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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 15. April 2021

BLACK 47 (2018)

Originaltitel: Black '47
Regie: Lance Daly, Drehbuch: P.J. Dillon, Pierce Ryan und Lance Daly, Musik: Brian Byrne
Darsteller: James Frecheville, Hugo Weaving, Freddie Fox, Stephen Rea, Barry Keoghan, Jim Broadbent, Sarah Greene, Moe Dunford, Aidan McArdle, Dermot Crowley, Antonia Campbell-Hughes
Black 47 (2018) on IMDb Rotten Tomatoes: 78% (6,8); weltweites Einspielergebnis: $2,1 Mio.
FSK: 12, Dauer: 100 Minuten.
Irland, 1847: Nachdem er unter anderem in Afghanistan in der britischen Armee gedient hat, ist Martin Feeney (James Frecheville, "Königreich des Verbrechens") schließlich desertiert, um in seine irische Heimat zurückzukehren. Dort herrscht eine gewaltige Hungersnot, nachdem die Kartoffelernte durch die Kartoffelfäule nahezu komplett ausfiel. Die britischen Besatzer lassen sich von der existentiellen Not der Landbevölkerung aber nicht beeindrucken, weshalb Feeney erfahren muß, daß seine Mutter und sein Bruder starben, nachdem sie aus ihrem kleinen Haus geworfen wurden. Als unmittelbar nach Martins Ankunft auch seine mittellose Schwägerin Ellie (Sarah Greene, "The Guard") und ihre Kinder obdachlos zu werden drohen, will er eingreifen – woraufhin die Situation endgültig eskaliert. Fortan sinnt der vom Krieg sowieso desillusionierte und abgehärtete, dabei äußerst fähige Ex-Soldat auf blutige Rache an allen, die er für den Tod seiner Familie verantwortlich macht. Kurz nach Beginn seines Rachefeldzugs setzen die Briten den in Ungnade gefallenen Veteranen Hannah (Hugo Weaving, "Cloud Atlas") auf Feeney an, der Feeney aus Afghanistan kennt. Gemeinsam mit dem arroganten unerfahrenen Offizier Pope (Freddie Fox, "King Arthur: Legend of the Sword"), dem noch jüngeren Gefreiten Hobson (Barry Keoghan, "Dunkirk") sowie dem ortskundigen Führer Conneely (Stephen Rea, "Stuck") macht sich Hannah, wenn auch eher widerwillig, auf die Jagd nach seinem früheren Kameraden …
 
Kritik:
Es gibt Schauspieler, die haben in etlichen richtig guten Filmen und/oder Blockbustern große Rollen gespielt und trotzdem nie einen großen Bekanntheitsgrad außerhalb der eingefleischten Filmfans erreicht. Patrick Wilson wird gerne als ein Beispiel genannt, der so unterschiedliche Werke wie "Little Children", "Watchmen", "Insidious", "Conjuring", "Aquaman" oder "Midway" veredelte, aber irgendwie trotzdem kein richtiger Star ist. Ein ähnlich guter Vertreter dieser nur bedingt beneidenswerten Kategorie ist Stephen Rea: Trotz Hauptrollen in zwei Kultfilmen ("The Crying Game" und "V wie Vendetta") sowie weiteren sehenswerten Auftritten in "Die Zeit der Wölfe", "Interview mit einem Vampir", "Michael Collins", "Still Crazy", "Das Ende einer Affäre", "Blackthorn" oder "Underworld: Awakening" hält sich die Bekanntheit des Iren außerhalb der britischen Inseln in ziemlich engen Grenzen. Das ist sehr bedauerlich, denn wie Wilson ist auch Stephen Rea ein guter und vielseitiger Schauspieler, der für jeden Film ein Gewinn ist. Umso schöner, daß er in seiner Heimat im Jahr 2018 eine größere Rolle in dem aufwendigen, deutlich vom US-Western inspirierten Historienfilm "Black 47" von Lance Daly ("Das Leben ist ein Kinderspiel") erhielt, der sich im Rahmen einer ziemlich klassischen Rache-Story mit der schlimmen Hungersnot in Irland Mitte des 19. Jahrhunderts während der britischen Besatzung befaßt. Sonderlich tiefgründig ist das nicht und auch nicht allzu originell, sorgt aber für gut 90 Minuten Spannung mit stimmiger Western-Atmsophäre.
 
Neben der Western-Inszenierung in ungewohntem Setting zeichnet sich "Black 47" vor allem durch einen ziemlich ungewöhnlichen Wechsel des Schwerpunkts im Verlauf aus. Denn in der ersten Hälfte begleiten wir primär Martin bei seiner wenig erbaulichen Heimkehr auf die (ob der Umstände nicht mehr ganz so) Grüne Insel und beim Beginn seines brutalen Rachefeldzuges gegen die so skrupel- wie mitleidlosen britischen Besatzer und ihre irischen Verbündeten. So richtig gut lernen wir den – wie so viele klassische Western-(Anti-)Helden von Clint Eastwood oder Lee Van Cleef – schweigsamen Martin dabei nicht kennen, doch ist das, was ihm, seiner Familie und vielen anderen aus der irischen Landbevölkerung widerfährt, dermaßen ungerecht und empörend, daß wir schnell auf seiner Seite stehen und selbst die extreme Härte seiner Gegenschläge nachvollziehen können. Zum Sympathieträger taugt der von James Frecheville angemessen kantig gespielte Martin dennoch nicht wirklich, was vielleicht auch der Grund dafür ist, daß "Black 47" in der zweiten Hälfte fast komplett in die Perspektive von Martins Häscher wider Willen wechselt. Zwar ist Hannah ebenfalls weit von einem klassischen Helden entfernt, doch funktioniert sein moralischer Kompaß noch einigermaßen und er wird vom Australier Hugo Weaving so charismatisch verkörpert, daß man ihn trotz seiner Fehler irgendwie mag. Zudem hat er mit dem von Stephen Rea gespielten Führer und Übersetzer Conneely diejenige Figur an seiner Seite, die mit flapsigen Kommentaren immer wieder etwas Humor einbringt und Hannah damit auch ein wenig in die richtige Richtung schubst. Dieser Perspektivwechsel geht ziemlich ruppig vonstatten und fühlt sich Feeney gegenüber etwas ungerecht an, funktioniert insgesamt aber ganz ordentlich.
 
Grundsätzlich sind allerdings sowohl Martin Feeney als auch Hannah trotz der gelegentlichen Hinweise auf die gemeinsame Vergangenheit nicht wirklich gut ausgearbeitet und überzeugen daher vor allem wegen der guten schauspielerischen Leistungen. Noch weit eindimensionaler sind die Bösewichte wie der arrogante Gutsherr Lord Kilmichael (Jim Broadbent, "Brooklyn") oder der brutale Sergeant Fitzgibbon (Moe Dunford, TV-Serie "Vikings") gezeichnet, doch gibt es glücklicherweise zwei Nebenfiguren, die mit vielen Grautönen eigentlich sogar interessanter ausfallen als die beiden zentralen Protagonisten. Dabei handelt es sich um Hannahs Begleiter Pope und Hobson. Zu Beginn sind beide überzeugte Royalisten, die hart gegen Feeney und andere irische Aufrührer vorgehen wollen; doch was sie während ihrer Reise sehen und erleben, verändert beide und bringt sie zum Zweifeln an ihrer Mission, wobei die Zweifel unterschiedlich stark ausgeprägt sind und sehr verschiedene Konsequenzen zeitigen. Die Entwicklung dieses ungleichen Duos im Verbund mit der realistischen Darstellung dieser schreiend ungerechten historischen Ära mit Auswirkungen bis in unsere Gegenwart ist jedenfalls das Spannendste an "Black 47" und hätte ruhig noch etwas stärker ausgearbeitet werden dürfen (wenn man schon bei Feeney und Hannah nicht so richtig in die Tiefe gehen wollte). Das gilt umso mehr, als der letzte Akt des Films sich bedauerlicherweise in ziemlich generischer Action erschöpft, die dem insgesamt gelungenen und trotz kleinerer Mängel stimmigen Aufbau der Story nicht gerecht wird. Trotzdem: Insgesamt ist Lance Daly ein sehenswertes Abenteuer gelungen, das vor allem Western- und Historienfilm-Fans zu empfehlen ist.
 
Fazit: "Black 47" ist ein grimmiger Rache-Western im Gewand eines irischen Historienfilms, der vor allem mit Stimmung und Besetzung überzeugt, inhaltlich aber nicht alles richtig macht.
 
Wertung: 7 Punkte.
 
 
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