Regie und Drehbuch: Alexander Schubert, Musik: Román
Fleischer
Darsteller: Erkan Acar, Sina Tkotsch, Adrian Topol, Sanne
Schnapp, Alexander Hörbe, Bjarne Mädel, Alexander von Glenck, Xenia Assenza, Mišel
Matičević, Maria Ehrich, Reza Brojerdi, Alexander Schubert
FSK: 12, Dauer: 103 Minuten.
Deniz (Erkan Acar, "Schneeflöckchen") hat keinen
guten Abend: Erst entwickelt sich sein Blind Date mit Jasmin (Maria
Ehrich, "Rubinrot") zum Political Correctness-Debakel und als
sich daraufhin mit der ebenfalls im Restaurant anwesenden Tina (Sina
Tkotsch, "Dschungelkind") alles zum Guten zu entwickeln scheint,
verschwindet diese kommentarlos, sobald sie erfährt, daß Deniz Polizist ist.
Nach einer einsamen Nacht erkennt Deniz am nächsten Tag allerdings, daß Tina
keineswegs eine Polizisten-Hasserin ist, sondern den Flirt deshalb einstellte,
weil sie ebenfalls Polizistin und in dienstlichem Auftrag unterwegs ist. Denn da es
in der verschlafenen Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen kaum
Kriminalität gibt, soll Tina darüber entscheiden, ob die Wache aufgelöst wird.
Deniz, Rocky (Adrian Topol, "Ronny & Klaid"), Netti (Sanne
Schnapp, "Wickie und die starken Männer") und ihr Mann Hagen
(Alexander Hörbe, "Der Hauptmann") sind davon erwartungsgemäß nicht
begeistert, und als Deniz nach einem Abend gemeinsamen Frustsaufens auf dem
Heimweg eher versehentlich das Fenster des lokalen Thai-Restaurants zerstört, kommt ihm
eine Idee: Wenn es hier keine Verbrechen gibt, dann begehen sie einfach selber
welche und lösen sie anschließend auf – wobei sich der obdachlose Klaus (Bjarne
Mädel, "25 km/h") in einem Tauschhandel gerne als Sündenbock zur
Verfügung stellt. Tina ist jedoch nicht von gestern und wird angesichts der
sich zumeist auf Bagatellen beschränkenden Verbrechenswelle schnell mißtrauisch
– doch dann scheinen die Polizisten zufällig tatsächlich einem realen Kunstraub
auf die Spur zu kommen …
Kritik:
Ich gebe es zu: Ich bin kein großer Freund deutscher
Kinokomödien. Angesichts der Tatsache, daß die beiden Kino-Genres, mit denen
deutsche Produzenten und Filmemacher mit Abstand die größten Erfolge
haben, Komödien und Kinderfilme sind, ist das natürlich in gewisser Weise
ungünstig, aber es ist nunmal so. Natürlich gibt es immer wieder Ausnahmen ("Keinohrhasen" fand ich extrem witzig, die Bully-Filme mag
ich auch und sowas wie "Willkommen bei den Hartmanns" oder "Wir
sind die Neuen" ist ganz nett), aber generell bevorzuge ich bissigeren, skurrileren, gerne auch etwas abgründigen und letztlich weniger
massentauglichen Humor, den mir deutsche Komödien leider nur selten bieten.
Eine Ausnahme wäre höchstwahrscheinlich der schräge Independent-Genremix
"Schneeflöckchen" aus dem Jahr 2017 gewesen, jedenfalls ausgehend von
den Kritiken – leider habe ich ihn damals beim Fantasy Filmfest verpaßt und bin
seitdem nicht dazu gekommen, ihn nachzuholen. Dafür bin ich nun bei "Faking Bullshit – Krimineller als die Polizei erlaubt!"
gelandet, der einen größeren Teil des "Schneeflöckchen"-Teams (vor
allem des Schauspielensembles) wiedervereint – und obwohl der ziemlich harmlos
daherkommende "Faking Bullshit" sich inhaltlich wie auch tonal von
"Schneeflöckchen" klar zu unterscheiden scheint und nur bedingt
meine oben genannten Ansprüche an Komödien erfüllt, hat er mir mit den
liebenswerten Figuren und einem betont freundlichen Humor sehr viel Freude
bereitet. "Schneeflöckchen" sollte ich definitiv nachholen …
"Faking Bullshit" ist das Regie- und Drehbuch-Debüt
des vor allem aus der ZDF-"heute-show" bekannten Komikers Alexander
Schubert, der in "Schneeflöckchen" eine Nebenrolle spielte und hier in einem Cameo als Freier der einzigen Prostituierten der Kleinstadt auftaucht.
Schubert hat die amüsante Geschichte jedoch nicht selbst erdacht, sondern
adaptiert die schwedische Erfolgskomödie "Kops" aus dem Jahr 2003,
die er auf deutsche Verhältnisse anpaßt und auch etwas modernisiert – so spielt
die Debatte um politische Korrektheit nicht nur bei Deniz' Blind Date eine
nicht unwichtige Rolle. Bekanntlich gibt es ja einige, teilweise sehr verdiente
Komiker wie Mel Brooks, die glauben, bei der heutigen Political Correctness
könne man kaum noch etwas Lustiges schreiben – für mich eine eher absurde
Behauptung, wenngleich ich persönlich durchaus der Meinung bin, daß die
Aufregung über die Verwendung mancher Klischees und Stereotypen in
Comedy-Programmen eher übertrieben ist. Daß man aber sehr wohl auch unter
Berücksichtigung der politischen Korrektheit sehr lustige Szenen schreiben und
spielen kann, zeigt "Faking Bullshit" wiederholt. Zugegebenermaßen
wird die kontrovers diskutierte Thematik nur angekratzt, aber Schubert holt
dabei einige richtig gute Lacher heraus. Generell gerät der Humor von
"Faking Bullshit" recht abwechslungreich: Clevere und schlagfertige
Dialoge stehen neben eher albernen, manchmal auch leicht derben Gags und ein
paar hübschen Slapstick-Einlagen – so dürfte immerhin für fast jeden
Humorgeschmack etwas dabei sein, gleichzeitig dürfte es aber natürlich auch für
jeden ein paar Gags geben, die nicht funktionieren. Ist aber nicht so schlimm,
da die Trefferquote ziemlich hoch ist und der Humor insgesamt erfreulich leise
ausfällt und primär auf die skurrilen Charaktere und die Absurdität der
Situation setzt.
Außerdem sind die fast ausnahmslos sympathischen Figuren
mindestens genauso wichtig wie die Gags. Das fünfköpfige Team der Wache ist
eine richtige kleine Familie – auch wenn der Revierleiter Rainer (Alexander von
Glenck) als einziger nicht in die Fake-Verbrechen involviert ist, aber der ist
sowieso vor allem mit seinem gestohlenen Fahrrad beschäftigt – und wächst einem
schnell ans Herz. Sie mögen nicht die besten Polizisten der Welt sein (wie
auch, so fast ohne praktische Erfahrungen), doch sie haben das Herz am
rechten Fleck und präsentieren sich gerade beim Versuch, ihre Wache zu retten,
als liebenswerte Chaoten. Ihnen bei ihrer von Schubert in einer netten Collage
zusammengefaßten "Verbrechenswelle" zuzuschauen, macht einfach Spaß,
und daß sie sich für furchtbar clever halten, während Tina ihnen längst auf die
Schliche gekommen ist, macht die Situation nur noch charmanter. Zumal
Tina, über deren jüngere Vergangenheit wir bald Interessantes und
Überraschendes erfahren, nach und nach selbst zunehmend zu
einem Teil des Teams wird, als es zwischen ihr und Deniz weiterhin knistert und
schließlich der Kunstraub stärker in den Fokus rückt. Bei dem kommt übrigens dem Romantiker Rocky
eine bedeutende Rolle zu, der sich ausgerechnet in die Rockerbraut
Adrienne (Xenia Assenza, die wie Erkan Acar und Adrian Topol ebenfalls in
"Schneeflöckchen" mitspielte) verguckt hat, deren Gang die
Hauptverdächtigen sind. Leider wirkt die Kunstraub-Story ziemlich konstruiert,
macht nicht so viel Spaß wie die Fake-Verbrechen zuvor und bietet eine relativ
vorhersehbare Auflösung – aber witzig bleibt "Faking Bullshit"
allemal, zumal die Storyline einen wunderbaren Gastauftritt von Mišel Matičević (TV-Serie "Babylon Berlin") als in diesem Fall sehr nachvollziehbarerweise cholerischer SEK-Einsatzteamleiter
mit sich bringt. Das ist dann auch ein willkommener Kontrast zur sonst etwas zu verharmlosend gezeichneten Kleinstadt-Idylle von "Faking
Bullshit". Alles in allem ist Alexander Schubert eine amüsante und warmherzige
Komödie gelungen, die uns mit den Protagonisten lachen läßt statt über sie, das Herz am rechten Fleck hat und definitiv Lust auf mehr macht. Von einer Fortsetzung ist bislang zwar nicht die Rede, doch glücklicherweise ist mit dem
Actionabenteuer "Hexenjagd" wenigstens bereits ein weiterer Film des Teams
abgedreht, in dem Schubert (diesmal als einer der Hauptdarsteller und Koautor),
Acar, Tkotsch und Assenza unter der Regie von Sebastian Mattukat agieren.
Fazit: "Faking Bullshit – Krimineller als die
Polizei erlaubt!" ist eine harmlose, jedoch wirklich witzige Komödie, die einem
mit eher leisem Humor, leichter Skurrilität und einem ungemein liebenswerten
Figurenensemble schnell ans Herz wächst.
Wertung: 8 Punkte.
"Faking Bullshit – Krimineller als die Polizei erlaubt!" erscheint am 25. Februar 2021 von EuroVideo Medien auf DVD und Blu-ray, Bonusmaterial gibt es bis auf den Trailer keines. Ein Rezensionsexemplar wurde mir freundlicherweise vom Entertainment Kombinat zur Verfügung gestellt.
Screenshots: © EuroVideo Medien
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