Regie und Drehbuch: Terrence Malick, Musik: Hanan Townshend
Darsteller: Olga Kurylenko, Ben Affleck, Javier Bardem,
Rachel McAdams, Tatiana Chiline, Romina Mondello
Marina (Olga Kurylenko, "Oblivion"), die früh
geheiratet hat, ein Kind bekam und bald darauf von ihrem Mann verlassen wurde,
trifft in ihrem Wohnort Paris den Amerikaner Neil (Ben Affleck, "Argo"). Die beiden
verlieben sich, auch Marinas inzwischen 10-jährige Tochter Tatiana (stark gespielt von Tatiana
Chiline in ihrer ersten Filmrolle) mag Neil sehr. Gemeinsam ziehen sie zu Neil in die USA, allerdings in
eine eher ärmliche, ländliche Gegend in Oklahoma. Zunächst ist Tatiana
begeistert von der neuen Heimat, doch bald plagt sie das Heimweh. Auch ihre Mutter fühlt
sich fremd und sucht Trost bei der Kirche – der fürsorgliche Priester Quintana (Javier
Bardem, "Skyfall") zweifelt allerdings selbst an seiner göttlichen Berufung. Da Neil Marina nicht heiraten will, zieht sie mit ihrer Tochter
schließlich zurück nach Paris. Doch die Liebe ist noch nicht erloschen ...
Kritik:
Das Gute an den Filmen des von Anhängern des Kunstkinos weltweit verehrten, aber notorisch öffentlichkeitsscheuen
US-amerikanischen Regieexzentrikers Terrence Malick ist, daß man unabhängig von
Story und inhaltlicher Qualität immer weiß: Der Kinobesuch wird sich lohnen. Ob in seinem noch ungeschliffenen Erstlingswerk "Badlands", in
dem naturphilosophischen Antikriegsfilm "Der schmale Grat", in der
elegischen Pocahontas-Verfilmung "The New World" oder in der
Meditation über den Sinn des Lebens in "The Tree of Life" – die
traumhaften, präzise austarierten Bildkompositionen, die Malick gemeinsam mit
seinem bewährten Kameramann Emmanuel Lubezki regelrecht erarbeitet, kommen auf einer
möglichst großen Leinwand definitiv am besten zur Geltung.
Das ist bei dem nur rudimentär ausgeformten Liebesdrama
"To the Wonder" nicht anders, doch leider knüpft Malick inhaltlich an
das enttäuschende letzte Drittel von "The Tree of Life" an und
verzichtet fast vollständig auf eine Handlung im klassischen Sinne. Gut, das
trifft im Großen und Ganzen auf alle seine Filme zu, aber hier geschieht selbst
für Malicks Verhältnisse sehr wenig; was das Zuschauen auf Dauer ziemlich mühsam
macht. Zu Beginn ist man noch fasziniert von den wie gewohnt wunderschönen
Bildern, musikalisch majestätisch untermalt durch klassische Stücke von
Rachmaninoff, Wagner, Tschaikowski, Haydn, Schostakowitsch, Berlioz sowie
einigen weniger berühmten Komponisten. Doch nach einer Dreiviertelstunde,
als Rachel McAdams (für gerade einmal etwa zehn Minuten) die Szenerie betritt
und die bis dahin noch ansatzweise stringente Handlung endgültig in eine Reihe
loser Assoziationen übergeht, ließen zumindest bei mir Konzentration und
Interesse spürbar nach. Stattdessen übernahm zunehmend gepflegte Langeweile das
Regiment.
Das ist schade, da das Thema "Liebe" ja so viele
Ansatzmöglichkeiten bietet, die "To the Wonder" aber nur touchiert.
Die romantische Liebe, die Liebe zwischen Eltern und ihren Kindern, die Liebe
zu Gott, auch – wie immer bei Malick, wenngleich hier etwas weniger stark
ausgeprägt als sonst – die Liebe zur Natur, sie alle kommen vor und zu allen
hat Malick interessante Ideen und Aussagen zu bieten (wobei das bei Malick
natürlich immer besonders stark von der jeweiligen Interpretation abhängt), die
er leider nur kurz anreißt. Offensichtlich will Malick seinem Publikum nur ganz
leichte Gedankenanstöße vermitteln, aus denen dann jeder selbst etwas machen
soll. Bei den meisten seiner Filme funktioniert diese Methodik meines Erachtens
wunderbar, hier liefert Malick dafür jedoch zu wenig brauchbares Material.
Nebenfiguren betreten unvermittelt das Bild, sagen ein paar potentiell
bedeutungsschwere Sätze und verschwinden dann wieder im
Nichts. Interessante Mini-Nebenhandlungsstränge verlaufen im Sande. Das ist,
bei aller Schönheit, auf Dauer einfach anstrengend.
Vermutlich ist der Punkt, an dem die Faszination in
psychische Ermattung übergeht, bei jedem ein anderer. So manchem (mit Malicks
Werk weniger vertrautem) Zuschauer wird schon nach fünf Minuten die Lust
vergehen, wenn ihm klar wird, daß "To the Wonder" einer jener Filme
ist, in denen die Charaktere alles aus dem Off kommentieren – zumal diese
Kommentare, die inhaltlich zwischen poetischer, aber ernsthafter
Auseinandersetzung mit dem großen Thema "Liebe" und schlichter
Glückskeksphilosophie schwanken, weit weniger tiefschürfend wirken als in den
meisten früheren Malick-Filmen. Andere geben vielleicht erst kurz vor Schluß
auf, wenn die Figuren immer melodramatischer agieren, das Verhalten für den Betrachter aber
kaum nachvollziehbar ist, da in den immerhin 110 Minuten keine der handelnden
Personen wirklich Substanz gewinnt. Am ehesten mag das noch auf die von Olga
Kurylenko leidenschaftlich porträtierte Marina zutreffen, die wenigstens als
einzige wie ein echter Mensch wirkt und nicht wie ein nur skizzenhaft
umrissener Schatten eines Menschen. Ben Affleck, dessen Neil eigentlich im
Zentrum der Handlung steht, aber niemals Profil entwickeln darf und
entsprechend blaß und langweilig rüberkommt, wird von Malick komplett
unterfordert, bei Javier Bardems zweifelndem Priester Quintana ist es nicht
viel besser. Und Rachel McAdams ("Midnight in Paris") hat als
romantische Farmerin Jane kaum mehr als einen Gastauftritt.
Zum Glück gibt es aber ja noch diese phantastischen Bilderwelten,
die Malick und Lubezki schaffen. Erwartungsgemäß sind die Naturaufnahmen (auch jene, die die Zerstörung der Natur durch den Menschen bebildern)
besonders eindrucksvoll, aber das ärmliche Stadtleben wird ebenfalls gekonnt und
pointiert auf den Punkt gebracht. Wie man es von ihm kennt, spart Malick –
sowohl in der rudimentären Handlung als auch in den Bildern – nicht an
Metaphern und Symbolen. Manche davon sind ungewohnt plump geraten, wenn etwa
der Beginn des Zerfalls der Beziehung zwischen Neil und Marina durch einen
einzigen Blick symbolisiert wird, den Neil an einem Swimming Pool einer
attraktiven Frau zuwirft. Andere sind überzeugender, beispielsweise die direkte
Gegenüberstellung von Szenen vom frisch verliebten Beginn der Beziehung und dem von Frustration und Wut geprägten
unmittelbar bevorstehenden Ende – oder die fast identischen Worte, mit denen Marina
aus dem Off über ihre Liebe zu Neil philosophiert und Vater Quintana über seine
Liebe zu Gott. Man kann definitiv viel herausholen als Malicks Werk, nur fällt
das dieses Mal noch schwerer als bei seinen vorherigen Filmen.
Fazit: "To the Wonder" ist ein inhaltlich
ziemlich nihilistisches philosophisches Liebesdrama, das durch seine Ästhetik
begeistert, aber mit der kaum vorhandenen Story und den fremd bleibenden
Figuren sehr viel guten Willen und Geduld erfordert und mitunter eher wie eine Meditationshilfe als wie ein Film im klassischen Sinne wirkt.
Wertung: 5 Punkte.
Wertung: 5 Punkte.
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