Empfohlener Beitrag

In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 25. Februar 2021

FAKING BULLSHIT – KRIMINELLER ALS DIE POLIZEI ERLAUBT! (2020)

Regie und Drehbuch: Alexander Schubert, Musik: Román Fleischer
Darsteller: Erkan Acar, Sina Tkotsch, Adrian Topol, Sanne Schnapp, Alexander Hörbe, Bjarne Mädel, Alexander von Glenck, Xenia Assenza, Mišel Matičević, Maria Ehrich, Reza Brojerdi, Alexander Schubert
Faking Bullshit - Krimineller als die Polizei erlaubt! (2020) on IMDb Rotten Tomatoes: -; Zuschauer in Deutschland: 31.899
FSK: 12, Dauer: 103 Minuten.
Deniz (Erkan Acar, "Schneeflöckchen") hat keinen guten Abend: Erst entwickelt sich sein Blind Date mit Jasmin (Maria Ehrich, "Rubinrot") zum Political Correctness-Debakel und als sich daraufhin mit der ebenfalls im Restaurant anwesenden Tina (Sina Tkotsch, "Dschungelkind") alles zum Guten zu entwickeln scheint, verschwindet diese kommentarlos, sobald sie erfährt, daß Deniz Polizist ist. Nach einer einsamen Nacht erkennt Deniz am nächsten Tag allerdings, daß Tina keineswegs eine Polizisten-Hasserin ist, sondern den Flirt deshalb einstellte, weil sie ebenfalls Polizistin und in dienstlichem Auftrag unterwegs ist. Denn da es in der verschlafenen Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen kaum Kriminalität gibt, soll Tina darüber entscheiden, ob die Wache aufgelöst wird. Deniz, Rocky (Adrian Topol, "Ronny & Klaid"), Netti (Sanne Schnapp, "Wickie und die starken Männer") und ihr Mann Hagen (Alexander Hörbe, "Der Hauptmann") sind davon erwartungsgemäß nicht begeistert, und als Deniz nach einem Abend gemeinsamen Frustsaufens auf dem Heimweg eher versehentlich das Fenster des lokalen Thai-Restaurants zerstört, kommt ihm eine Idee: Wenn es hier keine Verbrechen gibt, dann begehen sie einfach selber welche und lösen sie anschließend auf – wobei sich der obdachlose Klaus (Bjarne Mädel, "25 km/h") in einem Tauschhandel gerne als Sündenbock zur Verfügung stellt. Tina ist jedoch nicht von gestern und wird angesichts der sich zumeist auf Bagatellen beschränkenden Verbrechenswelle schnell mißtrauisch – doch dann scheinen die Polizisten zufällig tatsächlich einem realen Kunstraub auf die Spur zu kommen …
 
Kritik:
Ich gebe es zu: Ich bin kein großer Freund deutscher Kinokomödien. Angesichts der Tatsache, daß die beiden Kino-Genres, mit denen deutsche Produzenten und Filmemacher mit Abstand die größten Erfolge haben, Komödien und Kinderfilme sind, ist das natürlich in gewisser Weise ungünstig, aber es ist nunmal so. Natürlich gibt es immer wieder Ausnahmen ("Keinohrhasen" fand ich extrem witzig, die Bully-Filme mag ich auch und sowas wie "Willkommen bei den Hartmanns" oder "Wir sind die Neuen" ist ganz nett), aber generell bevorzuge ich bissigeren, skurrileren, gerne auch etwas abgründigen und letztlich weniger massentauglichen Humor, den mir deutsche Komödien leider nur selten bieten. Eine Ausnahme wäre höchstwahrscheinlich der schräge Independent-Genremix "Schneeflöckchen" aus dem Jahr 2017 gewesen, jedenfalls ausgehend von den Kritiken – leider habe ich ihn damals beim Fantasy Filmfest verpaßt und bin seitdem nicht dazu gekommen, ihn nachzuholen. Dafür bin ich nun bei "Faking Bullshit – Krimineller als die Polizei erlaubt!" gelandet, der einen größeren Teil des "Schneeflöckchen"-Teams (vor allem des Schauspielensembles) wiedervereint – und obwohl der ziemlich harmlos daherkommende "Faking Bullshit" sich inhaltlich wie auch tonal von "Schneeflöckchen" klar zu unterscheiden scheint und nur bedingt meine oben genannten Ansprüche an Komödien erfüllt, hat er mir mit den liebenswerten Figuren und einem betont freundlichen Humor sehr viel Freude bereitet. "Schneeflöckchen" sollte ich definitiv nachholen …
"Faking Bullshit" ist das Regie- und Drehbuch-Debüt des vor allem aus der ZDF-"heute-show" bekannten Komikers Alexander Schubert, der in "Schneeflöckchen" eine Nebenrolle spielte und hier in einem Cameo als Freier der einzigen Prostituierten der Kleinstadt auftaucht. Schubert hat die amüsante Geschichte jedoch nicht selbst erdacht, sondern adaptiert die schwedische Erfolgskomödie "Kops" aus dem Jahr 2003, die er auf deutsche Verhältnisse anpaßt und auch etwas modernisiert – so spielt die Debatte um politische Korrektheit nicht nur bei Deniz' Blind Date eine nicht unwichtige Rolle. Bekanntlich gibt es ja einige, teilweise sehr verdiente Komiker wie Mel Brooks, die glauben, bei der heutigen Political Correctness könne man kaum noch etwas Lustiges schreiben – für mich eine eher absurde Behauptung, wenngleich ich persönlich durchaus der Meinung bin, daß die Aufregung über die Verwendung mancher Klischees und Stereotypen in Comedy-Programmen eher übertrieben ist. Daß man aber sehr wohl auch unter Berücksichtigung der politischen Korrektheit sehr lustige Szenen schreiben und spielen kann, zeigt "Faking Bullshit" wiederholt. Zugegebenermaßen wird die kontrovers diskutierte Thematik nur angekratzt, aber Schubert holt dabei einige richtig gute Lacher heraus. Generell gerät der Humor von "Faking Bullshit" recht abwechslungreich: Clevere und schlagfertige Dialoge stehen neben eher albernen, manchmal auch leicht derben Gags und ein paar hübschen Slapstick-Einlagen – so dürfte immerhin für fast jeden Humorgeschmack etwas dabei sein, gleichzeitig dürfte es aber natürlich auch für jeden ein paar Gags geben, die nicht funktionieren. Ist aber nicht so schlimm, da die Trefferquote ziemlich hoch ist und der Humor insgesamt erfreulich leise ausfällt und primär auf die skurrilen Charaktere und die Absurdität der Situation setzt.
Außerdem sind die fast ausnahmslos sympathischen Figuren mindestens genauso wichtig wie die Gags. Das fünfköpfige Team der Wache ist eine richtige kleine Familie – auch wenn der Revierleiter Rainer (Alexander von Glenck) als einziger nicht in die Fake-Verbrechen involviert ist, aber der ist sowieso vor allem mit seinem gestohlenen Fahrrad beschäftigt – und wächst einem schnell ans Herz. Sie mögen nicht die besten Polizisten der Welt sein (wie auch, so fast ohne praktische Erfahrungen), doch sie haben das Herz am rechten Fleck und präsentieren sich gerade beim Versuch, ihre Wache zu retten, als liebenswerte Chaoten. Ihnen bei ihrer von Schubert in einer netten Collage zusammengefaßten "Verbrechenswelle" zuzuschauen, macht einfach Spaß, und daß sie sich für furchtbar clever halten, während Tina ihnen längst auf die Schliche gekommen ist, macht die Situation nur noch charmanter. Zumal Tina, über deren jüngere Vergangenheit wir bald Interessantes und Überraschendes erfahren, nach und nach selbst zunehmend zu einem Teil des Teams wird, als es zwischen ihr und Deniz weiterhin knistert und schließlich der Kunstraub stärker in den Fokus rückt. Bei dem kommt übrigens dem Romantiker Rocky eine bedeutende Rolle zu, der sich ausgerechnet in die Rockerbraut Adrienne (Xenia Assenza, die wie Erkan Acar und Adrian Topol ebenfalls in "Schneeflöckchen" mitspielte) verguckt hat, deren Gang die Hauptverdächtigen sind. Leider wirkt die Kunstraub-Story ziemlich konstruiert, macht nicht so viel Spaß wie die Fake-Verbrechen zuvor und bietet eine relativ vorhersehbare Auflösung – aber witzig bleibt "Faking Bullshit" allemal, zumal die Storyline einen wunderbaren Gastauftritt von Mišel Matičević (TV-Serie "Babylon Berlin") als in diesem Fall sehr nachvollziehbarerweise cholerischer SEK-Einsatzteamleiter mit sich bringt. Das ist dann auch ein willkommener Kontrast zur sonst etwas zu verharmlosend gezeichneten Kleinstadt-Idylle von "Faking Bullshit". Alles in allem ist Alexander Schubert eine amüsante und warmherzige Komödie gelungen, die uns mit den Protagonisten lachen läßt statt über sie, das Herz am rechten Fleck hat und definitiv Lust auf mehr macht. Von einer Fortsetzung ist bislang zwar nicht die Rede, doch glücklicherweise ist mit dem Actionabenteuer "Hexenjagd" wenigstens bereits ein weiterer Film des Teams abgedreht, in dem Schubert (diesmal als einer der Hauptdarsteller und Koautor), Acar, Tkotsch und Assenza unter der Regie von Sebastian Mattukat agieren.
 
Fazit: "Faking Bullshit – Krimineller als die Polizei erlaubt!" ist eine harmlose, jedoch wirklich witzige Komödie, die einem mit eher leisem Humor, leichter Skurrilität und einem ungemein liebenswerten Figurenensemble schnell ans Herz wächst.
 
Wertung: 8 Punkte.
 
"Faking Bullshit – Krimineller als die Polizei erlaubt!" erscheint am 25. Februar 2021 von EuroVideo Medien auf DVD und Blu-ray, Bonusmaterial gibt es bis auf den Trailer keines. Ein Rezensionsexemplar wurde mir freundlicherweise vom Entertainment Kombinat zur Verfügung gestellt.
 

 

Screenshots: © EuroVideo Medien

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen