In den letzten Wochen habe ich ja bereits berichtet, wie die schwarze Komödie "Birdman" v.a. durch die Siege bei den Produzenten- und Schauspielergilden immer näher an den eigentlichen Topfavoriten "Boyhood" herangerückt ist. Am Samstag hat "Birdman" den großen Konkurrenten wahrscheinlich sogar überholt, denn die Vereinigung der Regisseure hat Alejandro González Iñárritu zum besten Regisseur des Jahres gekürt. Mit der solcherart erwiesenen Wertschätzung der Produzenten, der Schauspieler und nun auch der Regisseure im Rücken kann man es nicht mehr anders sagen: Es sieht verdammt gut aus für "Birdman", schließlich machen diese drei Berufsgruppen einen großen Teil der stimmberechtigten Academy-Mitglieder aus!
Am Sonntag folgte jedoch prompt ein Rückschlag für die Showbiz-Satire, denn offensichtlich bevorzugen die britischen Filmschaffenden doch noch Richard Linklaters "Boyhood". Jedenfalls geht die sensible Coming of Age-Erzählung als der große Gewinner aus der Verleihung der BAFTA Awards hervor, der "britischen OSCARs". Zwar ist deren Bedeutung als Gradmesser für die OSCARs schwer einzuschätzen, da natürlich britische Produktionen und Filmschaffende eher übergewichtet werden. Allerdings sind viele BAFTA-Juroren zugleich Teil der Academy, weshalb es definitiv nicht geringe Überschneidungen gibt. Hier zunächst einmal die wichtigsten Gewinner:
Bester Film: "Boyhood"
Animationsfilm: "The LEGO Movie"
Dokumentarfilm: "Citizenfour"
Fremdsprachiger Film: "Ida", Polen
Regie: Richard Linklater, "Boyhood"
Originaldrehbuch: Wes Anderson, "Grand Budapest Hotel"
Adaptiertes Drehbuch: Anthony McCarten, "Die Entdeckung der Unendlichkeit"
Hauptdarsteller: Eddie Redmayne, "Die Entdeckung der Unendlichkeit"
Hauptdarstellerin: Julianne Moore, "Still Alice"
Nebendarsteller: J.K. Simmons, "Whiplash"
Nebendarstellerin: Patricia Arquette, "Boyhood"
Musik: Alexandre Desplat, "Grand Budapest Hotel"
Kamera: Emmanuel Lubezki, "Birdman"
Spezialeffekte: "Interstellar"
Alle Preisträger kann man auf der BAFTA-Homepage nachlesen.
Nach den Entwicklungen der letzten Wochen war mit einem solchen "Boyhood"-Triumphzug kaum noch zu rechnen. Zwar ging der Drehbuch-Award an "Grand Budapest Hotel" (der dank starker Performance in den Nebenkategorien mit fünf die insgesamt meisten BAFTA Awards einsacken konnte), aber die beiden Hauptpreise für den besten Film und die beste Regie erhielt "Boyhood". "Birdman" dagegen ging nahezu leer aus. Fazit: Der Zweikampf zwischen diesen beiden bleibt sehr, sehr spannend.
Bemerkenswert ist zudem, daß der achtfache OSCAR-Nominee "The Imitation Game" komplett leer ausging. Diejenigen, die dem WWII-Drama noch eine Chance einräumten, in das Duell zwischen "Boyhood" und "Birdman" eingreifen zu können, dürften damit desillusioniert sein; denn wenn "The Imitation Game" nicht einmal in seiner britischen Heimat irgendetwas gewinnt, wie sollte er es dann bei den amerikanischen OSCARs schaffen? Stattdessen schiebt sich der Hawking-Film "Die Entdeckung der Unendlichkeit" auf den dritten Favoritenplatz (allerdings weit hinter den ersten beiden). Vor allem Hauptdarsteller Redmayne scheint derzeit tatsächlich "Birdman"-Star Michael Keaton vom Platz an der Sonne abgelöst zu haben – allerdings IST er nunmal ein Brite, weshalb ich Keaton für die OSCARs noch lange nicht abschreiben würde. Die Mehrheit der Branchenexperten scheint das inzwischen zwar anders zu sehen, aber ich bleibe dabei: Keaton wird gewinnen! Bei den drei verbliebenen Darsteller-Kategorien haben die BAFTA Awards hingegen lediglich die jeweils haushohen Favoriten bestätigt.
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