dafür aus der jüngeren Vergangenheit sind etwa
"Annabelle" und "Ouija". Und wenn man den
Kritikern glauben darf, sortiert sich "Orphan: First Kill"
in diese Reihe ein. Viele werden sich vermutlich gar nicht mehr an
das Original "Orphan – Das Waisenkind" mit Vera Farmiga
erinnern, das 2009 trotz mittelmäßiger Kritiken sein überschaubares
Budget von $20 Millionen beinahe vervierfachte. "First Kill"
ist nun ein Prequel, das interessanterweise Isabelle Fuhrman für
die Titelrolle zurückholt, obwohl die während der damaligen
Dreharbeiten 10-Jährige inzwischen logischerweise eine erwachsene
Frau ist. Heutzutage ist es offensichtlich möglich, selbst die
digitale Verjüngung von Erwachsener zum Kind einigermaßen
glaubwürdig umzusetzen. Fuhrman spielt also erneut das
vermeintliche Waisenkind Esther, das aus einer psychiatrischen
Anstalt in Estland ausbricht und es bis nach Amerika schafft, wo sie
sich als die verschwundene Tochter eines wohlhabenden Ehepaares (Julia
Stiles und Rossif Sutherland) ausgibt.
"Spider-Man: No Way Home - The More Fun Stuff Version":
Schnelle Wiederaufführung des letzte Weihnachten extrem erfolgreichen dritten "Spidey"-Solofilms mit Tom Holland und Benedict Cumberbatch - mit etwa 10 Minuten an zusätzlichem Material!
"Das Leben
ein Tanz":
Die französische
Tragikomödie von Cédric Klapisch ("L'auberge espagnole –
Barcelona für ein Jahr") handelt von der vielversprechenden
Ballett-Tänzerin Elise (Marion Barbeau), der nach einem Unfall
gesagt wird, daß sie womöglich nie wieder werde tanzen können. Um
ihr Leben zu überdenken, zieht sich mit Freunden und Familie in die
Bretagne zurück ...
15. September:
"Ticket ins
Paradies":
Bekannterweise
sind die beiden Hollywood-Superstars George Clooney und Julia Roberts
seit Jahrzehnten eng befreundet und haben in der Zeit einige gemeinsame Filme gedreht (z.B. "Ocean's Eleven",
"Geständnisse" und "Money Monster"). Inzwischen
haben beide schon länger die 50 überschritten – Clooney sogar die
60 – und machen sich vor der Kamera relativ rar, doch für die
romantische Komödie "Ticket ins Paradies" geben sie sich
mal wieder zusammen die Ehre. Unter der Regie des Briten Ol Parker
("Best Exotic Marigold Hotel") spielen sie ein geschiedenes
Ehepaar, das sich zu einem ganz speziellen Zweck wieder
zusammenrauft: Sie wollen die Hochzeit ihrer Tochter Wren (Billie
Lourd, TV-Serie "Scream Queens") auf Bali verhindern, weil
sie glauben, daß die Heirat Wren genauso unglücklich machen würde
wie es bei ihnen selbst letztlich der Fall war ...
"Lieber
Kurt":
Die einstige
VIVA-Moderatorin Sarah Kuttner hat ihre Anfänge im Musikfernsehen
lange hinter sich gelassen und war und ist in der Zwischenzeit neben
ihren TV-Tätigkeiten auch als Autorin und Podcasterin erfolgreich.
Bereits ihr Debütroman "Mängelexemplar" wurde 2016
verfilmt, war aber mit knapp 50.000 Kinogängern nicht gerade ein
großer Erfolg. Das dürfte sich bei der Adaption ihres inzwischen
vierten Romans "Lieber Kurt" ändern, bei dem Til Schweiger
Regie führt, Koautor des Drehbuches ist und die männliche
Hauptrolle des Kurt spielt. Kurt und seine Partnerin Jana (Jasmin
Gerat) haben sich getrennt, teilen sich aber das Sorgerecht für den
6 Jahre alten Sohn – dafür zieht Kurt mit seiner neuen Freundin
Lena (Franziska Machens) sogar extra ins Brandenburger Land. Dann
geschieht ein Unglück, das die Lebensentwürfe der drei Erwachsenen
auf eine harte Probe stellt … "Lieber Kurt" zählt zur
Vorauswahl für den diesjährigen deutschen OSCAR-Beitrag.
"Jeepers
Creepers Reborn":
Der originale
"Jeepers Creepers" aus dem Jahr 2001 war ein
atmosphärischer B-Horrorfilm über eine mysteriöse
menschenfressende Kreatur, der zwar die meisten Kritiker nicht
überzeugte, bei vielen Genrefans (mich eingeschlossen) aber gut
ankam. Es folgten ein solider zweiter Teil (2003) und nach einer
langen Pause ein schwacher dritter (2017). Nun gibt es ein Reboot mit
neuem Regisseur – der finnische "Iron Sky"-Macher Timo
Vuorensola – und neuer Besetzung. Im Zentrum steht ein
Horror-Filmfestival in Louisana, das auch Sam (Gabriel Freilich) und
seine Freundin Laine (Sydney Craven) besuchen. Allerdings wird Laine
zunehmend von düsteren, unheilverheißenden Visionen vom "Creeper"
geplagt ...
"Die
Küchenbrigade":
In der französischen
Komödie von Louis-Julien Petit ("Der Glanz der Unsichtbaren")
geht es um die 40-jährige Cathy (Audrey Lamy, "Ein Lied in
Gottes Ohr"), deren großes Ziel seit langem der Betrieb eines
eigenen Restaurants ist. So richtig gut läuft die Traumerfüllung
bislang nicht, weshalb sie aus finanziellen Gründen eine Anstellung
als Kantinenkraft in einem Heim für jugendliche Migranten annimmt.
Zuerst haßt sie ihren neuen Job, doch dann bemerkt sie, wie ihre
Leidenschaft fürs Kochen sich positiv auf die jungen Migranten
auswirkt ...
"The Deer
King":
In der japanischen
Anime-Adaption von Masashi Ando (war als Animator u.a. an "Paprika"
beteiligt) und Masayuki Miyaji (drehte u.a. eine Episode der
Erfolgsserie "Attack on Titan") wird der Krieger Van
versklavt und muß in einer Salzmine arbeiten. Als eine
geheimnisvolle Krankheit fast alle rund um die Mine tötet, flüchtet
Van gemeinsam mit einem kleinen Mädchen. Unterdessen versucht ein
begabter Arzt, eine Heilung für die ebenso mysteriöse wie tödliche
Krankheit zu finden.
22. September:
"Don't Worry
Darling":
Die beliebte
US-Schauspielerin Olivia Wilde hat 2019 mit ihrem Langfilm-Regiedebüt
"Booksmart" auch hinter der Kamera für viel Aufsehen
gesorgt – die Kritiker waren begeistert von der Coming of
Age-Komödie, zudem gab es viele Preise und sogar eine Golden
Globe-Nominierung. Seitdem scheint sich Wilde ein wenig aus der
Schauspielerei zurückzuziehen und sich mehr auf das Regieführen zu
konzentrieren, wie nun mit dem mit Spannung erwarteten
Psycho-Thriller "Don't Worry Darling", der seine Premiere
bei den Filmfestspielen von Venedig feiern wird. Florence Pugh
("Black Widow") und Sänger/Schauspieler Harry Styles
("Dunkirk") spielen das Ehepaar Alice und Jack, das in den
1950er Jahren in einer scheinbar perfekten Firmenstadt in Kalifornien
lebt. Dort arbeitet Jack an einem hochgeheimen Projekt, das Alices
Neugierde weckt. Ihre Nachforschungen bringen dunkle Geheimnisse ans
Licht … Weitere wichtige Rollen spielen Chris Pine (als
Firmenchef), Gemma Chan ("Eternals") und Olivia Wilde selbst.
"Mittagsstunde":
Lars Jessens Drama
nach dem Bestseller von Dörte Hansen über das langsame Verschwinden
der ländlichen Welt erzählt von dem Mittvierziger Ingwer Feddersen
(Charly Hübner), der beschließt, zurück in sein Heimatdorf zu
ziehen, um sich um seine Großeltern zu kümmern. Doch das Dorf ist
ganz und gar nicht mehr das, an das er sich erinnert, sondern
inzwischen ziemlich heruntergekommen … Kurios: Der Film wurde in
zwei Sprachfassungen gedreht: auf hochdeutsch und auf plattdeutsch!
29. September:
"Tausend
Zeilen":
Vier Jahre ist es
inzwischen her, daß die "Relotius-Affäre" rund um zum
großen Teil frei erfundene Reportagen des Journalisten Claas
Relotius nicht nur seinen Haupt-Arbeitgeber, den "Spiegel",
erschütterte, sondern die Glaubwürdigkeit der ganzen Branche
schädigte (in rechten Kreisen ist bis heute polemisch von der
"Relotius-Presse" die Rede, was angesichts der "Qualität"
und des Wahrheitsgehalts der Erzeugnisse der "Neuen Rechten"
natürlich ziemlich ironisch ist …). Michael "Bully"
Herbig hat die Affäre nun auf Grundlage des Enthüllungsbuches von
Juan Moreno aufwendig als bissige Mediensatire á la "Schtonk"
verfilmt, verwendet allerdings fiktive Namen. Hier heißt der
erfolgreiche Reporter Lars Bogenius (Jonas Nay, TV-Serie "Deutschland
83") und derjenige, der immer mehr Ungereimtheiten in Bogenius'
Arbeit bemerkt und schließlich dessen Betrug aufdeckt, Juan Romero
(Elyas M'Barek).
"Die Schule
der magischen Tiere 2":
Obwohl es jedes Jahr
eine Unzahl an deutschen Kinder- und Jugendfilmen gibt, die den
Sprung in die Kinos schaffen, wird nur selten einer davon zu einem
richtig großen Hit. Speziell die Jahres-Top 10 sind beinahe
unerreichbar – weshalb es umso beeindruckender ist, daß es 2021
"Die Schule der magischen Tiere" mit über 1,7 Millionen
Kinogängern auf einen grandiosen 5. Platz brachte. Dementsprechend
schnell wurde eine Fortsetzung gedreht, die natürlich wiederum auf
der Buchreihe von Margit Auer und Nina Dulleck basiert. Hinter der
Kamera gibt es allerdings einen Wechsel, denn "7
Zwerge"-Regisseur Sven Unterwaldt übernimmt die Leitung von
Gregor Schnitzler. Handlungsort ist erneut die außergewöhnliche
Wintersteinschule, deren 250 Jahr-Feier bevorsteht. Für die soll die
Klasse von Miss Cornfield (Nadja Uhl) eine Schulaufführung über den
Schulgründer vorbereiten, was sich aber als recht kompliziert
erweist. Und warum tauchen eigentlich plötzlich überall auf dem
Schulgelände seltsame Löcher aus dem Nichts auf?
"Smile –
Siehst du es auch?":
In dem
psychologischen Horrorfilm von Langfilm-Regiedebütant Parker Finn
spielt Kevin Bacons Tochter Sosie Bacon (TV-Serie "Mare of
Easttown") die Psychiaterin Dr. Rose Cotter, die schwer
traumatisiert wird, als sich einer ihrer Patienten vor ihren Augen
das Leben nimmt. In der Folge geschehen immer mehr unerklärliche
Dinge und Rose erkennt, daß sie, um sich zu retten, ihre bewegte
Vergangenheit konfrontieren muß.
"Weinprobe
für Anfänger":
Die romantische
Komödie von Ivan Calbérac ("Frühstück bei Monsieur Henri")
erzählt vom geschiedenen Winzer Jacques (Bernard Campan, "Wie
sehr liebst du mich?"), dessen kleiner Betrieb kurz vor dem Ruin
steht. Als sich Hortense (Isabelle Carré, "À la Carte! –
Freiheit geht durch den Magen") für einen
Weinverkostungs-Workshop anmeldet, entwickeln sich schnell Gefühle
zwischen den beiden – bis es Jacques dann doch irgendwann zu
schnell geht ...
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