Regie: Brian De Palma, Drehbuch: Josh Friedman, Musik: Mark
Isham
Darsteller: Josh Hartnett, Aaron Eckhart, Scarlett
Johansson, Hilary Swank, Mia Kirshner, Mike Starr, Patrick Fischler, Angus
MacInnes, Fiona Shaw, James Otis, John Kavanagh, Troy Evans, Rachel Miner,
Gregg Henry, Rose McGowan, Ian McNeice, k.d. lang
FSK: 16, Dauer: 121 Minuten.
Los Angeles, 1947: Zwei Polizisten, der smarte, deutschstämmige Ex-Soldat Dwight "Bucky" Bleichert (Josh
Hartnett, "Sin City", "30 Days of Night") und sein Partner, der rauhbeinige Lee Blanchard (Aaron
Eckhart), sind die Stars der Polizei in der sündigen Stadt der Engel. Beider Karrieren bewegen
sich steil bergauf, bis eine Serie unzusammenhängender Vorkommnisse einen Wendepunkt
einleitet: Zum einen wird ein gefährlicher Gangster aus der Haft
entlassen, den Blanchard einst verhaftet hatte und mit dessen schöner damaliger
Freundin Kay (Scarlett Johansson, "Vicky Cristina Barcelona") er
seither zusammenlebt. Kay und Blanchard fürchten, daß sich nun rächen will. Unabhängig davon
wird eine grausam verstümmelte Frauenleiche aufgefunden und da der Fall dieser
von den Medien "Schwarze Dahlie" genannten Unbekannten für großes öffentliches
Aufsehen sorgt, werden Blanchard und Bleichert auf den Fall angesetzt – ohne
zunächst irgendwelche Fortschritte zu machen. Doch dann findet Bucky heraus,
daß Madeleine Linscott (Hilary Swank, "Million Dollar Baby"), die
schöne Tochter eines reichen Baulöwen, irgendwie in die Sache verstrickt ist
...
Kritik:
Fragt man mich nach meinem Lieblings-Genre, so lautet meine
Antwort ohne jegliches Zögern: Film noir (wenngleich sich nicht alle
Filmexperten einig sind, ob Film noir überhaupt ein Genre oder nicht eher
"nur" eine Stilrichtung ist)! Ich liebe die
düster-melancholische Atmosphäre der vielen gelungenen Adaptionen der
"Hardboiled"-Romane eines Dashiel Hammett ("Die Spur des
Falken") oder Raymond Chandler ("Tote schlafen fest"), die
hartgesottenen Antihelden voller Zynismus und die verruchten Femme fatales. Ich verehre die großartigen, wie für
dieses sehr spezielle Genre geschaffenen Stars wie Humphrey Bogart, Lauren
Bacall, Robert Mitchum, Mary Astor, Ava Gardner, Peter Lorre oder Sydney
Greenstreet, die stets stilvoll in Szene gesetzt wurden von meisterhaften Regisseuren wie
John Huston, Billy Wilder, Otto Preminger, Orson Welles oder Fritz Lang. Die
Hochzeit der Film noirs waren die 1940er und 1950er Jahre, in denen unzählige
Klassiker entstanden. Später ging es dem Genre ähnlich wie dem Western: Ab und an hat sich noch jemand daran versucht, aber der kommerzielle Erfolg blieb
meist aus und auch die Qualität reichte selten an die der großen Vorbilder heran.
Ausnahmen wie Roman Polanskis "Chinatown" (1974), Curtis Hansons
"L.A. Confidential" (1997), Joel und Ethan Coens "The Man Who Wasn't There" (2001) oder Rian Johnsons "Brick" (2005) bestätigen
natürlich die Regel. Die Hoffnungen waren groß, daß sich Brian De Palmas
"Black Dahlia" in die Reihe der gelungenen Ausnahmen einfügen
würde. Schließlich hatte der leicht exzentrische Regisseur vor allem in seinem
Frühwerk ("Die Schwestern des Bösen", "Phantom of the Paradise", "Carrie",
"Dressed to Kill", später auch "The Untouchables") bereits ausgeprägtes
Stilbewußtsein und Liebe zum Genrefilm bewiesen, zudem ist die auf einem realen
ungelösten Mordfall basierende Romanvorlage von James Ellroy ein idealer Noir-Stoff und die Schauspieler – allen voran Josh Hartnett mit seiner (in
den deutschen Synchronfassungen leider nie richtig zur Geltung kommenden) für
das Genre perfekten, tiefen Stimme – sind zumindest theoretisch ebenfalls gut ausgewählt. Doch leider wird "Black Dahlia" trotz dieser guten Voraussetzungen den hohen Erwartungen nicht gerecht.
Etliches an "Black Dahlia" ist großartig. Deutlich mehr ist leider überhaupt nicht großartig. Stilistisch macht De Palma – dessen letzter großer Erfolg ("Mission: Impossible" aus dem Jahr 1996) schon lange zurückliegt – ohne Frage noch immer keiner etwas vor. Er weiß genau, wie man einen Film noir dreht und integriert alle klassischen Zutaten des Genres in sein Werk (samt etlicher amüsanter Anspielungen, die Genrefans natürlich besonders erfreuen), ohne zur bloßen Kopie zu verkommen. Und Mark Ishams ("Der Nebel") stimmungsvolle Musik tut dazu ihr Übriges. Allerdings wirkt De Palmas Inszenierung immer wieder ein bißchen zu perfekt. Viele Bildkompositionen wirken zu hochglanzpoliert, zu glatt, zu künstlich, um einigermaßen authentisch zu wirken. Es gibt einfach zu viel formvollendeten Stil bei zu wenig inhaltlicher Substanz. Denn nach einem überzeugenden Beginn tut sich inhaltlich lange Zeit nur wenig; zu wenig, um das Publikum bei der Stange zu halten. Da kann der Film noch so schön aussehen, irgendwann wird es eben langweilig, wenn die Story sich im Kreise dreht, es kaum Fortschritte gibt und die finalen Entwicklungen zudem nicht immer plausibel wirken.
Auch die Schauspieler können diese zunehmende Langatmigkeit und ihre von Drehbuch-Autor Josh Friedman (Spielbergs "Krieg der Welten") nicht allzu ausgefeilten Figuren nicht völlig kompensieren. Dabei machen sie ihre Sache richtig gut. Vor allem Aaron Eckhart, dessen Durchbruch als Harvey "Two-Face" Dent in Christopher Nolans "The Dark Knight" damals noch bevorstand, zeigt eine sehr starke Leistung – ich hätte seinerzeit nicht gedacht, daß er in einer solchen Rolle dermaßen würde überzeugen können. Tut er aber. Auch Josh Hartnett spielt als Protagonist Bucky eigentlich gut auf, Scarlett Johansson ist als unvermeidliche Femme fatale zwar schauspielerisch nicht übermäßig gefordert, überzeugt aber ebenfalls. Bei beiden gibt es jedoch ein Problem: Sie sind zu jung für ihre Rollen. Da können sie noch so engagiert agieren, für ihre Rollen sind sie eigentlich fehlbesetzt. Johansson beispielsweise spielt eine Frau, die wohl auf die 30 Jahre zugeht – sie selbst war zum Zeitpunkt der Dreharbeiten gerade 21. Wenn man dann noch bedenkt, daß in Hollywood selbst Mittdreißiger gerne noch als Jugendliche besetzt werden (und sich der Zuschauer somit an solche Konstellationen gewöhnt hat), dann kann das in Sachen Glaubwürdigkeit einfach nicht gutgehen und man merkt überdeutlich, daß hier eben eine 21-Jährige eine ältere Frau *spielt*. Ähnlich sieht es bei Josh Hartnett aus, dem man mit seinen 28 Jahren auch nicht wirklich abnimmt, daß er bereits der Star des LAPD sein soll – wobei in diesem Fall zusätzlich das bereits angedeutete Problem mit seiner jünger und weniger abgebrüht wirkenden deutschen Synchronstimme zum Tragen kommt. Gerade in der direkten Konfrontation mit den beiden älteren Hauptdarstellern Eckhart und OSCAR-Gewinnerin Hilary Swank ist der Altersunterschied sehr auffällig.
Diese Problematik muß natürlich Regisseur De Palma auf seine Kappe nehmen, dafür sind die Nebenrollen aber fast ausnahmslos hervorragend gecastet: Vor allem Mia Kirshner (TV-Serie "The L Word") beeindruckt in ihren wenigen Szenen als "Schwarze Dahlie" Elizabeth Short und liefert die wohl beste Leistung ihrer Karriere ab, Bucky und Blanchards Kollegen bei der Polizei sind mit nicht allzu bekannten, dafür aber passenden Darstellern mit prägnanten Gesichtern besetzt. Das eigentlich Deprimierende an diesem zwar wunderschön anzusehenden, aber zu substanzlosen Film ist, daß De Palma einige wirklich phantastische Szenen mit großartigen Kamerafahrten geschaffen hat, die beweisen, was dieser Mann inszenatorisch alles drauf hat. Nur leider gehen diese wenigen Highlights in einem Meer erzählerischer Mittelmäßigkeit hoffnungslos unter.
Fazit: "Black Dahlia" ist ein formal herausragender, hochgradig stilbewußter Film noir mit einer etwas unglücklichen Besetzung zweier Hauptrollen, fehlender Stringenz im Mittelteil und einer nicht wirklich überzeugenden Handlung.
Wertung: 6 Punkte.
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