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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Freitag, 31. Mai 2013

TO THE WONDER (2012)

Regie und Drehbuch: Terrence Malick, Musik: Hanan Townshend
Darsteller: Olga Kurylenko, Ben Affleck, Javier Bardem, Rachel McAdams, Tatiana Chiline, Romina Mondello
To the Wonder
(2012) on IMDb Rotten Tomatoes: 47% (6,0); weltweites Einspielergebnis: $2,8 Mio.
FSK: 0, Dauer: 113 Minuten.

Marina (Olga Kurylenko, "Oblivion"), die früh geheiratet hat, ein Kind bekam und bald darauf von ihrem Mann verlassen wurde, trifft in ihrem Wohnort Paris den Amerikaner Neil (Ben Affleck, "Argo"). Die beiden verlieben sich, auch Marinas inzwischen 10-jährige Tochter Tatiana (stark gespielt von Tatiana Chiline in ihrer ersten Filmrolle) mag Neil sehr. Gemeinsam ziehen sie zu Neil in die USA, allerdings in eine eher ärmliche, ländliche Gegend in Oklahoma. Zunächst ist Tatiana begeistert von der neuen Heimat, doch bald plagt sie das Heimweh. Auch ihre Mutter fühlt sich fremd und sucht Trost bei der Kirche – der fürsorgliche Priester Quintana (Javier Bardem, "Skyfall") zweifelt allerdings selbst an seiner göttlichen Berufung. Da Neil Marina nicht heiraten will, zieht sie mit ihrer Tochter schließlich zurück nach Paris. Doch die Liebe ist noch nicht erloschen ...

Kritik:
Das Gute an den Filmen des von Anhängern des Kunstkinos weltweit verehrten, aber notorisch öffentlichkeitsscheuen US-amerikanischen Regieexzentrikers Terrence Malick ist, daß man unabhängig von Story und inhaltlicher Qualität immer weiß: Der Kinobesuch wird sich lohnen. Ob in seinem noch ungeschliffenen Erstlingswerk "Badlands", in dem naturphilosophischen Antikriegsfilm "Der schmale Grat", in der elegischen Pocahontas-Verfilmung "The New World" oder in der Meditation über den Sinn des Lebens in "The Tree of Life" – die traumhaften, präzise austarierten Bildkompositionen, die Malick gemeinsam mit seinem bewährten Kameramann Emmanuel Lubezki regelrecht erarbeitet, kommen auf einer möglichst großen Leinwand definitiv am besten zur Geltung.

Das ist bei dem nur rudimentär ausgeformten Liebesdrama "To the Wonder" nicht anders, doch leider knüpft Malick inhaltlich an das enttäuschende letzte Drittel von "The Tree of Life" an und verzichtet fast vollständig auf eine Handlung im klassischen Sinne. Gut, das trifft im Großen und Ganzen auf alle seine Filme zu, aber hier geschieht selbst für Malicks Verhältnisse sehr wenig; was das Zuschauen auf Dauer ziemlich mühsam macht. Zu Beginn ist man noch fasziniert von den wie gewohnt wunderschönen Bildern, musikalisch majestätisch untermalt durch klassische Stücke von Rachmaninoff, Wagner, Tschaikowski, Haydn, Schostakowitsch, Berlioz sowie einigen weniger berühmten Komponisten. Doch nach einer Dreiviertelstunde, als Rachel McAdams (für gerade einmal etwa zehn Minuten) die Szenerie betritt und die bis dahin noch ansatzweise stringente Handlung endgültig in eine Reihe loser Assoziationen übergeht, ließen zumindest bei mir Konzentration und Interesse spürbar nach. Stattdessen übernahm zunehmend gepflegte Langeweile das Regiment.

Das ist schade, da das Thema "Liebe" ja so viele Ansatzmöglichkeiten bietet, die "To the Wonder" aber nur touchiert. Die romantische Liebe, die Liebe zwischen Eltern und ihren Kindern, die Liebe zu Gott, auch – wie immer bei Malick, wenngleich hier etwas weniger stark ausgeprägt als sonst – die Liebe zur Natur, sie alle kommen vor und zu allen hat Malick interessante Ideen und Aussagen zu bieten (wobei das bei Malick natürlich immer besonders stark von der jeweiligen Interpretation abhängt), die er leider nur kurz anreißt. Offensichtlich will Malick seinem Publikum nur ganz leichte Gedankenanstöße vermitteln, aus denen dann jeder selbst etwas machen soll. Bei den meisten seiner Filme funktioniert diese Methodik meines Erachtens wunderbar, hier liefert Malick dafür jedoch zu wenig brauchbares Material. Nebenfiguren betreten unvermittelt das Bild, sagen ein paar potentiell bedeutungsschwere Sätze und verschwinden dann wieder im Nichts. Interessante Mini-Nebenhandlungsstränge verlaufen im Sande. Das ist, bei aller Schönheit, auf Dauer einfach anstrengend.

Vermutlich ist der Punkt, an dem die Faszination in psychische Ermattung übergeht, bei jedem ein anderer. So manchem (mit Malicks Werk weniger vertrautem) Zuschauer wird schon nach fünf Minuten die Lust vergehen, wenn ihm klar wird, daß "To the Wonder" einer jener Filme ist, in denen die Charaktere alles aus dem Off kommentieren – zumal diese Kommentare, die inhaltlich zwischen poetischer, aber ernsthafter Auseinandersetzung mit dem großen Thema "Liebe" und schlichter Glückskeksphilosophie schwanken, weit weniger tiefschürfend wirken als in den meisten früheren Malick-Filmen. Andere geben vielleicht erst kurz vor Schluß auf, wenn die Figuren immer melodramatischer agieren, das Verhalten für den Betrachter aber kaum nachvollziehbar ist, da in den immerhin 110 Minuten keine der handelnden Personen wirklich Substanz gewinnt. Am ehesten mag das noch auf die von Olga Kurylenko leidenschaftlich porträtierte Marina zutreffen, die wenigstens als einzige wie ein echter Mensch wirkt und nicht wie ein nur skizzenhaft umrissener Schatten eines Menschen. Ben Affleck, dessen Neil eigentlich im Zentrum der Handlung steht, aber niemals Profil entwickeln darf und entsprechend blaß und langweilig rüberkommt, wird von Malick komplett unterfordert, bei Javier Bardems zweifelndem Priester Quintana ist es nicht viel besser. Und Rachel McAdams ("Midnight in Paris") hat als romantische Farmerin Jane kaum mehr als einen Gastauftritt.

Zum Glück gibt es aber ja noch diese phantastischen Bilderwelten, die Malick und Lubezki schaffen. Erwartungsgemäß sind die Naturaufnahmen (auch jene, die die Zerstörung der Natur durch den Menschen bebildern) besonders eindrucksvoll, aber das ärmliche Stadtleben wird ebenfalls gekonnt und pointiert auf den Punkt gebracht. Wie man es von ihm kennt, spart Malick – sowohl in der rudimentären Handlung als auch in den Bildern – nicht an Metaphern und Symbolen. Manche davon sind ungewohnt plump geraten, wenn etwa der Beginn des Zerfalls der Beziehung zwischen Neil und Marina durch einen einzigen Blick symbolisiert wird, den Neil an einem Swimming Pool einer attraktiven Frau zuwirft. Andere sind überzeugender, beispielsweise die direkte Gegenüberstellung von Szenen vom frisch verliebten Beginn der Beziehung und dem von Frustration und Wut geprägten unmittelbar bevorstehenden Ende – oder die fast identischen Worte, mit denen Marina aus dem Off über ihre Liebe zu Neil philosophiert und Vater Quintana über seine Liebe zu Gott. Man kann definitiv viel herausholen als Malicks Werk, nur fällt das dieses Mal noch schwerer als bei seinen vorherigen Filmen.

Fazit: "To the Wonder" ist ein inhaltlich ziemlich nihilistisches philosophisches Liebesdrama, das durch seine Ästhetik begeistert, aber mit der kaum vorhandenen Story und den fremd bleibenden Figuren sehr viel guten Willen und Geduld erfordert und mitunter eher wie eine Meditationshilfe als wie ein Film im klassischen Sinne wirkt.

Wertung: 5 Punkte.


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