Regie: Rod Lurie, Drehbuch: Paul Tamasy und Eric Johnson,
Musik: Larry Groupé
Darsteller: Caleb Landry Jones, Scott Eastwood, Orlando
Bloom, Milo Gibson, Jacob Scipio, Kwame Patterson, Jack Kesy, Chris Born,
George Arvidson, Scott Alda Coffey, Cory Hardrict, Taylor John Smith, Alfie
Stewart, Jonathan Yunger, Alexander Arnold, Will Attenborough, Jack DeVos, Ernest Cavazos,
Sharif Dorani, Aleksandar Aleksiev, Henry Hughes, James Jagger,
Jack Kalian, Bobby Lockwood, Trey Tucker, Brandon Wengrzynek, Peter Petrov,
Jeremy Ang Jones, Todor Berov, Ahmad Sakhi, Anton Trendafilov, Celina Sinden,
Daniel Rodriguez
Rotten Tomatoes: 91% (7,8); weltweites Einspielergebnis:
$2,3 Mio.
FSK: 16, Dauer: 124 Minuten.
Im Jahr 2006 ist der Außenposten Kamdesh einer von mehreren
Stützpunkten der US-Armee in der Nähe der pakistanisch-afghanischen Grenze, die
das Eindringen pakistanischer Taliban-Kämpfer nach Afghanistan erschweren
sollen. Kamdesh hat allerdings eine Besonderheit: Es wurde, warum auch immer,
in einem Talkessel im Hindukush errichtet, womit der Außenposten wie auf einem
Präsentierteller liegt und quasi täglich von Taliban von oben herab beschossen wird.
Das wirkt sich verständlicherweise nicht positiv auf die Moral der in
Kamdesh stationierten Soldaten aus – neben den amerikanischen auch einige
afghanische –, die sich aber inzwischen notgedrungen halbwegs mit der Situation
arrangiert haben und zumindest davon profitieren, daß sie mit Captain Benjamin
D. Keating (Orlando Bloom, "Der Hobbit 2") einen kompetenten und
aufgeschlossenen Vorgesetzten haben. Weil sich die fast schon selbstmörderische
Lage des Außenpostens irgendwann auch in höhere Militärkreise herumgesprochen
hat, soll er letztlich geschlossen werden, was für die Soldaten eine große
Erleichterung ist. Das Problem an der Sache: Die Taliban haben Wind
vom geplanten Abzug bekommen und starten daraufhin eine großangelegte
Offensive, um die zahlenmäßig weit unterlegenen US-Soldaten demütigend
und PR-trächtig zu besiegen …
Kritik:
Als der heutige CNN-Anchorman Jake Tapper Anfang Oktober 2006 genau
einen Tag nach der Geburt seines Sohnes von der Schlacht um den Außenposten im
afghanischen Grenzgebiet zu Pakistan erfuhr, bei der mehrere Söhne
US-amerikanischer Eltern ihr Leben verloren, bewegte ihn das so sehr, daß er
möglichst viel über das Geschehene erfahren wollte. Auf der Grundlage seiner
Recherchen inklusive vieler Interviews mit den Überlebenden der Schlacht
veröffentlichte er 2012 den hochgelobten Sachbuch-Bestseller "The Outpost: An
Untold Story of American Valor", der sein Augenmerk ganz auf die
beteiligten US-Soldaten legt und die Geschehnisse aus ihrer Perspektive
schildert. Da die Amerikaner schon immer überdurchschnittlich stark auf Heldengeschichten
über kleine und verschworene Trupps, die gegen eine Übermacht antreten müssen,
standen, war eine filmische Umsetzung nur eine Frage der Zeit – obwohl es
letztlich doch ein paar Jahre dauerte, bis "The Outpost – Überleben ist
alles" unter der Regie von Rod Lurie ("Rufmord – Jenseits der
Moral") in die Kinos kam (übrigens mit Tapper als einem der Produzenten).
Das Warten hat sich durchaus gelohnt, und das nicht nur für
US-amerikanische Zuschauer. Denn auch wenn Luries Film erwartungsgemäß nicht auf
Pathos und Patriotismus verzichtet, übertreibt er es damit zum Glück nicht,
indem er sich ganz auf seine Protagonisten und ihren Alltag in einem schwer zu
fassenden "Krieg gegen den Terrorismus" konzentriert und somit
letztlich eine ziemlich universelle Geschichte erzählt.
Auf die politischen Hintergründe des Kampfes gegen die
Taliban geht "The Outpost" gar nicht näher ein, was dazu paßt,
daß die Soldaten selbst nicht wirklich wissen, was eigentlich ihre Aufgabe ist.
Für sie lautet die Mission schlicht "Überleben" – eigentlich geht es
aber um die Bekämpfung von Aufständen und um die friedliche Kontaktaufnahme zur
Zivilbevölkerung, denn diese hatten die Amerikaner in den ersten Kriegsjahren
sträflich vernachlässigt, weshalb sie selbst von den Taliban nicht freundlich
gesonnenen Afghanen eher als Besatzer denn Befreier wahrgenommen wurden. Mit solchen Feinheiten
müssen sich die einfachen Soldaten jedoch natürlich nicht befassen, diese Aufgabe
fällt Captain Keating zu, der in seinen Treffen mit den Dorfältesten freundlich, aber
bestimmt vermittelt, daß die Zusammenarbeit mit der US-Armee (inklusive Geld
und Arbeit für viele Einheimische) einem bewaffneten Konflikt vorzuziehen wäre.
Orlando Bloom verkörpert Keating als einen Offizier, wie man ihn sich
als Soldat wahrscheinlich wünscht: Er weiß, was er tut, und strahlt eine
natürliche Autorität aus, weshalb er es sich auch leisten kann, auf Augenhöhe
mit seinen Untergegebenen zu verkehren, ohne daß diese deshalb ihren Respekt
vor seiner Autorität verlieren würden. Dummerweise bleibt Captain Keating aber
nicht ewig für den Außenposten verantwortlich, vielmehr erhalten die Soldaten
über die Monate hinweg (aus verschiedenen Gründen) diverse Befehlshaber wie
den erfahrenen Captain Yllescas (Milo Gibson, "Hacksaw Ridge") oder
den sehr regeltreuen Captain Broward (Kwame Patterson, TV-Serie
"The Wire").
Dieses Kommen und Gehen ist dramaturgisch nicht
ganz unproblematisch, denn richtig nahe können wir vielen Charakteren durch
deren kurze Screentime nicht kommen. Bei den Soldaten ist zwar mehr Stabilität
angesagt, aber im erklärten Bemühen um größtmögliche Authentizität ist das
Ensemble so groß, daß man sich als Zuschauer schwertut, sie
auseinanderzuhalten. Diese Problematik versuchen Regisseur Lurie und das
Drehbuch-Duo Paul Tamasy und Eric Johnson ("The Fighter") zu
umgehen, indem sie erstens eine Stunde auf das Kennenlernen sowie auf das
Etablieren des Soldaten-Alltags verwenden und zweitens zwei Soldaten
etwas stärker in den Mittelpunkt rücken als den Rest: Staff Sergeant Clint
Romesha und Specialist Ty Michael Carter. Während Scott Eastwood
("Snowden") Clint Romesha als professionellen und ernsthaften Mann
interpretiert, der an seinen Aufgaben wächst, ist Ex-Marine Carter, der
sich am pubertären Verhalten seiner Kameraden stört und daher lange ein Außenseiter bleibt, eher das Gegenteil –
weshalb sich beide auch nicht sonderlich mögen. Eastwood spielt seine Rolle routiniert, aber Caleb Landry Jones ("Three Billboards …") stiehlt ihm als
Carter problemlos die Schau. Generell ist es gar nicht so einfach, Sympathieträger in
"The Outpost" zu finden, da die meisten Soldaten sich kindisch
und wenig professionell verhalten. Das ist zwar nachvollziehbar angesichts des
Alters und der Situation der Männer, die ähnlich wie in Sam Mendes' "Jarhead" von
der enervierenden Monotonie ihrer Aufgabe gequält werden (selbst der tägliche Beschuß durch die Taliban sorgt nur bedingt für Aufregung, da er
aufgrund der Distanz nur selten ernste Folgen hat), macht sie aber trotzdem nicht sympathischer. Dazu kommt, daß die Männer
älter wirken als es ihre realen Vorbilder waren, was das kindische Verhalten
ein wenig erklärt, das Publikum jedoch erst ganz am Schluß erfährt, als vor dem
Abspann Bilder der echten Soldaten jenen ihrer Darsteller gegenübergestellt
werden (wobei einer, Daniel Rodriguez, in einer kleinen Rolle sich selbst spielt). Und teilweise wirken die Film-Soldaten nicht nur deutlich
älter, sie sind es auch; so spielt der damals 40-jährige Orlando Bloom
einen 27-Jährigen, andere verkörpern als gestandene Mittdreißiger junge Männer Anfang bis Mitte 20 … Carter bekundet jedenfalls seine Abneigung gegen das kindische Verhalten, was ihn mir gleich sympathischer gemacht hat; ein echter Sympathieträger ist er trotzdem nicht, aber er wächst einem doch stärker ans Herz als der Rest, zumal er von allen Figuren den deutlichsten Charakterwandel durchlebt.
Nachdem "The Outpost" in der ersten Hälfte zwar
schon ein paar Actionsequenzen zu bieten hat, sich aber doch weitgehend auf die
Soldaten und ihren Alltag fokussiert (ohne dabei eine klassische Handlung zu haben), geht es in der zweiten Stunde um die
Schlacht um Kamdesh, in der Hunderte Taliban gegen 54 im Außenposten
verschanzte US-Soldaten zuzüglich einiger afghanischer Soldaten kämpfen. Auch hier legt
Lurie größten Wert auf Realitätsnähe, weshalb nicht nur eine Handkamera den
Soldaten folgt, sondern sich auch noch eine Plansequenz ohne Schnitte an die
nächste reiht. Logistisch ist das naturgemäß eine Herkulesaufgabe, wenn auch
angesichts des Chaos, das in dieser Schlacht herrscht, vermutlich einfacher zu
bewältigen als in einem von komplexen Dialogen getriebenen Film wie
"Birdman" oder in Sam Mendes' noch weit aufwendiger
inszeniertem Kriegsfilm "1917". Die Kombination aus wackliger
Handkamera und möglichst wenigen Schnitten sorgt jedenfalls dafür, daß die
Schlacht ungemein immersiv wirkt und man sich als Zuschauer fühlt, als wäre
man tatsächlich mittendrin. So wird es trotz der Länge der Schlacht (die in der
Realität Stunden dauerte und im Film immerhin etwa 40 Minuten) nie eintönig und
daß die US-Soldaten sich einer großen Übermacht gegenübersehen, sorgt ähnlich
wie in Peter Bergs "Lone Survivor" ebenfalls für Spannung und
Adrenalinschübe. Ganz ohne Pathos geht es dabei natürlich nicht zu und anders als
etwa in Sir Ridley Scotts "Black Hawk Down", wo versuchte Heldentaten
konsequent scheitern, gelingen hier zumindest einige davon.
Nicht nur das macht die Frage kompliziert, ob man "The Outpost" nun
eher als Kriegsfilm oder als Anti-Kriegsfilm kategorisieren soll. Einerseits
werden die Schrecken des Krieges schonungslos gezeigt, auch die Sinnhaftigkeit
des Einsatzes – gerade angesichts des strategisch katastrophal schlecht
gewählten Außenpostens – ist fraglich, zumal die Soldaten ja nicht einmal sagen
können, für was genau sie eigentlich kämpfen. Andererseits kann man die
Überbetonung der Kameradschaft in einer Truppe, in der sich zwar keineswegs alle
grün sind, im Zweifelsfall aber fast jeder bereit ist, sich für die anderen zu
opfern, schon als glorifizierend betrachten – nicht unbedingt als
kriegsverherrlichend, aber als militärverherrlichend. Ein klarer Anti-Kriegsfilm
ist "The Outpost" damit sicherlich nicht, eher ein betont realistisch
inszenierter Action-Kriegsfilm, der sich klar auf die Seite der einfachen
Soldaten schlägt. Wer damit kein Problem hat, der dürfte von Rod Luries Film
gut unterhalten werden.
Fazit: "The Outpost – Überleben ist alles"
ist ein actionreicher, immersiver Kriegsfilm, der stets nah an seinen
soldatischen Protagonisten bleibt, als diese in eine aussichtslos erscheinende
Schlacht geraten.
Wertung: 7,5 Punkte.
"The Outpost – Überleben ist alles" erscheint am 28. Januar 2021 von EuroVideo Medien auf DVD und Blu-ray, als Bonusmaterial gibt es neben dem Kinotrailer ein halbstündiges "Behind the Scenes"-Featurette mit interessanten, umfangreichen Informationen über die Hintergründe. Ein Rezensionsexemplar wurde mir netterweise vom Entertaintment Kombinat zur Verfügung gestellt.
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