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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Mittwoch, 10. Februar 2021

Doppel-Kurz-Nachruf: Christopher Plummer (1929-2021) und Jean-Claude Carrière (1931-2021)

Derzeit sterben bedeutende Filmschaffende buchstäblich in schnellerer Abfolge, als ich ihnen einen angemessenen Nachruf widmen kann, weshalb ich an dieser Stelle erneut zwei (mehr oder weniger) kurze Nachrufe kombinieren werde.

Bereits am Freitag verstarb der kanadische Schauspieler Christopher Plummer, der bis dato als älteste Person mit einem OSCAR ausgezeichnet wurde, im Alter von 91 Jahren. Plummers Karriere verlief recht ungewöhnlich, denn während viele Hollywood-Stars in eher jungen Jahren ihre größten Erfolge feiern, mußte Christopher Plummer mit einer Ausnahme bis ins hohe Alter warten, ehe er zu einem allseits bewunderten und vielfach ausgezeichneten Kino-Schauspieler wurde (am Theater war er hinegen viel früher ein Star, die erste von sieben Tony-Nominierungen erhielt er 1959). Die eine Ausnahme ist allerdings eine ziemlich gewaltige, denn 1965 feierte Plummer, der nach vielen Auftritten am Theater und im Fernsehen mit Anfang 30 ins Kinofach wechselte, mit Robert Wises Musical "Meine Lieder - meine Träume" (auch bei uns inzwischen wohl besser bekannt unter dem Originaltitel "The Sound of Music") einen gewaltigen Erfolg - zumindest in den USA und auch in anderen englischsprachigen Nationen. Denn gerade in den USA wird "The Sound of Music" bis heute beinahe kultisch verehrt, wohingegen er im Rest der Welt für weniger Aufsehen sorgte, speziell im deutschsprachigen Raum sogar ein finanzieller Mißerfolg war und recht schnell ziemlich in Vergessenheit geriet. Plummer selbst war übrigens nie ein Fan des Films und seiner Rolle als verwitweter österreichischer Kapitän von Trapp, der in den 1930er Jahren mit seiner Familie vor den Nazis nach Amerika flüchtete und dort mit der "singenden Trapp-Familie" zu einem Phänomen wurde. Dennoch gab es ganze fünf OSCARs und Plummer war der Durchbruch zum Kinostar gelungen.

Darauf folgten aber viele mittelmäßige bis solide Filme, wenn es auch zunächst immer wieder und häufig in europäischen Produktionen Ausnahmen wie Terence Youngs Kriegs-Spionagefilm "Spion zwischen 2 Fronten" (1966; als Dieb, der für seine Freiheit zum Mehrfach-Spion wird), Guy Hamiltons "Luftschlacht um England" (1969), Sergei Bondartschuks historischem Epos "Waterloo" (1970; als Duke of Wellington), Blake Edwards' "Der rosarote Panther kehrt zurück" (1975; als Meisterdieb Sir Charles Litton) oder John Hustons "Der Mann, der König sein wollte" (1975; als Erzähler Rudyard Kipling) gab. Spätestens in den 1980er Jahren blieben Highlights jedoch größtenteils aus, womit seine Karriere gut und gerne hätte versanden können. Doch zum Glück gelang Plummer in den 1990ern ein Comeback, indem er sich als charismatischer Nebendarsteller neu erfand und so unterschiedliche Hits wie Nicholas Meyers "Star Trek VI: Das unentdeckte Land" (1991; der bekennende Trekkie Plummer hatte viel Spaß an seiner Rolle als Shakespeare zitierender klingonischer General), Spike Lees "Malcolm X" (1992), Taylor Hackfords grandioser Stephen King-Adaption "Dolores" (1995), Terry Gilliams Zeitreise-Thriller "Twelve Monkeys" (1995), Michael Manns Whistleblower-Thriller "Insider" (1999), Ron Howards Mathematiker-Biopic "A Beautiful Mind" (2001), Terrence Malicks "The New World" (2005), Spike Lees Heistfilm "Inside Man" (2006) und - als Sprecher des Antagonisten - Pixars Animationsfilm "Oben" (2009) mit seiner charismatischen Präsenz bereicherte, gerne in eher zwielichtigen Rollen. Und auf die neugewonnene Reputation als Charakterdarsteller folgten die Ehrungen: 2010 errang Christopher Plummer für Michael Hoffmans Tolstoi-Film "Ein russischer Sommer" mit 80 Jahren seine erste OSCAR-Nominierung, auf die zwei Jahre darauf der Sieg für Mike Mills' Vater-Sohn-Drama "Beginners" folgte - mit 82 Jahren wurde Plummer zum ältesten OSCAR-Gewinner der Geschichte (und den Golden Globe gab es obendrauf)! Das war aber noch nicht alles, denn eine finale dritte OSCAR-Nominierung gab es 2018 für seine Darstellung des hartherzigen Milliardärs Jean Paul Getty in Sir Ridley Scotts "Alles Geld der Welt" - eine Rolle, die zunächst Kevin Spacey spielen sollte, die nach Spaceys tiefem Fall aber Plummer zum ältesten OSCAR-Nominee aller Zeiten machte. Insgesamt drehte Plummer über 120 Filme und wirkte zudem in zahlreichen TV- und Theaterproduktionen mit. Einen letzten großen Erfolg feierte er 2019 in Rian Johnsons cleverem Whodunit "Knives Out", in dem er einen erfolgreichen Krimiautor spielt, dessen Tod zu einer veritablen Schlammschlacht zwischen den potentiellen Erben führt ...

Christopher Plummer starb am 5. Februar 2021 im US-Bundesstaat Connecticut mit 91 Jahren an den Folgen eines schweren Sturzes. R.I.P.

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Außerhalb seiner französischen Heimat dürfte der Name Jean-Claude Carrière gar nicht so vielen Menschen ein Begriff sein, dabei war der Gewinner eines der Ehren-OSCARs des Jahres 2015 an locker einem Dutzend Kino-Klassikern als Drehbuch-Autor beteiligt - vor allem seine Zusammenarbeit mit dem visionären Surrealisten Luis Buñuel brachte einige Meisterwerke hervor. Vorgestern verstarb Jean-Claude Carriére im Alter von 89 Jahren.

Carrière, der zudem etliche Romane (darunter Romanfassungen von Jacques Tatis Komödien-Klassikern "Die Ferien des Monsieur Hulot" und "Mein Onkel") und Sachbücher schrieb, kam (ähnlich wie Christopher Plummer) mit Anfang 30 zum Film und angesichts der Tatsache, daß er gleich mit seinem zweiten Werk - dem Kurzfilm "Der Hochzeitstag", den er gemeinsam mit Pierre Étaix schrieb und inszenierte - einen OSCAR gewann, gab es natürlich wenig Gründe, sich wieder vom Medium Film abzuwenden. Stattedessen lernte er wenig später den brillanten spanisch-mexikanischen Surrealisten Luis Buñuel kennen, mit er eine lange, kreativ äußerst fruchtbare Zusammenarbeit einging, die sich über sechs Filme erstrecken sollte - die heute allesamt verdientermaßen als Klassiker des französischen Kinos gelten. Den Auftakt machte 1964 die Gesellschaftssatire "Tagebuch einer Kammerzofe", es folgten die Charakterstudie "Belle de Jour" (1967) mit Catherine Deneuve, der kirchenkritische "Die Milchstraße" (1969), die schwarzhumorige Komödie "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" (1972; zweite OSCAR-Nominierung), der grandiose, pythoneske Episodenfilm "Das Gespenst der Freiheit" (1974) und die Romanverfilmung "Dieses obskure Objekt der Begierde" (1977; dritte OSCAR-Nominierung).

Auch abseits dieser Zusammenarbeit war Carrière höchst fleißig und steuerte Drehbücher zu Werken wie Louis Malles Westernkomödie "Viva Maria!" (1965) mit Brigitte Bardot und Jeanne Moreau, Jacques Derays erotischem Psychothriller "Der Swimmingpool" (1969) mit Alain Delon und Romy Schneider, Derays Gangsterfilm "Borsalino" (1970) mit Alain Delon und Jean-Paul Belmondo und Volker Schlöndorffs OSCAR-prämierter Grass-Verfilmung "Die Blechtrommel" (1978) bei. Generell arbeitete Carrière nach dem Tod Buñuels nun häufig mit dem deutschen Filmemacher Schlöndorff zusammen, so bei "Die Fälschung" (1981) mit Bruno Ganz, "Eine Liebe von Swann" (1984) mit Jeremy Irons und Ornella Muti, "Der Unhold" (1996) mit John Malkovich und Armin Mueller-Stahl und "Ulzhan - Das vergessene Licht" (2007). Zu Carrières Erfolgen in späteren Jahren zählten außerdem Daniel Vignes Historienfilm "Die Wiederkehr des Martin Guerre" (1982), Andrzej Wajda historisches Biopic "Danton" (1983) - beide mit Gérard Depardieu in der Hauptrolle -, Philip Kaufmans Literaturverfilmung "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" (1988; vierte und letzte reguläre OSCAR-Nominierung) mit Jeremy Irons und Juliette Binoche, Milos Formans Intrigenspiel "Valmont" (1989) mit Colin Firth und Annette Bening und Jean-Paul Rappeneaus "Cyrano von Bergerac" (1990) mit Gérard Depardieu in der Titelrolle. Ab den 1990er Jahren machte sich Carrière im Kino rarer und arbeitete häufiger fürs französische Fernsehen, doch mit Jean-Paul Rappeneaus wunderbarem Mantel-und-Degen-Film "Der Husar auf dem Dach" (1995) mit Olivier Martinez und Juliette Binoche, Wayne Wangs "Chinese Box" (1997), Jonathan Glazers kontroversem Drama "Birth" (2004) mit Nicole Kidman, Formans letztem Film "Goyas Geister" (2006) und Fernando Truebas "Das Mädchen und der Künstler" (2012) mit Jean Rochefort gab es immer noch gelegentliche Höhepunkte. Nachdem Carrière 2015 mit dem Ehren-OSCAR für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde, folgte 2018 mit Julian Schnabels Biopic "Van Gogh - An der Schwelle zur Ewigkeit" mit Willem Dafoe ein letztes Hurra.

Am 8. Februar 2021 starb Jean-Claude Carrière mit 89 Jahren in seinem Haus in Paris eines natürlichen Todes. R.I.P.

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