Die Gewinner der ersten Golden Globes zu Pandemie-Zeiten:
Bestes Drama: Nomadland
Beste Komödie oder Musical: Borat Anschluß Moviefilm
Regie: Chloé Zhao, "Nomadland"
Darsteller, Drama: Chadwick Boseman, "Ma Rainey's Black Bottom"
Darstellerin, Drama: Andra Day, "The United States vs. Billie Holiday"
Darsteller, Komödie/Musical: Sacha Baron Cohen, "Borat Anschluß Moviefilm"
Darstellerin, Komödie/Musical: Rosamund Pike, "I Care a Lot"
Nebendarsteller: Daniel Kaluuya, "Judas and the Black Messiah"
Nebendarstellerin: Jodie Foster, "The Mauritanian"
Drehbuch: Aaron Sorkin, "The Trial of the Chicago 7"
Animationsfilm: Soul
Fremdsprachiger Film: "Minari", USA
Musik: Jon Batiste, Atticus Ross und Trent Reznor, "Soul"
Filmsong: "Io Sì (Seen)" von Diane Warren, gesungen von Laura Pausini, "Du hast das Leben vor dir"
Mit der Verleihung der von ungefähr 90 Mitgliedern der Hollywood-Auslandspresse vergebenen Golden Globes findet diese angesichts der Corona-Umstände merkwürdige und (hoffentlich) einzigartige OSCAR-Saison einen ersten Höhepunkt, der irgendwie passenderweise ein recht unerwartetes Siegerbild abgibt. So viele Überraschungen gab es jedenfalls selten, und es wird sich zeigen, ob zumindest einige dieser Überraschungen einen Fingerzeig für die OSCAR-Verleihung Ende April darstellen oder ob es dieses Jahr komplett unterschiedliche Siegerlisten bei den beiden größten Preisverleihungen in Hollywood gibt.
Ein wenig unerwartet, aber nicht komplett aus dem Nichts kommen die beiden Hauptpreise für das Aussteigerdrama "Nomadland". Chloé Zhaos Kritikerliebling zählte von Anfang an zu den Favoriten dieser Awards Season, war zu Beginn sogar jener Film, den es zu schlagen galt - allerdings gelang das mit dem Schlagen dann bei den ersten Kritikerpreisen doch erstaunlich vielen Filmen, weshalb "Nomadland" inzwischen "nur noch" einer von einer Handvoll Favoriten ist. Die beiden Preise als bestes Drama und für die Regie (die schon seit langem in den USA arbeitende Chinesin Zhao gewann die Kategorie als erst zweite Frau nach Barbra Streisand 1984) geben "Nomadland" somit natürlich wieder kräftig Auftrieb, zumal die Globes eigentlich dafür bekannt sind, "glamourösere" Filme mit viel Starpower auszuzeichnen, weshalb diesmal eher mit "The Trial of the Chicago 7" oder "Mank" als Sieger gerechnet wurde. In immerhin fünf Kategorien gab es klassische Favoritensiege: Chadwick Bosemans Weg zu einem posthumen OSCAR für "Ma Rainey's Black Bottom" scheint kaum zu stoppen, "Soul" sollte als bester Animationsfilm gesetzt sein, "Borat 2" wurde Beste Komödie/Musical und gewann in Person von Sacha Baron Cohen die Komödiendarsteller-Kategorie (was für die OSCARs weitgehend belanglos ist, denn dort gibt es diese Kategorie ja nicht) und Aaron Sorkin festigt für "The Trial of the Chicago 7" seine Position im Rennen um den (Original-)Drehbuch-OSCAR.
Und damit zu den vielfältigen Überraschungen: Normalerweise sind die Darsteller-Kategorien zu diesem Zeitpunkt in der Awards Season schon ziemlich gefestigt, es gibt in der Regel entweder einen Kandidaten, der fast alles gewinnt, oder einen Zweikampf. Nicht so dieses Mal. In beiden Hauptdarstellerinnen-Kategorien hat die Frau gewonnen, von der man eigentlich dachte, daß sie gerade noch ins Nominierten-Feld reingerutscht wäre. Bei Rosamund Pike mag das nicht ganz so entscheidend sein, da es nunmal die Komödie/Musical-Kategorie bei den Academy Awards nicht gibt und in der Regel Dramadarsteller gewinnen. Trotzdem erstaunlich, daß sie sich gegen die klar höher eingeschätzten Maria Bakalova ("Borat 2"), Michelle Pfeiffer ("French Exit") und Anya Taylor-Joy ("Emma") durchsetzen konnte, zumal sie anders als Bakalova (wenn auch voraussichtlich als Nebendarstellerin) und Pfeiffer nicht als ernsthafte Anwärterin auf eine OSCAR-Nominierung gilt. Das wird sich vermutlich durch diesen Überraschungssieg nicht ändern, aber zumindest ein wenig darf die Britin nun doch hoffen. Noch bemerkenswerter ist jedoch die Kür von Andra Day zur besten Drama-Hauptdarstellerin. Gerade nach den zwei Hauptpreisen für "Nomadland" hätte man hier doch eher mit Frances McDormand gerechnet und ansonsten mit Viola Davis ("Ma Rainey's Black Bottom") oder Carey Mulligan ("Promising Young Woman"). Doch mit Andra Day hat sich die unbekannteste Nominierte aus dem bislang vermutlich am wenigsten gesehenen Film "The United States vs. Billie Holiday" durchgesetzt! Nachdem McDormand, Davis und Mulligan für die OSCAR-Nominierungen weiterhin gesetzt sein sollten, hat Day mit diesem Coup ihre Chancen gegenüber Anwärterinnen wie Zendaya ("Malcolm & Marie") oder Kate Winslet ("Ammonite") deutlich verbessert und könnte Vanessa Kirby ("Pieces of a Woman") auf den wackligen fünften Platz geschoben haben.
Bei den Nebendarstellern gibt es ebenfalls eine Sensation: Jodie Foster wurde bei den meisten Kritiker- und Branchenpreisen nicht einmal nominiert, aber bei den Globes gewinnt sie sogar und setzt sich gegen die viel höher gewetteten Glenn Close ("Hillbilly Elegy"), Olivia Colman ("The Father") und Amanda Seyfried ("Mank") durch. Ob das ihre Aussichten auf eine OSCAR-Nominierung wirklich deutlich steigert, bleibt fraglich (zumal bei den OSCARs vermutlich Maria Bakalova hinzukommen wird, die bei den Globes als Hauptdarstellerin gewertet wurde), aber zumindest bleibt sie im Rennen. Und für die 12-jährige Deutsche Helena Zengel ("Neues aus der Welt") gibt es eine weitere hochkarätige Konkurrentin im sowieso harten Rennen um den fünften Nominierungsplatz der Kategorie, in dem sich zudem noch Youn Yuh-chung ("Minari") aussichtsreich befindet. Daniel Kaluuya - ein weiterer Brite - kommt als bester Nebendarsteller nicht ganz so überraschend, trotzdem rechneten die meisten Experten eher mit Leslie Odom Jr. ("One Night in Miami") als Gewinner. Lange galt Kaluuya als Wackelkandidat (auch, weil "Judas and the Black Messiah" spät fertig wurde und deshalb zu Beginn der Awards Season teilweise noch gar nicht wählbar war), das sollte sich hiermit jedoch endgültig erledigt haben; vermutlich ist er jetzt sogar der neue Topfavorit.
Insgesamt wurden die Golden Globes ziemlich breit verteilt, am erfolgreichsten waren letztlich "Nomadland", "Borat 2" und Pixars "Soul" mit gerade einmal je zwei Trophäen, während David Finchers "Mank" trotz sechs Nominierungen leer ausging. Das erhöht erfreulicherweise die Spannung auf der weiteren, schön unvorhersehbaren "Road to the OSCARs", die sich in den nächsten beiden Wochen mit weiteren Gilden-Nominierungen sowie am 15. März den OSCAR-Nominierungen fortsetzen wird (was auch bedeutet, daß sich die OSCAR-Juroren tatsächlich von den Globe-Gewinnern beeinflussen lassen könnten - in früheren Jahren lag die OSCAR-Deadline oft bereits kurz vor den Golden Globes).
Alle Gewinner der Golden Globes inklusive der TV-Kategorien sind auf der Globes-Homepage nachzulesen.
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