Originaltitel: Frozen II
Regie: Chris Buck und Jennifer Lee, Drehbuch: Jennifer Lee,
Musik: Christophe Beck
Sprecher der Originalfassung: Kristen Bell, Idina Menzel,
Jonathan Groff, Josh Gad, Sterling K. Brown,
Evan Rachel Wood, Alfred Molina, Martha Plimpton, Ciarán Hinds, Jason Ryder, Rachel Matthews, Jeremy Sisto, Alan
Tudyk, Robin Atkin Downes, Aurora
FSK: 0, Dauer: 103 Minuten.
Drei Jahre nach Elsas (Idina Menzel, "Der schwarze Diamant") turbulenter Krönung
zur Königin herrschen in Arendelle beinahe paradiesische Zustände. Die Königin
hat die Tore zum Schloß für die Bevölkerung geöffnet, überall herrschen Freude
und Zufriedenheit und der Eislieferant Kristoff (Jonathan Groff, Netflix-Serie "Mindhunter") bereitet sich
gewohnt tolpatschig auf seinen Heiratsantrag für Prinzessin Anna (Kristen Bell, "Bad Moms")
vor. Doch dann vernimmt Elsa wiederholt eine engelsgleiche Singstimme, die
nur sie zu hören scheint. Elsa ist beunruhigt, behält die Vorkommnisse
aber für sich – bis sich die Elemente gegen Arendelle erheben und eine
sofortige Evakuierung der am Fjord gelegenen Stadt notwendig machen. Elsa
begreift, daß dies alles mit einer Geschichte zusammenhängen muß, welche das bei einem Schiffsunglück ums Leben gekommene Königspaar Agnarr (Alfred Molina, "Prince of Persia") und Iduna (Evan Rachel
Wood, "Across the Universe") vor langer Zeit seinen Kindern Elsa und Anna erzählt hat – der Geschichte von einem
verwunschenen Wald, der nach einem unerklärlichen kriegerischen Zusammenstoß
zwischen seinen Bewohnern und dem damaligen König von Arendelle Runeard (Jeremy
Sisto, "Jennas Kuchen") – Elsas und Annas Großvater – zusammenhängt. Seitdem ist der verwunschene
Wald magisch abgeschirmt, doch die geheimnisvolle Stimme lockt Elsa genau
dorthin. Gemeinsam mit ihren Freunden macht sich die Königin auf den Weg …
Kritik:
Bekanntlich stehen Fortsetzungen von Filmhits – aus gutem
Grund – in dem Ruf, oft möglichst wenig am Erfolgsrezept des Vorgängers zu
ändern, sondern höchstens alles noch ein bißchen größer und spektakulärer gestalten zu wollen. Chris Buck ("Königin der Wellen") und Jennifer Lee (Drehbuch-Autorin von "Das Zeiträtsel"), die Schöpfer von Disneys Milliarden-Dollar-Erfolg
"Die Eiskönigin", wollten eine solche Fortsetzung um der Fortsetzung
willen erklärtermaßen vermeiden und ließen sich daher unübliche sechs Jahre
Zeit, bis sie eine Story für Teil 2 hatten, mit der sie wirklich
zufrieden waren. Dies merkt man "Die Eiskönigin II" erfreulicherweise
an, denn die Handlung ist ambitionierter und etwas komplexer als im Original
und das Gleiche trifft auf die zahlreichen Songs des Ehepaars Kristen
Anderson-Lopez und Robert Lopez ("Coco") zu. Trotzdem erreicht "Die Eiskönigin II" nicht ganz die Qualität des Vorgängers, weil nicht jeder
Storyeinfall perfekt funktioniert, weil es an humoristischen Höhepunkten
mangelt und weil die Lieder weniger eingängig ausgefallen sind. Dem Erfolg hat
das aber keinen Abbruch getan, denn "Die Eiskönigin II" löste
den ersten Teil als (nicht inflationsbereinigt) global erfolgreichsten
Animationsfilm aller Zeiten ab – zumindest, wenn man das photorealistisch animierte Remake von "Der König der Löwen" außer acht läßt (aber Platz 2 ist ja auch nicht übel).
Der erzählerische Mut von Jennifer Lees Drehbuch verdient
auf jeden Fall viel Respekt. Bereits der erste Teil überzeugte ja mit einer
Handlung, die viele Genreklischees raffiniert umschiffte oder sogar auf den
Kopf stellte, aber die Fortsetzung geht noch einen Schritt weiter, indem
sie beispielsweise komplett auf einen richtigen Bösewicht verzichtet. Bereits
in "Die Eiskönigin" spielten die Schurken bekanntlich nur eine
vergleichsweise kleine Rolle, nun verschwinden sie fast vollständig. Das ist
mutig, denn an einen Film ohne echten Antagonisten wagen sich nur sehr wenige
Autoren und Regisseure – was ich übrigens schon lange kritisiere, denn allzu
oft kommen dabei am Ende Bösewichte heraus, denen man überdeutlich anmerkt, daß sie
eher pflichtschuldig kreiert wurden, weil das selbst in Storys, die
problemlos ohne auskämen, eben so erwartet wird. "Die Eiskönigin II" hingegen konzentriert sich in erster Linie auf die Auflösung eines
großen Mysteriums. Natürlich kommen dabei hin und wieder bedrohliche Gestalten
wie die Erdriesen zum Vorschein, im Mittelpunkt stehen jedoch die Fragen, was
genau mit dem verwunschenen Wald geschehen ist, warum es geschehen ist und wie
Elsa und ihre Freunde es im Idealfall rückgängig machen können. Daß
dieser verwunschene Wald im siebenminütigen Prolog, in dem König Agnarr seinen
Kindern von ihm erzählt, wenig subtil eingeführt wird, läßt sich
locker verschmerzen, ist allerdings bereits ein erster Hinweis auf ein
generelles Problem von "Die Eiskönigin II": Der Film wirkt nicht ganz so
harmonisch, so flüssig wie sein Vorgänger. Manche Szenenübergänge erfolgen
recht abrupt, die vergleichsweise wenigen Humor-Einlagen wirken etwas
bemüht und die Songs fügen sich nicht so paßgenau in die Geschichte ein wie
zuvor.
Generell fehlt "Die Eiskönigin II" ein richtiger
Über-Ohrwurm, wie es im Vorgänger das OSCAR-prämierte "Let It Go" war.
Zwar hat man hörbar versucht, dieser Hymne mit "Into the Unknown" nachzueifern, doch an die ungeheure Eingängigkeit des Vorbilds kommt es
ebensowenig heran wie die meisten anderen Lieder. Wobei ich das gar nicht
unbedingt negativ bewerten will. Mehr noch als die – im Kern trotz einiger
Wendungen überschaubar komplexe – Handlung ist das Songwriting eindeutig
ambitionierter als im ersten Teil, was weniger Refrains zum Mitsingen
bedeutet, aber gerade bei den "ernsten" Songs einen
anspruchsvolleren strukturellen Aufbau. Zu den Höhepunkten zählen die von Evan
Rachel Wood als Iduna zugleich zart und kraftvoll vorgetragene Ballade
"All Is Found", das Wood/Menzel-Duett "Show Yourself",
Kristen Bells emotionales "The Next Right Thing" und natürlich das OSCAR-nominierte
"Into the Unknown" von Menzel und der von der norwegischen
Sängerin Aurora vertonten engelsgleichen Stimme. Von den fröhlichen Songs kann
meines Erachtens lediglich das Ensemble-Stück "Some Things Never
Change" qualitativ mithalten, wohingegen Josh Gads "When I Am
Older" und Jonathan Groffs (wenn ich das richtig interpretiere) 1990er
Jahre-Boygroup-Parodie "Lost in the Woods" eher ein wenig fehl am
Platz wirken. Nebenbei bemerkt lohnt es sich, den gesamten Abspann
durchzuhalten – und das nicht nur, weil es nach dessen Ende eine zusätzliche
Szene gibt –, denn er ist mit gleich drei gelungenen Coverversionen von Songs
aus dem Film unterlegt. Fand ich in "Die Eiskönigin" die während der
Credits zu hörende, erheblich überproduzierte "Let It Go"-Version von
Demi Lovato noch reichlich nervig, lassen sich nun die rockigeren Cover von
"Into the Unknown" (Panic! At The Disco) und "Lost in the
Woods" (Weezer) sowie das folkig angehauchte "All Is Found"
(Kacey Musgraves) richtig gut anhören.
Unter den Sprechern stechen in der Originalfassung wenig
überraschend erneut vor allem die großartige Kristen Bell und Broadway-Star Idina Menzel als
das royale Geschwisterpaar hervor, während Jonathan Groff als Kristoff leider
etwas weniger zu tun bekommt – man hätte ihm und seinem Rentier Sven (meine
Lieblingsfigur im ersten Teil) ruhig etwas mehr Screentime gönnen können und
dafür dem diesmal etwas nervigen Schneemann Olaf (Josh Gad, "Die Schöne und das Biest") etwas weniger. Die
verstorbenen Eltern von Elsa und Anna spielen dank etlicher Rückblenden
ironischerweise eine größere Rolle als im Vorgänger und wurden deshalb mit
Alfred Molina und Evan Rachel Wood neu und sehr namhaft besetzt. Mit Sterling
K. Brown ("Hotel Artemis"; als Leutnant Mattias) und Jeremy Sisto (als König Runeard) gibt es weitere prominente Neuzugänge, die jedoch
überwiegend im Hintergrund bleiben. Animationstechnisch gibt es an "Die
Eiskönigin II" kaum etwas zu kritisieren – die menschlichen Gesichter sind
für meinen Geschmack immer noch ein wenig zu rundlich, aber dafür sehen die
Landschaften und nichtmenschlichen Kreaturen phantastisch aus, wobei vor allem
der verwunschene Wald viele sehenswerte Attraktionen zu bieten hat. Zur
Handlung will ich wegen der diversen Wendungen nicht viel mehr verraten, aber
nachdem sie etwas verhalten beginnt, nimmt sie in der zweiten Hälfte kräftig
Fahrt auf und steuert zielgenau auf ein gelungenes Ende hin – bloß schade, daß
der Humor dabei mitunter etwas auf der Strecke bleibt. So ist "Die Eiskönigin II" eine würdige und eigenständige Fortsetzung geworden, die ihren Ambitionen zwar
nicht ganz gerecht werden kann, aber definitiv sehenswert ist.
Fazit: "Die Eiskönigin II" ist eine
ambitionierte, erzähltechnisch und musikalisch anspruchsvolle Fortsetzung, die jedoch nie ganz den hohen Unterhaltungswert des Vorgängers erreicht.
Wertung: 7,5 Punkte.
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