Regie: Miguel Sapochnik, Drehbuch: Craig Luck und Ivor Powell, Musik:
Gustavo Santaolalla
Darsteller: Tom
Hanks, Caleb Landry Jones (Stimme)
Etwa zehn Jahre, nachdem
eine besonders heftige Sonneneruption Teile der Ozonschicht um die
Erde zerstörte und somit das Leben an der Oberfläche bei
Sonnenschein nahezu unmöglich machte, ist ein Großteil der
Menschheit ausgestorben und generell gibt es kaum noch Leben auf dem
Planeten. Der Robotik-Ingenieur Finch Weinberg (Tom Hanks, "Captain
Phillips") ist einer der wenigen Überlebenden und damit das
auch so bleibt, hält er sich möglichst weit von anderen Menschen
fern. Seine einzigen Gefährten sind sein Hund Goodyear und ein
primitiver kleiner Roboter namens Dewey. Dummerweise ist Finch trotz
aller Vorsichtsmaßnahmen als Folge der ultravioletten Strahlen
todkrank. Damit sein Hund nach seinem absehbaren Tod nicht völlig
auf sich allein gestellt ist, arbeitet Finch schon länger an einem
sprechenden humanoiden Roboter, der sich um Goodyear kümmern soll.
Aufgrund eines nahenden Megasturms gelingt es Finch nur,
72 Prozent der vorgesehenen Daten auf den Roboter (in der
Originalfassung gesprochen von Caleb Landry Jones, "Barry Seal")
hochzuladen, weshalb Jeff (wie er sich später selbst nennt) etwas, nunja,
unperfekt ist. Finch macht sich in einem robusten
Bergbau-Muldenkipper mit Goodyear, Jeff und Dewey zu seiner letzten
Reise nach San Francisco auf und versucht auf dem Weg, dem kindlich
anmutenden Jeff das Nötigste beizubringen ...
Kritik:
Ein
Jahr nach dem gelungenen Kriegsfilm "Greyhound" tat sich
Tom Hanks erneut mit dem Streamingdienst Apple TV+ zusammen. Nachdem
"Greyhound" trotz vieler Nebendarsteller bereits eine
ziemliche One-Man-Show für Hanks war, ist er in "Finch"
vom vorwiegend für sechs "Game of Thrones"-Episoden
bekannten britischen Regisseur Miguel Sapochnik sogar einziger
menschlicher Darsteller mit einem wesentlichen Auftritt. Kurioserweise
ist "Finch" dennoch etwas weniger stark auf Hanks
zugeschnitten, da es hier mit Roboter Jeff und Hund Goodyear
noch zwei weitere Hauptfiguren gibt, die Hanks' Finch beinahe
gleichgestellt sind. Ähnlich wie bei "Greyhound" ist auch
bei "Finch" die Story ziemlich geradlinig und die beiden
Drehbuch-Debütanten Craig Luck und Ivor Powell verzichten auf
größere Überraschungen. Und auch bei "Finch"
funktioniert diese Vorgehensweise ziemlich gut, denn der Fokus auf
das zentrale Trio sorgt dafür, daß man die drei – speziell Finch
und Jeff – auf ihrem Roadtrip gut kennenlernt und sie
rasch ins Herz schließt. Ein gewisser Coming of Age-Aspekt wegen
Jeffs herzerfrischend kindlichem Gemüt (als Folge des nicht
abgeschlossenen Uploads) schadet dabei auch nicht, sondern sorgt
immer wieder für amüsante und auch anrührende Momente.
Als
wir Finch kennenlernen, befindet er sich in St. Louis, wo er mit Goodyear, Dewey und dem noch nicht fertiggestellten Jeff in einem
unterirdischen Labor des Unternehmens lebt, für das er früher arbeitete. Die Umgebung hat er inzwischen fast komplett nach
Konserven oder anderen haltbaren Lebensmitteln abgesucht,
weshalb es sowieso unvermeidlich erscheint, daß sie St. Louis
verlassen müssen. Finchs Krankheit in Verbindung mit dem
aufziehenden Megasturm (der voraussichtlich etwa 40 Tage lang wüten
soll) beschleunigen den Aufbruch, aber immerhin bekommt Finch gerade
noch rechtzeitig den humanoiden Roboter einigermaßen fertig, der
nach seinem Ableben für Goodyears Wohlergehen sorgen soll. Die
postapokalyptische Welt, die wir auf dem gefährlichen Weg nach San
Francisco erleben, ist wahrlich trostlos. Sieht es zunächst im
menschenleeren St. Louis noch so aus, als ob Finch sogar der letzte
lebende Mensch sein könnte, erfahren wir allerdings bald, daß es
sehr wohl weitere Überlebende gibt, von denen sich Finch jedoch
wegen schlechter Erfahrungen möglichst weit entfernt hält –
eine der wichtigsten Lektionen, die Finch dem allzu sorglosen Jeff
beibringt. Ein wenig erinnert "Finch" mit diesem Szenario
an "Love and Monsters", wo sich ebenfalls ein sympathischer männlicher
Protagonist in einer postapokalyptischen Welt auf eine längere Reise
macht und dabei von einem Hund begleitet wird – jedoch ist
"Love and Monsters" deutlich actionreicher und humorvoller,
wogegen "Finch" ein Film der leisen Töne ist, in dem die
einzigen Monster die anderen Menschen sind und sich die Spannung
deshalb in erster Linie aus Finchs Bemühen ergibt, diese zu meiden.
Auch
ohne Monster, Zombies oder sonstige aufregende Begegnungen gelingt
es "Finch" lange Zeit gut, den Unterhaltsamkeitsgrad
ziemlich weit oben zu halten. Das liegt in erster Linie an dem
ungemein sympathischen Gespann Finch und Jeff, das beinahe wie Vater
und Sohn wirkt und dem das Publikum jederzeit gerne zuschaut. Dabei
ergeben die oft kindliche Begeisterung und der Enthusiasmus, mit
denen Jeff der für ihn neuen Welt begegnet, einen
interessanten Kontrast zum erschöpften und traumatisierten Finch,
dessen Geduld durch Jeffs Eskapaden immer wieder strapaziert wird.
Großes Lob verdient sich dabei Caleb Landry Jones für seine
ausgezeichnete Vertonung von Jeff (in der deutschen Synchronfassung spricht ihn Schauspieler und Synchronsprecher Tim Sander). Trotz Finchs beruflichem
Hintergrund erscheint es mir übrigens nicht ganz glaubwürdig, daß er
nach dem Ende der Welt ganz auf sich alleine gestellt einen
intelligenten und fühlenden Roboter erschafft, aber das muß man
wohl einfach ebenso akzeptieren wie die auffällige Leere der Welt
von "Finch" – wenn ich nichts vergessen habe, bekommen
wir nur zwei Mal menschliche Überreste zu Gesicht, alle anderen
Leichen haben sich offenbar auf wundersame Art und Weise in Luft
aufgelöst. Wenn wir es positiv betrachten wollen, gibt das "Finch"
einen gewissen märchenhaften Anstrich, an der Authentizität
dieser Postapokalypse nagt es aber schon ein wenig … Letztlich stört
das jedoch nicht allzu sehr, weshalb "Finch" unterm Strich ein
gelungener Film ist, auch wenn ihm in der letzten halben Stunde ein
wenig die Puste ausgeht.
Fazit:
"Finch" ist ein sympathisches postapokalyptisches
Roadmovie, das viel aus seiner Tom Hanks+Roboter+Hund-Prämisse
herausholt, ohne jemals wirklich zu glänzen.
Wertung:
7,5 Punkte.
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