Originaltitel: Duel in the Sun
Regie: King Vidor, Drehbuch: David O. Selznick, Musik:
Dimitri Tiomkin
Darsteller:
Jennifer Jones, Gregory Peck, Joseph Cotten, Lionel Barrymore, Lillian Gish,
Walter Huston, Herbert Marshall, Harry Carey, Butterfly McQueen, Charles Dingle
Rotten Tomatoes: 76% (6,4); US-Einspielergebnis: $20,4 Mio.
FSK: 12, Dauer: 129 Minuten.
Amerika, 19. Jahrhundert: Als Scott Chavez (Herbert
Marshall, "Der Auslandskorrespondent") seine indianische
Ehefrau und deren Liebhaber erschießt und daraufhin zum Tode verurteilt wird,
wird seine nun zur Waise gewordene, an der Schwelle zum Erwachsenwerden stehende Tochter Pearl (Jennifer
Jones, "Der Mann im grauen Flanell") auf die Ranch von Scotts Cousine
Laura Belle McCanles (Lillian Gish, "Die Nacht des Jägers")
geschickt. Diese kümmert sich liebevoll um die etwas naive Pearl, ihr Ehemann,
der nach einem Unfall körperlich behinderte und deshalb verbitterte Senator
Jackson McCanles (Lionel Barrymore, "Ist das Leben nicht schön?"),
hegt dagegen wegen ihrer indianischen Herkunft offen rassistische
Vorurteile gegen sie. Trost findet Pearl immerhin bei den beiden
gutaussehenden, aber sehr unterschiedlichen McCanles-Söhnen: Sowohl Jesse
(Joseph Cotten, "Citizen Kane"), ein studierter Anwalt mit gutem Herz
und guten Manieren, als auch der rebellische Draufgänger Lewt (Gregory Peck,
"Die Kanonen von Navarone") verlieben sich Hals über Kopf in die hübsche junge Frau.
Das sowieso angespannte Verhältnis zwischen den ungleichen Brüdern wird dadurch
naturgemäß nicht besser ...
Kritik:
Von der ersten bis zur letzten Minute von "Duell in der
Sonne" ist mehr als offensichtlich, was Produzent und Autor David O.
Selznick mit diesem Film vorhatte: den gigantischen Erfolg seines Bürgerkriegs-Epos
"Vom Winde verweht" aus dem Jahr 1939 zu wiederholen. In diesem
Bemühen war er so manisch, daß er während der Produktion satte fünf namhafte
Regisseure ausprobierte, ehe sie letztlich King Vidor ("Mit stahlharter Faust") vollenden durfte. Angesichts dieser wenig homogenen Vorgeschichte
kann es dann auch nicht allzu sehr verwundern, daß "Duell in der
Sonne" inhaltlich zu einem ziemlichen Desaster wurde – wenn auch zu einem
wunderschön aussehenden und klingenden sowie (mit einer entscheidenden Ausnahme)
sensationell gut besetzten Desaster. "Duell in der Sonne" ist
vorgeblich ein dramatischer Western, in Wirklichkeit jedoch in etwa die
schwülstigste und haarsträubendste Seifenoper, die man sich nur vorstellen
kann. Zugegebenermaßen bin ich schon kein allzu großer Anhänger des erklärten,
mir immer etwas zu opulenten und gefühlsduseligen Vorbildes "Vom Winde
verweht", aber im Vergleich zu "Duell in der Sonne" ist der
Klassiker nach dem Roman von Margaret Mitchell geradezu ein Ausbund an
Realismus und Authentizität. Daß etliche erotisch aufgeheizte Szenen von "Duell in der Sonne" der Zensur
zum Opfer fielen, macht die Sache auch nicht runder. Heutige Kritiker (die
damaligen Rezensionen fielen großteils negativ aus) empfehlen, Vidors Film
einfach als unterhaltsamen, aber komplett anspruchslosen B-Western zu genießen;
manchem mag das auch gelingen – mir leider nicht.
Daß ich dennoch bis zum melodramatischen Schluß
durchhielt, liegt in den erwähnten Stärken des Films jenseits der
schwülstigen Liebesdreieck-Story und der flachen Charaktere begründet. Optisch
ist "Duell in der Sonne" nämlich wirklich ein Genuß, die satten
Technicolor-Farben im Breitwandformat und die genretypischen
Panorama-Aufnahmen der gleich drei Kameramänner erfreuen das Auge ungemein.
Auch Dimitri Tiomkin – fraglos einer der besten Komponisten der "Goldenen
Ära" Hollywoods, dessen Können u.a. in "Mr. Deeds geht in die
Stadt", "Im Schatten des Zweifels", "Red River",
"Giganten" oder "Zwölf Uhr Mittags" zu bewundern ist – gibt
sein Bestes und erschafft mit seiner schwelgerischen Musik zumindest einen
Anschein jener Epik, die Selznicks Drehbuch so schmerzlich vermissen läßt.
Nicht ohne Grund war "Duell in der Sonne" einer der ersten Filme
überhaupt, dessen Soundtrack veröffentlicht wurde.
Auch schauspielerisch gibt es viel Gutes über "Duell in der Sonne" zu berichten:
Gregory Peck überzeugt in einer ungewohnt unsympathischen, trotz der
Liebesgeschichte eigentlich sogar Bösewicht-Rolle als Lewt, während Joseph
Cotten den freundlichen, wenn auch etwas steifen Widerpart Jesse, der im
Gegensatz zu seinem Bruder gewissermaßen eher zum Ehemann als zum feurigen
Geliebten taugt, mit der von ihm gewohnten Souveränität rüberbringt. Auch an Lionel Barrymores
Leistung als verbitterter, rückwärtsgewandter Senator, der nicht erkennt, daß
er selbst maßgeblich für den zunehmenden Niedergang seiner gesamten Familie
verantwortlich ist, gibt es nichts auszusetzen. Und Lillian Gish wurde für ihre
einfühlsame Verkörperung der gutherzigen Laura sogar für den Nebenrollen-OSCAR
nominiert. Es gibt nur ein Problem: Jennifer Jones ist als Pearl Chavez
furchtbar fehlbesetzt. Jones war erwiesenermaßen eine richig gute
Schauspielerin, die bereits vor "Duell in der Sonne" einen OSCAR
gewonnen hatte (für das Drama "Das Lied von Bernadette") und für zwei
weitere nominiert war – aber hier paßt sie einfach nicht rein. Daß sie mit 27
Jahren viel zu alt für die (zu Beginn kaum mehr als halb so alte) Rolle war,
ist natürlich nicht ihre Schuld, aber daß sie mit hysterischem Overacting
versucht, wie ein liebestoller Teenager zu erscheinen, das nimmt man ihr einfach
nicht ab. Kurioserweise erhielt sie dafür dennoch eine weitere
OSCAR-Nominierung, was selbst unter Berücksichtigung des damals bevorzugten, im Vergleich zu heutigen Maßstäben deutlich theatralischeren Schauspielstils ein schlechter Witz ist.
Aber wie gesagt, das ist nur ansatzweise Jones' Schuld,
entscheidender ist neben ihrer schlicht unpassenden Besetzung, daß Pearl
Chavez wohl eine der dümmsten, peinlichsten Frauenrollen der Filmgeschichte
ist. Man muß wahrlich keine Feministin sein, um sich für diese
selbstverständlich von einem Mann geschriebene Figur zu schämen, die komplett
triebgesteuert ist und erst ganz zum Schluß zaghaft beginnt, ihren Verstand
einzusetzen (bis dahin ist man schon überrascht, daß sie überhaupt einen hat).
Wiederum gilt: Wenn man fair sein will, muß man die Zeit berücksichtigen, in
der "Duell in der Sonne" gedreht wurde. Wir reden hier immerhin von
einer Ära, in der es – leicht überspitzt formuliert – schon als höchst romantisch
angesehen wurde, wenn sich eine schöne amerikanische Frau unsterblich in ihren
exotischen Vergewaltiger verliebte (Sam Woods "Liebeslied der
Wüste"). Bei Pearl Chavez ist das nicht viel besser und
entsprechend sexistisch, ebenso wie die Darstellung der einzigen
afroamerikanischen Figur – ein dümmliches, piepsendes Hausmädchen – rassistisch
ist. Daß so etwas auch damals schon anders und deutlich besser ging, dafür gibt
es etliche Beispiele (im Rassismus-Fall etwa Alfred E. Greens "Baby Face"). Es wird wahrscheinlich jedem unterschiedlich leicht oder schwer fallen, über
solche Dinge hinwegzusehen, aber für mich sind sie hier so stark ausgeprägt,
daß es mich wirklich gestört hat. Und da sich im Grunde genommen tatsächlich
fast die gesamte Handlung nur um Pearls Liebesdreieck dreht, ist das schon ein
schwerwiegendes Manko.
Fazit: "Duell in der Sonne" ist eine
hoffnungslos übertrieben melodramatische Seifenoper, die zwar schön aussieht und
klingt und abgesehen von der fehlbesetzten Hauptdarstellerin auch gut gespielt
ist, aber mit der lachhaft oberflächlichen, unglaubwürdigen und sexistischen
Story sowie teilweise klischeehaften Charakteren zum echten Ärgernis wird.
Wertung: Angesichts der so drastisch unterschiedlichen
Stärken und Schwächen vergebe ich salomonische 5 Punkte.
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