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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Mittwoch, 2. September 2020

DIE EISKÖNIGIN II (2019)

Originaltitel: Frozen II
Regie: Chris Buck und Jennifer Lee, Drehbuch: Jennifer Lee, Musik: Christophe Beck
Sprecher der Originalfassung: Kristen Bell, Idina Menzel, Jonathan Groff, Josh Gad, Sterling K. Brown, Evan Rachel Wood, Alfred Molina, Martha Plimpton, Ciarán Hinds, Jason Ryder, Rachel Matthews, Jeremy Sisto, Alan Tudyk, Robin Atkin Downes, Aurora
Die Eiskönigin 2 (2019) on IMDb Rotten Tomatoes: 77% (6,7); weltweites Einspielergebnis: $1453,7 Mio.
FSK: 0, Dauer: 103 Minuten.
Drei Jahre nach Elsas (Idina Menzel, "Der schwarze Diamant") turbulenter Krönung zur Königin herrschen in Arendelle beinahe paradiesische Zustände. Die Königin hat die Tore zum Schloß für die Bevölkerung geöffnet, überall herrschen Freude und Zufriedenheit und der Eislieferant Kristoff (Jonathan Groff, Netflix-Serie "Mindhunter") bereitet sich gewohnt tolpatschig auf seinen Heiratsantrag für Prinzessin Anna (Kristen Bell, "Bad Moms") vor. Doch dann vernimmt Elsa wiederholt eine engelsgleiche Singstimme, die nur sie zu hören scheint. Elsa ist beunruhigt, behält die Vorkommnisse aber für sich – bis sich die Elemente gegen Arendelle erheben und eine sofortige Evakuierung der am Fjord gelegenen Stadt notwendig machen. Elsa begreift, daß dies alles mit einer Geschichte zusammenhängen muß, welche das bei einem Schiffsunglück ums Leben gekommene Königspaar Agnarr (Alfred Molina, "Prince of Persia") und Iduna (Evan Rachel Wood, "Across the Universe") vor langer Zeit seinen Kindern Elsa und Anna erzählt hat – der Geschichte von einem verwunschenen Wald, der nach einem unerklärlichen kriegerischen Zusammenstoß zwischen seinen Bewohnern und dem damaligen König von Arendelle Runeard (Jeremy Sisto, "Jennas Kuchen") – Elsas und Annas Großvater – zusammenhängt. Seitdem ist der verwunschene Wald magisch abgeschirmt, doch die geheimnisvolle Stimme lockt Elsa genau dorthin. Gemeinsam mit ihren Freunden macht sich die Königin auf den Weg …

Kritik:
Bekanntlich stehen Fortsetzungen von Filmhits – aus gutem Grund – in dem Ruf, oft möglichst wenig am Erfolgsrezept des Vorgängers zu ändern, sondern höchstens alles noch ein bißchen größer und spektakulärer gestalten zu wollen. Chris Buck ("Königin der Wellen") und Jennifer Lee (Drehbuch-Autorin von "Das Zeiträtsel"), die Schöpfer von Disneys Milliarden-Dollar-Erfolg "Die Eiskönigin", wollten eine solche Fortsetzung um der Fortsetzung willen erklärtermaßen vermeiden und ließen sich daher unübliche sechs Jahre Zeit, bis sie eine Story für Teil 2 hatten, mit der sie wirklich zufrieden waren. Dies merkt man "Die Eiskönigin II" erfreulicherweise an, denn die Handlung ist ambitionierter und etwas komplexer als im Original und das Gleiche trifft auf die zahlreichen Songs des Ehepaars Kristen Anderson-Lopez und Robert Lopez ("Coco") zu. Trotzdem erreicht "Die Eiskönigin II" nicht ganz die Qualität des Vorgängers, weil nicht jeder Storyeinfall perfekt funktioniert, weil es an humoristischen Höhepunkten mangelt und weil die Lieder weniger eingängig ausgefallen sind. Dem Erfolg hat das aber keinen Abbruch getan, denn "Die Eiskönigin II" löste den ersten Teil als (nicht inflationsbereinigt) global erfolgreichsten Animationsfilm aller Zeiten ab – zumindest, wenn man das photorealistisch animierte Remake von "Der König der Löwen" außer acht läßt (aber Platz 2 ist ja auch nicht übel).

Der erzählerische Mut von Jennifer Lees Drehbuch verdient auf jeden Fall viel Respekt. Bereits der erste Teil überzeugte ja mit einer Handlung, die viele Genreklischees raffiniert umschiffte oder sogar auf den Kopf stellte, aber die Fortsetzung geht noch einen Schritt weiter, indem sie beispielsweise komplett auf einen richtigen Bösewicht verzichtet. Bereits in "Die Eiskönigin" spielten die Schurken bekanntlich nur eine vergleichsweise kleine Rolle, nun verschwinden sie fast vollständig. Das ist mutig, denn an einen Film ohne echten Antagonisten wagen sich nur sehr wenige Autoren und Regisseure – was ich übrigens schon lange kritisiere, denn allzu oft kommen dabei am Ende Bösewichte heraus, denen man überdeutlich anmerkt, daß sie eher pflichtschuldig kreiert wurden, weil das selbst in Storys, die problemlos ohne auskämen, eben so erwartet wird. "Die Eiskönigin II" hingegen konzentriert sich in erster Linie auf die Auflösung eines großen Mysteriums. Natürlich kommen dabei hin und wieder bedrohliche Gestalten wie die Erdriesen zum Vorschein, im Mittelpunkt stehen jedoch die Fragen, was genau mit dem verwunschenen Wald geschehen ist, warum es geschehen ist und wie Elsa und ihre Freunde es im Idealfall rückgängig machen können. Daß dieser verwunschene Wald im siebenminütigen Prolog, in dem König Agnarr seinen Kindern von ihm erzählt, wenig subtil eingeführt wird, läßt sich locker verschmerzen, ist allerdings bereits ein erster Hinweis auf ein generelles Problem von "Die Eiskönigin II": Der Film wirkt nicht ganz so harmonisch, so flüssig wie sein Vorgänger. Manche Szenenübergänge erfolgen recht abrupt, die vergleichsweise wenigen Humor-Einlagen wirken etwas bemüht und die Songs fügen sich nicht so paßgenau in die Geschichte ein wie zuvor.

Generell fehlt "Die Eiskönigin II" ein richtiger Über-Ohrwurm, wie es im Vorgänger das OSCAR-prämierte "Let It Go" war. Zwar hat man hörbar versucht, dieser Hymne mit "Into the Unknown" nachzueifern, doch an die ungeheure Eingängigkeit des Vorbilds kommt es ebensowenig heran wie die meisten anderen Lieder. Wobei ich das gar nicht unbedingt negativ bewerten will. Mehr noch als die – im Kern trotz einiger Wendungen überschaubar komplexe – Handlung ist das Songwriting eindeutig ambitionierter als im ersten Teil, was weniger Refrains zum Mitsingen bedeutet, aber gerade bei den "ernsten" Songs einen anspruchsvolleren strukturellen Aufbau. Zu den Höhepunkten zählen die von Evan Rachel Wood als Iduna zugleich zart und kraftvoll vorgetragene Ballade "All Is Found", das Wood/Menzel-Duett "Show Yourself", Kristen Bells emotionales "The Next Right Thing" und natürlich das OSCAR-nominierte "Into the Unknown" von Menzel und der von der norwegischen Sängerin Aurora vertonten engelsgleichen Stimme. Von den fröhlichen Songs kann meines Erachtens lediglich das Ensemble-Stück "Some Things Never Change" qualitativ mithalten, wohingegen Josh Gads "When I Am Older" und Jonathan Groffs (wenn ich das richtig interpretiere) 1990er Jahre-Boygroup-Parodie "Lost in the Woods" eher ein wenig fehl am Platz wirken. Nebenbei bemerkt lohnt es sich, den gesamten Abspann durchzuhalten – und das nicht nur, weil es nach dessen Ende eine zusätzliche Szene gibt –, denn er ist mit gleich drei gelungenen Coverversionen von Songs aus dem Film unterlegt. Fand ich in "Die Eiskönigin" die während der Credits zu hörende, erheblich überproduzierte "Let It Go"-Version von Demi Lovato noch reichlich nervig, lassen sich nun die rockigeren Cover von "Into the Unknown" (Panic! At The Disco) und "Lost in the Woods" (Weezer) sowie das folkig angehauchte "All Is Found" (Kacey Musgraves) richtig gut anhören.

Unter den Sprechern stechen in der Originalfassung wenig überraschend erneut vor allem die großartige Kristen Bell und Broadway-Star Idina Menzel als das royale Geschwisterpaar hervor, während Jonathan Groff als Kristoff leider etwas weniger zu tun bekommt – man hätte ihm und seinem Rentier Sven (meine Lieblingsfigur im ersten Teil) ruhig etwas mehr Screentime gönnen können und dafür dem diesmal etwas nervigen Schneemann Olaf (Josh Gad, "Die Schöne und das Biest") etwas weniger. Die verstorbenen Eltern von Elsa und Anna spielen dank etlicher Rückblenden ironischerweise eine größere Rolle als im Vorgänger und wurden deshalb mit Alfred Molina und Evan Rachel Wood neu und sehr namhaft besetzt. Mit Sterling K. Brown ("Hotel Artemis"; als Leutnant Mattias) und Jeremy Sisto (als König Runeard) gibt es weitere prominente Neuzugänge, die jedoch überwiegend im Hintergrund bleiben. Animationstechnisch gibt es an "Die Eiskönigin II" kaum etwas zu kritisieren – die menschlichen Gesichter sind für meinen Geschmack immer noch ein wenig zu rundlich, aber dafür sehen die Landschaften und nichtmenschlichen Kreaturen phantastisch aus, wobei vor allem der verwunschene Wald viele sehenswerte Attraktionen zu bieten hat. Zur Handlung will ich wegen der diversen Wendungen nicht viel mehr verraten, aber nachdem sie etwas verhalten beginnt, nimmt sie in der zweiten Hälfte kräftig Fahrt auf und steuert zielgenau auf ein gelungenes Ende hin – bloß schade, daß der Humor dabei mitunter etwas auf der Strecke bleibt. So ist "Die Eiskönigin II" eine würdige und eigenständige Fortsetzung geworden, die ihren Ambitionen zwar nicht ganz gerecht werden kann, aber definitiv sehenswert ist.

Fazit: "Die Eiskönigin II" ist eine ambitionierte, erzähltechnisch und musikalisch anspruchsvolle Fortsetzung, die jedoch nie ganz den hohen Unterhaltungswert des Vorgängers erreicht.

Wertung: 7,5 Punkte.


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