Das Kinojahr 2023 beginnt vielversprechend mit mehreren OSCAR-Anwärtern ("The Banshees of Inisherin", "Till"), einem extravaganten dreistündigen Epos über das Hollywood der 1920er Jahre ("Babylon") und etlichen weiteren interessanten Filmen:
5. Januar:
"The
Banshees of Inisherin":
Einer der großen
OSCAR-Favoriten in diesem Jahr ist nicht gänzlich überraschend der
neue Film des Iren Martin McDonagh ("Three Billboards …").
Die schwarzhumorige Tragikomödie spielt im Jahr 1923 auf einer
kleinen irischen Insel und erzählt von den lebenslangen besten
Freunden Pádraic (Colin Farrell) und Colm (Brendan Gleeson), die
jeden Abend gemeinsam im Pub verbringen. Bis Colm Pádraic eines
Tages unverhofft eröffnet, er wolle fortan nichts mehr mit ihm zu
tun haben – dafür gebe es gar keinen bestimmten Anlaß, er habe
einfach genug von Pádraics Gesellschaft und wolle sich in Zukunft
lieber dem Komponieren widmen. Pádraic will das nicht einfach so
akzeptieren, doch Colm macht ihm klar, wie ernst es ihm ist, indem er
ankündigt, sich fortan jedes Mal einen Finger abzuschneiden, wenn
Pádraic ihn anspricht oder sonstwie mit ihm kommuniziert … Beim
Filmfestival in Venedig gewann McDonagh den Drehbuch-Preis und
Farrell wurde als bester Schauspieler ausgezeichnet, zudem ist der
Film mit den Nebendarstellern Kerry Condon ("Unleashed")
und Barry Keoghan ("Eternals") u.a. für acht Golden Globes
nominiert.
"Operation
Fortune":
Nachdem der
britische Regisseur Guy Ritchie letztes Jahr mit "Cash Truck"
ungewöhnlicherweise ein Remake in die Kinos brachte, kommt nun
wieder ein "echter" Ritchie-Film auf die große Leinwand.
"Operation Fortune" ist – wie so oft bei Ritchie – eine
Actionkomödie, in der Jason Statham den britischen Geheimagenten
Orson Fortune verkörpert. Dieser soll die Verbreitung einer
hochgefährlichen neuen Waffentechnologie durch den Waffenhändler
Simmonds (Hugh Grant) verhindern und engagiert dafür als
Geheimwaffe auch den Hollywood-Star Danny Francesco (Josh Hartnett) …
In weiteren Rollen agieren Aubrey Plaza, Cary Elwes, der britische
Rapper Bugzy Malone und Eddie Marsan.
"Belle &
Sebastian – Ein Sommer voller Abenteuer":
Cécile Aubrys Roman
"Belle et Sébastien" über die wunderbare Freundschaft
zwischen einem Waisenjungen aus einem kleinen Alpendorf und einer
riesigen Berghündin scheint in Frankreich ein echter Evergreen zu
sein – geht man von der Anzahl an Adaptionen für TV und Kino aus.
Zuletzt gab es von 2013 bis 2017 eine erfolgreiche Film-Trilogie, die
auch in Deutschland veröffentlicht wurde ("Belle und
Sebastian", "Sebastian und die Feuerretter" und "Belle
& Sebastian – Freunde fürs Leben"), nun steht mal wieder
ein Reboot an, das in seiner Heimat in den ersten drei Wochen
immerhin eine gute halbe Million Interessierte in die
Lichtspielhäuser lockte. Regie führt diesmal Pierre Coré.
"Passagiere
der Nacht":
Mit sehr positiven
Kritiken und Vergleichen mit den Werken von Éric Rohmer wartet
Mikhaël Hers' ("Mein
Leben mit Amanda") nostalgisches Drama auf, das im Paris der
1980er Jahre spielt. Charlotte Gainsbourg spielt Elisabeth, die
alleinerziehende, jüngst von Brustkrebs genesene Mutter zweier
Teenager. Als sie auf die obdachlose Ausreißerin Talulah (Noée
Abita aus der TV-Serie "Die Frau aus dem Meer") trifft,
beschließt Elisabeth, sich um sie zu kümmern und sie bei sich zu Hause
aufzunehmen. Eine Entscheidung, die das Leben aller Beteiligten
nachhaltig verändern wird ...
"M3GAN":
Von vielen Genrefans
mit Spannung erwartet wird dieser recht originell anmutende
SciFi-Horrorfilm von Gerard Johnstone ("Housebound"), in
dem ein Prototyp der titelgebenden, von einer künstlichen
Intelligenz gesteuerten lebensechten Puppe zur Gefährtin des
Waisenmädchens Cady (Violet McGraw, "Black Widow") werden
soll – deren Tante Gemma (Allison Williams, "Get Out")
die M3GAN-Schöpferin ist. Wir erahnen es: Nicht alles läuft wie
gewünscht, denn M3GAN erweist sich als überfürsorglich und beginnt
schon bald, alle zu töten, die sie als Bedrohung für Cadys Wohl
empfindet!
"Holy
Spider":
Das für vier
Europäische Filmpreise nominierte und beim Festival von Cannes mit
dem Preis für die beste Darstellerin geehrte dänische
Thriller-Drama von Ali Abbasi ("Border") erzählt nach
wahren Geschehnissen von der iranischen Journalistin Rahimi (Zar Amir
Ebrahimi), die im Jahr 2001 bezüglich einer Serie von Frauenmorden
in der "heiligen Stadt" Maschhad recherchiert. Der Killer
(Mehdi Bajestani) sieht sich selbst auf einer heiligen Mission und
hadert mit dem mangelnden Interesse der Behörden an seinen Taten
(die Opfer sind "nur" Prostituierte). Und Rahimi muß
entsetzt feststellen, daß der Serienkiller von vielen Einwohnern der
tiefgläubigen Stadt sogar als Held gefeiert wird!
"In der
Nacht des 12.":
In dem positiv
rezensierten düsteren französischen Krimidrama von Dominik Moll
("Lemming") geht es um den Polizisten Yohan (Bastien
Bouillon), den die Ermittlungen im Fall der ermordeten Clara – die
auf dem Heimweg von einer Party von einem Mann mit Benzin übergossen
und verbrannt wurde – zunehmend aufreiben. Denn es gibt zwar viele
Verdächtige, aber so richtig will es einfach nicht voran gehen ...
"FCK 2020 –
Zweieinhalb Jahre mit Scooter":
Der Dokumentarfilm
von Cordula Kablitz-Post begleitet die deutschen Techno-Pioniere von
Scooter bei den Aufnahmen zu ihrem 20. Studioalbum und eigentlich
auch bei der folgenden internationalen Tournee – die allerdings
durch die Corona-Pandemie stark beeinträchtigt wurde.
19. Januar:
"Babylon –
Im Rausch der Ekstase":
Nach seinem
Kritiker-Hit "Whiplash" und dem sechsfach OSCAR-prämierten
Musical-Triumph "La La Land" war der junge US-französische
Filmemacher Damien Chazelle der neue Regiestar in Hollywood und
konnte sich seine nächsten Projekte mehr oder weniger frei
aussuchen. Sein "Aufbruch zum Mond" konnte die Kritiker
erneut überzogen, enttäuschte aber kommerziell. Chazelles Reaktion?
Mit "Babylon" schuf er eine zügellose dreistündige
Extravaganza, die in der Frühzeit der Filmbranche spielt und neben
dem damaligen "Sündenpfuhl" Hollywood u.a. den für viele
Filmschaffende schwierigen Übergang vom Stumm- zum Tonfilm in den
1920er Jahren thematisiert. Es steht zu befürchten, daß "Babylon"
für längere Zeit das letzte Großprojekt Chazelles bleibt, denn die
etwa $80 Mio. teure Produktion polarisierte die Kritiker (die
Bandbreite der Rezensionen reicht in etwa von "Geniestreich"
bis "Totalausfall") und lockte in den USA trotz fünf
Golden Globe-Nominierungen kaum Zuschauer in die Kinos. Das
produzierende Paramount-Studio hofft auf bessere Aufnahme im
die Konventionen mißachtenden Filmen gegenüber oft
aufgeschlosseneren Europa, aber selbst wenn sich das bewahrheiten
sollte, dürfte der Sprung in die schwarzen Zahlen kaum noch zu
schaffen sein. Im Zentrum der Geschichte steht das beliebte
Schauspieler-Ehepaar Jack Conrad (Brad Pitt) und Nellie LaRoy (Margot
Robbie), das versucht, sich einigermaßen schadlos durch diese Zeit
des Umbruchs zu navigieren.
"Shotgun
Wedding – Ein knallhartes Team":
Auch in ihren 50ern
zählt Jennifer Lopez immer noch zu den wenigen Hollywood-Stars, die
verläßlich alleine aufgrund ihrer Starpower ein größeres Publikum
in die Kinos locken. Das will sie ein weiteres Mal unter Beweis
stellen (wobei der Film in den meisten Ländern direkt im Streaming bei Amazon Prime Video landet) mit Jason Moores ("Pitch Perfect") romantischer
Actionkomödie, in der sie als Darcy bei einer aufwendigen Feier auf
den Philippinen Tom (Josh Duhamel) heiraten will. Allerdings bekommen
beide nicht zuletzt wegen ihrer wenig hilfreichen Familien und Darcys
uneingeladen auftauchendem Ex-Freund (Lenny Kravitz) kalte Füße –
und dann wird die Feier auch noch überfallen und die Gäste werden
als Geiseln genommen! Interessanter Fakt am Rande: Die männliche
Hauptrolle sollte zunächst Ryan Reynolds spielen, der mußte aber
(wohl aus Zeitgründen) absagen und blieb als ein Produzent an Bord.
Als Reynolds' Ersatz vor der Kamera wurde Armie Hammer auserkoren,
doch als dieser wegen Mißbrauchsvorwürfen zur Persona non grata
wurde, ging die Rolle schließlich an Duhamel.
"Rache auf
Texanisch":
Das Kino-Regiedebüt
des Schauspielers B.J. Novak ("Saving Mr. Banks") ist eine
wohlwollend rezensierte schwarze Komödie, in der Novak selbst die
Hauptrolle des New Yorker Journalisten und Podcasters Ben spielt. Als
eine Frau, mit der er früher einmal eine kurze Beziehung hatte, tot
in einem texanischen Ölfeld aufgefunden wird, wittert Ben den
richtigen Stoff für einen erfolgreichen True-Crime-Podcast und macht
sich mit seiner Produzentin Eloise (Issa Rae) auf den Weg nach Texas,
um die Umstände ihres Todes zu recherchieren. Vor Ort hat er als New
Yorker allerdings gewisse Anpassungsschwierigkeiten ...
26. Januar:
"Die drei
??? - Erbe des Drachens":
"Die drei ???"
bleibt als Jugendbuch- und vor allem als kultige Hörbuch-Reihe
unkaputtbar und damit natürlich auch für die Kinobranche stets
interessant. Letztmals kamen 2007 und 2009 mit "Das Geheimnis
der Geisterinsel" und "Das verfluchte Schloß" zwei
Adaptionen auf die große Leinwand, die mit knapp 950.000 respektive
knapp 600.000 Zuschauern auch ganz ordentlich liefen – allerdings
nicht gut genug für weitere Abenteuer mit der gleichen Besetzung.
Deshalb gibt es nun das obligatorische Reboot unter der Regie von
Tim Dünschede ("Limbo"), in dem Justus (Julius Weckauf,
"Der Junge muß an die frische Luft"), Peter (Nevio Wendt)
und Bob (Levi Brandl) in den Sommerferien am Set eines Films in
Rumänien mithelfen, zu dem Peters Vater (Mark Waschke) die
Spezialeffekte beisteuert. Allerdings geschehen im Schloß von Gräfin
Codrina (Gudrun Landgrebe), das als Filmkulisse dient, einige
unerklärliche Dinge, die möglicherweise mit dem ungeklärten
Verschwinden eines Jungen vor 50 Jahren in Zusammenhang stehen und
logischerweise die drei Hobby-Detektive auf den Plan rufen ...
"Caveman":
Eigentlich sollte
Laura Lackmanns ("Zwei im falschen Film") Adaption des
erfolgreichen Solo-Theaterstücks "Caveman" bereits Ende
2021 in die deutschen Kinos kommen, coronabedingt ergab sich jedoch
eine letztlich gut einjährige Verzögerung. Moritz Bleibtreu spielt
in der Komödie die Hauptrolle des Möchtegern-Comedians Bobby, der
bei einer Open-Mic-Veranstaltung in einem Comedy-Club von seinen
Gesprächen mit seinem imaginären Freund – einem Höhlenmenschen –
erzählt, dem er (so ist er jedenfalls überzeugt) diverse
Erkenntnisse in Sachen Geschlechterkampf verdankt ...
"Till –
Kampf um die Wahrheit":
Das historische
Biopic von Chinonye Chukwu ("Clemency") schildert die
Geschehnisse rund um den berüchtigten, maximal grausamen Lynchmord
am 14-jährigen Afroamerikaner Emmett Till im Jahr 1955 (das ihm
vorgeworfene "Verbrechen": er habe mit einer weißen Frau
geflirtet ...) aus der Perspektive seiner Mutter (Danielle Deadwyler,
"The Harder They Fall"). Ein schweres Thema also, das aber
gemäß den begeisterten Kritikern sehr bewegend umgesetzt wurde –
am meisten Lob erhält Hauptdarstellerin Deadwyler, die als sichere
OSCAR-Kandidatin gilt.
"The Son":
Mit dem
unkonventionellen Alzheimer-Drama "The Father" – einer
Verfilmung seines eigenen Theaterstücks – mit Sir Anthony Hopkins
feierte der französische Dramatiker Florian Zeller 2020 große
Erfolge bis hin zum Gewinn des Drehbuch-OSCARs. Nach dem gleichen
Rezept – wiederum adaptiert Zeller ein eigenes Theaterstück –
sollte auch "The Son" funktionieren, jedoch schnitt das
Melodram trotz starker Besetzung bei den Kritikern bestenfalls
mittelmäßig ab. Es geht um den problembeladenen 17-jährigen
Nicholas (Zen McGrath), der seit der Scheidung seiner Eltern bei
seiner Mutter Kate (Laura Dern) lebt. Nun möchte er jedoch bei
seinem Vater Peter (Hugh Jackman) einziehen, der in der Zwischenzeit
Beth (Vanessa Kirby) geheiratet und mit ihr ein Baby bekommen hat.
Peter will seinem Sohn aufrichtig helfen, hat aber mit seiner
neuen Familie und auch beruflich einiges um die Ohren ...
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