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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 26. Januar 2023

ROALD DAHLS MATILDA – DAS MUSICAL (2022)

Regie: Matthew Warchus, Drehbuch: Dennis Kelly, Musik: Tim Minchin (Songs), Christopher Nightingale
Darsteller: Alisha Weir, Emma Thompson, Lashana Lynch, Sindhu Vee, Andrea Riseborough, Stephen Graham, Rei Yamauchi Fulker, Charlie Hodson-Prior, Meesha Garbett, Carl Spencer, Lauren Alexandra, Winter Jarrett Glasspool, Andrei Shen, Ashton Robertson, Amber Adeyinka
Roald Dahl's Matilda the Musical (2022) on IMDb Rotten Tomatoes: 93% (7,7); britisches Einspielergebnis: $35,6 Mio.
Altersempfehlung: 6, Dauer 117 Minuten.
Die 11-jährige Matilda Wurmwald (Alisha Weir, "Don't Leave Home") hat noch nie eine Schule von innen gesehen, weil ihre an ihr überhaupt nicht interessierten Proll-Eltern (Stephen Graham und Andrea Riseborough) einfach nicht daran gedacht haben, sie anzumelden. Geschadet hat das der aufgeweckten Matilda nicht wirklich, denn sie hat sich auch auf eigene Faust zu einer echten Leseratte entwickelt, die täglich die rollende Bibliothek von Frau Phelps (Sindhu Vee) besucht und mehrere anspruchsvolle Romane pro Woche liest. Als das Jugendamt schließlich auf Matilda aufmerksam wird, wird sie an die Schule Crunchem Hall gebracht. Ihre freundliche Klassenlehrerin Fräulein Honig (Lashana Lynch, "Captain Marvel") braucht nicht lange, um zu bemerken, welch besonderes Mädchen Matilda ist, die sich als echtes Genie herausstellt. Das ist gar nicht im Sinne der sadistischen Schulleiterin Agatha Knüppelkuh (Emma Thompson, "Tatsächlich … Liebe"), denn die ehemalige Profi-Hammerwerferin hasst Kinder leidenschaftlich und glaubt fest daran, daß man sie erst brechen muß, ehe man ihnen etwas beibringen kann. Mit ihrem schrecklichen Verhalten kam die furchterregende Schulleiterin bislang stets durch, weil selbst die Lehrer sie fürchten; doch Matilda ist nicht gewillt, sich von der Knüppelkuh alles bieten zu lassen. Sie ist der Funken, der eine Revolution entbrennen läßt ...

Kritik:
Die oft schwarzhumorigen Werke des 1990 verstorbenen Kinderbuch-Autors Roald Dahl sind in seiner britischen Heimat absoluter Kult, im deutschsprachigen Raum scheinen sie mir deutlich weniger verbreitet zu sein – jedenfalls hatte ich in meiner Kindheit keinerlei Kontakt zu Dahls Geschichten und wurde erstmals als Erwachsener durch Tim Burtons Verfilmung von "Charlie und die Schokoladenfabrik" mit Johnny Depp auf ihn aufmerksam. Auch sein Roman "Matilda" wurde bereits verfilmt und Danny DeVitos Adaption aus dem Jahr 1996 erfreut sich bis heute nicht nur auf der Insel großer Beliebheit. 2011 brachte dann die Royal Shakespeare Company eine Musical-Version der Geschichte auf Londons Bühnen und wie bei fast jedem erfolgreichen Musical war es auch hier lediglich eine Frage der Zeit, bis es eine aufwendige Verfilmung erhält. Die entstand unter der Regie des renommierten Theater- und Filmemachers Matthew Warchus ("Pride") und erhielt glänzende Kritiken, jedoch lediglich in Großbritannien einen großflächigen Kinostart (wo der Film prompt zu einem Weihnachts-Hit wurde); im Rest der Welt erfolgte die Veröffentlichung direkt bei Netflix. Das ist bedauerlich, aber auch auf dem heimischen TV-Gerät bezaubert das märchenhafte Musical mit seinem skurrilen und überzogenen Humor, schrägen Charakteren und tollen Songs von Tim Minchin (der inzwischen übrigens auch ein "Und täglich grüßt das Murmeltier"-Musical am Broadway zur Aufführung gebracht hat – mal sehen, wann das verfilmt wird).

Da ich weder Dahls Buch noch Danny DeVitos Adaption kenne, konnte ich völlig unbelastet an "Matilda – Das Musical" herangehen. Und es ist erstaunlich, wie viel Laune die Geschichte macht angesichts der Tatsache, daß der Film mit Fug und Recht ebensogut "Kindesmißbrauch (emotional und körperlich) – Das Musical" heißen könnte. Denn im Grunde genommen geht es tatsächlich knapp zwei Stunden lang darum, wie Matilda von ihren Eltern emotional mißbraucht und vernachlässigt wird und die Schüler von Crunchem Hall von der Schulleiterin Knüppelkuh emotional und körperlich. Daß das in einem Film, der eine Altersempfehlung ab 6 Jahren hat, funktionieren kann, liegt natürlich daran, daß es so extrem überzogen dargestellt wird – und an der furchtlosen Matilda, die sich nie unterkriegen läßt und schon bald die Revolution gegen das herzlose Establishment anführt. Und wenn die gesamte Filmwelt so eindeutig unrealistisch und übertrieben ist und dies auf die von einer dank einer offensichtlich auf Hochtouren arbeitenden Masken- und Kostümabteilung kaum zu erkennenden Emma Thompson grandios verkörperte Antagonistin Knüppelkuh erst recht zutrifft, dann ist es eben auch lustig, wenn die frühere Hammerwerferin auf dem Pausenhof ein kleines Mädchen an ihren Zöpfen packt, sie wie einen Hammer über dem Kopf kreisen läßt und zu einem weiten Flug in ein Gebüsch wegschleudert. Ja, es ist sogar sehr komisch, weil das Mädchen es natürlich (weitestgehend) unbeschadet übersteht und der ganze Vorgang so absurd ist, daß niemand bei Verstand das ernstnehmen kann …

Solche Szenen hat "Matilda – Das Musical" zahlreich zu bieten, allerdings gibt es in dem grob in drei Handlungsstränge unterteilten Film auch ernstere Momente und selbstredend viele groß aufgezogene Musicalnummern. Die Struktur der Geschichte folgt streng Matildas Tagesablauf: Wir beginnen bei ihr zu Hause, wo sie von ihren Eltern bestenfalls mit Mißachtung gestraft wird (und sie gerade ihrem Vater als Rache dafür immer wieder Streiche spielt), dann wechseln wir zur Schule, wo die liebevolle Behandlung durch Fräulein Honig mit der Tyrannei der Knüppelkuh kontrastiert und nach der Schule folgen wir Matilda zur netten Bibliothekarin Frau Phelps, der die phantasievolle Schülerin eine epische, tragische Geschichte über die Liebe zwischen einer Akrobatin und einem Entfesselungskünstler erzählt. Dieser Storystrang wirkt zunächst deutlich vom Rest abgetrennt, fügt sich aber doch harmonisch ins Ganze, als sich eine unerwartete Verbindung auftut. Matildas Geschichte wie auch die Musical-Nummern nutzt der Regisseur für aufwendige, visuell immer wieder einfallsreich gestaltete Massenchoreographien. Zum Glück gibt es bei den Songs auch absolut keine Ausfälle. Die schmissigen Melodien und die witzigen Texte sorgen wiederholt für Erheiterung wie beim wunderbaren "School Song" (der amüsant das Alphabet einbindet) oder dem von Emma Thompson leidenschaftlich vorgetragenen "The Smell of Rebellion". Kurzum: "Roald Dahls Matilda – Das Musical" ist ein riesengroßer Spaß für Groß und Klein, auch wenn durch den Fokus auf die Songs sowie die übertriebene Darstellung die einzelnen Charaktere recht oberflächlich bleiben. Aber das machen die enthusiastischen Schauspieler mehr als wett, wobei neben den Kinderdarstellern um die quirlige Alisha Weir vor allem Emma Thompson als bösartige Knüppelkuh richtiggehend aufblüht.

Fazit: "Roald Dahls Matilda – Das Musical" ist ein enorm unterhaltsames und sehr skurriles (man könnte sagen: typisch britisches) Musical für die ganze Familie, das mit starken Songs, großartigen Choreographien und einem gut aufgelegten Cast begeistert.

Wertung: 9 Punkte.
 

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