Regie: Paul W.S. Anderson, Drehbuch: Lee Batchler, Janet
Scott Batchler und Michael Robert Johnson, Musik: Clinton Shorter
Darsteller: Kit Harington, Emily Browning, Kiefer
Sutherland, Adewale Akinnuoye-Agbaje, Jared Harris, Carrie-Anne Moss, Sasha
Roiz, Jessica Lucas, Currie Graham, Dylan Schombing, Joe Pingue
FSK: 12, Dauer: 105 Minuten.
1. Jahrhundert n. Chr.: Der junge Milo ist
der einzige Überlebende eines Vergeltungsangriffs römischer Truppen, der seinen kompletten
keltischen Reiterstamm ausgelöscht hat. Milo (als Erwachsener: Kit Harington,
"Silent Hill: Revelation", TV-Serie "Game of Thrones")
gerät in die Fänge von Sklavenhändlern und wird über die Jahre zum Gladiator
ausgebildet, bis er in einer Arena in Londinium dem Sklavenhändler Graecus (Joe
Pingue, "Pacific Rim") auffällt. Dieser nimmt Milo mit nach Pompeji, doch auf der Reise fällt
er bei einer zufälligen Begegnung der attraktiven Cassia (Emily Browning,
"Sucker Punch") auf, die gerade auf dem Rückweg von Rom
ist. Cassias reicher Vater Severus (Jared Harris, "Sherlock Holmes – Spiel im Schatten") ist im ziemlich heruntergekommenen Pompeji der einflußreichste Kaufmann und
möchte den Kaiser als Investor für ein großangelegtes Wiederaufbauprojekt
gewinnen. Als Vertreter Roms besucht Senator Corvus (Kiefer Sutherland, "Melancholia") Pompeji – zum Schrecken Cassias, die vor dessen hartnäckigen
Avancen aus Rom geflohen war. So soll sich während zu Corvus' Ehren abgehaltener
Gladiatorenkämpfe das Schicksal aller Beteiligten entscheiden, denn
im Hintergrund grummelt bereits vernehmlich der Vulkan Vesuv ...
Kritik:
Eigentlich ist es verwunderlich, daß jener gewaltige Ausbruch
des Vesuv, der im Jahr 79 n. Chr. Pompeji, Herculaneum und einige kleinere Orte
komplett vernichtete, nicht schon öfter Eingang in die Hollywood-Folklore fand.
Zwar gab es bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts einige Stummfilme, die
allesamt auf Edward Bulwer Lyttons Roman "Die letzten Tage von
Pompeji" basierten. In den 1950er Jahren folgten zwei italienische
Adaptionen des gleichen Buches, zweitere sogar unter der Regie des späteren
Italowestern-Maestros Sergio Leone (mit dem US-Muskelmann Steve Reeves und der
Deutschen Christine Kaufmann in den Hauptrollen). Die einzige echte
Hollywood-Variante entstand bereits 1935, hört auf den Titel "Der
Untergang von Pompeji" und wurde von den "King Kong"-Regisseuren
Ernest B. Schoedsack und Merian C. Cooper in Szene gesetzt, mit dem späteren
"Sherlock Holmes"-Darsteller Basil Rathbone in einer der Hauptrollen.
Ansonsten lag die spektakuläre historische Thematik vollkommen brach,
auch wenn der 2003 erschienene Bestseller "Pompeji" von Robert Harris
zwischenzeitlich von Roman Polanski als teuerste europäische Produktion aller
Zeiten verfilmt werden sollte; ein Vorhaben, das leider nie realisiert wurde.
So war es an "Resident Evil"-Regisseur Paul W.S. Anderson, Pompeji
(als deutsch-amerikanische Co-Produktion) endlich wieder in die Kinos
zu bringen – mit erwartbarem Ergebnis: "Pompeii" ist ein visuell
eindrucksvolles, aber inhaltlich maues B-Movie. Wenn auch ein B-Movie mit einem
100-Millionen-Dollar-Budget.
Fast von der ersten Minute an ist mehr als offensichtlich,
welcher Film inhaltlich, optisch und sogar akustisch Andersons großes Vorbild
war: Sir Ridley Scotts OSCAR-Gewinner "Gladiator" aus dem Jahr 2000.
Nun gibt es wahrlich schlechtere Genrevertreter, an denen man sich ein Vorbild
nehmen könnte, doch zieht diese Wahl natürlich unweigerlich direkte Vergleiche
nach sich (zumal einzelne Szenen geradezu dreist geklaut sind) – die
"Pompeii" nur verlieren kann. Auch die sehr solide Besetzung wird deshalb unter Wert geschlagen, denn Kit Harington gibt zwar einen passablen
Actionhelden mit romantischen Tendenzen ab, ist aber natürlich weit entfernt
von Russell Crowes OSCAR-prämierter Darstellung in Scotts Epos. Selbst Kiefer
Sutherland, dessen mit genußvoller Boshaftigkeit ausgespielter Senator Corvus
ein Highlight des Films ist, reicht nicht an Joaquin Phoenix' Kaiser Commodus
heran – was aber auch daran liegt, daß Corvus vom Autoren-Trio keinerlei
Tiefgang verliehen wurde, wohingegen Commodus für mich einer der am besten
geschriebenen (und dann eben auch gespielten) Bösewichte der jüngeren Filmgeschichte
ist.
Generell ist die Handlung von "Pompeii" ziemlich dreist aus bewährten Versatzstücken
älterer Genrevertreter zusammengeklaut, die im Zusammenspiel aber noch nicht einmal
übermäßig gut funktionieren. Zudem ist die Figurenzeichnung von Klischees und
einer extremen Schwarz-Weiß-Zeichnung geprägt, Grautöne existieren nur in minimalen
Ansätzen (die sich mehr oder weniger auf Cassias Vater konzentrieren, der zwar
als liebender Vater und mehr oder weniger guter Mensch gezeigt wird, aber aus Naivität und vielleicht auch ein bißchen Geldgier einen Pakt mit dem Teufel eingeht). Während es halbwegs
nachvollziehbar ist, daß die Nebenfiguren nicht besser ausgearbeitet sind – vor
allem die arme Carrie-Anne Moss ("Matrix") als Cassias Mutter Aurelia und
Jessica Lucas ("Evil Dead") als Cassias Dienerin und Freundin Ariadne sind
deshalb schauspielerisch sträflich unterfordert –, hätte man sich wenigstens
beim zentralen Liebespaar mehr Mühe geben müssen. Eine tragische Vergangenheit
allein macht Milo noch lange nicht zu einem interessanten Charakter, auch die
kitschige Romeo-und-Julia-Lovestory mit Cassia vermag nur in wenigen Momenten
zu fesseln. Immerhin ist die sich (vollkommen vorhersehbar) entwickelnde Freundschaft
zu dem dunkelhäutigen Gladiator Atticus (Adewale
Akinnuoye-Agbaje, "G.I. Joe – Geheimauftrag Cobra") recht
überzeugend dargebracht, wenn auch natürlich wiederum bei
"Gladiator" geklaut. Apropos: Ein Pluspunkt von "Pompeii"
ist dafür die Musik von Clinton Shorter ("2 Guns", "District
9"), die sich zwar eingangs – wie bereits angedeutet – vernehmlich an Hans
Zimmers meisterhaftem "Gladiator"-Score orientiert, im Lauf des Films
aber doch einen eigenen, hörenswerten Charakter entwickelt.
Aber im Grunde genommen ist das alles gar nicht so wild, da
man als Zuschauer ja sowieso auf das Unvermeidliche wartet: den Vulkanausbruch. Der Rest ist nur Vorgeplänkel, das (trotz aller Mängel) vor allem in den gut choreographierten Arenakämpfen einigermaßen
interessant daherkommt, vor allem Freunde altmodischer Sandalenfilme aus den
1960er Jahren dürften sich auch dank der sehenswerten Kulissen, Kostüme und
sonstigen Ausstattung recht gut unterhalten fühlen. Und wenn der Vesuv dann
endlich in 3D ausbrechen darf ... folgt dezente Ernüchterung. Ja, natürlich
sieht das spektakulär aus, wenn die in den Himmel gespuckten Lavabrocken
Feuerbällen gleich in den Straßen und Gebäuden Pompejis einschlagen und wenn
die Menschenmassen im Ascheregen panisch flüchten, während gleichzeitig Milo
und Corvus den finalen Kampf um Cassia austragen (sie haben ja gerade nichts
Besseres zu tun). Aber wenn man Andersons wirklich hervorragenden, sehr stylishen Einsatz der
Dreidimensionalität in den späteren "Resident Evil"-Filmen erlebt
hat, dann wirkt "Pompeii" irgendwie ein bißchen ... gehemmt.
Vielleicht liegt es daran, daß er für den Vulkanausbruch logischerweise noch
viel stärker mit computergenerierten Effekten arbeiten mußte; vielleicht liegen
ihm Massenszenen nicht so sehr – woran immer es liegen mag: Ich hatte mehr
erwartet. Zumal es Anderson auch inhaltlich niemals gelingt, den blanken Horror des ganze
Städte buchstäblich in Schutt und Asche legenden Vulkanausbruchs für die vollkommen unvorbeiretet getroffenen Menschen greifbar zu machen. Dies mag mit der
Altersfreigabe ab 12 Jahren zusammenhängen, deren Erreichen beinahe
zwangsläufig eine Verharmlosung der tragischen Geschehnisse nach sich zieht.
Denn wenn der oft kritisierte Paul W.S. Anderson etwas richtig gut kann, dann ist es
die Inszenierung drastischer Kampf- und Actionszenen; und wenn er sich dabei
zurückhalten muß, dann werden seine erzählerischen Schwächen umso deutlicher
offenbar. Denn Subtilität zählt gewiß nicht zu Andersons Stärken.
Fazit: "Pompeii" ist ein mediokrer 3D-Sandalenfilm, dessen einigermaßen lieblos aus sattsam bekannten Genreversatzstücken
zusammengeschusterte Handlung bis zum Vulkanausbruch mäßig unterhaltsam
vor sich hindümpelt – die Zerstörungswut der letzten rund 20 Minuten ist dann
aber nett anzusehen, wenn auch etwas weniger eindrucksvoll als erwartet.
Wertung: 5,5 Punkte (wer "Gladiator" nie gesehen hat, darf einen Punkt aufschlagen).
Wertung: 5,5 Punkte (wer "Gladiator" nie gesehen hat, darf einen Punkt aufschlagen).
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