Regie und Drehbuch: Woody Allen
Darsteller: Timothée
Chalamet, Elle Fanning, Selena Gomez, Liev Schreiber, Jude Law, Diego
Luna, Cherry Jones, Rebecca Hall, Kelly Rohrbach, Will Rogers,
Annaleigh Ashford, Suki Waterhouse
FSK: 0, Dauer: 93
Minuten.
Als die 21-jährige
angehende Journalistin Ashleigh (Elle Fanning, "Die Verführten")
die Chance erhält, ihren
Lieblings-Regisseur Roland Pollard (Liev Schreiber, "Spotlight")
für ihre College-Zeitung in New York zu interviewen, ist nicht nur sie aus dem Häuschen. Auch
ihr aus reichem New Yorker Hause stammender Freund und Kommilitone
Gatsby (Timothée Chalamet, "Dune") freut sich darauf, sie
zu begleiten und ihr endlich seine geliebte Heimatstadt zeigen zu
können. Im "Big Apple" angekommen, lädt Pollard Ashleigh
sogar zu einer privaten Vorführung seines neuesten Films ein –
doch während sie begeistert von diesem ist, ist Pollard sehr
unzufrieden und verschwindet frustriert. Da Ted Davidoff (Jude Law,
"Sherlock Holmes"), Drehbuch-Autor des Films und
langjähriger Freund Pollards, fürchtet, dieser könne in einer
Kurzschlußhandlung den gesamten Film vernichten, macht er sich
gemeinsam mit Ashleigh auf die Suche nach ihm – dabei treffen sie
auf den von Ashleigh umschwärmten Filmstar Francisco Vega (Diego
Luna, "Rogue One"), der sie kurzerhand zum Abendessen
einlädt. Unterdessen vertreibt sich Gatsby die immer länger
werdende Zeit des Wartens auf Ashleigh, indem er einige alte Freunde
und seinen Bruder wiedersieht – und zufällig begegnet er auch Chan
(Selena Gomez, "The Dead Don't Die"), der attraktiven
jüngeren Schwester seiner Ex-Freundin Amy ...
Kritik:
In
seiner Jahrzehnte umspannenden Karriere hat der New Yorker Filmemacher
Woody Allen schon mehrere relativ uninspirierte Phasen durchgestanden,
die Kritiker die Frage aufwerfen ließen, ob seine besten Zeiten
endgültig vorbei seien. Bislang konnte Allen das jedes Mal nach
einer Weile mit einem neuen Meisterwerk widerlegen – zuletzt
"Midnight in Paris" aus dem Jahr 2011 –, doch hat er
inzwischen längst die 80 Jahre überschritten, weshalb trotz seines
unveränderten Ausstoßes von ziemlich genau einem Film pro Jahr
(außer zu Pandemie-Zeiten) die Frage erlaubt sein muß, ob die Zeit
des meisterhaften Woody Allen wirklich und endgültig vorbei ist.
Abschließend beantworten läßt die sich natürlich nicht, solange
Allen weitermacht, doch ist es auffällig, daß die meisten
seiner Werke nach "Midnight in Paris" (und vielleicht noch
dem zwei Jahre später folgenden und von den Kritikern sehr gelobten
"Blue Jasmine", den ich jedoch nicht sonderlich mag) arg mittelmäßig ausfielen. Erfreulicherweise zählt "A
Rainy Day in New York" jedoch zu den besseren Arbeiten des
Altmeisters und ist in meinen Augen sein schwungvollster Film
seit ebenjenem "Midnight in Paris".
Zugegeben,
richtig viel Neues erzählt "A Rainy Day in New York"
nicht, aber obwohl Woody Allen schon so viele New Yorker Geschichten
erzählt hat, verbreitet diese neue auch ohne die ganz große
Inspiration erfreulich viel gute Laune. Die "Wir lassen uns
einen Tag und eine Nacht lang durch New York treiben und schauen, was
passiert"-Prämisse erinnert ein wenig an die Filme von Fellini
und Sorrentino oder auch an Martin Scorseses unterschätzten "Die
Zeit nach Mitternacht" und unterhält das Publikum mit diversen
heiter-skurrilen Begegnungen. Die etwas ernstere Hälfte von "A Rainy
Day in New York" betrifft den passend benannten Gatsby, der
zunächst gar nicht sonderlich sympathisch überkommt mit einer
gewissen Überheblichkeit und Verächtlichkeit gegenüber allem
Profanen. Schon bald und vor allem durch die Interaktion mit der mit
einem schön trockenen Humor gesegneten Chan wird klar, daß es sich
dabei eher um eine Fassade handelt, zudem lernt Gatsby einiges über sich selbst und die Menschen in
seinem Leben. Das macht "A Rainy Day in New York" nicht zu einem Selbstfindungsfilm, aber es erdet die Geschichte und
ihre Charaktere und schafft eine Verbindung zwischen Zuschauer und
Protagonist. Daß die Chemie zwischen Timothée Chalamet und Selena
Gomez stimmt, ist dabei naturgemäß hilfreich. Das gilt ebenso für
die Tatsache, daß Allens Drehbuch ein paar richtige schöne Bonmots
bereithält – etwa, wenn Gatsby auf die Bemerkung "Die Zeit
verfliegt" einer Barbekanntschaft schlagfertig antwortet: "Ja, aber leider
Holzklasse" (klingt im englischen Original etwas runder). Oder wenn Ted herausfindet, daß seine Ehefrau Connie (Rebecca Hall, "Vicky Cristina Barcelona") eine Affäre mit seinem besten Freund Larry hat und Connie diesen damit verteidigt, er verehre Ted so sehr, daß er sogar wie er rieche – worauf Ted entgegnet: "Na toll, er benutzt also mein Aftershave und meine Frau!" ...
Noch stärker
auf Humor setzt der Handlungsstrang rund um Ashleigh und ihre
Erlebnisse. Elle Fanning spielt Ashleighs großäugige Naivität und
Begeisterungsfähigkeit sehr ausdrucksstark, weshalb wir sie gerne
auf ihrer kleinen Odyssee durch die New Yorker Filmwelt begleiten.
Zugegebenermaßen wirkt es im #MeToo-Zeitalter nicht ganz unproblematisch, daß die schöne junge Studentin
von gleich drei deutlich älteren Männern umschwärmt wird (auch
wenn nur der jüngste von ihnen ihr unzweideutig an die Wäsche will), aber
Ashleigh erweist sich bei aller vordergründigen Naivität als
reflektiert genug, um klug die Vor- und Nachteile einer möglichen
Liebesnacht gegeneinander abzuwägen. Auch die kleineren Rollen sind hochkarätig besetzt, die Schauspieler liefern
gewohnt gute Arbeit ab und veredeln selbst denkbar unspektakuläre
Szenen. Alles in allem ist "A Rainy Day in New York" ein
sehr typischer Woody Allen-Film, so typisch gar, daß man sich
manchmal etwas zu sehr an seine früheren (und oft noch besseren) New
York-Filme erinnert fühlt. Ein neues Meisterwerk ist Allen definitiv nicht gelungen, aber Fans seiner Arbeit sollten sich
eineinhalb Stunden lang gut unterhalten fühlen.
Fazit:
"A Rainy Day in New York" ist einer der besten Filme aus
Woody Allens Spätphase – wenig originell, jedoch schwungvoll
inszeniert und mit toller Besetzung und clever-amüsanten Dialogen.
Wertung:
Knapp 7,5 Punkte.
Bei
Gefallen an meinem
Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger"
mittels etwaiger Bestellungen über einen der amazon.de-Links in den
Rezensionen oder über das amazon.de-Suchfeld in der
rechten Spalte freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen