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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 12. Oktober 2023

BLACK PANTHER: WAKANDA FOREVER (2022)

Regie: Ryan Coogler, Drehbuch: Ryan Coogler und Joe Robert Cole, Musik: Ludwig Göransson
Darsteller: Letitia Wright, Angela Bassett, Lupita Nyong'o, Danai Gurira, Dominique Thorne, Tenoch Huerta Mejía, Martin Freeman, Julia Louis-Dreyfus, Trevor Noah (Stimme), Winston Duke, Florence Kasumba, Michaela Coel, Mabel Cadena, Alex Livinalli, Isaach De Bankolé, Danny Sapani, Dorothy Steel, Zainab Jah, Sope Aluko, Richard Schiff, Robert John Burke, Lake Bell, Anderson Cooper, Michael B. Jordan
Rotten Tomatoes: 84% (7,1); weltweites Einspielergebnis: $859,2 Mio.
Ant-Man and the Wasp: Quantumania (2023) on IMDb FSK: 12, Dauer: 162 Minuten.
König T'Challa von Wakanda ist tot. Und da der Usurpator Killmonger (Michael B. Jordan, "Creed") alle verbliebenen Exemplare des geheimnisvollen herzförmigen Krauts zerstört hat, kann es auch keinen neuen, mit Superkräften ausgestatteten Black Panther als Beschützer Wakandas mehr geben. Dies versuchen andere Nationen auszunutzen, um an das mächtige Vibranium heranzukommen, das es nur in Wakanda gibt – oder so dachte man zumindest. Die Amerikaner spüren nämlich durch eine neue Erfindung auf dem Meeresboden einen Vibranium-Vorrat auf – allerdings wird die gesamte Besatzung des Forschungsschiffes von unbekannten Angreifern getötet! Verdächtigt wird natürlich Wakanda, doch in Wirklichkeit handelte es sich um die Bewohner der Unterwasserstadt Talocan, die bislang ihre Existenz geheimgehalten hat, sich nun aber von den Menschen bedroht sieht und daher einen Krieg mit der Oberwelt starten will. Talocans seit Jahrhunderten regierender König Namor (Tenoch Huerta Mejía, "The Forever Purge") will hierfür Wakandas neue (und alte) Königin Ramonda (Angela Bassett, "Mission: Impossible - Fallout") als Verbündete gewinnen, jedoch ist die trotz der politischen Spannungen nicht zu einem Krieg bereit – zumal Namor darauf besteht, die junge US-Wissenschaftlerin Riri Williams (Dominique Thorne, "Judas and the Black Messiah") zu töten, deren Erfindung die Entdeckung der unterseeischen Vibranium-Vorräte ermöglicht hatte. Doch es gelingt Namor, Riri und T'Challas jüngere Schwester Shuri (Letitia Wright, "Ready Player One") nach Talocan zu entführen ...

Kritik:
Wenn ein wichtiger Darsteller einer beliebten Filmreihe unerwartet stirbt, stellt sich stets die Frage: Neu besetzen oder rausschreiben und eine ganz neue Figur einführen? Die Häufigkeit beider Antworten auf diese Frage hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verschoben, denn im 20. Jahrhundert wurde sie zumeist mit einem kompromißlosen "neu besetzen" beantwortet und das wurde vom Großteil des Publikums auch so akzeptiert. Im Internet-Zeitalter hat sich das allerdings geändert; inzwischen sehen viele Fans die Neubesetzung bekannter Charaktere sehr skeptisch und plädieren eher für einen Neuanfang. Das Marvel Cinematic Universe hat diesem Trend bislang erfolgreich getrotzt und kam sowohl mit dem Wechsel von Edward Norton zu Mark Ruffalo als Hulk als auch mit dem von Terrence Howard zu Don Cheadle als James "War Machine" Rhodes ohne größere Widerstände durch. Mutmaßlich gelang dies vor allem deshalb, weil es erstens um Umbesetzungen aus kreativen Gründen ging und zweitens der jeweils zweite Schauspieler sich tatsächlich als ideal für die Rolle erwies. Als am 28. August 2020 "Black Panther"-Titeldarsteller Chadwick Boseman völlig überraschend mit nur 43 Jahren verstarb, entschieden die Marvel-Verantwortlichen um MCU-Mastermind dennoch recht schnell, ihn nicht durch einen neuen Akteur zu ersetzen – man kam überein, daß das zu respektlos wirken würde angesichts des großen Einflusses, den Boseman als Hauptdarsteller des ersten fast komplett mit schwarzen Darstellern besetzten Milliarden-Dollar-Blockbusters auf die ganze Filmbranche hatte. Blieb die Frage: Was dann tun? Daß ein weiterer in Wakanda spielender Film folgen würde, stand nie zur Diskussion, aber würde man eine bereits bekannte Figur zum neuen Black Panther machen oder eine neue einführen – oder komplett auf den Superhelden verzichten und einen reinen Wakanda-Film drehen? Mit diesen Optionen spielt der wiederum von Ryan Coogler inszenierte und mitverfaßte "Black Panther: Wakanda Forever" in seiner gut zweieinhalbstündigen Laufzeit bewußt und präsentiert letztlich eine ebenso naheliegende wie durchaus mutige Entscheidung – die ich gut ein Jahr nach dem Kinostart in dieser Rezension kurzerhand spoilern werde (weil es sonst schwer wäre, den Film angemessen zu besprechen): T'Challas jüngere, bisher vor allem als Technikgenie bekannte Schwester Shuri übernimmt das (in diesem Fall nur sprichwörtliche) Cape und wird zur neuen Beschützerin Wakandas.

Naheliegend ist Shuri als neue Black Panther vor allem deswegen, weil sie bereits als eine Sympathieträgerin etabliert ist und in der monarchisch geprägten Gesellschaft Wakandas als Nachfolgerin ihres Bruders auch inhaltlich Sinn ergibt. Mutig ist die Wahl, weil Shuri eben eigentlich "nur" als eine große Nebenfigur konzipiert und besetzt wurde und Darstellerin Letitia Wright noch recht unerfahren und vor allem nicht in einer Blockbuster-Hauptrolle erprobt ist, außerdem schauspielerisch (noch) nicht das Format einer Lupita Nyong'o ("The 355"), Angela Bassett oder Danai Gurira (TV-Serie "The Walking Dead") hat. Diese drei wären ebenfalls als T'Challas Nachfolgerinnen in Frage gekommen, wobei Bassett (die für ihre Rolle als T'Challas trauernde Mutter Ramonda mit einer OSCAR-Nominierung belohnt wurde) aus Altersgründen als sehr unwahrscheinlich galt – Nyong'os mit T'Challa liierte Kriegerin Nakia und Guriras Dora Milaje-Generalin Okoye wären aber sehr gut möglich gewesen. Theoretisch wäre natürlich auch ein männlicher Nachfolger in Frage gekommen, aber Killmonger hat bekanntlich den vorherigen Film nicht überlebt und der Stammesführer M'Baku (Winston Duke, "Spenser Confidential") hat sich bereits in "Black Panther" erfolglos im Kampf gegen T'Challa versucht. Funktioniert nun Shuri als neue Black Panther? Im Großen und Ganzen: Ja. Ich bin mir zwar noch nicht sicher, ob sie die Reihe – gerade schauspielerisch – wirklich tragen kann, aber in "Wakanda Forever" haben Ryan Coogler und Koautor Joe Robert Cole die (unfreiwillige) Übergabe des Staffelstabs gewissenhaft und überzeugend vorbereitet, indem sie Shuri nicht einfach gleich zu Beginn zur neuen Black Panther machen, sondern sie eine beachtliche charakterliche Entwicklung und einen Reifeprozeß durchmachen lassen. Das ist gut durchdacht und sehr solide umgesetzt und macht dementsprechend Shuri tatsächlich zu einer glaubwürdigen neuen Superheldin.

Bis dahin dauert es aber eine ganze Weile und nicht jede der 162 Minuten (inklusive Abspann) wäre dringend nötig gewesen. So hält sich "Wakanda Forever" für meinen Geschmack zu lange damit auf, T'Challa und damit auch Chadwick Boseman Tribut zu zollen, ehe die eigentliche Story endlich Fahrt aufnimmt. Natürlich ist das gut gemeint, aber eben doch phasenweise arg langatmig gemacht – und da es am Ende noch einmal eine Hommage an T'Challa/Boseman gibt, die weit stärker zu Herzen geht, hätte man sich eingangs definitiv kürzer fassen können, ohne dabei respektlos zu wirken. So dauert es recht lang, bis die Unterwasserstadt Talocan mit ihren blauhäutigen Bewohnern und dem gottähnlichen Anführer König Namor, ähem, auftauchen und die Stämme von Wakanda vor eine schwierige Entscheidung stellen. Grundsätzlich ist das gut gemacht: Der vom Mexikaner Tenoch Huerta Mejía recht charismatisch verkörperte Namor ist kein Antagonist, der einfach nur böse ist, sondern er hat – wie im ersten Teil Killmonger – eine nachvollziehbare Motivation, die er Shuri bei ihrem Besuch in Talocan näherbringt. Daß es schließlich dennoch zur offenen Konfrontation kommt, ist angesichts Namors radikalen "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!"-Ultimatums natürlich unvermeidbar – dennoch kann man sich als Zuschauer nicht des Eindrucks erwehren, daß sich die Situation einigermaßen friedlich lösen ließe, würden beide Parteien nur mehr und aufrichtig miteinander sprechen. Aber gut, das trifft auf "unsere" echten irdischen Kriege vermutlich auch zu, ist also von daher (leider) nicht unbedingt unrealistisch …

Für einen wirklich guten Antagonisten bekommen Namor und seine (fast völlig austauschbar bleibenden) Untergebenen wieder einmal zu wenig Zeit, um sich zu profilieren – ein typisches Problem des Superhelden-Genres. Ein paar Rückblenden auf Namors Vergangenheit sind nett gemacht und durchaus informativ, aber unter dem Strich bleibt Namor eine bessere Nebenfigur. Was insofern verständlich ist, als in "Wakanda Forever" eindeutig die Suche nach T'Challas Nachfolger als Black Panther im Vordergrund steht. Dieser Thematik fällt bedauerlicherweise auch Agent Ross (Martin Freeman, "Der Hobbit") weitgehend zum Opfer, der im Vorgänger für den nötigen Humor sorgte, diesmal aber nur ein paar kurze, wenig denkwürdige Momente auf der Leinwand bekommt – aber immerhin erfahren wir, daß er mit Direktorin de Fontaine (Julia Louis-Dreyfus, "Genug gesagt") verheiratet war, mit deren ambivalenter Rolle MCU-Fans bereits in "Black Widow" und der Serie "The Falcon and the Winter Soldier" konfrontiert wurden ... Ansonsten sticht die größere Rolle von T'Challas und Shuris Mutter Ramonda hervor, die ob Angela Bassetts Schauspielkunst sehr begrüßenswert ist. Und Newcomerin Dominique Thorne zeigt als sympathische geniale Tüftlerin Riri Williams (die ihre eigene Disney+-Serie namens "Ironheart" bekommt), dass sie in zukünftigen Filmen gewissermaßen die bisherige Shuri-Rolle einnehmen könnte. Die erwartbare finale Schlacht zwischen Wakanda und Talocan ist derweil wie üblich spektakulär in Szene gesetzt und profitiert von dem ungewöhnlichen Wasser-gegen-Erde-Aspekt, der einige sehenswerte und unkonventionelle Momente ermöglicht. Alles in allem ist "Black Panther: Wakanda Forever" etwas zu lang geraten und findet nicht ganz die richtige Balance zwischen der Suche nach dem neuen Black Panther und der Bedrohung durch König Namor, macht aber mit der Charaktisierung der Hauptfiguren vieles richtig und erreicht beinahe den Unterhaltsamkeitsgrad des ersten Teils.

Fazit: "Black Panther: Wakanda Forever" ist ein sehenswerter Action-Superheldenfilm, der die schwierige Aufgabe, sich vom verstorbenen Hauptdarsteller zu verabschieden und gleichzeitig voranzugehen, würdevoll meistert – auch wenn darunter die eigentliche Story etwas leidet.

Wertung: 7,5 Punkte.


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