Regie: Sir Kenneth Branagh, Drehbuch: Adam Cozad und David
Koepp, Musik: Patrick Doyle
Darsteller: Chris Pine, Keira Knightley, Sir Kenneth
Branagh, Kevin Costner, Nonso Anozie, Colm Feore, Gemma Chan, Alec Utgoff,
Peter Andersson, Lenn Kudrjawizki, Seth Ayott, Elena Velikanova, Karen David,
David Paymer
Der hochintelligente und mit einem fabelhaften Gespür für
schwer erkennbare Zusammenhänge ausgestattete Dr. Jack Ryan (Chris Pine,
"Star Trek") arbeitet für die CIA
undercover als Compliance-Manager bei einer großen Bank an der Wall Street.
Dort soll er die Geldzu- und abflüsse analysieren und mögliche Verbindungen zu Terrorvereinigungen
oder anderen Gefahren für die USA ausmachen. Als er auf eine ganze Reihe großer
Transaktionen eines wichtigen russischen Geschäftspartners der Bank stößt, auf die er ungewöhnlicherweise keinen Zugriff bekommt, informiert er seinen CIA-Kontaktmann, der gleichzeitig sein Mentor ist: Thomas Harper (Kevin Costner, "Open Range"). Dieser schickt Jack umgehend nach Moskau, wo er unter dem Vorwand
einer Buchprüfung beim Unternehmen des Oligarchen Viktor Cherevin (Sir Kenneth Branagh,
"My Week with Marilyn") herausfinden soll, was sich hinter der ganzen Sache
verbirgt. Kaum in Rußland angekommen, gerät Jack allerdings selbst ins
Fadenkreuz, was natürlich auch beweist, wie richtig er mit seinem Verdacht lag.
Daß seine Verlobte Cathy (Keira Knightley, "Tatsächlich ... Liebe")
ihm unangekündigt nachreist, paßt Jack da natürlich überhaupt nicht in den Kram
...
Kritik:
Zwischen 1990 und 2002 kamen vier Filme über den von dem im Oktober 2013 verstorbenen Bestseller-Autor Tom Clancy erschaffenen CIA-Analysten
Jack Ryan in die Kinos: "Jagd auf Roter Oktober" (1990), "Die
Stunde der Patrioten" (1992), "Das Kartell" (1994) und "Der
Anschlag" (2002). Und obwohl Ryan in diesen vier Filmen von drei
verschiedenen Schauspielern porträtiert wurde (Alec Baldwin, Harrison Ford und
Ben Affleck) und dabei drei verschiedene Männer hinter der Kamera standen (John
McTiernan, Phillip Noyce und Phil Alden Robinson), haben sie zwei nicht ganz
unwichtige Dinge gemeinsam: Sie sind ziemlich gut und sie waren kommerziell
erfolgreich. Insofern ist es kaum verwunderlich, daß ein weiterer Jack
Ryan-Film lange geplant war und nun realisiert wurde. Die Herangehensweise ist
dabei etwas anders, denn "Shadow Recruit" erzählt sozusagen eine
"Jack Ryan Begins"-Geschichte, während der Protagonist in den
vorherigen Filmen bereits ein etablierter Agent war. Außerdem hat sich
natürlich auch das Kinoumfeld für solch einen actionlastigen Spionage-Thriller
geändert, denn während die Vorgänger hauptsächlich mit der James Bond-Reihe
konkurrierten, wurde das Genre mittlerweile durch die Jason Bourne-Trilogie auf
eine neue Ebene gehievt. "Jack Ryan: Shadow Recruit" reagiert darauf
relativ ungewöhnlich, indem er die Weiterentwicklungen der letzten Jahre
größtenteils ignoriert und eine betont altmodisch inszenierte Story präsentiert. Normalerweise mag ich eine solche Herangehensweise, schließlich
ist im heutigen Hollywood wahrlich nicht alles besser als früher, aber in
diesem Fall bedeutet das leider einfach nur, daß "Jack Ryan: Shadow
Recruit" in der Tat ziemlich altbacken wirkt und somit alles andere als ein
Highlight seines Genres ist. Was dann auch die entsprechend mittelmäßigen
Kritiken und ebenso mittelmäßige Einspielergebnisse nach sich zog, die dafür
sorgten, daß die eigentlich fest eingeplante Fortsetzung auf der Kippe stehen
dürfte.
Mich persönlich hat der von Sir Kenneth Branagh
("Thor") insgesamt solide inszenierte Film in Rekordzeit verärgert,
denn anfangs sehen wir eine aus der Luft gefilmte Panorama-Aufnahme, auf der
man unschwer die Tower Bridge, den Big Ben und das direkt an der Themse gelegene Riesenrad "London
Eye" ausmachen kann – gefolgt von der extrem unnötigen Einblendung
"London". Das werden die meisten Zuschauer wahrscheinlich nicht
einmal richtig registrieren, aber mich nervt es einfach, wenn Filmemacher
denken, ihrem Publikum wirklich alles erklären zu müssen. Denn selbst wenn es
jemanden geben sollte, der angesichts der gezeigten, weltbekannten Wahrzeichen
die britische Hauptstadt nicht von selbst erkennt, so würde der- oder diejenige
keine Minute später sowieso darüber aufgeklärt, als der junge amerikanische Doktorand Jack Ryan nämlich ein Gebäude betritt, das wiederum
per Einblendung als "London School of Economics" identifiziert wird.
Und die wird sich wohl kaum in Paris befinden ... Nach diesem unnötigen Fauxpas
wird es sogar noch schlimmer, denn nachdem Ryan von London aus die
9/11-Anschläge verfolgten mußte, bricht er sofort seine Promotion ab und meldet
sich freiwillig beim US-Militär, wo er in Afghanistan zum Kriegshelden mutiert –
und so viel Pathos und Patriotismus ist dann doch arg dick aufgetragen für
einen kaum fünfminütigen Prolog vor der eigentlichen, in der Gegenwart
spielenden Handlung ...
Zum Glück wird es nach der Titeleinblendung deutlich besser.
Wir lernen zunächst Jacks Arbeit und sein Umfeld kennen, was nicht spektakulär gemacht
ist, aber hilft, den sympathischen Protagonisten kennenzulernen und eine gewisse
emotionale Bindung zu ihm aufzubauen. Sobald die Handlung dann nach Rußland
wechselt, kommen so ziemlich alle Versatzstücke zum Einsatz, die man so aus
Spionagefilmen kennt: Attentate, riskante Einbrüche beim Feind,
Katz-und-Maus-Spiel bei der direkten Konfrontation; natürlich gibt es auch den
obligatorischen zwischenzeitlichen Rückschlag und die noch unvermeidlicheren
Verfolgungsjagden. Selbst die Musik von Patrick Doyle ("Planet der Affen: Prevolution") ist ein geradezu idealtypischer Actionscore. Dennoch ist das alles routiniert in Szene gesetzt und durchaus unterhaltsam
anzuschauen, wenngleich dem aufmerksamen Betrachter immer wieder einmal
inhaltliche Ungereimtheiten und Flüchtigkeitsfehler sowie nicht allzu
glaubwürdiges Verhalten der Figuren auffallen. Nur ein Beispiel: Wenn Cathy
erfährt, daß sie den notorischen Frauenhelden Cherevin mindestens zehn Minuten
lang ablenken muß, damit Jack in der Zwischenzeit in dessen Büro einbrechen
kann, dann wirkt es etwas kontraproduktiv, wenn sie für diesen
überlebenswichtigen Auftrag ausgerechnet ein hochgeschlossenes Kleid anzieht.
Über so manchen Mangel tröstet aber die gelungene Besetzung hinweg: Chris
Pine zeigt einmal mehr, daß er einen veritablen Actionhelden abgibt,
gleichzeitig nimmt aber ihm aber auch den intelligenten Analysten ab. Kevin
Costner überzeugt als Jacks charismatischer Mentor ebenso wie Kenneth Branagh als
(klischeehafter) russischer Oligarch; und Keira Knightleys Rolle wirkt zwar
über weite Strecken so, als wäre sie nur in die Story implementiert worden, um diese zu verkomplizieren, aber dafür kann sie ja nichts – schauspielerisch gibt
es jedenfalls nichts an ihrer Leistung auszusetzen, auch wenn sie wie gewohnt bei
weitem nicht so glänzen kann wie in historischen Rollen á la "Anna Karenina" oder "Stolz und Vorurteil".
Angesichts der zahlreichen bedienten Klischees bis hin zur wenig
originellen Motivation des Oberschurken ist die Handlung – bei der es übrigens
bemerkenswert ist, wie konsequent die Russen als Bösewichter dargestellt werden
– sehr vorhersehbar. Zwar hält Branagh das Tempo meist hoch genug, daß
man nicht allzu viel Zeit zum Nachdenken bekommt, dennoch dürfen genreerfahrene
Zuschauer nicht mit wirklich überraschenden Wendungen rechnen – zumal die glücklichen
respektive unglücklichen Zufälle (je nachdem, was der Dramaturgie gerade dient)
sich im Storyverlauf zunehmend häufen. Halbherzig wirkt zudem ein Nebenhandlungsstrang über
einen russischen Schläferagenten in den USA, denn er wird so kurz und lieblos
erzählt, daß man ihn eigentlich genauso gut hätte weglassen können.
Fazit: "Jack Ryan: Shadow Recruit" ist ein
solider Action-Thriller, der mit seiner den nur mäßig ausgearbeiteten Figuren trotzenden guten Besetzung und einigen handwerklich gut gemachten Action-Sequenzen punktet, aber viel zu viele Drehbuch-Schwächen hat, um als Genrehighlight durchzugehen.
Wertung: 6,5 Punkte.
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