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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 2. Februar 2021

Doppel-Kurz-Nachruf: Cicely Tyson (1924-2021) und Hal Holbrook (1925-2021)

In den letzten Tagen sind mit Cicely Tyson und Hal Holbrook gleich zwei absolute Urgesteine der amerikanischen Film- und Fernsehbranche in immerhin sehr hohem Alter verstorben, deren reichhaltiges Schaffen ich an dieser Stelle kurz würdigen möchte.

Der Name Cicely Tyson ist außerhalb der USA vermutlich gar nicht so vielen Menschen ein Begriff, da sie im Kino primär Nebenrollen spielte und in TV-Serien meist als wiederkehrende Gastdarstellerin agierte. Doch in den USA ist sie seit jeher als eine Pionierin bekannt, denn als erste Afroamerikanerin ergatterte sie (nach einem Karrierebeginn am Theater) Mitte der 1960er Jahre eine Hauptrolle in einer TV-Serie - als Sekretärin eines von George C. Scott ("Patton") verkörperten Sozialarbeiters in "East Side/West Side". Bekannt war Cicely Tyson auch dafür, konsequent Rollen abzulehnen, die klischeehaft gestaltet waren (etwa die typische unterwürfige schwarze Hausangestellte) - dabei war es natürlich nicht so, daß eine schwarze Frau in dieser Ära von guten Rollenangeboten überhäuft worden wäre. Doch ob ihres schauspielerischen Könnens gab es zum Glück genügend, damit sie in der Branche bleiben und sich einen Namen machen konnte. Und spätestens mit der kombinierten OSCAR- und Golden Globe-Nominierung als Hauptdarstellerin des Dramas "Das Jahr ohne Vater" im Jahr 1973 hatte sich Cicely Tyson etabliert. Zu ihren bekanntesten und besten Filmen zählen außerdem Peter Glenvilles Graham Greene-Adaption "Die Stunde der Komödianten" (1967), Robert Ellis Millers Südstaaten-Drama "Das Herz ist ein einsamer Jäger" (1968), Jon Avnets kultige Tragikomödie "Grüne Tomaten" (1991) und Tate Taylors Crowdpleaser "The Help" (2011). Im Jahr 2019 wurde Cicely Tyson für ihr Lebenswerk mit einem Ehren-OSCAR bedacht.

Noch erfolgreicher war Tyson allerdings im TV-Bereich, wofür auch die sagenhaften 16 Emmy-Nominierungen sprechen, die sie zwischen 1974 und 2020 verbuchen konnte (sie gewann drei). Dabei glänzte sie in TV-Filmen wie John Kortys Bürgerrechtler-Biopic "Die Geschichte der Jane Pittman" (1974), dem Drama "A Lesson Before Dying - Nachhilfestunden in der Todeszelle" (1999) oder dem Familiendrama "Relative Stranger" (2009) ebenso wie im Serienbereich, wo sie als Hauptdarstellerin der Anwaltsserie "Alles schön und Recht" (1994-1995) mitwirkte sowie teilweise wiederkehrende Gastrollen in "Tennisschläger und Kanonen" (1965-1966), "Kobra, übernehmen Sie" (1970), "Rauchende Colts" (1970), "Roots" (1977), "Law & Order: Special Victims Unit" (2009) und "House of Cards" (2016) übernahm. Ein letztes Highlight war Shonda Rhimes' Anwalts-Thriller-Serie "How to Get Away with Murder", in der sie von 2015 bis 2020 in zehn Episoden die Mutter der Hauptfigur (der von Viola Davis verkörperten Jura-Professorin Annalise Keating) spielte - und für diese zehn Auftritte fünf Emmy-Nominierungen absahnte ... Auch am Theater blieb Cicely Tyson bis ins hohe Alter aktiv, 2013 gewann sie mit bereits fast 90 Jahren einen Tony Award für ihre Hauptrolle in "The Trip to Bountiful". Ihre gesellschaftliche Bedeutung in den USA bezeugt der Erhalt der Presidential Medal of Freedom durch Barack Obama im Jahr 2016.

Am 28. Januar 2021 verstarb Cicely Tyson im Alter von 96 Jahren. R.I.P.

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Ebenfalls eine unglaubliche lange Karriere in Kino und TV durchlebte der in Cleveland geborene Hal Holbrook, der ebenso in fortgeschrittenem Alter zu seiner einzigen OSCAR-Nominierung kam und des weiteren etliche Emmy-Siege und -Nominierungen vorweisen konnte. Auch der hochgewachsene, schlanke Holbrook verdiente sich seine Sporen zunächst am Theater, wobei er bereits 1966 für seine gefeierte Darbietung des Mark Twain im Ein-Mann-Stück "Mark Twain Tonight!" einen Tony Award erhielt. Weltweiten Ruhm erlangte er vor allem als einprägsamer Charakterdarsteller in Nebenrollen zahlreicher Filmklassiker der 1970er und 1980er Jahre. So spielte er in Alan J. Pakulas "Die Unbestechlichen" den Watergate-Informanten "Deep Throat", der die von Dustin Hoffman und Robert Redford verkörperten "Washington Post"-Journalisten Carl Bernstein und Bob Woodward mit den benötigten Informationen versorgt, um einen der größten Politskandele der US-Historie aufzudecken; er war in Ted Posts "Dirty Harry II" (1972) der korrupte Vorgesetzte von Clint Eastwoods Cop Harry Callahan; in Jack Smights Kriegsfilm "Schlacht um Midway" (1976) verkörperte er einen US-Kryptoanalytiker; in Peter Hyams' SF-Film "Unternehmen Capricorn" gab er den Leiter des NASA-Marsprogramms; er nahm es als gutmütiger Geistlicher in John Carpenters Grusel-Meisterwerk "The Fog - Nebel des Grauens" (1980) mit untoten Piraten auf; in Peter Hyams' "Ein Richter sieht rot" (1983) übte er an der Seite von Michael Douglas als Richter Selbstjustiz; und in Oliver Stones "Wall Street" (1987) spielte er einen Börsenmakler, den Stone nach dem Vorbild seines Vaters gestaltete.

Ab den 1990er Jahren wirkte Hal Holbrook zwar nicht mehr so oft in cineastischen Highlights mit, blieb aber mit Werken wie Sydney Pollacks Grisham-Adaption "Die Firma" (1993), Frank Darabonts "The Majestic" (2001), Francis Lawrences Liebesdrama "Wasser für die Elefanten" (2011) oder Steven Spielbergs "Lincoln" (2013) gut beschäftigt - und erhielt für seinen kurzen Auftritt als Armee-Veteran in Sean Penns Aussteiger-Biopic "Into the Wild" (2007) sogar eine OSCAR-Nominierung. Im TV-Bereich brachte es Holbrook auf 12 Emmy-Nominierungen, von denen er fünf gewann. Daß diese 12 Nominierungen allesamt zwischen die Jahre 1967 und 1989 fallen, zeigt, daß er in dieser Ära sowohl im Kino als auch im Fernsehen extrem fleißig war. Zu den Highlights seiner TV-Karriere zählen die Miniserien "Lincoln" (1974-1976), in der er den US-Präsidenten verkörperte (eine Rolle, die er in dem 1980er Jahre-Phänomen "Fackeln im Sturm" wieder aufleben ließ), und "George Washington" (1984), in der er den Gründervater John Adams portraitierte, sowie die Sitcom "Daddy schafft uns alle" (1990-1994), in welcher er den Schwiegervater der von Burt Reynolds verkörperten Titelfigur gab. Nach der Jahrtausendwende hatte er immer wieder Gastrollen in einigen Highlights des "Goldenen Serienzeitalters" wie "The West Wing" (2001-2002), "Die Sopranos" (2006), "Emergency Room" (2008) oder "Sons of Anarchy" (2010-2014). Seinen letzten Auftritt vor der Kamera absolvierte Holbrook 2017 in einer Episode der actionreichen Krimiserie "Hawaii Five-O".

Bekanntgegeben wurde es erst am 2. Februar, doch bereits am 23. Januar 2021 verstarb Hal Holbrook mit 95 Jahren in Beverly Hills. R.I.P.

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