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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 25. April 2024

A HAUNTING IN VENICE (2023)

Regie: Kenneth Branagh, Drehbuch: Michael Green, Musik: Hildur Guðnadóttir
Darsteller: Kenneth Branagh, Tina Fey, Kelly Reilly, Michelle Yeoh, Riccardo Scamarcio, Jamie Dornan, Jude Hill, Kyle Allen, Camille Cottin, Emma Laird, Ali Khan, Rowan Robinson
A Haunting in Venice (2023) on IMDb Rotten Tomatoes: 76% (6,5); weltweites Einspielergebnis: $122,3 Mio.
FSK: 12, Dauer: 104 Minuten.
Venedig, 1947: Der exzentrische belgische Meisterdetektiv Hercule Poirot (Kenneth Branagh, "Dunkirk") hat sich in den Ruhestand zurückgezogen und läßt den früheren Polizisten Vitale (Riccardo Scamarcio, "John Wick 2") die zahlreichen Menschen abwimmeln, die ihn immer noch anheuern wollen. Nur eine Frau läßt Vitale zu Poirot durch, nämlich dessen alte Bekannte Ariadne Oliver (Tina Fey, "Date Night"). Die Krimi-Autorin hat ihren beliebten Romanhelden deutlich von Poirot inspirieren lassen, feierte damit in 27 Romanen große Erfolge (die letzten drei floppten allerdings) und mehrte nebenbei auch Poirots Ruhm. Ariadne ködert den unwilligen Poirot nicht direkt mit einem neuen kriminalistischen Fall, sondern mit einer etwas anderen Herausforderung: Er soll dabei helfen, das Medium Mrs. Reynolds (Michelle Yeoh, "Everything Everywhere All at Once") als Hochstaplerin zu entlarven, die an einem stürmischen Halloween-Abend in einer heruntergekommenen, als verflucht geltenden venetianischen Villa eine Séance abhalten will. Dort war die erwachsene Tochter Alicia der Schauspielerin Rowena Drake (Kelly Reilly, "Lady Henderson präsentiert") in ihren Tod gestürzt und Rowena hofft, durch die Séance Kontakt mit ihr aufnehmen zu können. Poirot glaubt ebenso wenig an solchen Humbug wie Ariadne – doch schon bald gibt es einen ersten Todesfall und Poirots Ermittlungskünste sind einmal mehr gefragt ...

Kritik:
Zum dritten Mal hat sich Regisseur und Hauptdarsteller Kenneth Branagh mit dem Drehbuch-Autor Michael Green ("Blade Runner 2049") zusammengetan, um einen Kriminalfall des von Agatha Christie ersonnenen belgischen Meisterdetektivs Hercule Poirot für die große Leinwand zu verfilmen. Beim ersten Mal gelang dem Duo mit "Mord im Orient Express" trotz nur verhalten positiver Kritiken ein unerwartet großer Hit, doch das Folgeprojekt "Tod auf dem Nil" litt unter mehreren, auch pandemiebedingten Verzögerungen und enttäuschte trotz beinahe identischer Rezensionen in kommerzieller Hinsicht. Angesichts der denkbar ungünstigen Umstände hielten die produzierenden 20th Century Studios dennoch an der Reihe fest und beauftragten Branagh und Green mit einem dritten Poirot-Film. "A Haunting in Venice" hebt sich von den Vorgängern schon dahingehend ab, daß er die zugrundeliegende, in Deutschland ursprünglich unter dem Titel "Die Schneewittchen-Party" veröffentlichte Geschichte erstmals fürs Kino adaptiert (jedoch recht frei). Zudem ist die Stimmung ob des Halloween-Settings viel düsterer und gruseliger als zuvor – was dem Film aber nur gut tut und ihm die besten Kritiken der Reihe bescherte! Leider konnten sich die Einspielergebnisse gegenüber "Tod auf dem Nil" dennoch nicht erholen, was aber insofern nicht so tragisch ist, als angesichts des limitierten Settings und der ziemlich reibungslos verlaufenen Dreharbeiten das Budget mit $60 Mio. um ein Drittel niedriger ausfiel als beim Afrika-Abenteuer.

Zu Beginn von "A Haunting in Venice" sehen wir einen Poirot, der seiner Arbeit überdrüssig geworden ist, den Ruhestand in der malerischen Lagunenstadt genießt und keinerlei Drang verspürt, seinen Intellekt wieder mit kriminalistischen Ermittlungen herauszufordern. Dennoch läßt er sich ziemlich schnell von der hartnäckigen Krimi-Autorin Ariadne zur Teilnahme an der Séance bei Rowena überreden. Tina Fey sorgt als schlagfertige Ariadne für einen Großteil des vergleichsweise sparsam eingesetzten Humors von "A Haunting in Venice" – Poirot ist zwar nach wie vor etwas schrullig, hält sich aber doch relativ stark zurück – und übernimmt in etwa jene Ratgeber- und Vertrauensperson-Funktion, die in den ersten beiden Filmen Poirots alter Freund Bouc innehatte. Das übrige Personal der fast komplett auf die Villa beschränkten Story umfaßt ein knappes Dutzend markante Charaktere, die traditionell sowohl als potentielle Opfer als auch als Mörder in Frage kommen. Die Besetzung ist dieses Mal vielleicht etwas weniger namhaft ausgefallen als in den ersten beiden Filmen, aber neben OSCAR-Gewinnerin Michelle Yeoh, Kelly Reilly und Jamie Dornan (als vom Krieg traumatisierter Arzt Dr. Ferrier) machen auch die weniger bekannten Schauspieler wie der Italiener Scamarcio, die Französin Camille Cottin ("House of Gucci") als Haushälterin Olga, Kyle Allen ("West Side Story") als Alicias schlecht gelaunter Ex-Verlobter Maxime, Emma Laird (TV-Serie "Mayor of Kingstown") und Ali Khan (Netflix-Film "The School for Good and Evil") als Mrs. Reynolds' Assistenten sowie der junge Jude Hill ("Belfast") als Dr. Ferriers altkluger Sohn Leopold ihre Sache gut.

Da dieses Ensemble immer noch recht groß ist, fällt die Figurenzeichnung bei den meisten Personen zwangsläufig recht oberflächlich aus, aber die enthüllten Hintergründe reichen aus, um sie spannend genug zu machen, damit sich das Publikum für sie interessiert. Wie bereits bei den beiden Vorgängern – vor allem "Mord im Orient Express" – zählt die Atmosphäre zu den größten Stärken von "A Haunting in Venice". Erneut sind Kulisse, Kostüme, Sounddesign, Musik etc. handwerklich überzeugend umgesetzt und angesichts der Halloween- und Geister-Thematik fällt die Stimmung noch beklemmender und gruseliger aus als gewohnt. Zu einem echten Horrorfilm wird "A Haunting in Venice" zwar natürlich nie, aber er präsentiert sich als edler, betont altmodischer und im genau richtigen Maß theatralischer Mainstream-Gruselkrimi auf gehobenem Niveau. Der Film sieht einfach so gut aus und hört sich so gut an, daß man ihm den trotz einiger überraschender Enthüllungen eher routinierten als übermäßig originellen Handlungsverlauf gerne nachsieht. Das gilt umso mehr, als es einfach ein Vergnügen ist, dem Shakespeare-Veteranen Branagh bei seinen Ermittlungen als so genialer wie exzentrischer Poirot zuzuschauen, der in diesem Spukhaus zwischenzeitlich sogar an seinem Verstand zu zweifeln beginnt. Alles in allem der beste Poirot-Krimi von Kenneth Branagh und Michael Green – aber hoffentlich nicht der letzte!

Fazit: "A Haunting in Venice" verfrachtet den von Kenneth Branagh verkörperten Meisterdetektiv Poirot in ein ungewohntes Gruselsetting und entpuppt sich als bislang bester Teil der Reihe.

Wertung: 8 Punkte.
 
 
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